Sonntag, 26. Juni 2011

Eine Unfruchtbare unter den ersten 5

Ich sitze im Wintergarten, gucke stolz auf die ca. 15 Meter Zaun, die L. und ich heute aufgebaut haben (alle Finger noch dran, kein Loch im Knie), durchs Fenster weht Tannenduft von den paar Zweigen herein, die wir für den Zaun abzwacken mussten, die Vögel zwitschern ihr Gute-Nacht-Lied, der Hund ist vor mir eingeschlafen und wärmt mir die Füße, ich esse eine Artischocke und versuche, keine Vinaigrette auf die Tastatur zu klecksen, und dazu gibt es ein Glas Apfelweinschorle. Die Schüssel für die ausgelutschten Artischockenblätter füllt sich mit hellgrün-lila Blütenblättern. Und oben wartet das gerade frisch bezogene Bett auf mich. Ich glaube, gerade gehöre ich zu den fünf glücklichsten Prozent der Weltbevölkerung.

Das wird sich bestimmt gleich wieder ändern. Ich habe fest vor, nicht meine Fantasy-Schwarte (inzwischen der dritte Band, verdammich, wenn ich so weiter mache, wird es nichts mit meiner Fantasie von vereisten Wäldern, Schwertkampf und Wölfen am Urlaubspool, weil ich bis dahin alle vier Bände durch habe), sondern die Zeitungen der letzten drei Wochen mit ins Bett zu nehmen, danach korrigiere ich mich runter auf die glücklichsten 10%. Dann werde ich vermutlich beschissen schlafen wie immer in der Nacht zu Montag (warum nur? Eigenartig) und zwischen 2 und 5 locker den Downgrade auf 30% schaffen. Aber selbst dann - 30%? Das ist doch eigentlich in Ordnung.

Und wieder mal frage ich mich: mache ich mir was vor? Ist das so eine depressive Macke von mir, die Mundwinkel hochzureißen und alles wegzugrinsen, diesen ganzen Kinderwunsch und die Riesengemeinheit, dass er sich einfach nicht erfüllen will - und mich einfach zu weigern, traurig zu sein, obwohl ich es in Wahrheit doch bin?
Noch eine Nase voll Tannenduft - nein. Mir geht's gut. Und ich glaube, ich lasse die Zeitung mal liegen heute.
Manche von uns haben Kinder. Andere haben keine. Manche von uns sind glücklich. Andere nicht. Und gerade kommt es mir ganz klar und selbstverständlich vor, dass diese beiden Kategorien die Menschheit nicht sauber in zwei Gruppen teilen und längst nicht das Gleiche aussagen.

Das ändert sich auch wieder. Vermutlich heute nacht zwischen zwei und fünf. Aber jetzt ist jetzt, und dann ist dann.

4 Kommentare:

  1. Ich finde das ja gut und richtig. Noch kinderlos zu sein ist unschön und manchmal verdammt frustrierend, aber man darf sich davon ja nicht das ganze Leben vermiesen lassen. Man zwischendrin daran erinnern, dass es einem eigentlich sonst sehr gut geht und man mit dem besten Mann der Welt verheiratet/zusammen ist, rückt auch mal die Perspektive wieder gerade. Sonst kriegt man so den Tunnelblick....

    Eine weitere gute Nachricht ist ja, dass Band 5 jetzt erscheint und du damit ein sehr dickes Buch mehr zu lesen hast..

    liebe Grüße
    Bernstein

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  2. ...mein erstes Mal, äh, also das Schreiben eines Kommentars zu einem Blog. Ich bins, die neulichs den Garten "in echt" gesehen hat. Heute werde ich 37... Zeit ist ein Feind geworden wegen dieses Kinderwunschkrams, das finde ich wirklich schlimm. Früher waren Geburtstage immer toll und jetzt sind sie eine Bedrohung...Mist! Ich hoffe, ich finde heute auch noch irgendwie eine Nase voll Tannenduft, die mich froh macht...
    Grüße!

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  3. Alles Gute zum Geburtstag. Freu dich dran, dass es DICH gibt. Das ist ja eigentlich der Grund, dass wir feiern. Auch ohne x sollte das Leben lebenswert sein, weil du du bist.

    Grüße
    Frau Em

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  4. Liebe Flora
    lieben Dank, ich bin erst jetzt über deinen BLog gestolpert.
    Und fühle mich so verstanden, das tut gut.

    Freu mich schon jetzt über alles was von dir noch kommt
    LG
    W

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