Dienstag, 25. März 2014

Um es lang zu sagen

Sollte einer meiner Auftraggeber diesen Post lesen und sich sagen, Fräuleinchen, nicht während der bezahlten Arbeitszeit, dann habe ich zu meiner Verteidigung zu sagen: 1. bin ich heute so durch den Wind, dass es sowieso unverantwortlich wäre, in dieser Stimmung generierte Ideen auf Kunden loszulassen, 2. habe ich gerade die Runde durch alle Beraterbüros gedreht und gefragt, ob es irgendwas für mich zu tun gibt, und die Antwort lautete Nein Danke, und 3. bin ich Schnelltipper und brauche auch für diesen Wortschwall nicht länger als zwanzig Minuten. So.

Eine Woche habe ich mich nicht gemuckst, es tut mir ehrlich leid. Ungefähr sechsmal hatte ich angesetzt, aber dann immer auf halber Strecke den Nerv verloren. Schwangeren sagt man ja ständig "Dein Körper braucht das jetzt", egal, ob es um Schlaf, Familienpackungen Chips oder Wutausbrüche aus dem Nichts geht. (Ich hasse das übrigens, wenn andere Menschen zu mir Dinge sagen, in denen die beiden Worte "Dein Körper" vorkommen. Das fühlt sich an wie ein zu warmer und schwitziger Händedruck. Aber mach was... in der Schwangerschaft kriegt man jede Menge davon zu hören.) Ich ziehe also zur Entschuldigung ausnahmsweise mal die Mein-Körper-Karte und behaupte frech, mein Körper brauchte eine Woche Blogferien. Echt!

(Habe ich schon mal erzählt, wie ich zum letzten Termin vor der Geburt bei meiner Frauenärztin war und hinterher mit dem Auto in eine irre enge Straße geraten bin, die blockiert war durch ein paar Straßenbauer mit irgendeinem Monsterbagger, ohne dass das vorher per Schild oder irgendwas angekündigt war? Und wie ich nicht zurück konnte, weil hinter mir inzwischen jemand stand, der es nicht gerafft hat und telefonierte? Und wie ich dann dachte "Ok, einmal darfst du das" und mir den Bauch haltend aus dem Auto gestolpert bin und die armen Bauarbeiter angeschwindelt habe, hier ginge es gerade sowas von los und sie sollten jetzt sofort die Straße freimachen? Und dann kichernd weiterfahren konnte, nachdem die mir alle noch viel Glück gewünscht hatten? Das war natürlich mies. Und dass man in den Wehen nicht Autofahren darf, wussten die scheinbar zum Glück nicht oder wollten sich jetzt nicht auf Diskussionen einlassen.)

Heute Mittag ist der große Termin, und ich habe keine Ahnung, was ich vorahnen und denken soll. Einerseits fühle ich mich diesmal schwangerer als letztes Mal um diese Zeit. Sogar Morgen- Mittag- und Abendübelkeit habe ich, und als ich gestern Abend Mann und Schwiegermutter zum Essen ausgeführt habe und ein extrem gut abgehangenes Stück Rind serviert wurde, war der Geruch für mich kaum auszuhalten widerlich. Das sind doch eigentlich gute Zeichen. Auch müde bin ich, und zwar schwangermüde mit Babymüde obendrauf. Spiffi schläft nicht mehr ganz so mustergültig wie noch vor kurzem, und ich kann nur dankbar sein, dass ich tatsächlich den Großteil meiner nächtlichen Aktivitäten am nächsten Morgen vergessen habe und die Fläschchen zählen muss, wenn ich wissen will, wie oft. Dann ist mir noch wieder eingefallen, dass ich diesmal tatsächlich so etwas wie eine Einnistungsblutung hatte - nur ein paar Tröpfchen, nicht weiter wild - und die waren so spät, dass ich schon dachte, das kann aber nicht sein: sieben Tage nach der Rückübertragung. Jetzt habe ich aber gelesen, dass das Zellhäufchen sich bis zu elf Tage nach der Befruchtung einnisten kann. Elf Tage kommen mir jetzt reichlich unwahrscheinlich vor, aber andererseits ist es auch ziemlich unwahrscheinlich, gleichzeitig HPV, verschlossene Eileiter, Myome und Endometriose zu haben, und siehe da, alle paar Monate sitze ich um einen Stammtisch mit einem Haufen Damen, die das alle trotzdem haben. Das würde jedenfalls mehr als erklären, wieso letztes Mal noch nur eine Fruchthülle ohne spannenden Inhalt zu sehen war (das und der Nebel auf dem Ultraschallschirm). Also gut. Pro: Ich fühle mich schwanger, und es wäre so nett, wenn ich es wirklich wäre. Contra: das wäre zu schönes Idiotenglück, der nicht so dolle Ultraschall vom letzten Mal, ich bin 41 und eine Menge kann in jeder Minute seit dem positiven Test schiefgegangen sein.

Da hilft wohl wieder mal nur einatmen und ausatmen und warten.

Diese irre Menge von Ultraschalls für Kinderwunschpatientinnen macht das Leben jedenfalls nicht einfacher, inzwischen habe ich nach einer guten Untersuchung ungefähr fünf Stunden Gnadenfrist, bis ich mich wieder vor der nächsten grusele.

Inzwischen habe ich von Spiffi zu erzählen, dass es mit dem Essen schwierig ist, aber wir uns trotzdem keine Sorgen machen müssen. So lange die Leute ständig Sachen sagen wie "der wird aber mal größer als L. (1,96)" oder auch "Na, du wirst aber mal Holzfäller, nüing, min Dschong?" scheint es wohl nicht komplett schief zu laufen. Aber immer noch sind Fläschchen das, was er am liebsten mag. Gläschen sind bis auf wenige Glücksmomente meistens bäh, und die Hunde hatten selten so ein glänzendes Fell wie jetzt, wo sie täglich den Löwenanteil von zwei 1a Bio-Gemüsegläschen bekommen, die Spiffi nach dem ersten Löffel mit purem Abscheu von sich schiebt. Ich habe es auch schon mit einer Freestyle-Variante von Baby-led-weaning probiert, aber von weaning ist nicht viel zu merken, Spiffi zermatscht nur alles in seinen kleinen starken Holzfällerhänden und schmiert es mir ins Haar. Was er aber liebt und was immer geht, ist Mineralwasser, und zwar unbedingt mit Kohlensäure. Sobald in Sichtweite jemand eine Flasche Mineralwasser öffnet, robbt er blitzschnell auf denjeningen zu und sperrt hechelnd vor Gier den Schnabel auf. Gestern hat er zum ersten Mal erst selbst ein paar Schlucke genommen und dann mir die Flasche in den Mund geschoben, er war erst zufrieden, nachdem ich mindestens sieben Schlucke genommen hatte. Fast jeden Tag erzähle ich ihm von seinem vielleicht-wenn-alles-gut-geht Geschwisterchen, aber ich glaube, unter Geschwisterchen kann er sich noch nicht so viel vorstellen. Was vielleicht auch besser ist, wenn man bedenkt...

So. Zwanzig Minuten sind um. Mehr kann ich nicht verantworten. Das wäre ja wohl mal wirklich doof: Baby futsch und Job futsch an einem Tag.

Ich verspreche, ich sage kurz piep nach dem Ultraschall heute mittag.

6 Kommentare:

  1. Liebe Flora, von ganzem Herzen Glück für deinen Termin gleich! Ich fiebere mit dir, Sarah.

    AntwortenLöschen
  2. Liebe Flora, ich habe (ungelogen) jeden Tag nachgeschaut, ob es bei Dir Neuigkeiten gibt. Und heute, wo es total stressig im Büro ist, kam dieser tolle lange Post! Vielen Dank dafür :-) Ich wünsche Dir für heute nur das Beste für den Termin, aber bei den Anzeichen mache ich mir ehrlich gesagt keine Gedanken. Das Geschwister-Projekt läuft doch ;-)
    Ich muss morgen früh zum Bluttest, Gott sei Dank hält sich meine Aufregung in Grenzen und ab heute Nachmittag werd ich nicht mehr viel Zeit zum Denken haben, da wir eine große Veranstaltung haben... Diesmal hab ich keiner "Sau" was erzählt und es fühlt sich wunderbar entspannt an. Ich habe leider nur die Alkohol Problematik heute zu überstehen, es kommen auch ein paar Freundinnen von mir und die würden direkt den "Braten" (hoffentlich ist und bleibt er in der Röhre) riechen. Habt ihr Mitstreiterinnen vieleicht noch ein paar Tricks (abgesehen von Antibiotika-Einnahme...) Alles Liebe und meine Daumen sind ganz feste für Dich gedrückt! LG S. aus D.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe S. aus D., da drücke ich feste die Daumen zurück! Einen ziemlich ausführlichen Post zum Thema Kein-Alkohol-Ausreden in der Warteschleife findest Du hier: http://eiertanz.blogspot.de/2012/02/da-war-doch-noch-was.html
      Mein Fazit war damals, dass für mich die "heute verkatert, deshalb leider nicht"-Variante am besten funktioniert. Weil: glaubwürdig, nicht zu kompliziert, niemand muss anfangen, mir zu beweisen, dass ich aber trotzdem trinken soll, und wenn es eine Woche später nach Würmchenpleite dann wieder geht, wundert sich auch niemand. Alles Gute!

      Löschen
    2. Danke liebe Flora - so werd ich es machen ;-)

      Löschen
  3. Liebe Flora,
    ich wünsche Dir zum Mittag eine mit pochendem (n) Herzen, fröhlich bewohnte Fruchthöhle!

    Daumendrückend, Nina aus HH

    AntwortenLöschen
  4. Ganz doll empfehlen kann ich dir das Buch "mein Kind will nicht essen" von Gonzales. Nur falls du dir doch mal Sorgen wegen dem Essen machst oder versuchst deinem Kind das essen "wie auch immer" anzudrehen...

    AntwortenLöschen