Mittwoch, 29. Februar 2012

Minze

Kann sich hier noch jemand außer mir an das Spiel „Fang den Hut“ erinnern? Und hat vielleicht noch eine andere sich immer die Hütchen als Hexenkrallen auf die Finger gesetzt? Wobei der goldene Hut immer die Extraportion Zauberkräfte hatte? Hatten wir wohl Spaß?
Exakt den gleichen magischen Goldton hat meine neue Meridian-Karte, die seit gestern nach jahrelanger Abwesenheit wieder in meinem Portemonnaie steckt und auf viele, viele Einsätze wartet. Zwar ist das neue Studio nicht ganz so schön wie mein altes, für meinen Geschmack hätte man das Thema „orientalischer Puff“ ein bisschen sparsamer spielen können und die Aussicht von der Dachterrasse ist auch nicht so hübsch wie damals in Eppendorf, aber mach was. Es gibt einen riesigen Pool, viel größer als der alte, und angesichts eines Durchschnittsalters der Besucher von 60 gestern Abend fühle ich mich jetzt schon, noch vor der ersten Yogastunde, um Einiges knackiger. Und während im alten Studio vor allem die Herren gerne nackt und breitbeinig auf ihren Liegen saßen, während sie ein Steak verzehrten und dazu ein Bierchen tranken, geht es ein bisschen zurückhaltender zu.

Heute ist Entlastungstag. Für alle, die noch nie gefastet haben: heute gibt es keinen Kaffee, keinen Zucker, kein Fleisch, keinen Fisch, nichts zu Fettiges und natürlich keinen Alkohol. Das macht es morgen leichter, von Essen auf nicht Essen umzuschalten. Zum Frühstück gab es ein Vollkornbrot mit Magerquark, und meine müden Augen fallen mir gleich über meinem Pfefferminztee zu. L. war jetzt zwei Tage lang mit dem Tierchen in der Heide, und ich gebe es nicht gerne zu, aber ich hab mich allein in der alten Hütte ein bisschen gegruselt. Abends ging es, wenn ich nach Hause kam, hab ich erst eine Runde durch jedes Zimmer einschließlich Keller und Dachboden gedreht und in jedes mögliche Versteck geguckt (macht das noch eine und fragt sich manchmal, was sie täte, wenn da tatsächlich ein Überraschungsgast wäre?), dann ein Feuerchen angemacht und mich aufs Sofa gemuckelt, zur Feier des Tages sofort nach Feierabend im Schlafanzug. Aber in beiden Nächten bin ich nach so ungefähr drei Stunden Schlaf wieder aufgewacht und konnte erst wieder schlafen, als es hell wurde. Sind das Regentropfen auf dem Vordach, oder schleicht sich jemand die Treppe hoch? Was war dieses Knarren? Ich war stinksauer auf mich, immerhin habe ich viele Jahre lang allein gewohnt ohne solche Hirnfürze. Aber in einem Haus ist es trotzdem was anderes als in einer Wohnung. Und jetzt muss ich die Müdigkeit von meiner dreieinhalb-Stunden-Nacht mit Pfefferminze bekämpfen. Sollten sich nachher im Blog wirre Buchstabenkombinationen zeigen, bin ich mit dem Kopf auf die Tastatur gesunken.

Dienstag, 28. Februar 2012

Verteidigung eines Schwachsinnsplans

Ihr Lieben, ich danke allen, die mir hier seit zwei Tagen erzählen, ich wäre doch rundum prima so, wie ich bin, und müsste mir wegen der zwei-drei-sieben Kilochen keine Gedanken machen. Das ist wirklich zauberhaft von euch. Aber hier geht’s nicht nur ums Abnehmen, sondern auch um das „innerlich dicke“ Gefühl. Das Gefühl, ständig überfressen zu sein, auch wenn die letzte Mahlzeit schon viele Stunden her ist. Ein Gefühl, wie ich das sonst nur nach dem Verzehr einer vier-Mann-Portion Käsefondue im Alleingang habe: als wäre ich inwändig mit Bauschaum ausgekleidet. Unzufrieden, müde, schlaflos, überreizt und stumpf gleichzeitig. Sogar mein heißgeliebtes Essen verliert gerade viel von seinem Glanz, und das liegt nicht an irgendwelchen Schuldgefühlen, es riecht und schmeckt einfach nicht so gut, wie es sollte. Ich habe Lust auf einen frischen Anfang, auf Bürstenmassagen, auf Wollsocken, auf eine saubere und gebügelte Pyjamahose, auf Bücher, auf meinen Zeitungsstapel, auf lange Spaziergänge bei jedem Wetter, auf Peelings und auf stundenlange Haarkuren. Und wenn das alles überstanden ist, dann hab ich auch wieder Lust auf Nagellack, auf Kino, auf Bars, auf Mädchensausen, auf eine Flasche Cremant im Kühlschrank, auf Playlisten und auf den Duft von Apfelkuchen, Knoblauch und Hühnchen, der durchs Haus zieht.

Oh Mann. Worauf lasse ich mich da bloß ein? Immerhin kann ich glaube ich sagen, dass ich einer der wenigen Menschen bin, die planen zu fasten, weil sie wieder Spaß an ihrer Fresssucht haben wollen.

Montag, 27. Februar 2012

Na bitte.

L. liegt erschöpft von seinem harten Sportwettkampf auf dem Sofa und will, dass der Hund sich auf ihn drauflegt. Denn unser Haus ist zwar hübsch, aber wie fast alle Altbauten auch ganz schön kalt, und der Hund wärmt so schön. Der Hund will aber nicht. Also biete ich freundlicherweise an, mich auf ihn draufzulegen, denn wärmen kann ich schließlich auch, und für eine Sekunde sehe ich blankes Entsetzen in L.s Blick, bevor er irgendwas von „Wolldecke“ und „nicht nötig“ nuschelt.
Letzte Woche, angesichts von 67,8 Kilo Montags morgens auf der Waage, habe ich beschlossen, es muss was passieren. So geht es nicht weiter. Und wenn ich mir was vornehme, dann lasse ich keine Sekunde locker, bis ich es wahr gemacht habe. Was soll ich sagen, liebe Abkürzungsdamen: es ist tatsächlich etwas passiert. Heute Morgen wiege ich nämlich 68,6 Kilo. Ich kann noch nicht mal genau sagen, wie das passiert ist, aber seit dem Neustart mit WW bin ich besessen vom Essen. Ich dachte früher immer schon, dass ich wirklich, wirklich viel Zeit damit zubringe, zu kochen, dafür einzukaufen oder über zukünftige Mahlzeiten zu phantasieren. Aber das alles war nichts im Vergleich zu dem, was jetzt passiert. Ich bin noch nicht aufgestanden, da rechne ich mir schon aus, wie ich ein Frühstück hinkriege, das mich entweder satt genug macht, um mit einem mageren Mittagessen hinzukommen, oder mager genug ist, damit ich mittags einen Teller Pasta essen kann. Es ist, als würde morgen das Essen insgesamt abgeschafft, und ich müsste jetzt sehen, wo ich bleibe. Es fühlt sich an wie Diät, es riecht wie Diät, es schmeckt wie Diät, und ich werde trotzdem immer dicker.
Als Konsequenz überlege ich mir jetzt, das Essen tatsächlich abzuschaffen und ab Mittwoch eine Fastenwoche zu starten. Der Charme dieser Idee läge darin, dass ich mir wenigstens einbilden würde, dass der Hormonmüll, Reste irgendwelcher Kippen-Exzesse und all der ungesunde schöne Kram, den man so tut, einfach wie weggewischt wären. Alles wäre wieder gut! Außerdem hätte ich einen schönen Abnehm-Start, bei dem 4-5 Kilo erst mal weg wären, und darauf könnte ich dann bequem aufbauen.
Der Mist daran wäre, dass ich fünf Tage ohne Nahrung auskommen müsste (was zwar laut Fastenratgebern ü-ber-haupt kein Problem ist im Gegenteil, man fühlt sich großartig! GROSSARTIG!!! Gefälligst. Aber was in Wahrheit zeitweise an Folter grenzt) und dass ich hinterher gewaltig aufpassen müsste, um nicht all die schönen Nahrungsmittel, die ich endlich wieder darf, kiloweise in mich reinzustopfen und eine Woche nach dem letzten Fastentag wieder bei 68,6 zu stehen, und die ganze Quälerei war umsonst.
Andererseits hat sich seit heute die Erkältung endgültig verzogen, und ich darf wieder auf den X-Trainer. Würde nicht die nächste Hormonsause schon wieder am Horizont lauern, dann würde ich einfach sagen: ich versuche jetzt mal eine Woche lang, die schlimmsten Fressflashs zu vermeiden, pfeife auf Weight Watchers und stelle mich jeden Tag 45 Minuten auf das Maschinchen. Und nächsten Montag gucken wir mal, wie viel das gebracht hat, und lautet die Antwort „nichts, du Klops“, dann kann ich immer noch fasten. Ich hatte doch bei den letzten beiden Versuchen längst entschieden, dass weniger Essen für mich nicht der Weg sein kann, sondern dass ich Bewegung brauche. Denn 45 Minuten lang durchhalten auf dem Crosstrainer ist immer noch leichter als 24 Stunden durchhalten vor dem Kühlschrank bzw. der Speisekarte. Aber ich weiß auch genau, dass nächste Woche wieder irgendwas sein wird, was mich davon abhält, und dann muss ich wieder essen, denn ohne Nahrung weiß mein Bauch am Ende nicht, woraus er die vielen Eierchen für den nächsten Versuch machen soll. (Vielleicht aus der Endometriose, die da sowieso überall nutzlos rumliegt?) Und dann kommen auch schon die nächsten Hormonröllchen.
Harrrrrrrgh.

Freitag, 24. Februar 2012

Liebe Abkürzungsdamen, ich brauche eure Klicks.

Unter folgendem Link landet ihr beim Bundeskanzleramt und dort auf einer Seite, auf der "Bürger" (jaha, so unsexy geht es zu, wenn Politik gemacht wird) Vorschläge machen und per Klick unterstützen können. Eine Dame hat dort den Vorschlag gemacht, dass der Staat künftig Kinderwunschpaare stärker und bei mehr Versuchen finanziell unterstützt. Ich finde den Vorschlag sinnvoll, meinen Klick hat er deshalb schon bekommen, und bei letzter Zählung zeigte sich, dass dieser Vorschlag offensichtlich mehr Wellen schlägt als viele andere: der Kommentarbriefkasten quillt über von größtenteils positiven, aber auch einigen wirklich, wirklich widerlichen Kommentaren, und es sind schon ziemlich viele Stimmen zusammengekommen, die die Idee unterstützen. Worauf wartet ihr noch? Klickt, ihr Damen, klickt! Und keine Angst: die Stimmen werden anonym abgegeben. Ich nehme an, das läuft über die IP-Adresse.

Blabla, Röllchen, rarara, Kalorien, rhabarberrhabarber, Fettverbrennung. Ächz.

Falls es jemanden interessiert, es läuft nicht mit mir und WW. Überhaupt nicht. Dem tyrannischen Punktesystem zuliebe esse ich mittags nicht das, was ich eigentlich essen will, sondern einen Salat. So weit, so öde, und das Problem setzt ungefähr eine Stunde ein, nachdem ich das letzte Blättchen verschluckt habe: es ist nicht Hunger. Es ist eher eine Art Langeweile, ein unzufriedenes, nervtötendes Gefühl. Und dann mache ich mir (wir wahren immerhin den Schein) eine Dose Weight Watchers Ravioli auf. 6 Punkte hat die nur! Schmeckt allerdings wie 0, wie Kantinenessen in einer Klinik für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen für alle Zeiten auf Salz, Fett und Spaß verzichten müssen. Und deshalb gehe ich zehn Minuten nach dem letzten faden Nudelkissen an die Agenturschublade und hole mir zwei Tucs. Ach was, mach vier draus. Dann esse ich noch einen Keks mit Schokolade. Heimlich, in das Programm trage ich die nicht ein. Ich bin doch nicht bescheuert, am Wochenende kommen die Mädchen, wir haben einen Tisch in einem netten Restaurant, dafür brauche ich jedes Extrapünktchen, das ich bis Samstag Abend retten kann! Und wegen meines Rotzköpfchens muss der X-Trainer weiterhin still stehen, auf die Art kann ich mir also nichts dazuverdienen. Eine Stunde nach den Keksen (und den M&Ms. Hatte ich die gar nicht erwähnt? Komisch.) stehe ich beim Metzger und hole mir ein Brötchen mit Senf und Schweinebraten, damit endlich Ruhe ist. So sieht’s nämlich aus. Ich weiß nicht, wie viele Punkte das alles hat, ich vermute mal, genug, um ein Bundesland wie Hessen satt zu kriegen. Jedenfalls deutlich mehr, als die Mahlzeit gehabt hätte, für die ich mich entschieden hätte, wenn nicht gerade WW am Ruder wäre. Wobei WW offensichtlich nicht am Ruder ist. So ist das blöd. Ich habe durchgehend schlechte Laune, einerseits, weil ich nicht essen darf, wie ich will, andererseits, weil ich es dann hintenrum doch tue, so dass ich mir noch nicht mal auf die Schulter klopfen kann und mich loben für meinen eisernen Willen, irgendwann zur Kleidergröße 36 zurückzufinden. Was jetzt? Zurück zu L.s System, abends keine Kohlenhydrate zu essen und ansonsten zu machen, was ich will? Das hat schon mal geholfen! Oder doch fasten? Nächste Woche? Ich könnte Mittwoch den Entlastungstag mit Rohkost usw. machen und den Donnerstag mit einer schönen Rutsche Glaubersalz beginnen. Noch sind die vier Tage komplett frei von Einladungen zum Abendessen, Geburtstagen und anderen Hindernissen. Besuch bekomme ich auch nicht. Auf die Art könnte ich die paar Kilo verlieren, die mich vielleicht motivieren, hinterher dranzubleiben.
Uaaaah. Bin ich eigentlich die einzige, die findet, dieses blöde Abnehmthema ist eigentlich viel zu doof und langweilig, um einen so lange in Atem zu halten? Und die sich wundert, wie es das mühelos trotzdem schafft?

Donnerstag, 23. Februar 2012

Wenn Fieber in Disco-Fieber übergeht

Seit Montag bin ich erkältet. Tjaja! Jetzt schämt sich sicher manche, die sich in den letzten Tagen wegen so ein bisschen Hormonstress leid getan hat - ich leide WIRKLICH! Und es kommt erschwerend hinzu, dass L. in Wien ist und nicht zur Verfügung steht, um das Tier zu unterhalten oder mit ihm Gassi zu gehen. Das muss ich nun also auch noch tun! Neben einem neuen Cosmo-Artikel, der in den letzten 48 Stunden fertig werden musste. Nun liegt er im Münchner Postfach, Feedback gabs noch nicht, und ich genieße die zwei Stunden Frieden, bis die Email kommt, die mir sagt, dass das alles ein einziges "Thema verfehlt" ist und ich noch mal neu ran muss. Und ich beobachte zufrieden schnurrend, dass gerade das passiert, was mir vor vielen Jahren auch schon passiert ist, als ich mit dem Texten anfing: in den ersten Wochen und Monaten habe ich täglich damit gerechnet, aufzufliegen. Dass gleich jemand merkt, dass ich das im Grunde genommen alles überhaupt nicht kann, eine krasse Fehlbesetzung bin und am besten gleich meine Sachen packe. Ich konnte nachts nicht schlafen, weil ich immer wieder gebetsmühlenartig dachte: du kannst das nicht. Du bist zu doof. Alle anderen können das besser. Und spätestens morgen wird das jemand merken. Und irgendwann ging es dann doch. Irgendwann bin ich aufrecht in Abstimmungen gegangen oder habe zur Abwechslung auch mal gedacht "deine Idee, großer Zampano aus dem Nachbarbüro, ist schlechter als meine".
Und während die ersten Cosmo-Deadlines jedes Mal Nachtschweiß und Albträume ausgelöst haben, legt sich das allmählich. Ganz allmählich. Ich sitze hier relativ muckelig in einer Kombination aus Schlafanzug, Schal und Mickey-Maus-Pulli, gehüllt in eine Wolke aus Tiger Balm, und denke: eigentlich ist das ganz nett geworden, hoffentlich finden die das auch. Ich bin auf dem Weg der Besserung. Und dieses Wochenende gehe ich mit den Mädchen tanzen. Vermutlich mit Mitsingen. Das wird auch mal wieder höchste Zeit: wegen der Erkältung steht der X-Trainer still, und wer hätte gedacht, wie viele Punkte Hühnersuppe aus der Dose bei Weight Watchers hat?

Dienstag, 21. Februar 2012

Hat hier jemand Erfahrung damit, ob Tigerbalm aus Kashmir wieder rausgeht?

Am zweiten Februar habe ich mit der Dame von der Adoptionsbehörde telefoniert, die mir erklärt hat, jeden Monat würden zwei Abende für interessierte Paare stattfinden, und sobald sie einen Termin hätte, würde sie L. und mich einladen. Tja nun, das ist jetzt fast drei Wochen her, und wir haben noch nichts gehört. Ist das so eine Art Charlotte-Manöver? Sie wollen, dass ich dreimal nachharke, und erst dann sind sie von der Ernsthaftigkeit meines Wunsches überzeugt? Muss ich da auftauchen, an die Tür hämmern und mich zum Affen machen? Ich würd’s tun! Ganz bestimmt! Ich habe nämlich im Lauf meines Lebens einige Übung darin gehabt, mich zum Affen zu machen, das kann ich gut.

„Nun mal nicht gleich so maulig“ würde meine Mutter sagen. „Das wird schon, die melden sich.“ Ach, aber ich bin gerade maulig. Das Wetter ist ein einziger Rotz, und ich hätte das vor ein paar Jahren nicht gedacht, aber ein Hund mit Bewegungsdrang führt dazu, dass man mieses Wetter fast so persönlich nimmt, als würde man sein Geld mit Kartoffeln und Weizen verdienen statt in geschlossenen Räumen und offenen Netzwerken. Und dann bin ich auch noch erkältet. Noch gestern morgen habe ich damit geprotzt, dass ich diesen Herbst und Winter noch kein einziges Mal erkältet war, und zwar dank strammer Spaziergänge mit Lili und täglich einem Vitaminpillchen aus einer bei Budni gekauften Familienpackung. Schwups hat es mich. Und das, wo morgen früh L. nach Wien fliegt und ich allein mit dem Tier dasitze und einem Riesenhaufen Arbeit. Es ist nicht dran zu denken, im Bett zu bleiben und mich mit Zitronen und DVDs zu päppeln. Einziger Vorteil: seit gestern habe ich meine verschlamperte Weight Watchers-Ambitionen wiederbelebt, und mit Erkältung hab ich keinen Hunger. Die einzigen Punkte, die ich heute bisher zu mir genommen habe, stammen aus zwei Gläsern Grapefruitsaft. Vielleicht raffe ich mich in der Mittagspause zu einem Tässchen Hühnersuppe auf. Das Ziel ist klar: nächsten Montag bitte nur noch 67.

Sonntag, 19. Februar 2012

Brav, ganz brav. Feiner Hund.

Gerade in der Bahn, ich hab meine Schwester am Bahnhof abgeliefert, nachdem wir mit Lili an der Elbe spazieren waren. Der Hund ist völlig durch, Sand macht sie immer wahnsinnig, und es ist schon ein paar mal vorgekommen, dass sie wie irre auf einen Spielplatz voller Kinder gerast ist und dann zwei Minuten lang wie ein besoffener Springbock durch die Sandkiste tobt, während die Kinder teils begeistert, teils panisch sind und die Kindergärtnerinnen zum Glück nicht bewaffnet, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls war sie zwei Stunden lang am Strand unterwegs, hat sich ein paar Mal fast ins Treibeis geworfen, um Frauchen eine Ente zu fangen, das gute Tier, und nach einem langen gemütlichen Geschwisterwochenende sitzen wir beide ein bisschen kaputt in der Bahn. Da setzt sich eine vielleicht zwanzigjährige Mutter mit ihrem einjährigen Töchterchen zu uns, und das Kind hat einen Lolli und ganz klebrige Hände, und sie will den Hund streicheln. Und die Mutter ist so zauberhaft mit dem Kind, es kann sich schon selbst mit einem feuchten Tuch das Gesicht abputzen, und sie erklärt ihm liebevoll, aber bestimmt, was mit einem Hund geht und was nicht. Und dann zwickt das kleine Mädchen Lili in die dicke schwarze Nase, zieht ganz vorsichtig an ihren Ohren, und meine borstige müde Hummel sitzt lammfromm vor ihr und leckt ihr ein bisschen Lollikleister von den Fingern, und das Mädchen kräht vor Glück, und die Mutter bleibt ganz entspannt, obwohl ihr Baby gerade seine Seesternbabyhände in den Mund eines fremden Hundes mit riesigen Zähnen schiebt, der ohne weiteres imstande ist, einen fünf Zentimeter dicken Ast einfach durchzubeißen. Je nach Beschaffenheit des Astes natürlich. Und ich bin ganz stolz auf meinen braven Hund, und ich hoffe sehr, dass sie ihre Qualitäten irgendwann auch bei einem weniger fremden Kind zum Einsatz bringen kann, und dass wir darauf nicht mehr zu lange warten müssen. Und dann fange ich tatsächlich in der Ubahn an zu heulen, aber nur ein bisschen, ist auch gleich wieder gut. Hat auch niemand gesehen. Außer Lili, die hört auf, dem Kind die Finger zu lecken, und leckt stattdessen Frauchens Hände. Hapüh.

67,8 ist meine neue Unlieblingszahl.

Als der Anästhesist vor dieser Punktion mit mir gesprochen hat, wollte er neben all dem anderen Anästhesistenkram natürlich auch wissen, was ich wiege. Einfühlsamer Blick von Kopf bis Fuß: "Nach den ganzen Hormonen, hm?" "vermutlich 66 Kilo" knurrte ich. Das war jedenfalls zuletzt mein Höchstgewicht gewesen, nach einigen halbherzigen Wochen Weight Watchers und reichlich Ausnahmefritten zwischendurch. Hormone, klar! Die bösen, bösen Hormone. Die ich jetzt ja auch schon seit einigen Tagen nicht mehr schlucke oder spritze.
Liebe Abkürzungsdamen, heute morgen war ich auf der Waage. 67,8. Das ist so ungefähr das Gewicht, das ich nach dem in jeder Hinsicht exzessiven Sommerurlaub mit den Mädchen hatte. Das geht so nicht. Ich trage gerade eine Jeans, an deren Knopf immer noch das Haargummi aus der Stimulationsphase befestigt ist. Zugegeben, diese Jeans habe ich in meinem Enthusiasmus über demnächst anstehende Abnehmerfolge vielleicht ein bisschen zu übermütig in knackigen M gekauft, aber trotzdem. Das Haargummi hat da nichts mehr verloren! Zähnefletschend habe ich den Knopf dann doch noch zubekommen. Die Röllchen, die in dieser Jeans keinen Platz finden, scheinen sich jetzt in mein Gesicht hochgedrückt zu haben. Ich sehe furchtbar aus! Ganz schlimm! Schweinchenrosa Birne, alles geht aus der Form, 67,8!
So geht's nicht weiter. Seit letzter Woche stehe ich zwar so gut wie jeden Tag 45 Minuten lang auf dem X-Trainer, aber bis das anschlägt, kann ich nicht alle Spiegel verhängen. Was mach ich nur? Eine dritte Chance für Weight Watchers? Doch L.s Masterplan, ab 16 Uhr keine Kohlenhydrate mehr zu essen? Auf Wiedersehen, Feierabendpasta und Feierabendweinchen? Oder doch noch mal ein Gewaltakt, eine Fastenwoche, um auch den Hormonmüll zumindest gefühlt wieder loszuwerden? Was macht man denn da? Ich bin gerade wirklich verzweifelt! Gestern Abend habe ich meine Schwester in mein Lieblingsrestaurant, das Vienna in der Fettstraße (HARR!) ausgeführt. Es ist winzig da, und um den Raum größer wirken zu lassen, sind ringsum auf Augenhöhe Spiegel an den Wänden. Den ganzen Abend musste ich Miss Piggy beim Kauen zusehen. Ich hatte das noch nie, noch nie war ich so verzweifelt über mein Gewicht und mein Aussehen! (Vermutlich zusätzlich befeuert durch die Gegenwart meiner 27jährigen elfengleichen Schwester, der meine M-Jeans sofort bis auf Kniehöhe rutschen würde, mit oder ohne Haargummi.) Und nächsten Samstag gibt es gleich die nächste Sause, wir feiern einen Mädchengeburtstag in einem anderen großartigen Restaurant. Egal, was ich mir jetzt vornehme, ich werde Steak Frites bestellen, dagegen komme ich nicht an.

Und jetzt kommt mir nicht mit beruhigenden Worten von wegen, das wären doch alles noch hormonelle Nachbeben und würde sich von ganz alleine legen in den nächsten Wochen, ich will nicht beruhigt werden! (Ich schreibe diesen Post übrigens in einem quergestreiften Pullover. Ist das klug, Flörchen? Nee, oder? Aber Klugheit in Fragen echter oder angetäuschter Schlankheit war noch nie meine Stärke...)

Samstag, 18. Februar 2012

Wir haben einen Sieger.

Liebe Abkürzungsdamen, die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, aber nach langen matschigen Spaziergängen mit dem Tier, auf denen ich das Für und Wider hin- und hererwogen habe, bin ich zu folgendem Schluss gekommen: Siegerin ist Birgit. Zwar war sie nicht die einzige, die die Idee mit "Gestern zu viel getrunken" hatte, aber sie war die erste, die diesen Vorschlag gepostet hat. Je länger ich drüber nachdenke, desto besser finde ich den Vorschlag.
1. ist er glaubwürdig.
2. lässt er trotzdem nicht den Verdacht aufkommen, ich wäre Alkoholiker, denn die haben bekanntlich kein Problem damit, zwei Tage hintereinander zu trinken.
3. macht er kein Fass auf.
4. kennt das jeder, es ist nachvollziehbar, und ich werde nicht weiter gefragt.
5. führt er nicht zu endlosen Diskussionen über die Entschuldigung (anders als z.B. Fasten, da hat man ganz schnell die Diskussion an der Backe, dass das doch erwiesenermaßen Quatsch ist usw., rarara)
6. macht sich niemand Gedanken, wenn ich eine Woche später (nach dem Test) schon wieder kein Problem damit habe, ein Glas Rotwein zu trinken.

Liebe Birgit, ich hoffe, wir können zum nächsten Stammtisch in Hamburg mit Dir rechnen? Wenn nicht, käme eine Zweitplatzierte zum Zug...

Womit wir gleich zum nächsten Thema kommen: Terminvorschläge? Wer würde denn gerne kommen? Für alle, die noch nie dabei waren: wir treffen uns normalerweise an einem Mittwoch oder Donnerstag Abend im Gloria in der Bellealliance-Straße, die nächste Ubahn-Station ist Christuskirche (U2). Da sitzen wir dann, essen was und trinken zusammen die eine oder andere Flasche Wein, während wir uns in Fahrt reden über unseren Hormonschlamassel. Es wird meistens laut und lustig. Bevor entsprechende Vorschläge kommen: kommende Woche kann ich weder Mittwoch noch Donnerstag, weil der feine Herr L. nach Wien reist und ich alleinerziehend das Tier betreuen muss.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Da war doch noch was!

Der große Wer-hat-die-beste-Ausrede-warum-man-keinen-Alkohol-trinkt-Contest.

Wir erinnern uns: ich wollte wissen, wie man solche Szenen wie meine mit den netten Nachbarn vermeidet, bei der ich gesagt habe, ich würde ein Antibiotikum nehmen und wollte keinen Alkohol, und mein Nachbar sich daran gemacht hat, mir mit Feuereifer zu beweisen, dass ich in Wahrheit aber doch Alkohol trinken soll. Was ich ihm nicht übel nehme, was mich aber ins Stammeln und Drucksen gebracht hat, und hinterher dachten sich vermutlich alle doch, was hatse denn, vamutlich schwanga. Also genau das, was sie nicht denken sollten.

Und ich wollte nicht nur euren Rat, sondern ihr solltet was wiederkriegen: der beste Tipp sollte prämiert werden mit Essen und Trinken auf meine Rechnung beim nächsten Stammtisch.

Wir schreiten zur Jurierung.

Vorschlag 1:
"Bei Rotwein: Histaminintoleranz.
Aber ganz grundsätzlich: Der einzige Grund, bei der KB keinen Alkohol zu trinken ist, dass die Leber mit der Verstoffwechslung der ganzen Hormonbomben schon genug zu tun hat. Wer dann aber Freßattaken mit viel Fett (Schokolade, Sahnetorte, Sahnesaucen, fetter Käse, Salami,Leberwurst...) auslebt, gibt der Leber genau so viel zu tun. Dem Embryo kann man in der Warteschleife mit Alkohol kaum schaden: Er ist noch nicht mit der Mutter via Plazenta verbunden. Also: Entspannt Euch mal alle ein wenig..."

Ich weiß, vermutlich bin ich da ein bisschen hysterisch. Und ich weiß auch, dass es da draußen Zehntausende, wenn nicht Millionen von Frauen gibt, die bis in den dritten Monat fröhlich gesoffen, geraucht und Klebstoff geschnüffelt haben und jetzt stolze Mutter kerngesunder Kinder sind. Ich kenne auch die Alles-oder-Nichts-Theorie. Aber ich finde, die zwei Wochen ohne schaden mir bestimmt nicht. Und auch in Woche sechs bis elf brauche ich eine Ausrede, nicht nur für die Zeit bis zum Test. Liebe Kommentatorin, vielen Dank und Hut ab für die nüchterne, informierte und naturwissenschaftlich mit Sicherheit korrekte Einstellung, ich wollte ich wäre auch so entspannt, bin es aber nicht.

Vorschlag 2: Entsäuerungskur.
"Ich sag gerne, dass ich grad eine Entsäuerungskur mache. Hab ich tatsächlich mal gemacht und mir gings super dabei. Ich durfte damal weder Alkohol noch Zucker zu mir nehmen, auch kein Weißbrot, Schweinefleisch und alles von der Kuh. Stattdessen basische Ernährung, viel Gemüse, Obst und Dinkelvollkornprodukte, whatever..schwanger wurde ich nicht davon.Wenn du dann gerade ein schönes Nackenkotelett auf den Teller packst, isses natürlich wenig glaubwürdig. Aber so genau kennen sich die meisten damit ja auch nicht aus.Und deine Heilpraktikerin hat dir das eben auf den Leib geschneidert, was du darfst und was nicht"

Liebe Cetro-Tine, das klingt an sich total einleuchtend. Die einzigen zwei Probleme: 1. Die meisten Menschen, mit denen ich Alkohol trinke, kennen mich. Und die würden mir diese Geschichte nicht glauben. Wenn irgendjemand mir Zucker, Alkohol, Weißmehl, Milch, Schwein und Rind verbieten würde, würde ich ihn dafür nicht bezahlen, sondern ihm die Nase abbeißen. So bin ich leider, und das wissen die. 2. Das würde bedeuten, dass ich an diesem Abend nicht nur ohne Alkohol, sondern auch ohne Milch, Weißmehl, Kuh, Schwein usw. auskommen müsste, und das wäre dann doch eine Nummer zu trist für meinen Geschmack. Trotzdem vielen Dank!

Vorschlag 3:
"Ich bin keine deiner Abkürzungsfrauen, aber dein Gefühl, lieber abstinent bleiben zu wollen, kann ich nachvollziehen. Wenn du also komplett nüchtern bleiben willst, würde ich an deiner Stelle vielleicht was von "heute irgendwie Unruhe im Gedärm" murmeln, dabei verlegen gucken (kannst ja noch ein paar Stunden üben ;-)) und dazu setzen, dass du diese Unruhe nicht durch Alkohol forcieren möchtest. Wer hätte schon gern Durchfall aufm Kneipenklo? Da hat ganz bestimmt jede für dich Verständnis."
Ja, hat was, liebe Andrea. Erstens sehe ich unter Hormonen so aus, dass man mir jede Art von Unwohlsein sofort abnimmt. Zweitens habe ich damit auch gleich die Entschuldigung, wieso ich mich spätestens um elf verabschiede, um im Taxi einzuschlafen. Und drittens wird wohl hoffentlich niemand bei Darmgeschichten zu genau nachbohren. Andrea, was soll ich sagen - Du bist es. Vielleicht!

Vorschlag 4:
"Vorgezogene Fastenzeit", da ihr zur eigentlichen Fastenzeit Urlaub plant, du da nicht abstinent bleiben willst, aber einmal im 40 Tage gar kein Alkohol auch nicht schaden :-) - (ich zieh das tatsächlich vor, wenn wir Skifahren sind in der Fastenzeit)"
Liebe Barbara, auch dieser Vorschlag ist nicht sooo doof: denn gefastet hab ich schon ein paar mal (allerdings habe ich da auf ALLES verzichtet bis auf Duschen und Atmen), und ich könnte mir diesen Rappel abgeguckt haben von einem meiner Mädchen, die auch jedes Jahr bis Ostern sechs Wochen lang Alkohol und Süßigkeiten weglässt. Einziger klitzekleiner Fehler: zum Jahresanfang könnte ich das bringen, meinetwegen auch noch bis April, aber Fastenzeit im Hochsommer? Mal sehen. Auch du bist es... vielleicht!


Vorschlag 5:
"...Deshalb meine neueste Strategie: Am besten man sagt, dass man am Tag vorher schon etwas zu viel getrunken hat und gerade froh ist, den Kater losgeworden zu sein. Da war der Wein irgendwie nicht gut und hat dolle Kopfschmerzen gemacht. Oder die Begleitung hat einfach ungefragt noch eine zweite Flasche Wein bestellt. ....Heute ist deshalb selbst die Lust auf das kleinste Piccolöchen nicht vorhanden."
Liebe Birgit, auch dieser Vorschlag hat seine Stärken, von denen absolute Glaubwürdigkeit die vermutlich bestechendste ist. Großartige Idee, auch du bist es vielleicht!

Vorschlag 6:
Bis Ende Januar kann man glaubwürdigerweise was von "guten Vorsätzen" murmeln. Aber Birgits Vorschlag mit dem "hatte gestern schon etwas zu viel" klappt bei mir auch immer (merkwürdigerweise glauben mir das die Leute ;)).
Aber auch "momentan vertrage ich wenig Alkohol, gestern war mir nach einem Glas Wein total übel" funktioniert gut.
Liebe Felicitas, volle Punktzahl für Birgits Idee, und ich glaube auch, für viele Abkürzungsdamen ist "momentan vertrage ich das schlecht" ein 1A Vorschlag - auch hier würde ich ein leichtes Glaubwürdigkeitsproblem bekommen. Denn das war noch nie, das wäre ungefähr so, als würde ich eine Schale Fritten mit Mayo lustlos beiseite schieben und mich beschweren, das wäre mir gerade zu fettig.

Vorschlag 7:
"Liebe Flora,
Ich habe ehrlich gesagt keine Lust mehr mir Ausreden einfallen zu lassen. Deswegen regel ich das gerade so: Wenn mein Wundermann in der Nähe ist, kriegt er mein Glas vorsichtig untergeschoben. Natürlich hatte ich es lange genug in der Hand, dass man damit gesehen wurde. In Kneipen mache ich heimlich mit der Kellnerin aus, mir alkoholfreie Cocktails zu bringen. Falls jemand mich wegen des Wassers anspricht, brauche ich das zwischendurch, damit ich nicht so schnell betrunken bin. Bisher hat es funktioniert. Trotzdem, viel Spaß heute Abend! LG, Emma"

Liebe Emma, das hab ich auch schon oft so gemacht, und auf Parties klappt das 1A. In der kleinen Nachbarschaftsrunde neulich abends hab ich das auch versucht und mich dabei glaube ich für meine Verhältnisse auch gar nicht soooo bescheuert angestellt, trotzdem habe ich fünf Minuten lang die Meisterdetektiv-Blicke unserer Nachbarn auf mir gefühlt. Aber wenn die Runde es hergibt, Bombentipp! Auch du bist es vielleicht.

Vorschlag 8:
"Libe Flora,
ich habe in der Warteschleife und auch noch bis zum Ende des dritten Monats einfach gesagt: Nein danke, ich habe im Moment keine Lust auf Alkohol. Da haben selbst meine wild schnapstrinkenden Mädels nicht mehr weitergefragt, ich war selbst überrascht! Und das obwohl man mich in gewissen Kreisen auch den Sombrero ohne Boden nannte weil ich Tequila trank wie....naja, egal. Ausserdem wäre es auch viel zu anstrengend gewesen, mir dauernd was neues auszudenken. Viel Erfolg heute, ich hoffe wir hören wie es ausgegangen ist?
LG, Murphy"
Liebe Murphy, obwohl ich Tequila zwar ganz gern mag, vor allem mit dem ganzen Salz- und Zitrone-Programm (wobei ich glaube ich genau so glücklich wäre nur mit Salz und Zitrone und gar keinen Schnaps draufkippen müsste), nennt man mich nicht den Sombrero ohne Boden. Ich bin eher die mit dem Rotwein oder dem Prosecco, ab und zu gibt's auch mal einen schönen Scotch - aber ich glaube, das glaubt mir kein Mensch. Vor allem, wenn man mitbekommt, wie sehnsüchtig ich die Rotweingläser in den Händen der anderen angucke. Und ich fürchte außerdem, das würde bei guten Gastgebern den "Ach komm schon, diesen Rotwein musst du probieren, den haben wir von einem kleinen Weingut in Italien mitgebracht"-Impuls zum Explodieren bringen, sie hätten einfach Angst, dass ich was verpasse. Herrje... ich glaube, das ist es nicht. Aber vielen Dank für den Tipp! Vielleicht probiere ich das ja doch noch mal aus beim nächsten Mal, und sollte es erstaunlicherweise doch funktionieren, reiche ich einen Preis nach, versprochen.

Vorschlag 9:
"Da ich sonst durchaus gerne was trinke, und bei passender Gelegenheit es auch nicht unbedingt bei 1 Glas belasse, hat's bei mir auch schon komische Blicke gegeben. Vor allem im Kollegenkreis gab's dann auch schonmal die einen oder anderen Gerüchte (die ja leider bislang alle falsch wahren).
Wenn ich Ausreden brauche (z.B. auch bei den Schwiedereltern), erzähle ich entweder was von Magenproblemen oder vor kurzem genommenen Kopfschmerztabletten."
Liebe Relaxednomore, an sich hätte ich auch Geld auf diesen Vorschlag gesetzt, wenn nicht... siehe oben: ich hab erzählt, ich würde Tabletten nehmen, und mir wurde argumentatorisch astrein und mit einigem Aufwand erwiesen, das wäre kein Grund. Ach, es ist zum Auswachsen: sage ich, ich will nicht, dann glaubt mir das keiner, sage ich, ich darf nicht, dann hat der Gastgeber Mitleid und legt sich ins Zeug, um mir zu beweisen, dass ich aber doch darf.

Vorschlag 10:
Kinderwunsch Baden-WürttembergFeb 4, 2012 07:02 PM
Ich sage einfach: NEIN DANKE und wers nicht blickt der hat PECH!
Sowas finde ich unverschämt jemandem Alkohol oder sonstwas schier auf zu zwängen. Ich nehme das Glas und stelle es weg und wenn mir jemand dumm kommt sage ich ihm, dass ich NEIN DANKE gesagt habe und ich muss mich sicher vor keinem rechtfertigen egal ob mit oder ohne Kinderwunsch oder Alkoholikervorgeschichte :D
Liebe Kinderwunschbadenwürttemberg, an sich hast du da natürlich Recht. Aber die Leute meinen's gut. Und ich befürchte, wenn ich das so kommentarlos sage, dann habe ich zwar für den Moment Ruhe, aber muss damit leben, dass die Gerüchteküche die nächsten Tage brodelt. Jetzt gibt es eine Menge Leute, bei denen ist mir egal, was die denken, aber bei manchen - vor allem bei sehr netten Leuten, die man noch nicht lange genug kennt, als das sie die ganze Kiwu-Geschichte kennen würden, aber die man gerne noch näher kennen lernen würde, will ich auch nicht barsch und ruppig sein... Hm... schwierig! Ich weiß! Trotzdem Danke für den Tipp!


Vorschlag 11:
eine Freundin von mir (nicht schwanger) hat eine gute "Ausrede", wie ich finde. Sie sagt, sie trinkt keinen Alkohol, weil sie dadurch besser schläft. Ich finde das einleutend und kann das auch selbst bestätigen. und ich fand, da klingt auch nachvollziehbar und logisch. Allerdings habe ich sie noch nicht selbst ausprobiert. Funktioniert natürlich nur für den abendlichen Alkoholgenuss.
Ich werde es sicher demnächst mal ausprobieren.
LG K.
Liebe K., das könnte ich wirklich nur bei ganz, ganz flüchtigen Bekannten oder Kollegen machen. Bei allen anderen scheitert auch dieser Tipp an Glaubwürdigkeit. Leider, leider! Schade, schade!

Vorschlag 12:
nannyogghatheutefrei
Also ich würde die Variante mit der Wette wählen: "Ich hab gewettet, dass ich 3 Monate (eben bis du es erählen magst) keinen Alkohol trinke". Oder es als verlorene Wette deklarieren "Ich hab ne Wette verloren, und darf jetzt 3 Monate keinen Alkohol trinken".
Liebe Nannyogghatheutefrei, sportlich! Ich glaube auch, das würde klappen, aber ich fürchte, dass das wiederum Futter für das Alkoholikergerücht liefern würde. Aber vielleicht ist das auch nur in meinem Kopf, der entsprechend vorbelastet ist: im Psychologiestudium vor langer Zeit gab es mal ein Manual mit Symptomen psychischer Störungen, und ein Alkoholismus-Symptom war paradoxerweise, dass jemand sich schon mal vorgenommen hat, während eines bestimmten Zeitrahmens keinen Alkohol zu trinken. Harrgh! Ist das nicht seltsam, dass man selten mehr Gefahr läuft, als Alkoholiker zu gelten, als wenn man keinen Alkohol trinkt?

Vorschlag 13:
huhu mädels, ich sage immer abwechselnd, dass ich gestern schon zu viel getrunken habe, das mein freund gemeint hat, dass ich nur mit alk lustig sein kann ( das will man ja nicht auf sich sitzen lassen) oder auch wirklich mal die diät/ keine lust/ nicht gut / mag den und den wein nicht. das immer abwechselnd, hat noch nie einer verdacht geschöpft. lg mine
Liebe Mine, volle Punktzahl für "gestern schon getrunken und leider verkatert", alles andere würde mir leider niemand glauben, s.o.

Vorschlag 14:
Ich habe vor einiger Zeit in meinem nahen Umfeld sehr unschöne Erfahrungen damit gemacht, was Alkohol aus Menschen machen kann.

Deshalb trinke ich seit einem halben Jahr keinen Alkohol mehr. Wenn ich in einer Runde mit Menschen bin, die die Vorgeschichte nicht kennen, gibt es immer gleich vielsagende Blicke auf den Bauch und neugierige Anspielungen oder gleich Nachfragen. Für einen trockenen Alkoholiker wurde ich allerdings noch nicht gehalten ;)

Das Erklären habe ich aufgegeben. Wenn mir jemand zu sehr auf die Pelle rückt, sage ich es einfach: "Ich habe in meinem nahen Umfeld sehr unschöne Erfahrungen damit gemacht, was Alkohol aus Menschen machen kann. Deshalb trinke ich nichts mehr."
Liebe Anonyma, Hut ab für den Mut, so eine Geschichte zu erzählen. Ich glaube trotzdem nicht, dass das für mich funktionieren würde, und zwar aus zwei Gründen: erstens wäre es in meinem Fall gelogen, und bei so einem Thema (Alkoholismus) möchte ich nicht lügen, und zweitens würde ich nicht an einem harmlosen Rotweinabend mit Nachbarn oder auf einer Büroparty oder... mit dem Alkoholismushammer kommen wollen - was daran liegt, dass ich nicht deine Erfahrungen gemacht habe. Wenn doch, dann würde ich das sicher ganz anders sehen und machen. Aber als gelogene Ausrede wäre mir das zu viel. Und außerdem hätte ich Angst, dass Spekulationen darüber, wer denn derjenige ist, mit dem ich diese Erfahrungen gemacht habe, hochkochen - Vater? Mutter? Freund? Exfreund? Ehemann? Keiner von denen hat mir jemals alkoholbedingt was Böses getan, da wollte ich sie nicht in den Verdacht bringen. Trotzdem vielen Dank für den Tipp!

Vorschlag 15 (ist das zu fassen, schon 15!):
Die Alkohol-Sache ist schon doof, aber da jeder weiß, dass ich auf Alkohol extrem müde werde und auch gerne mal auf der nächstbesten Sitzgelegenheit einschlafe, sage ich einfach: "Ich möchte heute gerne mal wach bleiben." Das versteht jeder.
Liebe Anonyma, auch das ist ein guter Vorschlag. Denn meine Müdigkeit unter Hormonen sieht man mir an, und es stimmt sogar, das Alkohol mich oft müde macht, also: auch du bist es vielleicht.


Vorschlag 16:
Ich habe auch so eine Nachbarin. Ich mache es mittlerweile so: ich nehme das Glas, wenn sie es mir wiedermal aufzwingt, auch wenn ich sage: nein, danke. Stoße an und stell es dann demonstrativ vor mich auf den Tisch.
Zweimal gemacht und mittlerweile ist Ruhe.
*g* Große Erklärungen gibt es dann keine mehr. Soll'se doch gucken. Das können sie bei mir schon seit einigen Jahren... Ich habe oft gesagt: ich mache mittlerweile soviel Yoga. Und gewisse Yogaübungen (ohne Scheiß) sollte man nur machen, wenn man sich vegetarisch und alkoholfrei ernährt. Ich arbeite mich noch in die Richtung vor. Erstmal verzichte ich auf den Alkohol...
Liebe Anonyma, Vorschlag Nr.1 habe ich so schon oft selbst praktiziert, allerdings ohne das demonstrativ-auf-den-Tisch-stellen, ich bin dann eher der Typ, der den Sekt in den Gummibaum gießt oder auf einem Tischchen "vergisst". Die Yoga-Erklärung würde bei mir leider nicht durchgehen, denn jeder, der zwei Augen im Kopf hat, sieht, dass die Tante garantiert nicht ernsthaft genug Yoga macht, um auf Übungen zu stoßen, die alkoholfreies und fleischloses Leben erfordern. Dazu gibt es an mir zu viele Beulchen, Röllchen und Pölsterchen. Tscha!

Vorschlag 17 und damit letzter Vorschlag:
nicht einfach antibiotikum sondern metronidazol ist das zauberwort... enthalten in so schönen sachen wie z.b. flagyl, das gegen infektionen hilft... da heissts kein glas bis einen tag nach der anwendung, sonst kriegt man den schönen antabus-effekt zu spüren, wie alkoholiker die das echte antabus nehmen und trotzdem versuchen fröhlich weiterzubechern: flush, erbrechen, tachykardie...
ich glaube, da versteht dann jeder, das man gerne auf ein gläschen verzichtet!
einziger haken bei dieser geschichte: allen erzählt man ja auch nicht gerne, dass man "da unten" einen infekt hat :-)
Liebe S., den Antabus-Effekt musste ich googeln. Das ist ja nicht nur eine Ausrede, das ist ja gleich ein komplettes Party-Gesprächs-Thema! Ich müsste mich allerdings erst ein bisschen reinfuchsen und durchinformieren, bevor ich mich das trauen würde. Und vor der Unterleibs-Muffe hätte ich keine Angst, erstens bin ich da abgehärtet, zweitens holt man sich ja so manches im Fitness-Studio... non? Wie auch immer, Auch du bist es vielleicht!

Liebe Abkürzungsdamen, wer hätte gedacht, dass die Vorschläge so zahlreich sein würden und die Entscheidung so schwierig? Ich glaube wirklich, ich muss noch eine Nacht drüber schlafen. Aber morgen, morgen gibt es die Entscheidung. Und hoffentlich dann bald den nächsten Stammtisch, damit ich mein Versprechen auch halten kann. Danke an alle Kandidatinnen! Ihr wart großartig, ihr könnt Stolz auf euch sein, ihr wart die besten Kandidatinnen der Welt, Mwah! (Geräusch euphorischen Luftküsschens in die Runde.)

Am ersten Tag kommen einem die Hormonferien immer noch unendlich lang vor.

Die Praxis hat zurückgerufen, ich soll mir einen Termin zum Ultraschall zwischen 14. und 21. Zyklustag geben lassen, diesen Monat läuft nichts. Und bei dem Termin finden wir dann heraus, ob wir nächsten Monat schon wieder starten können.

Niemand soll sagen, ich hätte es nicht versucht! Ich hätte mir schon heute eine große dicke Apothekenwundertüte geholt und den Abend mit einem kleinen Spritzchen in den Bauch beendet. Man sieht schon gar nichts mehr von den blaugrünen-Miniflecken-Sommersprossen, die noch vor kurzem meinen Bauchnabel so hübsch umkränzten.

Ach, verdammt. Ein Teil von mir ist froh, dass ich noch ein paar Wochen Ruhe habe. Ein anderer Teil findet das gar nicht gut. Dieser Teil ist der Meinung, dass "Ruhe haben" an sich eine schöne Sache ist, würde aber das große Ruhe haben, wenn es endlich mal geklappt hat, dieser kleinen Ruhe zwischen den Hormonsausen vorziehen. Ich mach das doch nicht zum ersten Mal, habe ich wirklich gedacht, ich könnte jetzt von Januar bis Mai vier Zyklen durchziehen? Bin ich nicht froh, dass meine Haare eine kleine Chance bekommen, mal eine Weile nicht innerhalb von acht Stunden komplett durchzufetten und ein bisschen nachzuwachsen? Und dass ich demnächst vielleicht auch nach 21:30 mit offenen Augen angetroffen werden kann? L. und ich können uns ganz neu kennenlernen! In den letzten Wochen war er der Typ, der das Feuer gemacht hat, vor dem ich unmittelbar nach Arbeit, Heimweg und Abendspaziergang mit dem Tier dann behaglich weggeknackt bin, und neben dem ich dann 12 Stunden später wieder aufgewacht bin, ohne mich zu erinnern, wie ich ins Bett gekommen bin. Das sind doch eigentlich gute Nachrichten! Und was ist mit meinen Sportplänen, meinen Autoplänen, meinen Plänen für ein Muckelwochenende mit den Mädchen in der Heide? Mit Wein und interessantem Käse?

Ach ja. Manchmal gibt es nichts Besseres als eine eindeutige Entscheidung von höherer Stelle, um zu wissen, was man eigentlich will. Und ich merke gerade, ich hätte gerne weitergemacht. Heute. Gestern. Am liebsten letzte Woche.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Tag 11, 12, 13, 14, 15, alles noch frei. Krümel, du hast die freie Wahl.

Außerdem habe ich noch mal nachgedacht und ca. achtmal die Tage im Kalender abgezählt. Durch die Bonuswoche, die mir Tante Rosa jetzt unverhofft geschenkt hat, ist L.s Theatertrip nach Wien kein Problem für unser Befruchtungstiming mehr. Und ja, ich wollte in dieses Fitness-Studio eintreten, sogar unbedingt! Aber irgendetwas dieser Art wird jeden Monat sein. Im Zweifel bedeutet eine IVF jetzt, dass ich nach der Punktion zwei Wochen lang Sportverbot habe. Sollte ich dann wirklich schwanger sein und es gibt Probleme, schreibt meine Ärztin mir ein Attest, und ich muss in den miesen Monaten nicht bezahlen. Und sollte ich es nicht sein, liege ich am Abend nach dem Test auf einer Yogamatte und atme tief durch, bevor ich noch ein-zwei Bahnen im Pool ziehe. Am Autokauf hindert mich eine IVF sowieso nicht. Dieses ewige „klar machen wir weiter, aber jetzt kommt erst mal Trostpflaster X oder Gesundheits-crash-aktion Y (Fasten! Diät! Training für den Halbmarathon! Bewerbung für das Astronautenprogramm der NASA!)“ hat im letzten Jahr dazu geführt, dass wir genau EINE! kümmerliche und vergurkte IVF plus dreimalvergurkten Kryozyklus geschafft haben. Gerade habe ich in der Praxis angerufen und denen gesagt, dass ich eigentlich gerne weiter machen würde, aber nach überfälliger Periode nicht weiß, ob mein Bauch schon wieder so weit ist. Jetzt soll meine Ärztin das entscheiden. Und falls sie ja sagt und wir in ein paar Tagen wieder spritzen, dann habe ich diesmal einen besonderen Luxus vor mir: zwei Wochen zwischen Rückübertragung und Test, in denen absolut nichts los ist. Kein Familientreffen, kein Geburtstag, keine Party, kein Agenturfest, keine Einladung, gar nichts. Ich werde friedlich vor mich hinleben und keinerlei Versuchung ausgesetzt sein und niemandem erklären müssen, warum ich ihr ausnahmsweise mal nicht mit Juchhu und Purzelbaum nachgebe.

Ein froher Gast ist niemals Last.

Stand zumindest auf einer Kreuzstickerei, die in der Küche der Mutter meines ersten Freundes hing. Ein schöner Satz! Leider braucht Tante Rosa scheinbar eine Menge, um froh zu sein.

Ich hab das Gefühl, dieser Besuch von Tante Rosa ist jetzt schon unvergesslich. Zumindest hatte ich noch nie solche Fressattacken. Abgesehen von den ganz normalen Fressattacken, die meinen Alltag versüßen natürlich! Um halb acht bin ich aufgestanden. Seitdem habe ich gegessen:
1 Puddingbrezel
1 Schüssel Special K
1 Körnerbrötchen mit Schinken
1 Körnerbrötchen mit Käse
1 Joghurt
1 Mandarine

Seit heute Nacht ist sie da. Wenn sie nicht spätestens in fünf Tagen wieder geht, dann fresse ich mich in den fünften Monat. Ein Glück haben wir den X-Trainer, und ich bin erst bei Law & Order-Staffel 5, so dass ich noch ca. 400 mal 45 Minuten auf dem Ding habe, bevor ich mir eine andere Ablenkung überlegen muss. (Ihr fragt euch, was will sie denn mit so einer Altherrenserie. Ich sage euch, das ist perfekt! Erstens hat jede Folge die exakt gleiche Struktur, so dass man immer genau weiß, in welcher Phase seines Trainings man sich gerade befindet. Zweitens sind die Fälle spannender als das meiste, was der Tatort in letzter Zeit geboten hat. Drittens sind 45-50 Minuten die perfekte Trainingsdauer. Und viertens bin ich nicht so verliebt in die Serie, dass ich mich lieber zum Genießen mit Popcorn aufs Sofa legen will, als zu schwitzen und zu strampeln. Zu „Downton Abbey“ will ich meine Ruhe, ein Glas Wein, ein Feuerchen und eine Wolldecke.)

Dienstag, 14. Februar 2012

Hat übrigens irgend jemand außer mir mitbekommen,

dass es eine Debatte gab zum Thema "Zusatzsteuer für Kinderlose" in Höhe von 1 Prozent des Einkommens? Ein etwas nassforscher Mensch aus der Jungen Union steckte dahinter. Das Freundlichste, was man zu so einer Idee sagen kann, ist, dass da jemand nicht richtig nachgedacht hat und wohl ein bisschen zu dringend in die Zeitung wollte. Aber jetzt ist der Mist auch schon wieder vom Tisch.

Zur Abwechslung arbeitet mein Bauch mal für mich.

Er hält jetzt seit über einer Woche die Luft an. In der Nacht von Montag auf Dienstag hätte ich meine Tage bekommen sollen, und ich spreche von letzter Woche. Das hätte aber bedeutet, dass wir uns mit dem Punktions- und Befruchtungsfenster genau auf die paar Tage zu bewegt hätten, an denen L. weit weg in Wien ist, um mutterseelenallein und unbelästigt von Sprechstundenhilfen und Laborbechern seiner Theaterleidenschaft zu frönen. Und ich gönne es ihm von Herzen! Das war einer der Gründe, warum ich eigentlich jetzt schon beschlossen hatte, einen Zyklus Pause zu machen. Aber jetzt, wo sich dieser Zyklus so kaugummiartig nach hinten ausdehnt, wären wir schon wieder im sicheren Bereich. Das Einzige, was mich an diesem Plan noch stört, ist die Idee, dass dieser Zyklus hormonell ein bisschen in Schieflage geraten zu sein scheint und man vielleicht der ganzen wackligen Konstruktion vier Wochen Zeit lassen sollte, bevor man wieder mit Spritzen und anderem schweren Gerät anrückt.
Jaja, jetzt hört schon auf, mir auf die Schulter zu tippen, irgendwann mache ich vermutlich einen Test. Aber erst dann, wenn mich jemand von Innen tritt, der deutlich größere Füße als ein Myom hat. Bis dahin habe ich beschlossen, dass nicht wirklich alles an meiner persönlichen Hormongeschichte ganz außergewöhnlich und speziell laufen muss. Ein vertauschter Bluttest zu all dem anderen Kladderadatsch würde mein Leben eindeutig als Freakshow qualifizieren.

Und jetzt bitte ich alle Abkürzungsdamen, im Geiste einen kleinen Glückwunsch nach Paris zu schicken, wo mein tapferes Cousinchen letzte Nacht ihre zweite Tochter geboren hat.

Sonntag, 12. Februar 2012

Ach was, mach 13.000 draus.

Und vor lauter Freude, dass die Rechnung so niedrig war, habe ich nun dem Unternehmen mediserv versehentlich 13.300irgendwas Euro überwiesen. Hu! Freu ich mich auf die nächsten sieben IVFs, die ja nun schon korrekt vorbestellt und bezahlt sind!
Eieieiei... es stimmt schon, was ich letzte Woche feststellte: Hormone machen nicht nur miese Haare, sondern auch ein bisschen doof. Und meine scheinen trotz Crinone-Abstinenz seit Mittwoch immer noch aktiv zu sein. Tante Rosa lässt sich weiterhin nicht blicken. Scheint schöner zu sein als bei mir, wo immer sie auch gerade ist.

Familie, das muss ich euch vermutlich nicht sagen, kann was Feines sein.

Das war schön, die beiden mal wieder hier zu haben. Und ich war gerührt und begeistert, wie sich meine Mutter mittlerweile zwischen meinen Vater und mich wirft, wenn er sich vergaloppiert mit seiner Fragerei und den Kommentaren zum Thema Kinderwunsch. (Ein Beispiel: wir sitzen beim Frühstück, minus L., der ein Tischtennisturnier spielt, und mein Vater fragt a propos garnichts, "Äh, und, äh, ist das Sperma denn dann eingefroren oder muss er jedes Mal wieder... äh?" Meine Mutter lässt den Toast zum Teller sinken, sieht ihn durchdringend an und sagt nur "Hans!") Und obwohl wir hier über die vermutlich ungelegtesten Eier der westlichen Hemisphäre sprechen, haben sie jetzt drei Tage lang mehrfach betont, wie sehr sie sich aufs Babysitten freuen und dass sie sich jedenfalls nicht davon abhalten lassen würden, ihren Enkeln (Mehrzahl, auch schön) beim Aufwachsen zuzusehen. Gut zu wissen, ich sag dann Bescheid, wenn es so weit ist.

Und jetzt zerre ich den X-Trainer zurück ins Gästezimmer, strampele mich zu einer DVD über die Verbrecherhölle New York ab, dusche und laufe bis 15 Uhr im Schlafanzug herum, wenn es Zeit wird, Lili und mich schick zu machen fürs Alstervergnügen.

Samstag, 11. Februar 2012

Die Rechnung war heute in der Post.

1.336,98. Moment mal. 1.336,98? 1.336,98.

Das kann doch nicht sein, ich hatte mit mindestens 3.000 gerechnet, aber auch 5.000 hätten mich nicht von den Füßen gehauen? Wir zahlen das alleine, das steht da ausdrücklich drin!

Dann hab ich noch mal nachgesehen, die ICSI ist nicht aufgeführt. Und auch sonst habe ich das Gefühl, da fehlt einiges. Und ich denke wieder mal (was ich letzte Woche schon mal geschrieben, aber dann ganz kleinlaut wieder gelöscht hatte, weil ich noch nicht wusste, wie das hier ausgeht und es mir irgendwie zu blöd war, jetzt negative Kommentare zu lesen, aber heute bin ich bereit und habe ein ausreichend dickes Fell, also raus damit): wir sind so schnell dabei, auf Ärzte zu schimpfen und ihnen alle mögliche Schuld zu geben. Aber mein Körper hat wirklich in den letzten Jahren zunehmend seltsam auf Hormone reagiert. Eizellenmassenreifung unter Enantone? Endometriose in Schüben, die eher von der Farbe der Saison abzuhängen scheinen als von meinem Hormonspiegel? Hm. Und wer weiß: wenn ich die zwei Tage noch Menogon bekommen hätte, dann hätte es doch auch passieren können, dass ich wieder meinen Nikolausbauch und eine Überstimulation gehabt hätte. Ich glaube wirklich, dass viel in diesem Prozess Ermessenssache ist und nicht in Beton gegossen. Und heute werfe ich meiner Ärztin über den Internetäther ein Küsschen zu für diesen Hauch von einer Rechnung. Auch, wenn es natürlich schöner gewesen wäre, es hätte einfach gefälligst mal geklappt. Endlich.

Gerade tut mir jeder leid, der nicht in Hamburg wohnt.

So lästig, provinziell und peinlich ich das auch finde, wenn im Hamburger Radio und in Hamburger Zeitungen ständig erzählt wird, das hier wäre die schönste Stadt der Welt, Basta, gerade finde ich das auch. Nach vielen Wochen, in denen man auf dem Weg zur Ubahn ertrinken konnte, scheint jetzt seit über einer Woche jeden Tag die Sonne, alles glitzert und funkelt, und jetzt ist auch noch die Alster zugefroren, und man kann stundenlang über schwarzes Eis spazieren bis in die Kanäle, die sich überall durch die Stadt ziehen. Mit ein bisschen Glück gehen meine Mädchen morgen noch mal mit mir rauf! Lili ist auch glücklich, auf diese Hunde-Art, bei der man an jeder Bewegung sieht, das Tier ist bester Laune. Tagsüber bummeln wir durch die schönsten Gegenden der Stadt, und Abends sitzen wir im Warmen und schlagen uns den Bauch voll mit allem, was vor einer Woche noch verboten war. Und dann kommen wir nach Hause, und mein Vater macht wieder Anstalten, von Leihmüttern zu sprechen. Und meine Mutter und ich erklären ihm ganz ruhig, wieso das erst mal so ziemlich das letzte ist, was wir vorhaben. Und ich erzähle ihnen, dass wir jetzt einen Adoptionsantrag stellen werden. Und dass ich nicht der Meinung bin, dass Gene so eine Allmacht sind, wenn ich mir mich und meine beiden Geschwister ansehe (uns würde kein Mensch für Geschwister halten) oder beispielsweise auch meinen Vater und seinen Bruder. Und dann ist es gut, und sie sagen beide, das wäre unsere Entscheidung, und wir würden das schon richtig machen am Ende. Und jetzt ist es hoffentlich wirklich gut.

Übrigens bleiben die Tage weiterhin fern. Keine Ahnung, was da los ist. Vielleicht versucht mein Blitzbauch, mich reinzulegen und mich in falschen Hoffnungen zu wiegen. Blitzbauch, alte Hütte, das funktioniert nicht. Ich hab die Tante aus der Klinik gehört, die mir die Ergebnisse des Bluttests gesagt hat. Lass doch den Quatsch, hörst du? Du hast doch weiß Gott Besseres zu tun. Endlich ein Baby auszuspucken zum Beispiel.

Donnerstag, 9. Februar 2012

Was machen moderne sportliche Großstadtmädchen, wenn sie nicht weiterwissen?

Eine Playlist.

Meine für heute:
Foo Fighters - This is a call
Paula - Ich denke nicht oft an dich
Belle & Sebastian - Dress up in you
The Magnetic Fields - Epitaph for my heart
Slow Club - Giving up on love
Rilo Kiley - A better son/daughter
La Roux - Bulletproof
Camera Obscura - Lloyd, I'm ready to be heartbroken
Belle & Sebastian - She's losing it
Beirut - Port of call

Tag 0.

Ich warte die ganze Zeit auf den großen Schlag in die Magengrube. Irgendwie kommt er nicht. Bin ich schon so bekloppt nach vier Versuchen plus Kryos, dass ich inzwischen nicht mehr merke, wie schlecht es mir geht? Oder geht es mir eben einfach nicht so schlecht?
Der Moment, als ich im Aufwachraum lag und mir die Sprechstundentante erzählt hat, dass es jetzt doch nur eine Zelle ist, und das Gespräch mit dem Arzt zehn Minuten später, bei dem ich dann erfahren habe, warum, war schlimmer. Irgendwie bin ich jetzt schon beim nächsten Versuch. Die Frage ist nur, wann? Bisher hab ich immer noch nicht meine Tage, und dieses blöde Rumoren ist komplett wieder verschwunden. Ich habe meinen kleinen schwarzen Kalender jetzt schon zehn Mal vorgenommen und durchgezählt, und es bleibt dabei: sollte ich morgen oder übermorgen meine Tage bekommen und wir Montag mit den Spritzen anfangen, dann ist L. von Tag 11 bis Tag 14 dieses Zyklus nicht hier, sondern in Wien, ein bisschen zu weit weg für eine kleine Stippvisite ins Herrenzimmer meiner Klinik. Das wird nix. Nächsten Monat dagegen lauert irgendwann die Möglichkeit, eine alte Freundin zu treffen, die für ein Wochenende ihren Mann in Kopenhagen besucht, das sind von Hamburg aus 30 Minuten im Flugzeug, da könnte ich... stopp. Genau das ist es doch, was ich bis zum Sommer lassen wollte. Entweder, ich habe dann Zeit und fliege, oder nicht, dann bleibe ich hier. Die sicherlich unmittelbar bevorstehende Erfüllung meines Kinderwunschs geht vor!

Damit zur Trostliste.
1. Ich will wieder in mein altes Fitnessstudio eintreten, das Meridian. Im letzten Jahr habe ich Probetage in jedem anderen Hamburger Studio außer den ganz miesen Muckibuden gemacht. Gegen mein altes Studio - frische Blumen, dunkles Holz, Wohlgerüche, schöne Sauna, alle fünf Minuten ein Yoga- oder Pilates-Kurs, Schwimmbad - konnten die alle nicht anduften, obwohl sie auch nur zehn Euro weniger im Monat kosten. Wäre ich jetzt schwanger gewesen, hätte ich erst mal abgewartet, wie sich das entwickelt hätte und ob ich nicht mit strammen Spaziergängen mit dem Tier schon mehr als genug in Bewegung bin. (Wir erinnern uns: beim letzten Mal durfte ich wochenlang liegen. Und zwar nicht in der Sauna.) Bis Ende Februar läuft außerdem noch eine Aktion, bei der ich nur einen Miniteil der Aufnahmegebühr zahlen müsste. Worauf warte ich noch? (So viel Tatendrang, und jetzt kommen meine Eltern. Vermutlich ist zumindest mein Vater schon bis zum Bersten gefüllt mit Ratschlägen zum Thema Leihmütter aus Russland, indische Gebärdörfer, amerikanische Surrogates und tschechische Superkliniken sowie zu den Gefahren einer Adoption. Abkürzungsschutzpatron, gib mir die Kraft, meinen alten Herrn nicht anzuschreien wie ein Fischweib.)
2. Um in dieses Studio zu kommen, kaufe ich mir ein Auto. Ich wohne kurz vor Ende der Ubahnverbindung, wir haben einen Hund, während großer Teile des Jahres soll ich nicht schwer schleppen und wir haben unbegrenzten Parkplatz vor dem Haus, eine einfache Taxifahrt von irgendeinem Ort in dieser Stadt, der nach 20 Uhr eine Rolle für mich spielen könnte, kostet 26 Euro ohne Trinkgeld, es ist eigentlich bescheuert und nicht zu verstehen, dass ich nicht längst eins habe. Nach jahrelangen Träumereien über Mobile-Anzeigen von 25 Jahre alten R4s, Enten und MGs bin ich inzwischen dazu gekommen, dass ein Auto nicht unbedingt Spiegel meiner Persönlichkeit und individuelle Ausdrucksform sein muss, sondern mich möglichst billig und umweltfreundlich hin und her fahren soll. Deshalb wird es vermutlich ein oller Twingo mit nicht mehr als 120.000 Kilometern und neuem TÜV. Wenn er tausend Euro kostet und zwei Jahre übersteht, ist doch alles gut. Ein Auto! Mein erstes seit zehn Jahren! Ich fänds gut.
3. In unserem Schrankzimmer steht seit zwei Wochen ein X-Trainer, den L. bei ebay geschossen hat. Jeden Abend verschwindet er da hin, um mit ohrenbetäubender Lautstärke (um das Quietschen zu übertönen) eine Folge Law & Order zu gucken und dazu zu trainieren. Seit heute morgen mach ich das auch. Jetzt ist mal Schluss mit Röllchen, Beulchen und Wülsten. Und es fühlt sich gut an, mal wieder was für mich zu tun.
4. Sollten die Mädchen es schaffen, sich für August auf ein Reiseziel zu einigen, an dem wir zehn Tage um einen Pool herumlungern und Bücher lesen und uns leerquatschen können wie in der Telekom-Werbung von vor drei Jahren, dann besteht jetzt tatsächlich die Chance, dass ich dabeisein kann. Denn wenn wir diesen Monat auslassen und der März unser Glücksbefruchtungsmonat wird, dann wäre ich Anfang August noch transportfähig. Ein Flugzeug mit mir an Bord könnte tatsächlich abheben! Ich würde mich jeden Abend um zehn ins Bett verziehen, aber das war unter Prosecco auch gerne mal so. Wie herrlich das wäre! Ich würde jeden Tag brav meine Schwangerschaftsgymnastik im lauwarmen Wasser machen, den Mädchen neidisch auf ihre Rohmilchkäsetoasts starren und noch mal zehn Tage absolutes und geräuschfreies Nichtstun genießen.

Und jetzt gehe ich noch mal an den Kühlschrank und probiere die fünf Sorten verbotenen Käse, die ich gestern bei Schlemmermaier für ein halbes Monatsgehalt gekauft habe.

Mittwoch, 8. Februar 2012

Aua.

Ihr habt ja Recht, ich hab angerufen. Negativ. Ich mach jetzt erst mal die Quatschbude zu. Vielen Dank an alle, die mitgefiebert und Daumen gedrückt haben. Jetzt hab ich noch drei Stunden Arbeitstag zu überstehen, dann nach Hause zu L. auf die Couch. Und dann planen wir, wie wir mich am schnellsten wieder rauf aufs Pferd kriegen.

14:48

Unsereins macht sich ja nicht klar, wie kompliziert, heikel und langwierig so ein Test ist. Das Blut wird zunächst per Motorradkurier eine Stunde lang mit 300 Stundenkilometern immer rund um die Radrennbahn gefahren. Dann muss es den Verdauungstrakt eines Eichhörnchens durchwandern. Und hat es das überstanden, wird die Ampulle von Trappistenmönchen in einem tiefen Erdkeller alle zwei Minuten um 45 Grad gedreht. Und erst dann ist es bereit, seine Information auszuspucken.
Eine andere Erklärung hab ich jedenfalls nicht.

Kleiner Trost

Ein Glück war mir heute morgen um neun beim Test noch nicht klar, dass ich bis 14:44 immer noch nichts gehört haben würde. Ich wäre nicht arbeitsfähig gewesen, ohne Arbeit kein Geld, und ohne Geld keine weiteren Hormonsausen, und das wäre doch zu schade?

Wenn ich wenigstens noch rauchen würde.

Dann könnte ich jetzt eine magische Zigarette rauchen gehen. Die Zigarette, die man sich anzündet, damit endlich der Bus, das Essen oder das Date erscheint. Oder das dumme mistige nichtsnutzige Telefon endlich klingelt.

Nur so eine Idee.

Jede Kinderwunschklinik verfügt doch über ausgezeichnete, florierende Kontakte zu einem Anästhesisten. Könnte man nicht als Service anbieten, die Abkürzungsdamen in der Zeit zwischen Test und Testergebnis in eine extrem harmlose, dem Kindchen jedenfalls nicht schadende Vollnarkose zu legen? Ich wäre bereit, eine Menge Geld dafür zu zahlen. Macht den Kohl jetzt auch nicht mehr fett und schont in jedem Fall unterm Strich meine Gesundheit.

Harrrrrgh.

Es gibt jedenfalls hässlichere Telefone, die man anstarren kann

Kennt ihr das? Wenn man nicht weiß, ob man eigentlich sicher ist, dass es diesmal geklappt hat, aber sich nicht traut, es vor sich selbst laut zuzugeben, weil man denkt, das bringt Unglück, und deshalb ein paar Sicherheitszweifelchen pflegt? Oder ob man eigentlich ganz genau weiß, dass es nichts ist, und sich nur noch nicht aufgeben will, weshalb man dem guten alten „Wenn du denkst, es wird nichts, gerade dann klappt es“-Voodoo-Gedankenstrom nachhängt? Das kennt ihr, oder? Wenn das einer kennt, dann ihr.

Tag 33: Phantomblutungen.

Seit heute Morgen dachte ich schon ca. achtmal, JETZT ist es so weit. Ich bekomme meine Tage. Um den bösen Zauber abzuwehren, trage ich heute selbstverständlich meinen besten Schlüpper, ein Hauch von Nichts, den ich mir zur Hochzeit gekauft habe. (60° kann er trotzdem ab, aber das muss ich ja meinem Blitzbauch nicht verraten.) Und den Weg von der Klinik an meinen Arbeitsplatz habe ich mit in die Armbeuge gepresstem Fäustling verbracht, weil ich mir sicher war, dass (wie fast immer) das Blut eine Viertelstunde nach dem Pieks wieder angefangen hat, zu fließen.
Keine Ahnung, wann die anrufen. Wieso hab ich das eigentlich nicht gefragt, bin ich irre?

Dienstag, 7. Februar 2012

Tag 32 3/4

Bruchrechnen mit Flora! Diesen Post schreibe ich, während neben mir mein Abendrisotto blubbert. Der Rechner liegt auf dem Brett, auf dem ich gerade die Schalotten gehackt habe (die Küche ist winzig), und nun frage ich mich bang: wird mein feines weißes Macbook jetzt nach Zwiebeln stinken? Wir werden sehen.
Außerdem übe ich mich seit Mittag darin, immer dann, wenn ich am meisten den Wunsch verspüre, auf die Toilette zu gehen, nur um mal kurz zu gucken, es bleiben zu lassen. Es ist ungefähr so anstrengend wie Holz hacken, wenn auch zum Glück nicht ganz so gefährlich. Von Tests habe ich mich erfolgreich ferngehalten, jetzt haben die Apotheken zu, die Gefahr ist also gebannt, dass ich doch noch einknicke.
Liebe Abkürzungsdamen, ich muss mich entschuldigen, ich bin noch nicht dazu gekommen, die Vorschläge zum Thema "heute mal keinen Alkohol" zu sichten und zu jurieren. Aber das tue ich, sobald ich das Testergebnis verdaut habe, wie auch immer es ausfällt. Und dann planen wir den nächsten Stammtisch, ja? Es hat sich schon wieder eine neue Nase gemeldet, so dass es schwer wird, endlich den versprochenen Stammtisch bei mir zuhause zu machen, aber das kriegen wir bestimmt auch irgendwann demnächst hin, wenn auch das Wetter so ist, dass wir mit Lili durch den Garten toben können und die Raucherdamen mit ihren Flüppchen durch die Rosenbüsche flanieren.
Ansonsten wollte ich wirklich, wirklich gerne, es wäre schon morgen um die Zeit. (Heute habe ich auf der Suche nach verlässlichen Informationen zum Thema "Pipitest während IVF" auf der Kinderwunschseite etwas gefunden: schon acht Tage nach der Punktion kann man theoretisch im Bluttest HCG nachweisen. Ein Glück erfahre ich das erst heute. Ich wäre imstande gewesen und hätte meine normale Gyn angeschwindelt, um früher an einen Test zu kommen.) Vielleicht ist es Zeit für eine Nachricht an Krümel. Vielleicht lasse ich aber auch den Zauber einfach bis morgen schön bleiben.

Tag 32 1/3.

Contra:
Es rumort. Ungefähr so, als würde ich in neun Monaten eine Mischung aus Kugelfisch, Igel und Giraffe gebären. Oder wahlweise eben gar nichts.
Das hier bin ich: ist doch klar, dass es bei mir nicht klappt.
In dem Moment, in dem ich doch dran glaube, wird es vorbei sein.

Pro:
Wenn ich sonst meine Periode kriege, dann fängt das Rumoren irgendwann an und wird dann langsam, beharrlich und bösartig stärker. Jetzt fängt es an, dann hört es wieder auf, dann fängt es wieder an, dann hört es wieder auf. Und dann, ratet mal, fängt es wieder an!
Ich habe im Kopf längst eine Liste mit mindestens fünf Dingen gemacht, die ich tun werde, wenn es nicht klappt. Die meisten davon möchte ich wirklich gerne machen. Das sähe meinem Bauch ähnlich, mir wieder mal querzuschießen.
Wir haben immer gesagt, der vierte Versuch wird ein Treffer.

Einigen wir uns auf ein entschiedenes „Woher soll ich das wissen, Spacko? Sehe ich aus wie ein Bluttest?“

Tag 32

Erst Migräne ohne Ankündigung. Jetzt Ankündigung ohne Periode. Seit gestern Nachmittag rumort es in meinem Bauch, und normalerweise wäre ich sicher, dass ich meine Tage bekomme. Aber erstens will ich sie nicht bekommen (was noch nie irgendwen interessiert hat, zugegeben...), und zweitens bekomme ich sie nicht. Alle 30 Minuten haste ich aufs Klo, gestern Abend und heute Nacht zuhause und jetzt eben am Arbeitsplatz, und überprüfe die Farbgebung meiner Unterhose. Weiß!
Verdammte Axt. Wieso ist das so spannend? Und das, wo doch Stress und Aufregung laut Pop-Medizin so gar nicht gut sind jetzt!
Ich mach es wie immer: drücke die Knie zusammen und hoffe auf bessere Zeiten.

Montag, 6. Februar 2012

Tag 31

Lili und ich spazieren durch die glitzernde Winterlandschaft, ihre dicke schwarze Nase ist schon ganz weiß bepudert, der Schnee knirscht unter meinen Stiefeln, und erstaunlicherweise ist kein Mensch außer mir unterwegs. Die liegen vermutlich alle zuhause auf der Couch und verdauen ihren Sonntagsschweinebraten mit Knödeln und...
HUÄRGS!

Wie, du musst im Moment auf Alkohol, lustige Mädchensausen und Nächte auf dem Kiez verzichten? Kein Grund, nicht trotzdem in den Genuss eines 1A Katers zu kommen!

Über meine Migräne hatte ich bisher wenig Gutes zu berichten, aber eine nette Eigenschaft hatte sie: ungefähr eine Stunde, bevor es richtig rund geht, wusste ich, was auf mich zukommt. Es gab so gut wie nie falschen Alarm: wenn plötzlich die Farben um mich herum ein bisschen zu intensiv wurden und jeder Gegenstand eine dünne schwarze Kontur bekam wie im Comic, dann war klar, dass ich jetzt lieber zusehen sollte, nach Hause zu kommen und mich aus menschlicher Gesellschaft zu entfernen. Das gestern war neu. Eine Sekunde war die Welt noch in Ordnung, in der nächsten kauerte ich in einem Gebüsch und spuckte mir die Seele aus dem Leib. Und nein, liebe Abkürzungsdamen, das war kein Schwangerschaftsanzeichen, das war Migräne, denn dazu kamen auch noch wirklich üble, nervenzerfetzende Schmerzen, die mich in ein kleines, wimmerndes Häufchen Elend verwandelten, und das für den Rest des Tages und die halbe Nacht. Denn zwar wäre ich in meinem Zustand beim besten Willen nicht imstande gewesen, den Beipackzettel zu lesen, aber den brauche ich auch nicht, um zu wissen, dass Schmerzmittel und Vomex keine gute Idee sind, wenn man mit ein bisschen Glück vielleicht ja doch schwanger ist.

Die Agentur weiß Bescheid, ich hänge jetzt hier noch zwei Stunden rum und fahre dann erst in die Stadt, und ich hoffe, dass sich die Flaute der letzten Tage nicht plötzlich in einen Hurricane aus Arbeitsstress verwandelt hat und da ohne mich alles zusammenbricht. Auch heute Nachmittag wird nicht viel mit mir los sein.

A propos "los sein": bisher kein Fitzelchen von Tante-Rosa-Vorboten. Das ist selten: mein ganzer Körper tut weh und fühlt sich an, als würde er gleich aufgeben, nur in meinem Unterleib herrscht Ruhe.

Liebe Abkürzungsdamen, damit auf in den Daumendrück-Endspurt.

Samstag, 4. Februar 2012

Tag 29.

Gestern Abend bei netten Nachbarn. Wir verstehen uns gut, die Hunde lieben sich, und ich hab sogar auf ihrer Sommerparty zu später, später, viel zu später Stunde erzählt, dass wir eigentlich gerne Kinder hätten und auch schon mal auf gutem Weg waren, nur leider... leider. Aber das Thema IVF hatten wir bisher noch nicht, sowieso hab ich zwar kein Problem, davon zu erzählen, aber verschiebe das immer lieber auf die Zeit zwischen den Versuchen, bevor dann nach dem Stichtag blöde Fragen kommen... kennt ihr. Und ich brauchte eine hormonfreie Erklärung dafür, warum ich keinen Rotwein trinke, sondern Wasser.

Ich: "Nee, ich leider nicht, ich nehme ein Antibiotikum."
Gastgeber: "Ach? Was denn für eins? Das ist doch eigentlich mit Alkohol kein Problem."
Ich: "Aber mein Arzt hat gesagt, dass ich dazu keinen Alkohol trinken darf."
Gastgeber: "Das sagen die gerne mal einfach so, als Gesundheitsnerds."
Ich: "Aber meinem Arzt sehe ich an der fröhlich roten Nase an, dass der nichts gegen Rotwein hat." (Keine Lüge, ich bin sicher, er hätte Verständnis und würde einen mittrinken.)
Gastgeber: "Ich kenne einen Arzt, der hat mir mal erklärt, dass sie das deshalb sagen, weil die Leute im Suff vergessen, ihr Antibiotikum zu nehmen."
Ich: "Ächz..."
Gastgeber: "Jedenfalls, hier ist dein Glas. Prost!"

Und dann hab ich das Glas eben genommen, einen Teelöffel voll getrunken und es extrem unauffällig. Klar, was sonst? Das war wie ein Zauberkunststück, so unauffällig, Oliver Twist oder wie auch immer der heißt hätte das nicht besser hingekriegt - an L. weitergereicht.

Das sind wirklich, wirklich nette Nachbarn, das war ein netter Abend, und die ganze Rotwein-Episode war ja auch nach ein paar Minuten vorbei. Trotzdem frage ich mich manchmal, was machen eigentlich Alkoholiker? Angenommen, ich dürfte tatsächlich nie wieder Alkohol trinken - das wäre hart in mehr als einer Beziehung. Denn mit "Danke, für mich nicht" ist es wirklich selten getan. Wäre ich gezwungen, wirklich jedes Mal, immer, in jeder noch so harmlosen Situation, unter Kollegen oder zu jemandem, der einen meiner Exe kennt und zu dessen Geburtstagsparty ich mitgeschleppt wurde, zu meiner Tante oder meiner Oma oder Gottweißwem zu sagen "Nein danke, ich bin Alkoholiker"? Ich weiß, dass viele Leute zu Antibiotika Alkohol trinken (mir ist eher nicht danach, wenn ich krank bin), aber was soll ich denn machen - weder will ich, dass man mich für schwanger hält, noch will ich, dass man mich für einen Alkoholiker hält. Nichts gegen Schwangere und Alkoholiker! Nur... ach, es ist wirklich trist. Heute Abend läuft die Show dann wieder: bunter Abend mit vielen Mädchen, auf den ich mich seit Monaten freue, und ich werde Apfelschörlchen trinken. Oder vielleicht auch alkoholfreies Hefeweizen, das sieht wenigstens aus wie Alkohol. Und die guten Elektrolyte! Aber so gern ich mein Lieblingsthema auch richtig schön breittreten würde: geht nicht, denn mittendrin sitzt die zauberhafte Frau meines sehr netten Chefs, der in fürchterliche nervöse Zustände geraten würde, wenn er wüsste, dass sein Texterlein versucht, schwanger zu werden und es - wer weiß? - vielleicht sogar schon ist.

Liebe Abkürzungsdamen, ich möchte einen Preis ausschreiben: Wer hat die beste Idee für eine Erklärung, warum man heute keinen Alkohol trinkt? Die Belohnung: beim nächsten Hamburger Stammtisch zahle ich ihr Essen und Getränke. Ja, auch die mit Alkohol! Um den Wettbewerb etwas anzuheizen: "ich bin gefahren" gildet nicht, denn isch abe gar kein Auto, und "ich mach Diät" glaubt mir kein Mensch.

Freitag, 3. Februar 2012

Tag 28.

Liebe Abkürzungsdamen, ich hab das Gefühl, ich muss meinen Post von gestern ein bisschen näher erklären - ich meinte nicht, dass es mich in irgend einer Weise nervt, deprimiert oder irritiert, wenn Ihr mir die Daumen drückt, mir von Kinderwunschbehandlungen mit Happy Ending in Eurer Umgebung oder Eurem Leben schreibt oder mir sagt, ihr hättet ein gutes Gefühl. Ganz bestimmt nicht, ich freu mich! Nur versetzt mich das inzwischen nicht mehr in die absolute Gewissheit, diesmal würde es auch bei mir klappen, muss ja. Muss nämlich nicht, und wenn ich mich auf den Kopf stelle.

Gegen die Crinone-Müdigkeit stellt übrigens gerade Mutter Natur, sonst nicht gerade meine beste Freundin, ein 1A Gegenmittel zur Verfügung: morgens eine Stunde mit Lili durch den frisch gefallenen Schnee zu stapfen und den Puderzuckerpark gegenüber bestaunen, das macht ungefähr so wach wie ein vierfacher Espresso. Wenn man in einem Haus aus den 20ern lebt, hat es der Winter schwer, Punkte zu sammeln. Ich schreibe diesen Post eingemuckelt wie Ludwig der Vierzehnte während einer Pferdeschlittenfahrt: die dickste Bettdecke, die IKEA zu bieten hat, plus zwei Wolldecken, plus Tagesdecke, plus Hund obendrauf, und trotzdem ist es nicht gerade mollig. Aber so finde ich Winter gut.
Noch vier Tage bis Tante Rosa. Noch fünf Tage bis zum Test. Und im Kopf bin ich ehrlich gesagt gerade schon beim nächsten Versuch, bei dem bestimmt alles gut wird. Bestimmt! Ich hab ein gutes Gefühl. Ihr auch, oder?

Donnerstag, 2. Februar 2012

Tag 27.

Ein paar Dinge, von denen ich mir inzwischen versuche, nicht zu viel Hoffnungen machen zu lassen:

Merkwürdiges Rumoren in der mittleren Region meines Körpers.
Diffuse Glücksgefühle.
Diffuse Übelkeit.
Diffuser Ekel vor Gerüchen, Menschen, Menschen und ihren Gerüchen, Nahrungsmitteln... Ekel.
Jemand, der mir sagt, er hätte ein gutes Gefühl diesmal.
Lächelnde Ärzte.
Die Tatsache, dass jemandes Cousine in genau der gleichen Situation wie ich war und jetzt Zwillinge hat.
Dass ich ein braves Mädchen war und es verdammt noch mal verdient habe (Kinder werden leider nicht vom Nikolaus gebracht.)

Eine kleine Sache dagegen macht mir gerade große Hoffnung: ich habe vor zehn Minuten bei der Hamburger Adoptionsbehörde angerufen und uns zum nächsten Informationsabend für Möchtegerneltern angemeldet.
Guckt mal raus, die Sonne scheint!

Mittwoch, 1. Februar 2012

Tag 26.

Dass ich mich dieses Jahr zu Weihnachten fast geschämt habe, weil ich so unfassbar viel und so unfassbar tolle Dinge geschenkt bekommen habe, hatte ich schon mal geschrieben. Eins der Lieblingsgeschenke war ein neuer Wecker, dringend nötig, weil bei meinem alten von Ikea nach vielen Jahren treuen Aus-dem-Schlaf-Reißens der Ausknopf abgebrochen ist. Wie das passieren konnte, versteht kein Mensch. Wie dem auch sei: der neue Wecker ist von meiner Mutter, und er ist ein kleines, schneeweißes Häuschen, das zur vereinbarten Zeit zartes Vogelgezwitscher und ein warmes Licht absondert. So sieht er aus:


Unter normalen Umständen ist das der schönste Wecker, den ich jemals hatte. Aber jetzt ist nicht normal, jetzt ist Crinone. Der Vogel gibt irgendwann auf, pausiert ein Momentchen und legt dann mit neuer Kraft und mehr Lautstärke wieder los. Und zehn Minuten nach Stufe drei wache ich dann irgendwann auf. Wobei, „wache“. Sagen wir, ich schwinge die Füße aus dem Bett, und sie tragen mich ins Badezimmer, wo ich mir als erstes meine tägliche Crinone drücke, damit ich auch heute bloß nicht die Augen aufkriege.
(Man sollte meinen, jetzt wäre mal Schluss mit dem Gemecker von einer, die sich seit vielen Jahrzehnten über ihre Schlafstörung beklagt. Aber zu meiner Verteidigung habe ich vorzubringen, dass ich vorgestern z.B. um 20:49 im Bett war und trotzdem der Morgen danach so trostlos war wie alle anderen vorher und nachher unter Crinonefuchtel. So viel kann ich gar nicht schlafen, wie ich gähnen muss.)
Heute habe ich allerdings Hilfe beim Aufwachen von unerwarteter Seite bekommen: Nach Crinone hat sich innerhalb von ca. zwei Minuten ein Bauch wie im fünften Monat gebildet, und weh tut das auch, auch wenn das Ganze schon wieder ein bisschen abgeschwollen ist. Für eine Punktionspanne kommt das ein bisschen spät. Bin ich die einzige, der das bisher passiert ist?

Außerdem habe ich mal einen Blick in meine Posts in den ersten Tagen dieses Zyklus geworfen und mich daran erinnert, dass ich damals in der Nacht von Montag auf Dienstag meine Tage bekommen habe, nicht früher. Es sieht also so aus, als müsste ich bis Dienstag warten, um meinen ganz privaten Tante-Rosa-Vortest zu haben, bevor ich in die Klinik fahre, und als könnte ich mir diesmal das traditionelle Flora-dreht-durch-Wochenende vor dem Test sparen, bei dem ich alle zehn Minuten gucke, ob da gerade Crinone aus mir rausflutscht oder meine Hoffnungen.