Donnerstag, 31. Januar 2013

Liebes Würmchen,

Auch nach der "What to expect"-Zeitrechnung sind wir zwei morgen im fünften Monat. Bisher muckst Du dich noch nicht besonders viel, und ich fürchte fast, das, was ich manchmal für zarte Bewegungen gehalten habe, war wohl doch eher das Chaos in meinen Eingeweiden, das du stiftest. Denn seit dem Zitronentrick herrscht derartige Ruhe, dass ich heute Nacht ein paar Stunden lang wachgelegen und mich gefragt habe, ob es Dir wohl gut geht und Du überhaupt noch da bist. Ich habe mich überhaupt nicht mehr schwanger gefühlt. Schwanger fühlen, das war bisher in Abwesenheit von Übelkeit und Tritten und Knüffen von Dir eher so ein Zum-Platzen-Gespannt sein, als müsste mir jeder Bissen, den ich zu mir nehme, gleich zu den Ohren wieder rausschießen. Damit haben die Zitronen Schluss gemacht. Und es zeigt sich, ganz so unbeweglich bin ich doch noch nicht - gerade auf dem Hundespaziergang mit Ball jedenfalls habe ich mich anstandslos bestimmt dreißig mal nach Lilis ollem Tennisballkern gebückt und ohne Ächzen wieder aufgerichtet. Das ist wohl eins dieser Schwangerschaftsphänomene: alles, auch das Gute, könnte irgendwie falsch sein. Die Foren sind voller Damen, die sich grämen, weil ihnen nicht schlecht genug ist und die deshalb das Schlimmste befürchten.

Heute Abend werde ich brav in meinen grünen Nicki-Anzug schlüpfen und zu diesem Dusselsyogakurs gehen. Ich tue das nur für Dich. Kann ich Dich im Gegenzug auch um einen Gefallen bitten? Zwischen Woche 18 (die morgen beginnt) und Woche 22 kann ich fest damit rechnen, die ersten eindeutigen Tritte zu spüren. Können wir das vielleicht mehr in Richtung Woche 18 legen? Der Friede da unten macht mich nämlich nervös.

Tut mir übrigens sehr leid, dass ich noch kein Bauchfoto gepostet habe. Der einzige Grund dafür ist, dass ich die alle selbst geschossen habe, und mangels Talent ist eins hässlicher als das andere geworden. Dein Vater, der der Fotograf im Haus ist, würde mir aber den Hintern versohlen, wenn ich sagen würde "mach mal ein Foto von meinem Bauch, damit ich den dem ganzen Internet zeigen kann". Als Ersatz müssen die Damen Vorlieb nehmen mit einem Tierchenfoto. Es ist aber auch ein besonders Nettes. Mich erinnert es immer ein bisschen an die Zwillinge aus "Shining".


"Komm und spiel mit uns, für immer... und immer... und immer!"

Dieses volltönende Geräusch, das du manchmal hörst, wie der Ton einer alten Bronzeglocke, das sind übrigens die beiden hier. Die sich schon sehr auf dich freuen. Gefälligst. Sage ich jetzt einfach mal so.

Mittwoch, 30. Januar 2013

Ich werde es wohl nie verstehen. Und: der Zitronentrick.

Es gibt eine Charaktereigenschaft, die mir komplett fehlt, und die Leute dazu bringt, Fremden im Internet anonym die merkwürdigsten Nachrichten zu schicken. Es ist ein bisschen so, als müsste ich zwanghaft auf der Straße zu irgendwelchen Frauen sagen, dass ich das nur gut meine, aber dass sie dringend zwanzig Kilo abnehmen müssen. Oder dass ich die dunkle Ahnung habe, der Mann an ihrer Seite wäre nicht der richtige für sie. Oder dass sie überhaupt alles falsch machen. Oder dass sie ihre Kinder nicht verdienen. Oder... egal, jedenfalls so, als müsste ich sowas sagen und dann noch irgend etwas dazusagen, um ja nicht als gemeine Schnepfe dazustehen und mich schon mal vorsorglich gegen jede Gegenwehr zu immunisieren, die da kommen könnte - sowas wie "aber ich bin echt ein Fan" oder auch "ich mag dich schon immer" oder "ich mein's echt nicht böse". Was das Ganze fast noch unverständlicher für mich macht, ist: wäre ich so drauf, dann würde ich nach erfolgreicher Furz-Detonation schnell das Weite suchen. Während Damen, die das im Netz tun, gerne noch bleiben und sich rechtfertigen und nicht verstehen, warum jetzt plötzlich alle so wütend werden, und dann im Gegenzug böse werden auf die, die da gerade böse werden. Harrrrrrrgh.... wieso muss so was ab und zu passieren? Manchmal fast täglich? Ich weiß es nicht. Aber wenn das einzige Mittel dagegen ist, die Kommentarfunktion abzustellen, dann gibt es leider kein Mittel, denn dieses Mittel kommt nicht in Frage. Zum Glück kommen auf einen Stinker ja immer noch 100 gut riechende Damen. Ansonsten appelliere ich an alle hier: argumentieren, schimpfen und wegjagen hilft nicht. Die sind einfach so, es wird nur schlimmer, und je stärker der Gegenwind weht, desto mehr sehen sie sich als gekränkte Unschuld, und dann schreiben sie alles noch mal, als hätten wir es beim ersten Mal nicht schon verstanden, und das hört alles nie auf. Ich bin sehr gerührt über die vielen vielen vielen, die mich hier verteidigen und beschützen! Ihr seid ein echter Trost. Ich fürchte nur, bei der Adressatin kommt das alles nicht oder nur sehr verzerrt an. Ich jedenfalls habe beschlossen, das zu ignorieren, ist besser für meinen Schwangerschaftsgeplagten Teint. Bis ich es dann das nächste mal nicht ignoriere...

Damit wieder Schluss mit Bloggerkram, ich habe eine echte Sensation zu vermelden: vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben habe ich in zwei Tagen zwei Ratschläge beherzigt. Ratschlag 1 war der mit den sechs Mahlzeiten (Wasser auf meine Mühlen, leider) und heute wieder einen aus dem amerikanischen Schwangerschaftsbuch ohne Fotos: Gegen den ewigen Pustebauch, der auch für das vollgefressene Phantomgefühl sorgt, hilft warmes Leitungswasser mit frisch gepresster Zitrone. Tadaaaa! Funktioniert. Wer vorgestern miterlebt hat, wie der Schatten meines Riesenbauches die Sonne verdunkelt, wird kaum glauben können - genau so wenig wie ich - dass ich heute in einer normalen, nicht-Schwangerschafts-Jeans unterwegs bin. Der Bauch ist noch da, aber anders. Und er quält mich nicht mehr, obwohl es Pasta zu Mittag gab. Kommt das mit dem Wasser und der Zitrone nicht auch in diesem "Wieso Französinnen nicht dick werden"-Buch vor? Jedenfalls fühlt es sich noch nicht mal an wie irgend ein hausbackener Großmutter-Trick, sondern eher wie ein chicer Lifestyle-Insider-Geheimtipp. Wasser mit Zitrone. So spielt man's in der Großstadt!

Dienstag, 29. Januar 2013

Vorher-Nachher.

Einige Dinge, die sich geändert haben, seit ich schwanger bin.

Ich lasse ständig Dinge fallen. Was unglücklicherweise genau in eine Zeit fällt, in der es mir täglich schwerer fällt, Dinge vom Boden aufzuheben. (Gerade stand ich bei Budni und habe einen Test-Lippenstift fallen lassen. Runter kam ich ohne Probleme, aber zum wieder aufstehen musste ich mich mit beiden Händen auf dem schmierigen, nassen, schneematschigen Boden aufstützen.)

Nachdem ich mich immer noch fast den ganzen Tag gleichzeitig vollgefressen und ausgehungert fühle, habe ich jetzt den Tipp meines Schwangerschaftsbuchs befolgt und von Frühstück, Mittag und Abendessen auf sechs kleinere Mahlzeiten umgestellt. Wobei ich mir das "kleiner" ständig einschärfen muss, sonst geht es nämlich ganz, ganz übel aus. An dem blöden Gefühl hat das bisher noch nichts geändert.

Bisher war mir fast jede Ausrede recht, um mich nach dem Duschen nicht eincremen zu müssen. Vorbei, vorbei. Mit der ersten Flasche Weleda Schwangerschaftsöl bin ich schon durch, jetzt versuche ich mal Penaten, das riecht zwar nicht ganz so wild, aber färbt dafür auch die Kleider nicht Eckkneipengardinchenfarben.

Wenn L. an Arbeitstagen etwas von mir haben will, muss er wieselflink sein. Er muss eigentlich schon an der Haustür auf mich lauern und sollte im besten Fall auch die Hunde schon ausgeführt haben. Und er sollte sich eine ganze Latte von Gesprächsthemen auf einem Karteikärtchen notiert haben, denn sobald das Feierabendgespräch auch nur eine Minute ins Stocken gerät - von mir ist dabei nicht viel an neuen Themen zu erwarten - ist das kleinste Schweigen für mich das Stichwort, ächzend aufzustehen und ins Bett zu verschwinden. Vor ein paar Tagen bin ich mal nach oben gegangen, um mein Ladekabel zu holen, und kam nie wieder. Nachts um drei bin ich dann in Schuhen und Kleidern aufgewacht.

Ich esse Dinge, weil sie Ballaststoffe/Folsäure/Vitamine enthalten, nicht weil sie mir schmecken. Das war noch nie. Zum Glück gibt es eine Schnittmenge.

Die große Ausmist-Aktion zu enger Kleider hat mich einem alten Wenn-ich-groß-bin-Traum näher gebracht als je zuvor: dem aufgeräumten Kleiderschrank, in dem nur Kleider sind, die ich auch tatsächlich trage. Gleichzeitig sah ich noch nie so langweilig aus.

Meine Haare entziehen sich jetzt endgültig meiner Kontrolle. Es ist auch fast schon egal, ob ich das erlesene Phyto-Shampoo oder irgendwelche Pröbchen verwende, ob ich föhne oder nicht, ob ich mir Mühe gebe oder nicht, ob ich mit nassem Kopf schlafen gehe oder nicht - sie überraschen mich jeden Tag, ob positiv oder negativ. Gerade ist bad hair month. Februar, du hast schon jetzt einer Menge Erwartungen gerecht zu werden.


Einige Dinge, die sich überhaupt nicht geändert haben, seit ich schwanger bin.

Ich lese immer noch zehnmal lieber den Paten oder zum zweiten Mal meine Game of Thrones-Bücher als irgendwas über Schwangerschaft und Säuglinge.

Obwohl der Rest der Welt von mir zu erwarten scheint, dass mit der Schwangerschaft plötzlich die Esoterikerin in mir durchkommt, habe ich immer noch keine spirituelle Zelle im Körper. (Hat außer mir eigentlich noch jemand in letzter Zeit mal die Fotos der frisch gestalteten Kreißsäle im Albertinen-Krankenhaus gesehen und vor Grauen panisch Apfel-W, Apfel-W, Apfel-W gedrückt? Was denken die eigentlich... ach, was solls. Die denken das, was fast alle zu denken scheinen: wir stehen jetzt auf sowas.)

Ich weiß, ich hab schon ein paarmal damit angegeben, wie easypeasy das alles ist mit dem Alkoholverzicht. Ich habe auch keine Entzugserscheinungen. Aber wenn ich ehrlich bin, würde ich manchmal, wirklich nur manchmal viel dafür tun, nur ein Wochenende Urlaub zu haben und quarzen und trinken zu können, als wäre nichts. Ich würde auch gerne mal wieder zu Vogelgezwitscher vom Kiez kommen. Oder unseriöse Gespräche in der Klowarteschlange führen. Oder mir morgens um vier einen Döner ins Gesicht schmieren. Oder etwas Glitzerndes tragen. Ich weiß, ich weiß, andere wären froh, ich bin auch dankbar, wirklich, bin ich - aber die Sehnsucht ist eben manchmal da, und ich kann und will nicht so tun, als wär das nicht so. Dann kann ich das hier nämlich auch lassen, und wir lesen stattdessen alle eins dieser fröhlichen Schwangerschaftsbücher, die mich jetzt schon vorzugsweise mit "Mami" ansprechen würden.

Bei der letzten Schwangerschaft hatte ich irgendwann kurz vor der Fehlgeburt so einen Zustand schöner Gelassenheit erreicht. Die Probleme am Arbeitsplatz oder aus der Zeitung kamen irgendwie nicht mehr an mich ran. Alles, was immer wichtig gewesen war, war plötzlich lalalala. Ich segelte auf einer Hormonwolke durch den Tag und dachte eigentlich pausenlos "tjaja, ich weiß, aber davon abgesehen könnt ihr mich alle mal", nur eben in freundlich und sonnig. Diesmal passiert das nicht. Der Rest der Welt ist der gute alte Rest der Welt, nur ich mittendrin bin schwanger.




Montag, 28. Januar 2013

What to expect

Hatte ich mal erzählt, wie ich damals nach der Fehlgeburt die ganzen Schwangerschaftsbücher alle in einer Kiste im Keller verstaut hatte? In Sicherheit, irgendwo, wo sie mich nicht plötzlich von hinten anspringen können, wenn ich nur ganz unschuldig Kartoffeln oder Hundefutter holen will? Tja, ich hab sie offensichtlich sicherer verstaut, als ich dachte. Das einzige, das wieder aufgetaucht ist, ist das dusselige "Mami-Buch" von der Bild-Tante aus dem Verlag, den wir hassen, weil er damals unser Buch nicht verlegen wollte mit der Begründung, das wäre ihm zu trist für die Bedürfnisse seiner Leserinnen, bei einem Babybuch sollte doch am Ende ein Baby herauskommen. Das Buch als meine Schwangerschaftsbegleitung? Nein. Und die von GU kann ich alle nicht auseinanderhalten, das wird irgendwie alles zu einer rundbäuchigen, kuscheligen Sauce. Deshalb habe ich mir letzte Woche den Klassiker aus Amerika bestellt: "What to expect when you're expecting", und den lese ich jetzt. Bisher ist ein Vorteil klar zu erkennen: jedes neue Thema hat eine Überschrift, die sehr deutlich sagt "und jetzt geht es eine Seite lang um genetische Vorbelastungen/Mehrlingsschwangerschaften/Kettenraucherinnen" usw., so dass man problemlos alles überblättern kann, was man nicht wissen muss. Fotos gibt es nicht, es gibt nur Bleistiftzeichnungen, was es nicht unbedingt zu einem Buch macht, mit dem man sich im Halbschlaf aufs Sofa kuschelt. Aber ansonsten bin ich bisher gut bedient damit. Das Einzige, was mich verwirrt, ist, dass ich nach diesem Buch im vierten und nicht im fünften Monat bin. Jetzt fühle ich mich wie nach den Ferien zum ersten Mal in die Klasse gehen, mich an meinen Platz setzen und abwarten, wer als erster meine neue Frisur und die Schuhe bemerkt, und dann erfahren, dass ich sitzen geblieben bin und hier nichts verloren habe.

Weniger gut bedient dagegen bin ich, je länger ich drüber nachdenke, mit meinem Schwangerschaftsyogakurs. Die gleiche Hebammenpraxis bietet auch einen Hatha Yoga Kurs an, jetzt überlege ich mir folgende Möglichkeiten:
1. Ich frage, ob ich nicht einfach umsteigen kann in den anderen Kurs, vorausgesetzt, ich kann zu den Terminen.
2. Ich gehe einfach nicht mehr hin und schieße die 120 Euro Kursgebühr in den Wind. Vorher könnte ich, 2a, noch Bescheid sagen, wieso und darum bitten, dass für zukünftige Kursteilnehmerinnen die Inhalte ein bisschen klarer formuliert werden. In meinem Kurs sollte es "auch Meditation" geben, und ein bisschen Meditation zur Entspannung gehört zu einem Yoga-Kurs ja auch dazu, aber hätte da gestanden, dass wir die Augen schließen, frei tanzen und dazu ein Mantra nach dem anderen singen sollen, wäre ich da nie aufgetaucht. Oder, 2b, ich sage einfach nüschte und bleibe weg.
3. Ich suche mir einen komplett anderen Schwangerschaftsyogakurs und zahle nochmal Kursgebühr. Dafür muss ich dann vermutlich erheblich weiter fahren.
4. Ich gehe weiter hin und beiße die Zähne zusammen. Und wer weiß, vielleicht überrasche ich mich ja selbst und bin irgendwann die welteifrigste Mantra-Sängerin? Glaube ich aber nicht. Das hier ist eine Schwangerschaft, keine Gehirnwäsche.
5. Ich gehe nicht mehr hin, suche mir keinen neuen Kurs und bestelle mir eine Schwangerschaftsyoga-DVD und pfeife auf den Austausch mit anderen Damen, mit denen ich nichts weiter gemeinsam habe als einen Braten in der Röhre. Und irgendwann demnächst beginnt ja dann auch bestimmt ein Kurs mit geburtsvorbereitender Schwangerschaftsgymnastik.

Außerdem habe ich gerade wieder einen milden Anfall von Schwangerschaftshysterie: letzten Donnerstag war ich bei meiner Internistin und habe Blut dagelassen wegen meiner Schilddrüse und meinen Leberwerten, die scheinbar wichtig sind für das Blutdruckmedikament. Samstag war ein Brief von ihr im Kasten, dass sie mich leider telefonisch nicht erreichen könnte, ich sollte aber bitte schnell zurückrufen. (Unser Festnetz ist gefangen zwischen zwei Telefongesellschaften.) Sie hat meine Emailadresse, über die wir uns schon lebhaft ausgetauscht haben wegen meiner Blutdruckwerte, und meine Handynummer hat sie auch. Jetzt habe ich schon zweimal da angerufen und nur erfahren, dass Frau Doktor mich unbedingt bald anrufen würde. Sowas, ganz ehrlich, braucht kein Mensch. Am Ende muss ich vermutlich nur mein Schilddrüsenmedikament höher dosieren oder was weiß ich, aber... hrrrrrhrrrrgrrrrr.
Und glatt ist es auch. Winter ist keine Jahreszeit für Schwangere. Wobei, die Teile, bei denen man auf dem Sofa vorm Feuer sitzt und Gulasch isst und um halb zehn ins Bett geht, die schon. Aber der Rest nicht. L., der Süße, wird sich seiner Vaterpflichten immer bewusster und hat seine grantige Frau heute an die Bahn gefahren, aber das kann's auch nicht sein. Ich wäre jetzt bereit für den Frühling, denn danach kommt der Sommer, und im Sommer hab ich was richtig Nettes vor, hatte ich schon erwähnt?

p.s. vor einer Stunde (jetzt ist es 17:33) kam der Anruf meiner Ärztin: sie wollte nur, dass ich unbedingt so schnell wie möglich erfahre, dass meine Blutwerte total supidupi in Ordnung sind. Niedlich! Es geht in die Richtung, nachts um drei von der Feuerwehr aus dem Bett geworfen zu werden und das Haus verlassen zu müssen, damit sie Dir dann auf der Straße erzählen, dass es hier jedenfalls nicht brennt und somit keine Gefahr besteht. Dankeschön, das ist aber nett! Grrrrrhrrrrrrr. ("Schhhhhh, böse schwangere Irre, gaaaaanz ruhig.")

Freitag, 25. Januar 2013

Ich schon wieder.

Fünf Minuten soll die Öko-Spülung aus Dänemark einwirken. Wenn ich so lange unter der Dusche stehe, habe ich nicht nur Spülhände, sondern einen Spülkörper. Ich wasche also die Haare, klatsche die schleimige Spülung auf den Kopf, schlüpfe in den Bademantel und versuche, fünf Minuten mit einer Partie Minesweeper auf L.s Dings totzuschlagen. Doch die Welt hat andere Pläne für diese fünf Minuten. Das Telefon klingelt, und eine Dame - nicht unsere Dame, aber eine Dame - von der Adoptionsbehörde ist dran. Sie möchten, dass wir heute vorbeikommen. Und ein Gespräch führen. Und dann ins Krankenhaus fahren. Und dort vielleicht zum ersten Mal ein Neugeborenes ansehen, das unser Adoptivkind werden könnte. Mit einem Mal ist die Wirkung von bisher 20 geschluckten Blutdrucktabletten im Eimer. Ich kriege kaum Luft. Ich schnappatme und wäre am liebsten jetzt sofort dort im Krankenhaus und ganz weit weg. Ich hätte im Leben nicht damit gerechnet. Nicht jetzt, nicht diesen Monat, nicht irgendwann. Ich sage, ich rufe sofort zurück, und rufe L. an, der sich gerade irgendwo in Barmbek mit Handwerkern trifft. Wir sprechen ganz schnell: es ist Scheiße, dass wir es ihnen nicht schon Anfang Januar gesagt haben, wie wir wollten (und wie ich immer noch will, aber wir sind ja zu zweit). Jetzt sagen wir es ihnen. Sie werden stinksauer sein, und vermutlich mit Recht, aber wir sagen es ihnen. Wir sagen ihnen auch, dass wir das Kind trotzdem gerne nehmen würden. Dass das blauäugig ist, aber sind nicht alle Eltern blauäugig? Dass sie es uns aber jetzt wohl nicht mehr geben würden - kinderlose und unschwangere Eltern verdienen nunmal mehr Chancen, auf diese Weise an ein Kind zu bekommen. Gut. Und jetzt los.

Ich bin endlos erleichtert, dass wir jetzt endlich den Bauch auf den Tisch gepackt haben. Das hätten wir längst tun sollen. Niemand war böse, die nette Dame sagte, das passiert viel öfter, als man denken sollte (da ist sie wieder, die gute alte Wunder-nach-Ado-Geschichte). Böse werden sie nur, wenn Leute ein Kind haben und das verschweigen. Und das kommt tatsächlich vor? Ja, das kommt tatsächlich vor. Wäre es ein Mädchen oder Junge gewesen? Das wollte sie uns nicht sagen, je weniger, desto besser, aber sie könnte uns jetzt sagen, dass das sogar für Adoptionsstandards ein komplizierter Fall geworden wäre. Sie wünscht uns alles Gute, und wir sollen uns melden, wenn es entweder auf der Welt ist oder wenn etwas schief geht. Das tun wir.

Und trotzdem bin ich neben all der Erleichterung und dem Glück über den besten aller Adoptions-Verhinderungs-Gründe ein bisschen traurig. Wie es wohl gewesen wäre, dieses Kind? Wie es ihm wohl geht? Und ich wünsche mir, so fest ich kann, dass sie gute, liebe Eltern für es finden. Die Kartei ist voll, irgend ein Paar in Hamburg bekommt heute noch einen Anruf und wird es genau so wenig fassen können, wie wir das alles fassen.

Wer weiß, vielleicht treffen wir sie nachher bei Ikea in der Babyabteilung?

Und jetzt wasche ich mir endlich die Schmiere vom Kopf.

Liebes Würmchen,

Alles für's Kind! Klar! Daran sollte ich mich jetzt mal langsam gewöhnen und über meinen eigenen widerborstigen Schatten springen. Und darum werde ich auch nächsten Donnerstag abend wieder in etwas Dehnbares schlüpfen, ins Auto steigen und zum Schwangerschaftsyoga fahren. Auch wenn das gestern eine Stunde war, in der ich so etwas wie einen psychischen anaphylaktischen Schock hatte. Von den 90 Minuten gingen mindestens 25 drauf für das Singen spirituellen Gebrabbels und für freies Tanzen: Augen schließen, Becken locker und los. Und ich kann das nicht. Jede Zelle meines Körpers - ich weiß nicht, wie es Dir geht - weigert sich. Es ist auch nicht so, dass ich mir wünsche, ich könnte aus meiner Haut und mitmachen. Ich will einfach nicht. Ich will, ich will, ich will nicht. Ich wollte Sport, stattdessen gab es 90 Minuten Yoga minus 25 Minuten Singen und Tanzen, minus 10 Minuten Blitzlicht, wie es uns so geht, minus 15 Minuten Entspannung. Was kann man denn da machen? Hoffentlich störe ich die anderen nicht in ihren Schwingungen, das kann man nur hoffen, dass das nicht zu sehr stört, wenn da eine zwischensitzt, die zwar auch mit dem Becken kreist und die Schultern lockert und atmet mit Betonung, aber sich jedes Mal ausklinkt, wenn gesungen und getanzt wird. Auf dem Kiez geht's doch auch, wieso denn nicht hier? Weil ich das nicht bin. Ich kann auch nicht mit der Lunge lächeln oder mich der Magie der mütterlichen Kraft hingeben. In anderen Yogastunden wurde auch schon mal gesungen, aber das waren dann drei Minuten, und danach ging es rund. Was mich damals immer wieder, auch beim dreißigsten Mal, noch positiv überrascht hat, war, dass man an all den spirituellen Kram gar nicht glauben musste - die Übungen haben auch so funktioniert und mich wirklich wacher, entspannter, schlanker, stärker, aufmerksamer, gelenkiger und was weiß ich noch alles gemacht. Drei Minuten Augenrollen standen also 87 Minuten toller Sportstunde gegenüber. Das hier... aber die Abkürzungsdamen sagen ja, wenn der Bauch wächst, sinkt auch der Bewegungsdrang, und dann passt das vielleicht schon besser. Was bleibt, ist nur leider das Gefühl, der party pooper zu sein. Die sind doch nett, der Früchtetee schmeckt lecker, und die Viertelstunde Entspannung (wovon genau?) hinterher unter einer warmen Decke und bei Kerzenschein ist auch schön. Einige Damen fangen an zu schnarchen, un wieder mal ist Deine Mutter neidisch, dass sie das nicht so kann, und denkt sich, die schlafen bestimmt auch auf jeder Bahnfart und jedem Flug einfach tief und selig ein. Wie soll das nur werden mit mir und meinem Schlaf, wenn Du erst da bist und ich immer noch nach jedem Aufwachen mindestens eine Stunde brauche, bis ich wieder eingeschlafen bin? Was? Ach ja, ich höre schon wieder die Abkürzungsdamen, die sagen, Herzchen, das Problem wird sich nun wirklich von alleine regeln. Also gut, warten wir ab.
Heute wieder einen Tag weniger. Genau genommen sogar einen Monat. Jetzt sind wir im Fünften. Wenn mir eine andere Dame erzählen würde, sie wäre im fünften Monat, dann würde ich ihr von Herzen gratulieren und mir denken, na nun wird es ja wohl ganz sicher was. Wenn ich das nur auch für uns zwei tun könnte. Aber auch das kommt vermutlich noch, wie der noch dickere Bauch und die sicher ganz demnächst steigende Zufriedenheit mit meinem Yogakurs.

Würmchen, hast Du es gut da drin? Bekommst Du alles, was Du brauchst? Dein Gewicht verdoppelt sich in den nächsten Wochen, und wenn es mir nicht genau so gehen soll, dann gib bitte genaue Anweisungen, wovon Du gerne mehr hättest, damit ich nicht auf Verdacht alles verschlingen muss, was mir in den Weg kommt. Ich warte immer noch täglich auf das Einsetzen irrer Fress-Gelüste, aber die gehen bei mir in der allgemeinen Gefrässigkeit vielleicht ja unter. Wenn Du also wirklich unbedingt Chips, Popcorn, Pizza und Brathuhn für Dein Wohlergehen brauchst, gib Bescheid. Joghurt, Obst und Gemüse isst Deine Mutter nämlich gerade schon von alleine, bis es ihr zu den Ohren wieder raus kommt. Hast Du es warm und gemütlich? Laut meinen Apps kannst Du jetzt hören, was um Dich herum vor sich geht. Die Hunde hast Du also schon mal bellen gehört, und das soll Dir angeblich später helfen, den Radau einfach zu verschlafen und Dich nicht davor zu erschrecken. Zehn Yogadamen beim Gesang hast Du auch schon gehört, Deine Mutter allerdings nicht, und ich verspreche, ich werde Dir auch in Zukunft nur dann was vorsingen, wenn Du sehr, sehr unartig warst. Aber pfeifen kann ich wie ein Weltmeister, und pfeifen werde ich ab sofort. Irgendwann in den nächsten drei Wochen, da sind sich ausnahmsweise alle einig, ist auch mit den ersten unmissverständlichen Tritten und Knüffen zu rechnen. Ich bin gespannt, ob sich das wirklich so anfühlt wie das leise Kitzeln, das da ab und zu schon war, nur doller, oder ob es irgendwann kommt und ich dann wieder mal einsehen muss: Flora, altes Fusselhirn, Du bist ein kleiner Wirrkopf und Idiot. Die App, die Deine Größe immer in Bezug zu irgendwelchem Gemüse setzt, vergleicht Dich jetzt mit einer Avocado. Und das, wo Du doch vor kurzem noch eine Limette, eine Himbeere und ein Mohnsamen warst!

Weißt Du, was wir jetzt machen? Ich veröffentliche kurz den Post, dann suche ich auf dem Speicher den alten Freibad-Plattenspieler und meine Kinderplatten, und dann ziehen wir um in die Küche, ich verarbeite die drei Kilo Bitterorangen vom Obstmann in Eis und Kuchen (Neue Rezepte Nr.8 und 9) und dazu hören wir wahlweise Fünf Freunde im Nebel oder die kleine Hexe.
"Wir sind die besten Freunde, Jaaaaaaaa!"

Donnerstag, 24. Januar 2013

Tschüß, vierter Monat

Heute ist der letzte Tag des vierten Monats. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so weit kommen würde. So schizophren das auch klingt, denn wenn ich das wirklich nicht geglaubt habe, wieso habe ich mir dann trotzdem Hormonspritzen in den Bauch gejagt, Urlaube abgesagt und ohne mit der Wimper zu zucken die dicken Rechnungen bezahlt? Gut, sagen wir: der größte Teil von mir hat nicht daran geglaubt und glaubt es irgendwie immer noch nicht so recht. Auch, wenn ich nur an mir runtergucken muss, um überdeutlich zu sehen, dass da was ist, und zwar etwas Handfestes - ich glaube und glaube es einfach noch nicht. Auch deshalb hab ich gestern wieder angefangen mit den Nachrichten an das Würmchen, vielleicht muss ich erst für mich selbst Beweise schaffen. Fotos, Briefe, Ultraschalls - vielleicht sollte ich die Würmchenbilder nicht mehr in der letzten Seite des Mutterpasses aufbewahren, sondern eingerahmt auf den Nachttisch stellen. Was mir wiederum Ärger mit L. einbringen könnte, der immer noch ein bisschen vorsichtiger und misstrauischer ist als ich, auch wenn das kaum vorstellbar scheint - wo ich die Handbremse anziehe, hat er zusätzlich Krallen an allen vier Reifen befestigt und sich mit dem Abschleppgurt an einen Betonpfeiler geschnallt, der Gute.

Morgen fahren wir (falls ich seine zehn um die Sofalehne gekrallten Finger lösen kann) zusammen zu IKEA, und neben den langweiligen Themen (Schuhschränke für den Speicher, neuer Wasserhahn für die Küche usw.) habe ich fest vor, zum ersten Mal in meinem Leben nicht für anderer Leute Kinder, sondern für mein eigenes mit Genuss eine halbe Stunde in der Kinderabteilung zu verbringen. Gestern hatte ich die Idee, eins dieser weißen Holzbettchen zu kaufen und dann, sobald klar ist, was es wird, eine einzige der Stangen entweder hellblau oder pink zu streichen. Könnte hübsch aussehen. Zum Kaufen ist es morgen noch zu früh, aber gucken dürfen wir doch? Genau wie nach Kapuzenhandtüchern, Wickelkommode und Wippe. Auch, wenn ich es morgen selbst wieder nicht glauben werde, zumindest mein Körper wird sich durch die Abteilung bewegen und klitzekleine Dinge berühren. Ich will nicht in drei Jahren aufwachen und mir denken, dass ich meine eigene, einzige Schwangerschaft vollkommen verpasst habe, nur weil ich dem Wunder nicht getraut habe.

Schwangerschaftsverhalten:
Gerade stelle ich fest, dass in meinem Kopf zumindest vorübergehend ein Schalter umgelegt wird von "Fütter die gierige Flora" auf "Fütter das gierige Kind". Obst zum Frühstück ist sonst nicht mein Stil. Anhalten wird das wohl leider kaum.
Ich habe den Kleiderschrank ausgemistet und alles rausgeräumt und weggefaltet, was mir jetzt schon zu eng ist oder nicht für den Winter geeignet und im Frühjahr zu eng sein wird. Was übrig bleibt, ist gar nicht mal so wenig, Gott segne und schütze die Hängerchen-Mode der letzten Jahre mit ihren Kistenkleidern und Empire-Taillen. Wenn ich Glück habe, muss ich irgendwann noch mal einen Packen größere Unterhosen und Strumpfhosen kaufen und noch eine zweite Schwangerschaftsjeans, dann war es das fast. Und für die Schwangerschaftsjeans wird ein Fresssack wie ich auch nach der Schwangerschaft noch dann und wann Verwendung haben, ich denke da z.B. an herbstliche Mädchenwochenenden in der Heide oder Verabredungen zum Brunch? Wo ein Achtmonatsbauch Platz hat, passen auch ein paar Cheeseburger, Lasagnen, Risotti und Croissants rein.
Und ich hatte letzte Woche an die Künstlersozialkasse (die für mich zuständige Stelle, wenn es um Krankenversicherung, Rente und Sozialversicherung geht) geschrieben, um zu erfahren, wie es bei mir mit Mutterschutz aussieht. Eine oberflächliche Internet-Recherche hatte da eher schlechte Nachrichten zutage gefördert, als Selbständige ist man in vielerlei Hinsicht gekniffen. Aber heute gab es ausnahmsweise gute Nachrichten: die sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, die Angestellten neben dem Elterngeld zustehen, kriege ich auch. Ich muss noch mal zählen, könnte mir aber vorstellen, ich bin jetzt auf 50 verbleibende Arbeitstage runter? Sollte einer meiner wichtigsten Auftraggeber hier mitlesen (was gut sein kann, die sind ja beileibe auch nicht blöd, nicht wahr), dann will ich sagen: natürlich kann man sich kaum was Schöneres wünschen, als seine Zeit an einem so herrlichen, ausgezeichneten Arbeitsplatz unter so kompetenten und liebenswerten Menschen zu verbringen. Es müssen also die Hormone Schuld sein, wenn ich mich gerade wie ein Derwisch freue auf die Zeit, in der ausschließlich das Würmchen, die Hunde und ich selbst meinen Tag bestimmen. Eine Zeit ohne Kunden, Präsentationen, Strategien, Copies, verzweifelten Meeting-Brainstormings und Goldideen, ja vor allem ohne Goldideen. (Wer aus dem gleichen Job kommt, weiß wovon ich rede, allen anderen ist das ganze Elend und die ganze Würdelosigkeit der Goldidee nicht zu vermitteln.)
Und nachher gehe ich zur zweiten Stunde Schwangerschaftsyoga.

Mittwoch, 23. Januar 2013

Nachrichten an das Würmchen

Liebes Würmchen, heute hast Du Dich gelinde gesagt ziemlich geziert. Ohne hilfreiche Kommentare meiner Ärztin, hier hätten wir den Kopf, da das Herz usw. hätte man mir dieses Ultraschallbild genauso gut als eine Portion Kartoffelsalat verkaufen können. "Das liegt vielleicht am Bindegewebe", sagte sie. "Es gibt Frauen, die kriegen drei Kinder, und man kann jedes Mal so gut wie gar nichts sehen". Aha. Ansonsten sagte sie, sie hätte nichts gesehen, was ihr irgendwelche Sorgen macht. Und in vier Wochen habe ich den nächsten Spezial-Ultraschall in der anderen Klinik, wo auch schon das Ersttrimester-Screening war. Da wird hoffentlich mehr zu sehen sein. Und ich weiß, wenn meine Ärztin sich keine Sorgen macht, sollte ich mir auch keine machen; tue ich aber. Wieso lief das heute so und nicht anders? Wieso war es die letzten Male eigentlich recht gut zu erkennen und diesmal irgendwie so gar nicht? Ich bin ihr dankbar, dass sie diesen Extra-Ultraschall ohne Extra-Rechnung gemacht hat, aber hätte sie nicht noch ein bisschen muckeln und ruckeln und probieren können? Ich hätte so gerne ein hübsches Bild von Dir mit nach Hause genommen. Es fühlt sich so lang an zwischen den Wiedersehen, jedenfalls länger als vier Wochen. Bzw. zwei, gerade mal zwei Wochen ist das her, dass wir strahlend und glücklich und um knapp 180 Euro ärmer aus der Klinik marschiert sind mit der guten Nachricht, dass wir uns keine Gedanken wegen einer Fruchtwasseruntersuchung machen müssen. Wieso haben gute Nachrichten so eine klitzekleine Halbwertszeit in der Schwangerschaft? Selbst, wenn alles perfekt ist (so wie beim letzten Mal) hält das Hochgefühl ca. drei Tage an, bis sich wieder der erste Mulm einschleicht. Und sobald irgend etwas - auch nur die kleinste, allerkleinste Kleinigkeit - nicht ganz so ist wie erhofft, hat er mich sofort wieder feste in den Klauen. Ein schlechtes Ultraschallbild - ehrlich, sonst nichts? Nein, sonst nichts. Zeigt sich aber, das reicht schon, um hier die Wände hochzugehen.

Gut. Ich versuche, mich geistig ganz bombenfest an meinem Schreibtischstuhl festzukleistern, und dann warten wir eben noch mal vier Wochen, bis wir wissen, auf wen wir uns so unfassbar freuen, einen Jungen oder ein Mädchen.

Vorteile, wohin man schaut.

Wenn Du ein Junge wirst, hast Du's in vielerlei Hinsicht einfacher: Du verdienst für die gleiche Arbeit mehr Geld, wenn Du etwas sagst, hören die Leute Dir eher zu. Tina Fey hat mal gesagt, die Hollywood-Definition einer Verrückten ist eine Frau, die auch dann nicht die Klappe hält, wenn niemand mehr Sex mit ihr will, und ich glaube manchmal, das ist nicht nur die Hollywood-Definition, sondern auch gerne mal die Hamburg- oder Berlin-Definition. Pfüüüh, Glück gehabt! Das kann Dir schon mal nicht passieren. Niemand fängt an, Dich in peinliche Gespräche über Deine Familienplanung zu verwickeln, nur weil Du gerade 30 wirst. Ich sehe lange Sommertage mit lange aufbleiben und einem Wicki-Pflaster am Knie, ich sehe Star Wars Playmobil, ich sehe Tage im Garten und ein Laubfeuerchen hinterher, in dem wir uns Kartoffeln grillen und hinterher mit Cowboyhüten auf dem Kopf essen. Ich sehe Optimistensegelkurs, Stöcke schnitzen, Zauberäpfel für den Kindergarten, und pass nur auf, im Super Mario-Spielen werde ich Dich vernichten, jedenfalls so lange, bis ich es irgendwann nicht mehr tue. Ich sehe Kalle Blomquist und uns drei in der Geisterbahn auf dem Dom, ich sehe winzige Chucks im Flur rumliegen und Wackelzähne und das Mammut-Buch der Technik. Ich sehe uns das komplette Wohnzimmer und nebenbei auch ein paar Osterkekse mit Zuckerguss und bunten Perlen überziehen, Dada-Kasperltheater und mindestens einmal wöchentlich ein vollkommen überflutetes Badezimmer.

Wenn Du ein Mädchen wirst, dann machst Du einfach und pfeifst auf die Glasdecke, die Mackerseilschaften, diese ewigen Geschichten, wir wären ja so viel zickiger und missgünstiger und stutenbissig und was weiß ich noch alles und hätten im Zweifel unsere Tage, wenn wir querschießen. Von den unendlich vielen Dingen, die Dich glücklich machen, suchst Du Dir eine oder zwölf raus und zeigst es ihnen. Mein Mädchen! Bis dahin sehe ich lange Sommertage mit lange aufbleiben und einem Wicki-Pflaster am Knie, ich sehe Star Wars Playmobil, ich sehe Tage im Garten und ein Laubfeuerchen hinterher, in dem wir uns Kartoffeln grillen und hinterher mit Cowboyhüten auf dem Kopf essen. Ich sehe Optimistensegelkurs, Stöcke schnitzen, Zauberäpfel für den Kindergarten, und pass nur auf, im Super Mario-Spielen werde ich Dich vernichten, jedenfalls so lange, bis ich es irgendwann nicht mehr tue. Ich sehe Kalle Blomquist und uns drei in der Geisterbahn auf dem Dom, ich sehe winzige Chucks im Flur rumliegen und Wackelzähne und das Mammut-Buch der Technik. Ich sehe uns das komplette Wohnzimmer und nebenbei auch ein paar Osterkekse mit Zuckerguss und bunten Perlen überziehen, Dada-Kasperltheater und mindestens einmal wöchentlich ein vollkommen überflutetes Badezimmer.

Dienstag, 22. Januar 2013

Wäre ich ein Junge geworden, hieße ich jetzt Stefan. Das kann's doch auch nicht sein.

Gut, ich mach dann mal weiter, ok?

Hier läuft nämlich der Countdown zum nächsten Arzttermin mit Macht. Morgen früh muss ich erst mal zu meiner Internistin, die gucken will, wie gut das Blutdruckmedikament anschlägt. Zu diesem Zweck hab ich in den letzten Wochen öfter mal einen Tag lang alle zwei Stunden gemessen und die Ergebnisse aufgeschrieben, es sieht ziemlich gut aus, und nach den ersten beiden Tagen mit üblen Kopfschmerzen (nicht gut während Schmerztablettenverbot) und merkwürdigen Lichtblitz-Halluzinationen hatte ich nie wieder auch nur das kleinste Problemchen damit. Meine größte Sorge bei diesem Termin ist also, komme ich trotzdem einigermaßen pünktlich ins Büro? Jedenfalls pünktlich genug, um mich nach Ankunft sofort an die Zubereitung meines Firmenfrühstücks machen zu können, ohne dass das böses Blut gibt?

Dann um die Mittagszeit mache ich mich auf in die fünf Minuten entfernte Frauenarztpraxis, und so, wie meine Ärztin bisher drauf war, wird sie hoffentlich auch diesmal einen Ultraschall drauflegen, auch wenn eigentlich keiner Vorgesehen ist. Und morgen könnte es mit viel Glück sogar sein, dass wir nicht nur wieder einen Herzschlag und Gezappel usw. sehen, sondern auch, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird.

Eine Weile lang, eigentlich bis vor ein paar Stunden, habe ich mir ein Mädchen gewünscht. Ich will schon immer ein Mädchen, am allerliebsten Zwillingsmädchen. L. will ein Mädchen, seine Mutter will ein Mädchen, meine Mädchen wollen ein Mädchen, es war eigentlich beschlossene Sache. Aber jetzt - ich weiß nicht. Vielleicht ist es die Angst vor dem bösen Ultraschall, die mich gerade wieder einholt, und sich neben lebendem Kind auch noch ein weibliches zu wünschen, wäre gierig und würde Unglück bringen. Oder der Aberglaube, je mehr ich mir das wünsche, desto sicherer ist, dass es ein Junge wird. Vielleicht bin ich auch gerade so dermaßen dankbar, dass ich keinen Raum mehr habe für weitere Wünsche. Aber gerade finde ich beide Vorstellungen ganz herzzerreißend schön. L. mit Sohn auf den Schultern auf dem Weg ins Stadion. L. mit Tochter auf den Schultern auf dem Weg ins Stadion. Die erste Jungsfrisur. Die erste Mädchenfrisur. Mein Junge, der nachts im Schlafanzug zu uns ins Bett gekrochen kommt und mir seine kalten Füße in den Rücken schiebt. Mein Mädchen, das nachts im Schlafanzug usw. usf., es wäre alles so großartig, immer noch so unwahrscheinlich und gar nicht vorstellbar, auch wenn der Bauch allmählich so groß wird, dass ich nicht mehr bis ganz ranrollen kann an den Schreibtisch, dass ich es mir zweimal überlege, ob ich heute die Schuhe mit den drei Schnallen anziehe oder die Stiefel, in die ich einfach nur reinsteige, und dass ich mir langsam angewöhne, "richtig" aufzustehen.

Jungsnamen allerdings, Jungsnamen sind schwierig. Ich habe bestimmt zwanzig feine Mädchennamen auf meiner inneren Liste (die ich den Teufel tun werde, jetzt schon zu verraten) und null Jungsnamen. Aber diesem Problem widmen wir uns, wenn wir es haben.

Montag, 21. Januar 2013

Nochmal gelesen. Immer noch nicht.

Angesichts von mehreren schlaflosen Nächten und ansonsten unerklärlichen Peaks in meinem Blutdruck nach der Lektüre von mit Blutungen und Fehlgeburten drohenden Kommentare über die letzten Monate finde ich, ich war nachgerade handzahm. Lammfromm!

Kann man so sehen, muss man aber nicht.

Liebe Abkürzungsdamen, nun hab ich den Post noch bestimmt fünfmal durchgelesen, und so richtig schlimm kann ich ihn nicht finden. Der Kommentar, der dann am Ende der Auslöser war, hat nur das Fass zum überlaufen gebracht - hatte ich ja auch selbst geschrieben und die Schreiberin gebeten, nicht alles auf sich zu beziehen. Wir haben das alle in uns, dass wir sehen, wie andere etwas machen, und uns denken "könnte man nicht", "sollte man nicht lieber" etc., aber hier geht es nicht um die idiotensichere Käsekuchenmethode, eine Empfehlung für einen günstigen Autoschrauber oder einen Kinotipp fürs Wochenende, sondern um ein Thema, das für mich immer noch und vermutlich noch eine ganze Weile ziemlich angstbelastet ist. Und mir dann zu sagen, ich sollte nicht zum Yoga gehen, wenn ich Angst vor Blutungen hätte - oder auch z.B. vor ein paar Wochen mir als Legehenne, als ich vom Arzt kam und berichtet habe, die Hormone könnte ich jetzt absetzen, da würde dann aber Fehlgeburt drohen, ojemine, die sollte ich mal ruhig weiter schlucken - finde ich extrem grenzwertig. Ich habe auch nicht geschrieben, die sowas kommentieren, sind alle doof oder fiese Petzen oder dergleichen - ich habe nur geschrieben, dass ich sowas hier nicht lesen will, weil es mich vollkommen kirre macht. In meinem eigenen Blog würde ich das nicht als Zensur bezeichnen - Zensur wäre, wenn ich solche Kommentare lösche oder sogar umschreibe, bevor sie veröffentlicht werden. Ich sehe das vielmehr als mein Hausrecht. Und das "ok, sie schreibt einen Blog mit Kommentarfunktion, da muss sie sich nicht wundern"-Argument lasse ich nicht gelten, denn gerade daraus, dass das hier ein Blog zu einem extrem emotionalen und persönlichen Thema ist, folgt doch, dass ich jedes Recht der Welt habe, zu sagen, wenn mir etwas zu viel wird. Nichts wurde gelöscht. Niemand wurde beleidigt. Ich hab nur eine Ansage gemacht, wie ich das gerne hätte - auch in Hinblick darauf, dass die Tipps und Empfehlungen vermutlich nicht weniger werden, wenn die Geburt näher rückt (was sie hoffentlich tut).

Übrigens: ich war enorm erleichtert, nachdem ich den Post am Wochenende geschrieben habe. Ich bin nämlich - auch wenn das vielleicht die eine oder andere hier anders wahrnimmt - ansonsten eher schon mein ganzes Leben lang mit dem Fluch geschlagen, immer nur strahlende und zufriedene Gesichter um mich herum zu ertragen und es grundsätzlich allen Recht machen zu wollen. Bloß nicht rumzuzicken, zu meckern oder auch mal dagegen zu sein. Mich zu beschweren, fällt mir schwer. Daran wollte ich arbeiten, und ich arbeite dran. Nicht aus Spaß am Zickigsein, sondern weil mich diese Empfehlungen wirklich, wirklich umtreiben, um den Schlaf bringen, mir die Ruhe rauben und mich manchmal schon fast dazu bringen, die Quatschbude hier dicht zu machen. Mag euch übertrieben erscheinen - ist aber nun mal so. Hier sitzt eine, die immer noch bei jedem Klogang mit einer Fehlgeburt rechnet und viel Energie dafür einsetzt, einigermaßen entspannt zu bleiben. Die kann sowas echt nicht brauchen. Es war höchste Zeit, mal was zu sagen, und ich schreibe das nicht zum ersten Mal. Die freundlichen, ins Witzige gedrehten Aufforderungen in der Vergangenheit, die bloß niemandem auf die Füße treten wollten, haben nur leider gar nichts genützt, wie man sieht. Hier war ein lautes und deutliches "Schluss jetzt damit, aber sofort" gefragt. Wenn damit einher geht, dass jetzt ach mal die eine oder andere mucksch reagiert, dann - kann ich das eben nicht ändern. Wisst ihr was? Schreibt doch einfach selbst einen Blog, und dann macht ihr das eben anders.

Samstag, 19. Januar 2013

Also schön. Wie sage ich das?

Ohne jemanden zu kränken, ohne jemandem zu nahe zu treten, ohne... ach was. Ich sag es einfach. Mein Blog, meine Regeln.

Ich hab das schon mal geschrieben, ich glaube sogar, mehr als einmal. Aber dieser Blog ist nicht als Suche nach Rat und Hilfe von fremden Menschen aus dem Internet gedacht. Wenn ich eine Frage habe, wie ich mich in der Schwangerschaft zu verhalten habe, dann frage ich meine Gynäkologin oder meine Internistin oder gucke in ein schlaues (mit Betonung auf schlau) Buch. Nicht in ein Forum, und nicht in die Tiefen meines Blogs. Mag sein, dass ich mal wissen möchte, wie eure Meinung und eure Erfahrungen mit irgendwas sind. Dann frage ich. Ich möchte nicht - niemals - egal, wie gut ihr es meint - dass ihr mir schreibt, "also ich an deiner Stelle würde..." oder auch "Du solltest vielleicht..." und "Meinst du nicht, es wäre besser, wenn...", genau so wenig wie "Wieso macht das deine Ärztin so, wieso nicht anders, bist du sicher, dass das nicht dem Kind schadet?" So lange bin ich zwar noch nicht schwanger, aber ich habe inzwischen mitbekommen, dass es zu vielen Fragen - so verwirrend das auch sein mag - mehr als eine Expertenmeinung gibt. Und ich möchte mir weiterhin vorbehalten, das hier so zu machen, wie ich und meine Ärztin das für richtig halten. Ich weiß, dass mein Körper gerade viel leistet, und dass es kein Wunder ist, wenn ich müde bin. Ich weiß aber auch, dass die Müdigkeit nicht nur von den gewaltigen Vorgängen in meinem Unterleib her rührt, sondern auch hormonell bedingt ist - ganz zu schweigen davon, dass tiefster Winter ist, dann bin ich eben müde. Ich weiß auch, dass die Spaziergänge mit den Hunden an der (endlich wieder) kalten, klaren Luft mir gut tun. Ich gehe vorsichtig, nicht im Stechschritt, mit Spikes, wenn nötig, und ich mache Pausen. Ich habe nicht vor, heute erst einen Bauch-Beine-Po-Kurs und anschließend eine Runde Hanteltraining runterzureißen, sondern will mir dieses Wochenende noch einen gemütlichen Yoga-Kurs raussuchen und dort einen Teil der Übungen mitmachen, anschließend noch ein paar langsame Bahnen durchs Becken ziehen und dann vielleicht noch eine Runde in die 60-Grad-Sauna gehen, bevor ich in einen Bademantel gemuckelt einen Liter Quellwasser trinke und dazu die neuesten Schmutzblätter lese. Ist das jetzt ok? Wollen wir vielleicht abstimmen, ob ich das darf?

Tut mir übrigens leid, liebe unbekannte Dame, dass Du das jetzt abkriegst, Du hast es - da bin ich sicher - sehr, sehr gut gemeint und einen eigenen Schimpf-Post nicht verdient. Es ist auch nicht Dein eigener, er richtet sich an all die, die mir hier (und Legehenne auch schon) gerne mit Rat, Warnung, Empfehlung und Lebensweisheit zur Seite stehen. Im Gegensatz zu mir kennt ihr die Personen nicht, von denen hier die Rede ist - ich brauche z.B. keine Tipps aus dem Netz, wie mein Vater irgendwas meint, ich kenne ihn seit 39 Jahren und weiß, dass er sich zwanghaft um alles, einfach alles kümmert, ob es ihn nun angeht oder nicht. Ihr kennt auch nicht meine inzwischen knüppeldicke Akte und meine Laborwerte oder meinen Ultraschall, so dass ich mich im Zweifel lieber auf das Urteil meiner Ärztin verlasse als auf euers. Ich sage es nur noch mal: ich bin keine von denen, die ein Schwangeren-Forum fragt, ob das jetzt ok ist, wenn ich eine Salamipizza esse oder wenn ich (auf ausdrücklichen Rat von Gynäkologin und Internistin, das tut nämlich gut bei zu hohem Blutdruck) zum Sport gehe. Ich will dementsprechend auch nicht, dass das Forum zu mir kommt. Lasst es einfach, ok? Egal, wie es gemeint ist. Es macht mich nämlich wahnsinnig, und auch das ist schlecht für den Blutdruck. Ich will auch keine Rechtfertigungen hören, die kenne ich schon alle, es sind die allerbesten, da bin ich ganz sicher, ich mag das nur einfach nicht. Ok? Wieder Freunde?

Genug geschimpft (hoffe ich jedenfalls). In meinem Bauch ist einiges los. Seitdem ich aktiv darauf achte, habe ich öfter mal das Gefühl, da krabbelt was. Es ist ein seltsames Gefühl, und wenn heute Abend nicht die Bande vorbeikäme zum Dschungelcamp-Gucken, dann hätte ich als Voll-Nerd Lust, mir den ersten Alien-Film auszuleihen, um es zu feiern. Heute Nacht habe ich mich einmal im Halbschlaf umgedreht und das scheinbar irgendwie falsch gemacht, und ZACK hatte ich üble Schmerzen an einer Stelle, an der ich noch nie welche hatte. "Autsch, autsch, hoffentlich sind Wehen nicht ganz so ätzend", dachte ich im Halbschlaf, und dann war ich plötzlich hellwach und wusste: die sind ungefähr zehnmal so schlimm, wenn nicht hundertmal. Und das war er: der Moment, in dem ich zum allerersten Mal in meinem Leben Schiss vor einer Geburt hatte. Nach vier Jahren Kinderwunschbehandlung ist das ein großer Moment. Ich fühle mich nicht mehr den ganzen Tag gleichzeitig hungrig und vollgefressen, und in die Nahrungsaufnahme ist insgesamt eine schöne Routine gekommen. Was ich nicht darf, ist jetzt geklärt, das kann ich also vermeiden, ohne groß darüber nachzudenken. Und wenn ich nicht mehr darüber nachdenke, was ich alles nicht darf und mit Vorsicht behandeln muss, bleibt mehr Hirn- und Gierkapazität für das übrig, was ich darf - und das ist ehrlich gesagt ungefähr 500mal so viel wie das, was ich nicht darf. (Stellt euch mal für einen Moment vor, es wäre genau umgekehrt, und während einer Schwangerschaft müsste man von Test bis Geburt von Alkohol, rohen Eiern, rohem Fleisch, rohem Fisch, Rohmilchkäse, ungewaschenen, erdverkrusteten Gemüse, Austern, Schinken und Salami leben. Auch nicht schön. Fluppen hätte ich fast vergessen, also schön, Fluppen noch. Und Antibiotika, Schmerzmittel und Hustensaft.) Außerdem fange ich an, in den Swing zu kommen, was Ausruhen, Schonen und Kräfte Rationieren betrifft. Heute Abend z.B. habe ich die Hütte voll, und es gibt nicht etwa das dusselige Huhn, das ich sonst immer mache und das mit knusprigen Ofenkartoffeln zusammen die letzten zwei Stunden vor Eintreffen der Gäste bestimmt, sondern Lasagne. Die Bolognese dafür hab ich gestern vormittag angesetzt, ganz in Ruhe und mit irgendwann vor Weihnachten geschnibbeltem und eingefrorenen Suppengrün. Vorbereitet schmeckt sie eh besser. Dann war gestern noch die Bechamel zu rühren und Käse zu reiben, und seit gestern Abend stehen zwei feine Lasagnen im Wintergarten, mit Folie abgedeckt, und alles, was heute noch zu tun ist, ist ein Feuerchen machen, die Sofakissen aufschütteln und um halb acht die erste Form in den Ofen schieben. Den Einkauf hab ich auch auf drei Tage verteilt. Meine aktuelle Hunderoute führt entlang eines Flüsschens, wo wir kilometerweit laufen können, ohne dass die Hunde an die Leine müssen - perfekt, wenn es ein bisschen glatt ist. Wir fahren zwei Kilometer, ich stakse vorsichtigen Schrittes mit den beiden über die Straße, dann lasse ich sie frei, und dann haben wir die Wahl zwischen drei Rundwegen: 45, 90 und 120 Minuten. Viel bequemer geht es nicht. Ich zwinge mich nicht zu Hausarbeit, wenn ich kaputt bin, sondern nutze die seltenen Momente, wenn ich z.B. a) hellwach, b) fit und c) in der Stimmung für eine meiner Lieblings-DVDs bin, lege einen Film ein und bügele schwuppdiwupp den ganzen Korb leer. Ich protestiere nicht mehr, wenn mir jemand etwas abnehmen will - wenn meine Schwiegermutter spülen will, soll sie spülen, und ich fühle mich auch nicht verpflichtet, währenddessen in der Küche rumzuhantieren, um ja nicht faul zu wirken, sondern bleibe mit einer Zeitschrift auf dem Sofa liegen. Ich verlasse Mittwoch Abend die Agentur, will schon zu meiner Kollegin sagen "Und wenn was ist, rufst du an", stoppe mich aber direkt nach dem "Und..." und sage stattdessen "... ein schönes Wochenende, bis Montag!".

Freitag, 18. Januar 2013

Müder wird's nicht

Gestern war ich zum ersten Mal beim Schwangerschaft(!!!)syoga. Ein Yogakurs, den ich deshalb ausgesucht hatte, weil er erstens in der Nähe ist und zweitens in einer Hebammenpraxis (!!!) stattfindet, auf deren Homepage gleich als erstes steht, dass man hier von Esoterik jeder Art nicht viel hält. "Da sind wir uns ja einig" dachte ich und überwies die 120 Euro für den Kurs. Zu Beginn gab es eine Begrüßungsrunde. Jede sollte sagen, wie es ihr mit und nach der letzten Stunde (die ich wegen Elternbesuch verpasst habe) ging. Die beiden häufigsten Äußerungen waren: 1. ich konnte danach nicht schlafen, war aber trotzdem am nächsten Tag wach und 2. an die Mantren und das Singen muss ich mich erst gewöhnen. Ich dachte mir: schlafen kann ich ja jetzt schon nicht, wie soll das nur werden, und Mantren? Oh Gott, bitte nicht zu viele davon, denn Mantren nerven, und Mantren werde ich nie-nie-niemals singen, aber blieb trotzdem eisern entspannt. Am Ende vergingen von den 75 Minuten Kurs mindestens 10 mit dem Singen irgendwelchen magischen Gebrabbels. (ohne meine Beteiligung, was aber ok war - ich hatte gesagt, vielleicht bin ich irgendwann so weit, vielleicht auch nicht, bis dahin sitze ich einfach nur so dabei) Trotzdem war das nett, entspannend, aufbauend, alles was es sein sollte - aber geschlafen habe ich schon lange nicht mehr so schlecht, und ich habe bei Schlaflosigkeit hohe Standards. Und es war mir zu wenig Sport. Ich gehe sonst in Yogakurse, nach denen man das Bedürfnis hat zu Duschen. Diesmal wurden mal die Schultern gekreist, mal das Becken, mal haben wir uns ein bisschen vor und zurück gelehnt, das war alles sehr schön, aber ich dachte die ganze Zeit: "Ok, warm bin ich jetzt, wann geht's los?" Also habe ich hinterher mit der Yogalehrerin besprochen, dass ich einfach weiter in mein Studio zum Yoga gehe und Bescheid sage, dass ich schwanger bin, die Lehrerin da sagt mir dann hoffentlich Bescheid, wann ich ein Päuschen machen soll. Und Schwimmen kann ich bei der Gelegenheit auch. Das war ehrlich nett, die anderen schwangeren (!!!) Damen machten auch einen netten Eindruck (wenn ich auch festgestellt habe, dass ich die einzige mit lackierten Nägeln war, da war mehr Batik als Essie), und ich freu mich schon auf nächste Woche, aber trotzdem frage ich mich, wie geht das vor sich in einer Hebammenpraxis mit dem Motto "Dreimal Yeah für Esoterik!"? Die waren übrigens alle weiter als ich, jede einzelne. Wir haben alle unseren Namen und unseren Stichtag auf einen Zettel geschrieben, und einige sind schon im März fällig, eine im Juni und niemand außer mir im Juli.
Heute bin ich hundemüde, meine Energiebahnen scheinen nicht ganz so zuverlässig aktivierbar zu sein wie die anderer Leute, und ich bin L. unendlich dankbar, dass er sowohl heute als auch morgen und übermorgen den ersten Hundegang übernimmt, der Schatz.
Ab heute bin ich in der sechzehnten Woche. Laut meinen Apps gibt es Damen, die ab jetzt schon ab und zu Bewegungen im Bauch spüren können, und ich könnte es nicht beschwören, aber ich hab in den letzten zwei Wochen schon ab und zu gedacht: war da was? So was Kleines, was ganz zaghaft und wie ein Spuk von Innen an mir entlangstreicht? Außerdem kann das Kind mich ab dieser Woche angeblich beim Singen hören, ein Grund mehr, das mit den Mantren zu lassen. Ich habe einen Bauch, und sobald ich was Präsemntableres trage als diesen giftgrünen Venice Beach-Nickyanzug (den L. mir mal gekauft hat als sehr gelungene Überraschung), mache ich auch ein Foto davon und stelle es hier rein. Gleichzeitig ist das die letzte Woche des vierten Monats. Schaffe ich es in den fünften? Wird es ein Post-Label namens "Fünfter Monat" geben? Vierter Monat war schon surreal.

Außerdem habe ich über den Vorschlag nachgedacht, einen Frühstücksstammtisch zu machen. Eigentlich finde ich die Idee sehr gut, die Frage ist nur, ob sich genügend Abkürzungsdamen finden, die Lust haben, einen freien Vormittag am Wochenende für Abkürzungsaktivitäten zu opfern. Falls nicht, auch nicht schlimm: dann treffen wir uns eben wieder wie immer, und zur Abwechslung bin ich die Nüchternste am Tisch und gucke euch dabei zu, wie ihr langsam rote Bäckchen bekommt. Liebe Sanne, herzlichen Glückwunsch! Ist ja nicht zu fassen, ob die uns an dem Abend was ins Getränk getan haben? Zwei Schwangere innerhalb der nächsten Wochen! Und zwei harte Fälle noch dazu! Freu mich sehr für Euch und drück feste die Daumen, dass die Blutungen Ruhe geben und alles, alles gut wird.

Mittwoch, 16. Januar 2013

Dieser Post wurde mit der Nase in die Tastatur getippt

Noch vor ca. sechs Wochen hatte ich mit L. mal einen Krach - wobei, so ein richtiger Krach war das nicht, nur ein niedliches kleines Gezicke - als er nämlich gesagt hat, wenn ich jetzt aber richtig und ernsthaft schwanger wäre, dann würde er mir verbieten (!!!!!), weiter arbeiten zu gehen, ich würde mich ja grundsätzlich viel zu sehr stressen und köntne nicht abschalten, das könnte nicht gut sein, ich würde noch im Schlaf irgendwas von Präsen und Kunden und Vollidioten und Strategie brabbeln. Ich sagte, das wollten wir dann ja mal sehen, ob ich mir das Arbeiten oder sonst irgendwas verbieten lasse.

Oh Mann. Ich wollte, jemand würde jeden Morgen zu mir sagen "bleib zuhause und im Bett! Ich befehle es! Willst du wohl liegen bleiben!" Ich dachte schon, die Müdigkeit wäre Geschichte, aber das ist sie nicht. Ich bin ein Haufen Matsche, gepresst in zu enge Kleider. Hätte ich einen dieser Sitzbälle wie die rückenkranken Kollegen, würde ich achtmal am Tag einfach auf den Boden kullern. Heute morgen habe ich erst viermal die Schlummertaste gedrückt und hätte es auch noch öfter getan, wenn ich nicht so dringend hätte spucken müssen, dass Liegenbleiben leider nicht in Frage kam. Buäch. Seit Wochen freue ich mich auf das blöde Dschungelcamp, und die traurige Wahrheit ist, dass ich nach den ersten zehn Minuten immer ins Bett schwanke und den Rest am nächsten Tag in der Mittagspause im Netz gucke. Es ist traurig. Und wenn ich Pech habe, eine Preview auf das, was mich nach Juli erwartet. Ich würde gerne zwanzig Stunden am Tag schlafen und schaffe es dank Hormonterz jede Nacht höchstens auf fünf. Ich könnte heulen, wenn ich in die Ubahn steige, die mich mit jeder Minute weiter weg bringt von Schlafanzug und Bett. Wir haben zwar hier so ein Zimmer mit Sofas, auf die ich mich legen könnte, aber da lungern schon den ganzen Tag die Jungs aus dem Nachbarbüro rum. Ich will Urlaub, und zwar einen richtigen, nicht blutend im Bett liegen und mir Sorgen machen. Ich will irgendwo sein, wo es warm ist, und den ganzen Tag nichts anderes machen müssen als schlafen, essen und lesen. Geht das bitte? Kann sich nicht irgendein Sponsor finden, der mir das ermöglicht? Ich wäre auch bereit, ein großes und deutlich sichtbares Logo auf meinen Schlafanzug zu bügeln.



Dienstag, 15. Januar 2013

Tiefpunkt an der Milchtheke

Ich habe etwas Schreckliches gemacht. Jedenfalls sehe ich das jetzt so, als es passiert ist - am Samstag - fand ich es zunächst ganz ok. Ich war im Supermarkt, in der Gemüseabteilung, als ich irgendwann bemerkte, dass die Frau, die sich da über Säfte unterhielt, gar nicht mit irgendwem Bestimmten sprach, sondern Hilfe brauchte. Sie war blind, ungefähr 30 Jahre alt, klein und extrem, extrem dick. Ich kann nicht gut schätzen, aber ich würde sagen, dass sie bei einer Körpergröße von 1,55 über 120 Kilo wog. Sie fragte in die Luft, wo denn in diesem Saftregal Granini Multivitamin zu finden wäre. Ich ging hin und fragte, wie viele Flaschen sie denn wollte, dann legte ich ihr zwei in ihren Wagen. In dem Wagen lagen außerdem schon mehrere Tüten Chips, einige Tiefkühlpizzas, einige "Schlemmergrillpfannen" aus gemischtem Quälfleisch und anderer Mist. Ich starre ständig anderen Leuten in den Einkaufswagen, das ist mein Spannerlaster. Andere gucken in beleuchtete Fenster, hinter denen sich Menschen umziehen, oder beobachten, wie oft ihr Nachbar zum Altglas geht, ich gucke in Einkaufswagen. Was ich da sah, gefiel mir nicht. Jetzt ging die Frau weiter zum Keksregal und bat mich - nein, eigentlich wies sie mich an - ihr mehrere Tafeln Trauben-Nuss-Schokolade in den Wagen zu tun. "Ach, dass es die noch gibt", dachte ich. "Die hat früher mal mein Opa gegessen und dann niemand mehr." Um der Nostalgie willen rümpfte ich über die Schokolade nicht die Nase. Weiter ging es zum Joghurtregal. "Ich will Bauer", sagte sie. "Welche Sorten sind da?" Ich las ihr die Joghurtdeckel vor: "Toffee, Stracciatella, Birne-Schoko..." "Ich will Himbeer und Heidelbeer, drei Stück von jedem" kam die präzise Anweisung. Und jetzt kommt es, das Schlimme: klammheimlich habe ich der dicken, blinden Frau sechs Light-Joghurts untergeschmuggelt. "Wenn sie so weitermacht, bekommt sie Diabetes" dachte ich. "Und so, wie sie sich ernährt, ist sie irgendwann dann nicht nur blind, sondern hat auch keine Füße mehr. Das ist doch keine schöne Aussicht!" Außerdem dachte ich wohl, "Bauer schmeckt eh nicht so dolle, da merkt sie den Unterschied vielleicht gar nicht."

Und das von mir. Wo ich einen Riesenbogen um Light-Produkte mache und mich immer ein bisschen darüber beömmele, wie man ernsthaft denken kann, das würde einen Unterschied machen. Wo ich eigentlich finde, das Gewicht der Leute geht nur sie etwas an und niemanden sonst. Wo ich jedem ins Gesicht springe, der mir irgendwas darüber erzählen will, wie ich mich zu ernähren habe und wie nicht. Die arme Frau. Ich blöde, herablassende, bevormundende, arrogante Ziege. Jetzt schäme ich mich mit jeder Stunde ein bisschen mehr. Bis ich den nächsten Mist anstelle und mich zur Abwechslung für etwas anderes schämen werde.

Montag, 14. Januar 2013

Fünfzehn

Fünfzehnte Woche geht bisher ungefähr so: man sieht meinen Bauch. Man sieht ihn inzwischen auf eine Art, die bisher kein Weizenbrötchen, keine Ladung Pasta und kein Bier zustande gebracht hat. Außerdem habe ich mir sagen lassen, ich hätte schon diesen gewissen Gang, immer ein bisschen zu gerade und würdevoll und gemessen. Der Bauch hat in den letzten Tagen mehrere Menschen, die ohne ihn zu schüchtern oder höflich gewesen wären, dazu gebracht, mich zu fragen, ob ich schwanger bin oder mir gleich zu gratulieren. (Das ist auch früher schon mal passiert, so richtig schlimm fand ich das nie, eher lustig: "Sind Sie schwanger?" "Nö, verfressen.") In der Agentur glotzen sie mich durch ihre Glasbürowände an wie Goldfische. (Hat sich scheinbar noch nicht rumgesprochen, dass wenn ihr mich seht ich euch auch sehe... nuja.) Am vegetarischen Buffet in der Mittagspause blockiere ich nicht mehr stundenlang die Schlange eiliger, hungriger Innenstadtmenschen, weil ich erst lange überlegen muss, was ich darf und was nicht. (Eine meiner amerikanischen Apps will mir das Essen an Buffets insgesamt verbieten, aber da hat sie sich die falsche ausgesucht.) Meine neue Winterjacke, die ich im Netz gekauft habe und die deshalb ein bisschen stramm sitzt, geht gerade noch so zu, wenn ich drunter keinen Pulli, sondern nur ein dünnes Hemdchen trage. Irgendwann in den nächsten Tagen muss ich damit anfangen, den Reißverschluss von unten ein Stück aufzumachen, und ich hoffe sehr, dass dieses Jahr Anfang Februar der Frühling kommt. Meine Mädchen haben mir ausrichten lassen, dass sie ohne mich nicht in den Sommerurlaub fahren wollen, was ich sehr rührend finde, aber ich würde ihnen dringend raten, diese einmalige Chance zu nutzen und einen Urlaub zu machen, auf den ich nie im Leben Bock hätte (Strand und Sonne den ganzen Tag, eine winzige Bude ohne Pool und mit zwei Behelfskochplatten in einer Klappküche und Abends in die Strand-Disse), bevor ich wieder mitkann und ihnen das alles vermassele. Ich habe drei Dauerpickel: einen links in der Nasenecke, zwei an meiner Pickelstammstelle rechts unterhalb meines Mundwinkels. Ob es an den vielen Weihnachtskeksen oder der Knallerbse liegt, weiß der Himmel. Die ärgste Müdigkeit ist überstanden, so lange ich nichts körperlich anstrengendes mache, danach ist alles zu spät. Wenn man das Dschungelcamp nicht am nächsten Tag im Netz gucken könnte, wäre ich gesellschaftlich erledigt. Mein Vater bereitet sich auf seine Großvaterrolle vor, indem er entschieden hat, dass unser Pflegehund (eine anschmiegsame, zärtliche alte Hundedame von neun Jahren, die mir den ganzen Tag hinterhertrottelt) jetzt aber weg muss, weil das schließlich nicht geht mit Kind. Ich habe ihm in meinem schlimmsten Feldmarschall-Ton gesagt, dass das nicht zur Diskussion steht. Das lassen wir gar nicht erst einreißen. Ich habe immer noch keine Ahnung, in welchem Krankenhaus ich mein Kind bekomme, falls ich es bekomme, und es zeigt sich, dass ich mir das langsam überlegen muss, so albern mir das auch vorkommt; denn die Hebammen hängen an einzelnen Krankenhäusern, und eine Hebamme sollte ich mir langsam suchen, sonst kriege ich keine mehr und bekomme mein Kind unter Aufsicht eines Praktikanten und des Pizzaboten, wenn es blöd läuft. Letzte Woche hat mir jemand erzählt, jetzt wäre es aber höchste Eisenbahn, mich um einen Kitaplatz zu kümmern. Sollte ich schon mal eine Altersvorsorge abschließen, was meint ihr? Jeden morgen massiere ich meinen Bauch mit Weleda Schwangerschaftsöl, wobei massieren wohl etwas übertrieben ist, sagen wir, ich schmiere ihn ein, zu mehr fehlt mir die Geduld, und weil unsere Fenster im Bad immer noch einfachverglast sind, würde ich mir den Tod holen, wenn ich da wirklich zehn Minuten streichen und zupfen würde. Seit Tagen habe ich vor, zum ersten Mal schwimmen oder sogar zur Wassergymnastik zu gehen, aber gestern hatte ich den Hunden auch einen dicken Spaziergang versprochen, und der wurde zehn Kilometer lang, die Hunde waren glücklich, danach war es dann gut mit Sport. Dafür gehe ich am Donnerstag zum ersten Mal zum Schwangerschaftsyoga. Und der Nestbautrieb setzt langsam ein, zu L.s großer Freude, der seit Jahren irrtümlich glaubt, ich wäre die unordentliche von uns beiden, die Hausarbeit grundsätzlich meidet wo sie kann. Es werden tatsächlich Bilder aufgehängt, und gestern habe ich freiwillig den Weihnachtsbaum abgeschmückt, die Figürchen und Kerzenclips entwachst, das Wachs vom Boden gekratzt und die Nadeln zusammengefegt, die Deko von den Fenstergriffen und Türen entfernt und ordentlich weggepackt, meine Post geöffnet und abgeheftet, den Kühlschrank saubergemacht und Zeitschriften ausgemistet. Wenn das so weitergeht, bekommt die Knallerbse einen vollkommen falschen Eindruck von mir.

Sonntag, 13. Januar 2013

Schon toll, was mit einem iphone alles möglich ist

Zum Glück haben meine vier verbleibenden Schwangerschaftsapps zusammen nicht mehr als 2,50 gekostet. Es scheint, dass die Autoren, die die Dinger befüllen, an 80% der Tage beim besten Willen nicht wissen, was sie schreiben sollen. Wie auch? Mir würde es genau so gehen. So kommt das, dass ich irgendwann Mitte dritter Monat gefragt wurde, ob ich schon erste Schwangerschaftsstreifen hätte. Eine andere App möchte, dass ich fast jeden Tag etwas erledige und einen Haken dahintermache. Montag: mit meinem Arzt über meine (nicht vorhandene) Schwangerschaftsübelkeit sprechen. Dienstag: mit meinem (nicht vorhandenen) Arbeitgeber besprechen, wer in Zukunft meine (nicht vorhandenen) Nachtschichten und körperlich anstrengenden Aufgaben übernimmt. Mittwoch: Mit meinem Mann diskutieren, dass er ab sofort die Katze (nicht vorhanden, zu Lilis großem Bedauern) versorgt und das Katzenklo saubermacht. Donnerstag: mit meinem Arzt (der sicher begeistert wäre, schon wieder von mir zu hören) die genetischen Defekte in meiner Familie (nicht vorhanden, genau) besprechen. Mache ich nicht jeden Tag einen Haken hinter diesen Unfug, werde ich erst freundlich angestupst und inzwischen auch ermahnt. Eine andere App dichtet mir ständig irgendwelche Beschwerden von heftigem Zahnfleischbluten über Krähenfüße, Besenreiser und Akne bis hin zu Migräne, Haarausfall, heftigem Haarwuchs an Bauch, Oberschenkeln und Brust und Depressionen an. Außerdem möchte sie, dass L. ab sofort folgende Aufgaben übernimmt: Staubsaugen, sämtliche Reinigungsarbeiten (wegen der schrecklichen Folgen, wenn ich irgend einem Reinigungsmittel ausgesetzt bin), alle Gassigänge, Einkäufe, Kochen, Gartenarbeit und (s.o.) das Versorgen der Katze. Ich dagegen soll die meiste Zeit Nickerchen machen, die Füße hochlegen, meinem Chef sagen, dass ich heute früher gehe und später komme und zwischendurch aber ja aufpassen, dass ich genug Bewegung bekomme - sprich: nach sechs Stunden von allen Verpflichtungen ungestörten Lungerns soll ich meine große Tasche packen, von L. ans Auto wuchten lassen und zum Sport gehen. Wer rostet schon gerne ein während der Schwangerschaft, nicht wahr! Wenn es wirklich trotz all dieser Anstrengungen nichts zu schreiben gibt, werde ich gewarnt. Zum Beispiel vor dem Verzehr von Tiefkühlobst, angebrochenen Quarks oder Joghurts, Fisch (der mir zwei Tage vorher noch ans Herz gelegt wurde), Algen und Salaten in Restaurants. Jetzt ist nur noch die Frage, ob ich die Apps einfach lösche oder mir einen Spaß daraus mache, mich weiter täglich darüber zu beömmeln?

Samstag, 12. Januar 2013

Das ist doch nicht normal

Ich liege schwanger auf dem Sofa, unterdrücke schwanger ein dickes fettes Gähnen, habe eine Wolldecke auf meinem schwangeren Bauch und trinke ein schönes großes Mineralwasser, wie Schwangere das so tun, während L., der demnächst vielleicht Vater wird, oben ein kleines Discorätzchen macht, um sich für die zweite Folge Dschungelcamp zu stärken. Sollte ich besser auch machen, aber ich musste bis vor fünf Minuten die erste Folge nachholen, denn gestern Abend habe ich diesen Finalisten um das schönste Fernsehereignis des Jahres leider verpasst: meine Schwiegermutter (wird im Juli vielleicht, ganz vielleicht Oma) hat ihren 70. Geburtstag mit Saus und Braus gefeiert, meine Eltern (werden demnächst... nein, ok, ich hör schon auf, jajajaja) waren auch zu Besuch, und als wir gegen elf wieder hier ankamen, wollte ich ihnen das nicht zumuten. Man muss dazu wissen, dass ich noch sehr lebhafte Erinnerungen an die Zeit habe, als wir zuhause einen Schwarz-Weiß-Fernseher hatten, bei dem es vier große einrastende Tasten für die Programme ARD, ZDF, SWR und HR gab. Fernbedienung gab es gar nicht, man hatte aufzustehen, wenn einem was nicht passte. Schaltete man diesen Fernseher an, dann dauerte es ca. zwanzig Sekunden, bis ein Bild und kurz danach ein Ton erschien. Ich bin nicht 1950 geboren, es gab schon richtig fabelhafte Farbfernseher mit Fernbedienungen, aber meine Eltern waren an sich eher prinzipiell gegen einen Fernseher, es sei denn für die Nachrichten, und dieses Mammut war ein Statement. Muss ich erwähnen, dass ich mit ca. 12 zum ersten Mal (heimlich bei Nachbarn) einen James Bond-Film gesehen habe? Dass ich mit 14 zum ersten Mal "Wetten Dass" sah (bin bis heute nicht beeindruckt)? Dass es absolut undenkbar gewesen wäre, auf dem heimischen Sofa und vor den Augen meiner Eltern eine Folge Denver Clan zu sehen? Inzwischen haben sie zuhause sogar zwei Fernseher, beide mit Farbe und Fernbedienung, und meine Mutter guckt sich auch mal einen Tatort an, aber sie war ziemlich entgeistert von meiner Eröffnung, dass ich unbedingt vorhätte, heute Abend das Dschungelcamp aufzunehmen. (Hat übrigens nicht geklappt, die Aufnahme mit unserem sonst immer so treuen Festplattenrecorder. Ich musste mir den ganzen Spaß im Netz ansehen. Hat sie da etwa am Ende... Warte mal. Fernsehverbot mit 39?!?)

Es tut mir leid, eigentlich hatte ich gehofft, nachdem das doppelte Flörchen sich endlich erledigt hat, kann ich zur Normalität zurückkehren und völlig unbeschwert vor mich hinschwadronieren, aber es geht einfach nicht - man kann nicht zur Normalität zurückkehren, wenn so gar nichts normal ist. Ich weiß, ich hatte jetzt seit Anfang November Zeit, mich daran zu gewöhnen, aber das habe ich immer noch nicht, und es ist fast, als hätte eine von diesen Frauen voller Gottvertrauen, bei denen nie was schief geht, ungefähr Dienstag einen positiven Test gemacht. Normal kommt dann vielleicht irgendwann im Mai, vielleicht aber auch nie. Während der ganzen Kinderwunschzeit hatte ich immer wieder eine bestimmte Gehirnblähung: ich war mir nie ganz sicher, ob ich im Grunde nicht dran glaube, aber weitermache, weil die Kinderlosigkeit sonst so endgültig wäre - oder ob ich doch eigentlich ganz sicher bin, dass es früher oder später klappt, und jede gegenteilige Beteuerung ist ein bisschen so wie das Gezicke der Mädchen nach der Englischarbeit, die rumjammern, sie hätten bestimmt eine Fünf geschrieben, wo doch jedem klar ist (vor allem denen, die tatsächlich eine Fünf geschrieben haben), dass sie am Ende enttäuscht wären, wenn es diesmal nur eine 2- wäre. Jetzt, wo ich wirklich und wahrhaftig schwanger bin (und heute vielleicht zum letzten Mal für lange Zeit meinen Jeansrock anhatte, der mir immer zu groß war), ist mir klar: Variante 2 war es jedenfalls nicht. Hätte ich heimlich immer dran geglaubt und es bloß aus Aberglaube nicht zugegeben, dann könnte ich vielleicht nahtloser übergehen in den Modus, in dem man sich durch Kinderwagen klickt und sich aufregt, was das alles kostet.

Schwangerschaftsbezogene Aktivitäten:
Gestern habe ich mir einen Rock "für hinterher" gekauft. Er war zu schön und zu runtergesetzt, ging nicht anders. Nächsten Oktober vielleicht ja schon, wer weiß? Er ist in das große, noch halbleere Fach ganz oben im Kleiderschrank gewandert, wohin ich alles schieben will, was nicht endgültig weg kommt, nur erstmal. Außer dem Rock sind darin ein Kleid, eine Jeans mit 0,0% Stretchanteil und zwei Paar Barfuß-Laufschuhe.
Ich hatte für meine Eltern den ganzen Rohmilchkäse wieder aufgetaut, den ich schon zu Weihnachten für den Familienbesuch angeschafft hatte und von dem sie pro Riesenstück nur Mäuseportiönchen gegessen hatten, während mir der Sabber übers Kinn lief mit meiner traurigen Goudaschnitte. Noch mal einfrieren will ich das alles nicht, deshalb feiere ich jetzt ein Festival der Käseküche, heute gab es Käsefondue (Morbier, Ziegenweichkäse, Appenzeller und ein Stückchen Weinbergkäse) mit fürs Gewissen einer Riesenrohkostplatte zum Reindippen (neues Rezept Nr.6), morgen eine Blumenkohl-Käse-Suppe (Nigel Slater, Nr.7) und übermorgen vermutlich ein Käse-Lauch-Risotto (Nigel Slater, Nr.8). Jetzt muss ich mir nur noch eine Listerien-sichere Verwendung für den luftgetrockneten Schinken überlegen, dann ist der Kühlschrank wieder clean. Wenn ich so weitermache, kann ich mir den neuen Rock für alle Zeiten abschminken, schwanger hin oder her.
Und ich habe mein Arbeitszimmer aufgeräumt und saubergemacht. In ein paar Monaten müssen wir entscheiden, ob wir da drin einen Wickeltisch aufstellen oder im Gästezimmer. Ich habe das dumpfe Gefühl, meine Chancen, mein Arbeitszimmer erfolgreich zu verteidigen, stehen besser, wenn sich nicht auf jeder freien Fläche einschließlich Fußboden drei Jahrgänge Zeit, leere Teetassen und gemischte Geschenkpapierreste türmen.
Ich habe ausgerechnet, wie viele Tage ich noch arbeiten muss, wenn ich bis Ende Mai weiter drei Tage pro Woche in die Agentur gehe, geplanten Urlaub abgezogen. Es sind 56 Tage. Kommt das nur mir so wenig vor? 56 Tage, das wären weniger als zwei Monate, wenn ich immer noch so ran müsste wie in den ersten vier Jahren im Job.

Normal oder nicht: es ist schön, endlich hier über all diesen Kram schreiben zu können, nicht irgendwo nebenan mit angeklebtem Schnurrbart.

Donnerstag, 10. Januar 2013

Kate, vielleicht auch Jen und dann noch eine.

Liebe Abkürzungsdamen, ich habe euch etwas zu sagen. Wo ist denn hier der Knopf für bombastische Soundeffekte? Die könnte ich jetzt gut gebrauchen, denn ich habe die ungefähr dickste Nachricht seit Existenz dieses Blogs, und wir hatten schon viele dicke Nachrichten. Außerdem würde mich nerdiges Herumbasteln mit Animationen und SFX über diesen Moment retten, denn die Situation ist zugegebenermaßen reichlich seltsam. Seltsam, großartig, unfassbar und noch so ungefähr hundert andere Dinge. Also schön, raus damit:


Ich bin schwanger.


Für viele von euch ist das überhaupt keine Überraschung, die bitte ich um Entschuldigung, wenn sie jetzt mit einer anderen Superdupernachricht gerechnet hatten und ein Gähnen nur mühsam unterdrücken können. Immerhin waren die Hinweise in meinem Blog auf das, was sich da in Legehennes Blog tut (die zufällig in haargenau der gleichen Situation wie ich mit zufällig genau dem gleichen Umfeld und der gleichen gynäkologischen und Abkürzungsvorgeschichte und zufällig auch mitten im Adoptionsbewerbungsverfahren schwanger wurde) extrem durchschaubar.

Aber vielleicht der Reihe nach: ich habe also mehr oder weniger klammheimlich einen zweiten Blog angefangen, in dem zuerst von einer IVF geschrieben (negativ) und dann von einem Kryoversuch berichtet, und diesmal, bei Versuch Nr.13, mit drei nicht besonders bis überhaupt nicht vielversprechenden Eizellen aus der Tiefkühle hat es geklappt. Und klappt immer noch. Jetzt bin ich im vierten Monat, genauer gesagt, seit heute in der fünfzehnten Woche. Nach all der Zeit, in der ich hier im Eiertanz auf nichts anderes hingefiebert habe, hat es hier nicht stattgefunden. Wie kann das angehen?

Wir hatten darüber schon mal richtiggehend Stunk in den Kommentaren, wie richtig oder falsch das ist. Ich kann nur versuchen zu erklären, wieso, und eigentlich finde ich es gar nicht so schwer nachvollziehbar. L. und ich hatten uns entschieden, uns um ein Adoptivkind zu bewerben. Denn eigentlich waren wir schon sicher, dass es auf dem normalen Abkürzungsweg nicht mehr klappt. Mein letzter positiver Test war im Sommer 2009, seitdem: nichts. Und selbst wenn ich noch mal zwei Linien gezaubert hätte, hätte ich fast fest damit gerechnet, dass ich das kleine Wunder wieder verliere. Also haben wir unsere Bewerbungen geschrieben, fünf Gespräche geführt, sind zu dieser bescheuerten Betreuungsgruppe gegangen und haben wieder mal hochleistungsgehofft: dass irgendwann der Anruf kommt, und dass das Kind dann unser Kind ist und bleibt. Die Chancen, da hatten sie uns schon vorgewarnt, waren nicht besonders gut. Zu viele kinderlose Paare, zu wenig Mütter, die ihr Kind tatsächlich für immer weggeben wollen. Aber gehofft haben wir. Von all dem, was die Dame von der Behörde uns erzählt hat, fanden wir so gut wie alles nachvollziehbar, gut und richtig. Das Einzige, was uns zu knuspern gab, war das: Paare, die adoptieren wollen, dürfen keine eigenen Kinder kriegen. Haben sie schon welche, bekommen sie sowieso kein Adoptivkind mehr. Werden sie während des Verfahrens schwanger, auch nicht. Und haben sie tatsächlich das große Los gezogen und dürfen adoptieren, sollten sie trotzdem weiter verhüten bzw. keine Kinderwunschbehandlungen mehr machen. Wieso, hat uns dort nie jemand richtig erklärt. Das Wort "Trauma" fiel zwar ständig, aber wurde dann auch so stehengelassen, und wenn wir den Betreuungsgruppenpsychologen weiter dazu befragen wollten, schwoll ihm eine Ader an der Stirn. Dagegen hat sich etwas in mir gesträubt, und zwar mit Macht. Ich konnte sofort verstehen, dass die Behörde über unsere Beziehung Bescheid wissen sollte und sich ein Bild davon machen sollte, wie wir selbst aufgewachsen sind. Dass es wichtig sein könnte, womit wir unser Geld verdienen und wie diese Jobs auf ein Adoptivkind reagieren würden. Aber in unsere Verhütungsgewohnheiten und medizinischen Entscheidungen lasse ich mir von niemandem reinquatschen, nicht ohne eine Begründung, die ich verstehen kann. Ohne große Hoffnung und weil wir immer noch nicht wussten, ob wir überhaupt als Bewerber angenommen werden (das zieht sich nämlich eine ganze Weile), hatten wir im Frühjahr noch eine IVF gemacht. Die ging schief. Jetzt waren wir zwar angenommen, hatten aber noch drei Tiefkühlzellen übrig. Hätten wir die vergammeln lassen sollen auf die vage Aussicht hin, dass wir vielleicht mit ganz, ganz viel Glück einen Anruf von der Behörde bekommen (der bis heute nicht gekommen ist)? Wir haben den Versuch gemacht. Bei der Behörde hatte ich zwar gesagt, meine letzte IVF wäre im Januar gewesen statt im April, aber in jedem anderen Punkt war ich ehrlich gewesen. Die wussten von diesem Blog. Ich wusste zwar nicht, ob sie mitlesen, aber das Risiko wollte ich nicht eingehen. Gar nicht darüber schreiben wäre aber auch nicht gegangen, man kann nicht seit drei Jahren über jede Spritze bloggen und dann plötzlich einfach die Klappe halten. Also habe ich einen zweiten Blog angefangen und in den Hinweisen darauf im Eiertanz ziemlich klar gemacht, wer da schreibt und warum. Ich dachte, es ist nur für zwei, drei Wochen, bis ich wieder meine Tage bekomme. Ich dachte, auch dieser Versuch geht in die Hose, und dann war es das, und wir hoffen wirklich nur noch auf die Adoption. Ich dachte, die kleine Schummelei flutscht so durch. Und dann war der Test positiv. Ich dachte, beim ersten Ultraschall stellt sich heraus, dass es eine Eileiterschwangerschaft ist oder ein Windei. Bei jedem Klogang habe ich zitternd vor Angst auf das Papier gestarrt und jedes Mal mit einem Blutsturz gerechnet. Nichts. Der erste Ultraschall war gut. Dann der zweite. Jede Woche hatte ich einen Termin, bei dem ich mit dem Schlimmsten gerechnet habe. Was sage ich: immer noch war jeder Klogang (und davon gab es eine Menge) ein Termin, bei dem ich mit dem schlimmsten gerechnet habe. Aber die Wurst hatte sich festgebissen und wollte bleiben. Also musste ich weiter doppelbloggen. Die Frage war, wie lange? Bis in die zehnte Woche? Oder bis in den vierten Monat? Bis zum Ersttrimesterscreening? Bis zur 24. Woche, wenn ein Frühchen schon eine Chance hat, zu überleben? Bis zur Geburt oder bis zur Konfirmation? Es war immer klar, dass es so nicht ewig weitergehen kann. Es war aber auch klar, dass ich nicht mit einem positiven Test in der Hand direkt die Behörde anrufe, nicht nach meiner Fehlgeburt in der zwölften Woche.

Diese Woche war das Screening. Alles war gut, so gut, dass ich seitdem das Grinsen kaum noch aus dem Gesicht bekomme. Die drei angeditschten, spätentwickelten Kryoeier haben sich tatsächlich durchgekämpft, zumindest eins davon. Und jetzt ist endlich Schluss mit dem Quatsch. Für wen das wirklich als Überraschung kommt, der kann gerne in der Legehenne jetzt noch nachlesen, was in den letzten Monaten so passiert ist. Ich freue mich aber sehr, dass der Affentanz ein Ende hat. Ich war als Legehenne nie voll dabei, denn das hier ist nun mal mein Blogbaby, und ich freue mich, nachdem hier schon von so vielen Pleiten berichtet wurde, endlich über meinen Kugelbauch, die Ultraschalls und alles, was sonst noch auf uns zukommt berichten zu können. Ich hoffe, ihr versteht, was das sollte, und könnt mir den Mummenschanz verzeihen.





Samstag, 5. Januar 2013

Nr.1 bis 5

Rezept Nr.1: Pilze Stroganoff mit Biopilzen, saurer Sahne, Paprika, Muskat, Petersilie und zwei Paketen Knödeln, die hier noch nutzlos rumlagen. Rezept aus Nigellas "Feast", sehr lecker, wenn auch ein bisschen unspektakulär - Pilze in sauerer Sahne eben.

Rezept Nr.2: Involtini (auch aus Feast, auch Nigella, wieso soll ich irgend etwas anderes kochen, so lange es noch Rezepte meiner Lieblingsküchengöttin gibt, die ich noch nicht ausprobiert habe?). Auberginen gegrillt, dann um eine Füllung aus drei Sorten Käse, Rosinen (yep, Rosinen. Aber ich hab ihr vertraut, wie immer, und sie hatte Recht, wie immer), Mandelstiften (Pinienkerne standen im Rezept, aber die mag ich nicht), Petersilie, Ei und Knoblauch gewickelt, in eine Form gepackt und mit einer Tomatensauce übergossen, mit gehacktem Mozzarella bestreut und im Ofen gebacken. Fünf Sterne.

Rezept Nr.3: Adzhika, Georgische Chilisauce (Nigella). Ein Riesenpott voll höllisch scharfer Sauce aus Chilischoten, Paprika, Essig, Koriander, Dill und Knoblauch. L., der sich wieder mal mit Dukan versucht, der arme Schatz, hatte ein paar Löffel davon zu seinen Putenschnitzeln. Der Rest steht im Kühlschrank und wartet auf viele Einsätze: morgen zu Honigmelone und Khachapuri und für L. zum Steak, und demnächst als Pesto aus der Hölle auf meiner Feierabendpasta oder auch mal im Salat.

Geht ganz gut voran mit den Vorsätzen, oder? Khachapuri, ein georgisches Käsebrot, das ich jetzt seit Erscheinen von "Feast" im Wochentakt anstarre, ist dann Nr.4. Wie kann man eine lebenslange Liebesbeziehung mit geschmolzenem Käse haben und ein Rezept in seinem Lieblingskochbuch finden, das von einer Frau namens Nana stammt, und es dann vier Jahre lang nicht machen? Also. Und die Mandelmakronen für den Geburtstag meiner Schwiegermutter werden Nr.5.

Gleich breche ich auf zu einem Abend mit drei Damen, die alle aufgrund unterschiedlicher eigener Vorsätze heute keinen Alkohol trinken. Könnte lustig werden. Und ins Kino gehe ich dann morgen, Anna Karenina.

Dienstag, 1. Januar 2013

Das wurde aber auch verdammt noch mal Zeit

Man sollte meinen, die feine Madame Flora hätte in den langen, verregneten Tagen zwischen Weihnachten und Silvester wenigstens mal für ein halbes Stündchen... aber nein. Nichts! Vermutlich zu beschäftigt damit, die gewaltigen Einkommen aus den Buchverkäufen zu zählen und zu verjuxen oder Pralinen fressend auf dem Sofa zu liegen. Ist das eine Art, mit einem Blog umzugehen, der lange Jahre treue Dienste geleistet hat?

Nein, ich geb's ja zu. Aber ich habe eine Entschuldigung: erstens ist absolut nichts passiert, das berichtenswert gewesen wäre. Wobei... aber dazu, versprochen, in einer Woche. Ich habe nämlich einen Knüller in der Hinterhand. Auch der Knüller ist aber im strengen Sinne nicht in den letzten Tagen passiert, und wenn man zweitens seine Tage im Erkältungsdämmer auf dem Sofa verratzt, dann schießt einem auch wenig durch den Kopf, was man unbedingt dem Internet erzählen will. Dank Aspirinallergie und noch einigem anderen musste ich mit dieser Erkältung ohne andere Unterstützung als Tee und Inhalierstift fertig werden, und das habe ich nicht gut gemacht, gar nicht gut.

Also gut. Vorsätze, oder?

1. Ich bin die Posts der letzten Neujahre noch mal durchgegangen und habe festgestellt, dass ich vor einem Jahr beschlossen hatte, mir für dieses Jahr gar nichts vorzunehmen. Das Erstaunliche ist: dieses Jahr ist trotzdem mehr mit Vorsatzqualität passiert als in den Vorjahren. Vor ein paar Jahren hatte ich z.B. mal an Silvester den Plan gefasst, das kommende Jahr mit 100 Drinks und 10 Zigaretten zu bestreiten. Harrr! Dieses Jahr hatte ich nichts entsprechendes vor und habe seit dem 22. September (Stammtisch, wir erinnern uns, bzw. ihr erinnert euch hoffentlich, ich mich nämlich nur lückenhaft) nichts mehr getrunken. Dazu brauchte es keinen weiteren Anreiz als katerfrei aufzuwachen und täglich einen kleinen bunten Klebepunkt für jeden alkoholfreien Tag in meinen Kalender zu kleben. Welcher Vorsatz folgt daraus? Der, dieses Jahr weniger Energie in Fünfjahrespläne zu stecken und mehr zu machen. Und nach dem gestrigen Abend kann ich euch sagen: Söhnlein Brillant alkoholfrei ist zwar im Vergleich zu live light geschmacklich ein Schritt nach vorne, aber dann. Oh oh, aber dann. Und dabei wollten wir doch dieses Jahr gar nicht ballern, bruharrharr.

2. Was Sport betrifft, bin ich momentan etwas eingeschränkt. Trotzdem will ich immer, wenn ich mich danach fühle und sonst nichts dagegen spricht, meine große bunte Jungs-Sporttasche packen und ins Studio fahren, wo ein gut beheiztes Schwimmbad mit Poolnudeln und Schaumhanteln und Aquajogginggürteln auf mich wartet. In 2013 wird Wasser mein Freund.

3. Abnehmen ist, fürchte ich, dieses Jahr nicht. Und joggen auch nicht, jedenfalls erstmal. Keine gute Kombination. Aber als ich gerade den gestern gekauften Neujahrsberliner nach drei Bissen weggeworfen habe, habe ich mich an einen alten Plan erinnert und beschlossen, an den kann ich mich halten: extrem fettige Lebensmittel sind vollkommen ok, so lange sie wirklich fabelhaft schmecken. Phantastische Fritten: her damit. Mittelmäßige, kalte Fritten aus charakterlosen Kartoffeln mit Salatmayonnaise: stehenlassen.

4. Im Blog ist Fluchen und Austeilen weiterhin erlaubt, im Alltag will ich mir vornehmen, ein bisschen nachsichtiger und großzügiger mit Leuten zu sein, die irgendwie unbeabsichtigt auf meine zarten, hormonverschlackten Füße treten.

5. Um noch mal auf 3. zurückzukommen: Irgendwo tief drinnen habe auch ich dieses Stimmchen, das "tsk, tsk" macht, wenn ich Essen wegwerfe, nur weil es meine Augen nicht zum Leuchten bringt. Natürlich ist niemandem in der Sahelzone mit meinem angebissenen Berliner geholfen, deshalb will ich dieses Jahr mehr an gute Hilfsprojekte spenden. Zum Beispiel das Geld, das ich an der Supermarktkasse für Billigchips oder chemischen Sahnejoghurt spare.

6. Ich will endlich die verdammten Bilder an die verdammten Wände hängen.

7. Ich will jede Woche mindestens drei Stunden damit zubringen, meinen Absprung aus der Werbung nicht nur in bunten Farben zusammenzuphantasieren, sondern voranzubringen.

8. Ich will wenigstens jeden zweiten Sonntag meine Mutter anrufen.

9. Meine Schwester und meinen ältesten Freund ebenfalls.

10. Mein Lieblingsvorsatz von allen auf dieser Liste: ich will in diesem Jahr 100 neue Rezepte ausprobieren.

11. Ich will es schaffen, die vollkommen aus dem Ruder gelaufenen Vorräte in meiner Vorratskammer in den Griff zu kriegen. Hamsterinstinkte in allen Ehren, aber ich brauche nicht acht Sorten Hülsenfrüchte in Mengen von jeweils über 1 Kilo, sieben koreanische Konserven, deren Inhalt ich leider nicht kenne, weil ich kein Koreanisch kann, und vier angebrochene Tüten Buchweizenmehl. Das Zeug wird aufgebraucht oder kommt weg.

12. L., mein Liebster, soll wieder merken, dass ich seine Liebste bin und nicht seine Mutti. Vielleicht bekommt er dieses Jahr ein bisschen weniger Kaffee von mir gekocht und Essen vor die Nase gesetzt. Aber dafür werfe ich mich für ihn auch wieder etwas mehr in Schale, hebe mir meine fünfstündigen Ölkuren für die Frisur für Tage auf, an denen er außer Haus ist, und lackiere meine Nägel frisch, wenn die abgesplitterte Fläche größer ist als die lackierte.

13. Ich kaufe mir eine Hundehose, so ein knisterndes Plastikding, das ich über meine andere Hose ziehe, bevor ich mit den Hunden aufbreche. Ihr ahnt nicht, wie viele Nerven, Waschmittel, Strom und Wasser, Outfitwechsel in letzter Sekunde, Flüche und unwiderbringlich versaute Kleidungsstücke mich meine und fremde Hunde im letzten Jahr gekostet haben. Wenn meine Garderobe zu retten bedeutet, dieses Jahr in Croqs und Plaste durch die Gegend zu stapfen, um es sonst in Samt und Seide tun zu können, dann mache ich das eben.

14. Ich will mindestens einmal im Monat ins Kino gehen und mindestens einmal im Monat meine Mittagspause in einem Restaurant verbringen, das keinen Take-Out-Service anbietet.

Und ihr? Verratet ihr mir eure Vorsätze?