Dienstag, 10. Juli 2012

Wir üben noch

Bevor das hier Stunk gibt: ja, ich weiß, dass Hunde nicht mit Kindern zu vergleichen sind. In keiner Weise! Es ist nur so, dass mich meine Erlebnisse mit Hunden (Mehrzahl, ja) ab und zu an das erinnern, was ich mir mit Kindern so vorstelle, befürchte oder hoffe. Gerade versuchen wir, ein Kind zu adoptieren. Und während wir noch dabei sind (da steht auch noch ein Bericht aus, zu dem ich bestimmt morgen oder übermorgen komme, bitte habt Geduld, sobald es hier mal um was Ernstes geht, schreibt sich das manchmal nicht einfach so zwischendurch weg), adoptieren wir - wenigstens ein bisschen - einen Hund.

Von Momo hatte ich ja schon erzählt. Es gab Gespräche und Kennenlernen und Besuche und noch mehr Gespräche, und jetzt ist sie erst mal bei uns, es sei denn, sie ist gerade bei ihrer angestammten Familie. Als wir Momo kennengelernt haben, war schon von ihren Lipomen die Rede. Das sind gutartige Tumore im Fettgewebe, die hatte sie kurz vorm Schwanz, und "Fetttumor" klingt zwar widerlich, aber in Wahrheit waren das einfach nur zwei feste Beulen im Fell mit dem Durchmesser eines Tischtennisballs. Zurück aus der Heide bemerkten wir am Montag Morgen, dass einer der Tennisbälle süppschte. Das Fell drumherum war wie mit Schneckenschleim (isst hier eigentlich gerade jemand während des Lesens? Dann würde ich eins von beidem lassen, es kommt noch schlimmer) verkleistert. Weil der Hund sonst ganz munter war, haben wir bis heute gewartet mit dem Tierarztbesuch. Heute war L. dran, ich saß sicher im Büro. Dann kam irgendwann der Anruf: nix Lipom, das sind Atherome, auch Grützbeutel (hab ich zu viel versprochen?) genannt - so etwas wie ein riesiger Pickel, nur noch viel entzündlicher und auch nicht ganz ungefährlich. Die offene Beule ist jetzt rasiert, wurde gereinigt, mit Salbe versorgt, Momo muss alle 12 Stunden eine in eine Wurstscheibe gewickelte Tablette bekommen, und Salbe müssen wir auch weiter draufschmieren. Das wirklich schlimme, schreckliche aber, das mich an Kinder erinnert, ist das: mehrmals täglich müssen wir uns die Hände waschen, am besten auch in Einweghandschuhe schlüpfen und das Ding ausdrücken. Seit L. mir das heute mittag erzählt hatte, konnte ich an nichts anderes mehr denken als an das Grauen, nach Hause zu kommen und einen gigantischen Hundepickel ausdrücken zu müssen. Dann war ich zuhause und habe es hinter mich gebracht: Einweghandschuhe habe ich zu Hunderten (ich nehm die zum Kochen, wenn es z.B. eine Chili zu entkernen gibt) (Oh Gott, nun kann ich nie wieder Chilis entkernen, ohne an den Grützbeutel zu denken) (Tja, Pech, ihr jetzt vermutlich auch nicht mehr, tut mir leid). Mir zittern immer noch die Hände ein bisschen, aber was soll's? Liebe macht es möglich, und wenn es auch die gerade erst frisch aufkeimende Liebe zu einem mir vor drei Wochen noch fremden Hund ist. Ich denke daran, wie ich als Kind nach den Windpocken ein paar Furunkel als Souvenir davongetragen hatte, und meine Mutter musste mit mir in der leeren Badewanne sitzen und sie verarzten, während mein brüllender Bruder danebenstand. Ich denke an meine alte Teampartnerin, die morgens bleich aus dem Haus schwankte und erzählte, sie hätte die ganze Nacht damit zugebracht, Rotz aus der Nase ihres schwer erkälteten Säuglings zu saugen. Solche Sachen passieren, wenn man die Verantwortung für ein ansonsten hilfloses Wesen übernimmt. Sie sind nicht schön, sie können einem auch noch Jahre später die schönste Mahlzeit versauen (zumindest, wenn man wie ich ein Talent dafür hat, sich immer an das Falsche zu erinnern), aber sie gehören dazu.

Und wieder mal habe ich ungerechtfertigterweise das Gefühl, mein Leben ist ein Adoptions-Assessment-Center. (Und wer muss es ausbaden? Das Tierchen.)

1 Kommentar:

  1. Hihi ich weiss nicht ob ich einfach abgehärtet bin weil ich im Tierschutz arbeite und mich schon einige Patenkinder und Freundeskinder angepinkelt und angereiert haben aber ich fand das jetzt gar nicht eklig :)
    Wenn ich dir erzählen würde, was mein Pferd an seinem Ding zwischen den Beinen hatte und da musste man dann mitm halben Arm reinfassen und es waschen ja das war eklig aber nicht für mich, dass ist irgendwie einfach so: Es muss sein weil es dem anderen hilft also ist es auch nicht eklig, körbelt aber meine Katze Gras kann ich es nicht weg machen, dass muss mein Mann übernehmen :D

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