Montag, 7. April 2014

Mia, darf ich vorstellen: das ist Eve. Eve, Mia.

Ich hatte das nie: Aus der Bravo zusammengeklebte Poster von Pierre Cosso, Morten von a-ha oder David Bowie in seinem Kostüm als Elbenkönig aus "Labyrinth". Irgendwie fand ich das peinlich. Und hässlich wohl auch. Und die Bravo hatte ich sowieso nicht. (Ich hatte aber eine Klassenkameradin, die hatte das alles, und auf deren Postern waren die Mundpartien in eine graue Masse aus Pappmaché verwandelt, weil sie ihnen jeden Abend vor dem Schlafen dicke, nasse Schmatzer aufdrückte. Das war fast so eklig wie die leeren Vogelsand-Dosen auf ihrer Fensterbank, in denen eine Masse aus hartgekochten Eiern, Wasser und Wellensittichkot vor sich hingärte, mit der sie die Zimmerpflanzen düngte.)
Starkult hat in meinem Leben noch nicht viel Raum eingenommen. Und wie fast immer, wenn man so etwas nicht als Teenie gründlich durch hat, kommt es später mit Macht zurück. Mich hat Nigella Lawson erwischt. Der Tag, an dem ihr neues Kochbuch im Briefkasten landet, ist für mich ein größerer Feiertag als Weihnachten. Alle sollen gefälligst für mindestens fünf Stunden die Luft anhalten, damit ich in Ruhe und je nach Tageszeit mit einem Liter Tee oder einem Liter Wein das Buch von vorne bis hinten durchknuspern kann. Während ihrer harten Zeit letzten Sommer habe ich mehrmals täglich nach Neuigkeiten gefischt und wirklich mitgelitten. Meine perplexen Freundinnen mussten sich anhören, wie das alles kam und wie gemein das alles ist. Ich werde nie wieder die Saatchi Gallerie besuchen, so viel steht fest.
Gut. Als erwachsene Frau, die sich einen Rest Würde bewahren will, sind die Möglichkeiten zur Heldenverehrung etwas eingeschränkt. Ich habe keine Poster mit durchgeknutschten Partien neben dem Bett hängen. Aber sonst tue ich, was ich kann. Sie hat eine Reihe von Küchengeräten entworfen, davon besitze ich die roten, eiförmigen Melamin-Rührschüsseln und die Maulwurf-Grabowski-Salatschaufeln, außerdem schleiche ich schon ziemlich lange um die Messtassen und ein paar andere Kleinigkeiten herum. So praktisch! Ich habe alle ihre Kochbücher, sie sind extrem zerlesen (obwohl die buchbinderische Qualität der Bücher natürlich tipptopp ist, muss ich wohl nicht extra sagen!), manche Seiten sind mit Sojasauce, koreanischer Chilipaste oder Lyle's Golden Syrup zusammengeklebt, und ich habe inzwischen bestimmt die Hälfte ihrer Rezepte gekocht, was eine ganze Menge ist. Schreibt Nigella, man sollte Maldon Salz kaufen, das wäre toll, dann kaufe ich das und finde es tatsächlich toll. Besonders groß ist die Freude immer, wenn sie etwas schreibt, was ich ganz genau so und schon immer gesagt habe und womit ich bis jetzt alleine auf der Welt war. Stellt euch vor, wir halten es beide im Kopf nicht aus, wenn jemand Tomaten an Spaghetti alle Vongole tut! Jetzt war sie auf dem Titel der britischen Vogue, und auch wenn ich rot dabei werde, muss ich zugeben: ich habe mir diese Vogue in unseren Vorstadt-Zeitschriftenladen bestellt und tatsächlich abgeholt. Auf dem Titel war sie so gut wie ungeschminkt, und muss ich noch schreiben, dass sie toll aussah? Mit Mitte 50? Nach einer sicher grauenvollen Scheidung? Also habe ich (der Rotton vertieft sich etwas) gegoogelt, welche Hautpflege sie verwendet. Dass sie quasi nie in die Sonne geht, wusste ich schon, ratet mal: Das tue ich auch nicht, seit ich ungefähr elf bin! (Wir haben so viel gemeinsam, Nigella und ich.) Darüberhinaus war aber zu erfahren, dass sie seit ihrem 21. Geburtstag den Gesichtsreiniger von Eve Lom verwendet, jeden Abend. Der Gesichtsreiniger von Eve Lom ist abgesehen von meiner Mia und meinem Parfum so ziemlich das teuerste Kosmetikprodukt, das je den Weg in meinen Waschbeutel gefunden hat. Aber gefunden hat er ihn. Ich habe ihn in England bestellt, und zwar gleich die 200-ml-Riesendose. Seit acht Tagen verwende ich ihn jetzt. Jeden Abend stehen Nigella und ich vor unseren Waschbecken, tupfen uns die nach Weihnachten duftende Paste ins Gesicht, wringen ein Musselintuch in heißem Wasser aus und sind rundum einverstanden mit dem Ergebnis.
Eines Tages bin ich vielleicht mit L. in London, und zwei Tische weiter sitzt Nigella. Dann, das hat er mir schon häufiger angedroht, geht er zu ihr und sagt ihr, dass seine Frau ihr allerallergrößter Fan ist, und ob sie bitte die Güte hätte, das Kochbuch, das ich mit Sicherheit gerade in der Handtasche herumschleppe, zu signieren. Dann muss ich mich leider scheiden lassen und direkt anschließend vor Scham sterben.

3 Kommentare:

  1. Ich bin bisher immer gerne zu Saatchi gegangen - mal sehen, wie ich das in Zukunft handhabe ;) (ich musste zugegeben erst mal google befragen..)
    Dieser Post war aber der Anlass endlich mal mein erstes Nigella-Rezept auszuprobieren - Chesscake. Er ist noch im Ofen, ich bin gespannt.
    Liebe Grüße von Tina

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  2. Dein Blog hat gleich mein Interesse geweckt . Ich glaube ich bestelle mir mal ein Buch von nigella . Das verkürzt dann auch hoffentlich wunderbar meine Wartezeit.
    Lg
    Gonal

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    1. Mach das! Aber am besten auf englisch, die deutschen Übersetzungen sind fürchterlich hausbacken. Ich empfehle Forever Summer, How to Eat oder Feast! Liebe Grüße und viel Spaß damit!

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