Samstag, 31. Dezember 2011

Aber gerade noch so

Liebe Abkürzungsdamen, ich entschuldige mich für die Funkstille. Es wäre bestimmt anders gekommen, hätte ich nicht über die Feiertage zwei Zeitungsjobs angenommen und dadurch jedes Mal, wenn ich mich dem Bannkreis um meinen Rechner auch nur auf zwei Meter nähern wollte, so etwas wie einen elektrischen Schlag aus Arbeitsekel gespürt. Das ging einfach nicht! Auch wenn der Blog doch eigentlich keine Arbeit ist. Aber ich habe auch in den letzten acht Tagen keine Rechnung online bezahlt, so gut wie keine Emails geschrieben und auch nicht an der Meinungsumfrage meines Telefonanbieters teilgenommen. (Der mir übrigens jetzt, nach über zwei Jahren Gekeife, Gefaxe und Geschicke von Urkunden einen ganz lieben Brief geschrieben hat, in dem er mir zur Hochzeit gratuliert und verspricht, bald, ganz bald, die Namensänderung in sein System zu übernehmen.)

Und jetzt bin ich immer noch nicht fertig mit meinen zwei Artikeln, und nun geht es nicht mehr anders, aber leider wird die Zeit knapp, und es reicht wieder mal nur zur Liste.

Also, hier die Liste der Feiertagsmitteilungen.

1. Wenn ihr euch wieder mal fragt "was les ich nur?" dann lest doch mal den Taxiroman von Karen Duve. Vertraut mir einfach und tut es. Es geht auch ganz schnell!

2. Ich weiß nicht, was das für Leute sind, denen dauern der Baum oder der Adventskranz abbrennt. Wir sind ein Haushalt aus Chaoten, die unten die Kerzen anzünden, dann alles vergessen und zu einem Spaziergang aufbrechen. Wir haben einen Hund, dessen buschiger Schwanz sich fast hüfthoch kringelt, wenn er zu einem Sprint um den Baum aufbricht. Und unser Baum hat bisher kein Nädelchen angesengt, noch nie.

3. Dieses Jahr war der Kinderblues wirklich wie angekündigt leicht abzuschütteln. Nicht nur, weil wir ein richtig schönes erwachsenes Weihnachten hatten (am zweiten Feiertag waren wir z.B. feudal essen, und an den beiden Nachbartischen saßen zusammen sechs Kinder, die alle ein ziemlich lautes elektronisches Gerät dabeihatten, um nicht das zu tun, was Kinder sonst in Restaurants tun - ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich als Nerd könnte nicht ruhig danebensitzen, während neben mir ein Knirps erst das leckere Essen kriegt - Schnitzel mit Pommes - und dann auch noch ohne mich Super Mario spielen darf), sondern auch deshalb, weil der nächste Versuch sich jetzt langsam in Kopf und Knochen so breit macht wie eine eben gegessene warme Mahlzeit. Ich bin ganz ruhig und zuversichtlich. In den letzten acht Wochen hab ich mich mit ein-zwei Ausreißern nicht nur wahnsinnig gesund ernährt und mein Handgelenk beim Ausschenken alkoholischer Getränke unter Kontrolle gehabt, nein, ich hab auch an jedem Abend, an dem L. zu seinem Nerdsport geht, Yoga vorm Fernseher gemacht und war oft genug laufen. Außerdem war am Donnerstag mein letzter Pap-Termin zwei Wochen her, und bisher habe ich noch kein mieses kleines Kärtchen von meiner Gynäkologin im Kasten, was nach unserer Absprache bedeutet, dass alles von ganz allein wieder gut geworden ist. Das war noch nie! Jeden zweiten bis dritten Abend nehme ich ein Vagi-C-Zäpfchen zur Normalisierung der (Achtung, ekliges Wort und GAH! Evtl. die widerliche Alternative zum Blogtitel Eiertanz? Hier kommt das Wort: SCHEIDENFLORA! Na, hab ich zu viel versprochen?), und ich und mein Unterleib, wir fühlen uns ausnahmsweise mal als Team. Musste ich also an Weihnachten nicht traurig sein, denn nächstes Jahr haben wir ja dann den Salat.

4. Ist das Geld da. Das Geld, auf das ich jetzt seit zweieinhalb Jahren warte: mein Gründungszuschuss. Alles auf einmal! Was einem Vermögen entspricht, das ich sonst durch redliche Arbeit und Sparfuchs-Verhalten niemals auf einen Schlag auf dem Konto angehäuft hätte. Würde ich euch jetzt die ganze Geschichte erzählen, säße ich erstens morgen noch hier und zweitens würdet ihr mir nicht glauben. Es ist nicht zu fassen, wie viele unglückliche Umstände sich zu so einem Mistviech von Antragsprozess verketten können. Aber jetzt ist alles gut, und mit dem enorm beruhigenden Gefühl eines einigermaßen dicken Bankkontos im Hinterkopf habe ich jetzt beschlossen, meine Finanzen in den Griff zu kriegen. Zum Zeichen des neuen Zeitalters thronen auf meinem Bücherregal jetzt zwei prächtige Spardosen, in die ich jedes Zwei-Euro-Stück werfe, das ich in die Finger kriege. Sind sie voll, kommt das Geld auf das Fluchtgeldkonto. Vom Konzept Fluchtgeld habe ich vor langer, langer Zeit mal in der Cosmo gelesen, es bedeutet, einen geheimen Geldspeicher anzuhäufen, der nur zur Befreiung aus höchster Not oder zur Erfüllung eines sonst unerfüllbaren Wunsches da ist. Also nicht für Handwerkerrechnungen oder den Pizzaservice. Es scheppert schon nicht mehr so schrill, wenn ich etwas einwerfe. Und ich fühle mich ordentlich, vernünftig und souverän: alles drei Dinge, die ich mich selten fühle. Schön fühlt sich das an.

5. Lili und ich haben ein neues Hobby, das ich nur wärmstens empfehlen kann: Geocaching. Ihr ladet euch die App aufs Telefon oder zuhause die entsprechende Seite auf den Rechner, sucht ein Cache in eurer Nähe (ein kleines Ding, das gefunden werden muss - im simpelsten Fall eine Tupperdose mit einem Zettel, auf dem ihr euren Namen hinterlasst und das Findedatum) und geht auf Schatzsuche. Das/der/was auch immer Cache liegt in einem künstlichen Tannenzapfen, in einem Astloch mitten im Moor, hinter einer losen Dachschindel in einer Ruine, an einer Bushaltestelle, wo auch immer, und wer wie ich schon als Kind begeistert war von den Schatzsuchen der ??? oder auf Geburtstagen immer die Schnitzeljagd am liebsten mochte, der wird einmal mehr glücklich sein, dass es das Internet gibt und damit so tolle Sachen. Hier in Hamburg gibt es weit über 1000 Caches, davon ein paar in meiner Nähe, einen davon haben wir sogar tatsächlich schon gefunden. Vor uns liegt ein Jahr voller Abenteuer, Matsch, Gestrüppe und Asseln. Ich freu mich, und Lili sich auch.

Neujahrsvorsätze dann morgen. Wenn ich nicht zu beschäftigt bin mit Wändehochkriechen und Nägelkauen, weil meine Artikel immer noch nicht fertig sind. Ich wünsche jeder Abkürzungsdame das für sie perfekte Silvester! Dass sich hier niemand die Finger abböllert! Und nicht zu viel alkoholfreie Erfrischungsgetränke, muss man nur undamenhaft Aufstoßen von!

Dienstag, 20. Dezember 2011

Meinetwegen Spekulatius ab Februar

Da ist sie wieder: die miese Tante Weihnachtshasserei. Alle finden Weihnachten Scheiße. Angefangen bei dem Gemecker über Spekulatius im August bis hin zum bösen, bösen Konsumterror. Und Weihnachten ohne Kinder ist sowieso eine Riesengemeinheit. Ehrlich? Ganz ehrlich? Ich wäre ein Kandidat dafür, auch im Sommer mal einen Weihnachtsbaum aufzustellen. Vor ein paar Tagen war ich in einem dänischen Krimskramsladen, als eine billig nachproduzierte Version von "Fairytale of New York" von den Pogues lief, und ich hatte ein Tränchen im Auge, und es war kein Tränchen der Wut. Ich sehe gerne zum dreißigsten Mal die Haselnüsse für Aschenbrödel und den kleinen Lord Fauntleroy. Nur bei Sissi bin ich eher raus, aber das jahreszeitenunabhängig, ich kann nicht vergessen, dass Magda Schneider angeblich Sex mit Hitler hatte, das verdirbt mir den Spaß ein bisschen. Ich backe gerne Kekse und bekomme auch keinen Nervenzusammenbruch dabei. Der Baum ist auch nicht jedes Jahr wieder eine Katastrophe, sondern jedes Jahr wieder schön. Und ich wäre die letzte, der das typische Weihnachtsessen zum Hals raushängt oder die sich sogar über "das ständige Essen" beschwert. Gerne immer her damit! Und bitte so wie immer, bitte Lachs und Gänsebraten und Lebkuchen und dunkelbraune Saucen. Bitte keine Experimente mit Putenrollbraten oder dieses Jahr mal Japanisch. Es gibt viele Gelegenheiten dafür, mal was Neues auszuprobieren, aber für mich ist Weihnachten keine davon. Kann sein, dass es mit Kindern noch schöner wäre. Aber dieses Jahr feiern L. und ich zum ersten Mal so richtig Weihnachten im neuen Haus zusammen, mit Lili, und das wird so schön, dass die Gefahr einer Hirnblutung bestünde, wenn es noch schöner wäre. Und ein paar Tage später feiern wir Mädchenweihnachten, L. wird aus dem Haus gejagt, wir schenken uns nichts (und das hat nichts mit irgend etwas zu tun, was andere Leute Konsumterror nennen) und stopfen uns mit leckerem Essen voll, zum Nachtisch mache ich einen Crumble, das wird schön. Ich mag Kerzen, Tannen, Zimt und Rotkohl. Und in jedem Weihnachten schwingen für mich fast alle Weihnachten mit, die ich schon hatte, da sind ziemlich viele dabei, an denen ich selbst noch ein Kind war. Wisst ihr was? Gerade finde ich, Fairytale of New York ist ein Grund zum Heulen. Noch kein Kind zu haben, ausnahmsweise mal nicht. Aber nagelt mich nicht drauf fest, wir sprechen uns Samstag Abend wieder.

Montag, 19. Dezember 2011

Erst eins, dann zwei, dann drei

Einige Ereignisse, die nichts weiter miteinander zu tun haben als meinen Kinderwunsch:

Ich sitze auf dem Fußboden in meinem Arbeitszimmer und sortiere vollkommen chaotische Papiere und andere Dinge aus vier Jahren. Kontoauszüge, Rechnungen, Versicherungsverträge, die letzten Zuckungen der Papier-Foto-Ära, alles. „Wie kommt eine selbständige Frau eigentlich dazu, ihre Buchhaltung so verlottern zu lassen?“ könnte jetzt eine Kommentatorin schreiben, und ich würde antworten „Mutter? Du hier?“. Jetzt ist alles sortiert, gelocht und abgeheftet oder ruht in Frieden in der Altpapiertonne. Aber unter anderem habe ich bei dieser Gelegenheit auch die Rechnungen vom Chinamann gefunden. Obwohl ich bestimmt nicht nur aus Kostengründen mit der Behandlung bei ihm aufgehört habe, und obwohl ich bei jeder einzelnen Sitzung immer das Gefühl hatte, verhältnismäßig billig wegzukommen – schließlich geht es ja um den langersehnten Nachwuchs, da ist grundsätzlich natürlich GAR NICHTS zu teuer, nicht wahr – ist mir trotzdem klar geworden, als all die Rechnungen jetzt so vor mir lagen, dass ich innerhalb von anderthalb Jahren um die 900 Euro bei ihm gelassen habe. Vermutlich war ich keine Musterpatientin. Vielleicht hätte ich mich besser an die Nahrungsvorschriften halten sollen, auch wenn er selbst gesagt hat, dass das bei mir nicht so entscheidend ist. Aber dass ich nicht gerade mit Feuereifer zur Sache gehe, wenn ich mich abseits der Schulmedizin bewege, wird auch in Zukunft so bleiben. An meiner Endometriose, den diffusen Unterleibsschmerzen oder den Myomen hat die Behandlung nichts geändert. Ein Kind habe ich auch noch nicht. Aber immerhin kann ich sagen, das hab ich auch mal probiert.

Ich liege auf der höllisch bequemen Liege meiner Osteopathin und lasse den Dingen ihren Lauf. Das heißt, teilweise. Denn eigentlich würde ich jetzt wegdämmern. Aber gleichzeitig ist es gerade zu und zu interessant. Die Osteopathin hat selbst vor Jahren eine KiWu-Behandlung gemacht und nach drei IVFs und erschreckend wenig Eizellen-Ausbeute beschlossen, dass sie es jetzt gut sein lässt. (Gut, zu wenig Zellen sind ja nun nicht mein Problem.) Und sie hatte damals mit 39 – ihr Mann war damals 44 – auch eine Adoption beantragt. Und zwei Jahre später, als sie schon über 40 war, kam der Anruf, sie könnte jetzt einen gesunden Säugling haben. Sie hat darüber nachgedacht und sich dann dagegen entschieden. Bequeme Liege hin, entspannendes Raumparfum her: ich war hellwach. Ich hab schon ein paar mal mehr oder weniger ernsthaft über Adoption nachgedacht. Aber ich hatte immer noch eine gewisse Hemmschwelle im Kopf. Nicht, weil ich dachte, das ist nichts für uns oder das ist erfüllter Kinderwunsch zweiter Klasse, sondern weil ich dachte, das wird nichts. Wir sind denen zu alt, wir haben zu konkrete Vorstellungen (Säugling, kein Drogenhintergrund), das ist nur eine weitere Methode, sich frustrieren zu lassen. Aber jetzt sehe ich das anders. In Hamburg, erzählte sie, besteht immer noch ein großer Bedarf. Und zwar gab es bei der zuständigen Hamburger Behörde mal eine dieser entsetzlichen Fräulein Rottenmeiers, die hunderte von Elternanwärtern mit ihrer Art in Angst und Schrecken versetzte, aber die ist inzwischen pensioniert, und sie hatte es immer nur mit einer reizenden, netten und offenen Dame zu tun. Zwischen den Feiertagen, das haben wir gestern abend beschlossen, gehen wir es an. Ich bin ziemlich aufgeregt, gespannt und gottfroh, dass ich jetzt etwas vor der Brust habe, das mich noch nervöser macht als die Frage, ob ich mein Weihnachtsessen so hinkriege wie gedacht, ob der Baum schief ist und ob Lili das Haus abfackelt.

Ich liege bei meiner Frauenärztin auf dem Stuhl zum zweiten Abstrich nach dem miesen PAP. Vorher habe ich drei Nächte lang schlecht geschlafen. Ich hatte das alles schon mal, und die Ärztin damals hat immer beruhigend auf mich eingeredet, dass das alles in soundsoviel Prozent der Fälle, also quasi immer, sich sowieso in Wohlgefallen auflöst, rarara, ei-ei, gaaanz ruhig, und am Ende stand erst eine OP und dann eine gynäkologische Akte, die plötzlich aufging wie Popcorn. Und jetzt wieder. Aber diesmal hatte sie tatsächlich gute Nachrichten: es scheint so, dass man inzwischen herausgefunden hat, dass in manchen Fällen (kommt wohl auch auf die Spielart des HPV-Virus an) auch bei Damen in unserem Alter eine Impfung noch Sinn hat. Bin ich gespannt, was diesmal rauskommt.

Man kann über diesen blöden Kinderwunsch sagen, was man will: langweilig wird es erst mal nicht.

Sonntag, 11. Dezember 2011

Dieser Post läuft unter den Labels "normales Leben" und "Kinderwunsch".

Ich balanciere, umdefiniere und jongliere im Moment mit zwei großen, dicken und schier übermächtigen Wünschen herum, die sich manchmal gegenseitig auszuschließen scheinen. Der eine ist der Wunsch nach einem Kind. Der andere ist der Wunsch, ein "normales", glückliches Leben zu führen mit Freunden, Beziehungen, Job, gutem Essen und Trinken und manchmal auch blödem, unkonstruktivem Herumlungern. Und meistens sieht es so aus, als ob für beide Wünsche gilt: haben oder nicht haben. Aus der Kombination dieser zwei Ausprägungen und der beiden Wünsche ergeben sich folgende Szenarien:

1. Ich lebe mein Leben und bekomme ein Kind, vielleicht sogar zwei oder sogar drei. Nein, wir wollen nicht gierig werden, das bringt schlechtgelaunte höhere Mächte und damit Unglück, zwei. Juchhu, zwei! Bzw. Juchhu, eins! (Man kann nie vorsichtig genug sein.)
2. Ich reiße mich wahnsinnig am Riemen und richte mein Leben komplett an dem Kinderwunsch aus. Ich esse und trinke so, als hätte ich entsprechende Gelübde geleistet, ich plane vorerst weder jobliche noch Reise-Eskapaden, ich vertröste Freunde, die was wollen, auf irgendwann in fünf Jahren, und ich widme mich mit dem gleichen Nachdruck, mit dem ich mich vorher meiner Freizeit, meinem Hund, meinem Mann und meinen Freunden gewidmet habe, irgend welchen Dingen, die angeblich - hört man - jedenfalls sagt das diese Frau da, diese... wie heißt sie noch... die Wahrscheinlichkeit ein klitzekleines bisschen erhöhen können, dass es doch noch klappt mit dem Kind. Und am Ende klappt es.
3. Ich lebe so weiter wie bisher, und aus irgendwelchen Gründen bekomme ich kein Kind, und zwar nie. Ich sterbe, und an meinem Grab weinen keine Enkel. All die Kuchen, die ich noch vorhabe zu backen, werde ich selbst essen müssen. Ich werde auch niemals jemandem das Fahrradfahren beibringen, es sei denn, der Hund zeigt Interesse. Dafür habe ich Urlaube, Freunde, einen Job, Sport und nicht zu vergessen, niemals zu vergessen: L.
4. Ich reiße mich genau so zusammen wie unter Szenario 2 beschrieben und bekomme trotzdem kein Kind.

Ich glaube, wir alle sind uns einigermaßen einig, dass Szenario 1 die dufteste aller Vorstellungen ist und Szenario 4 ein Albtraum, der uns so weder passieren darf noch passieren wird. Sind wir uns da einig? Worüber allerdings Uneinigkeit besteht - und zwar nicht nur unter uns hier im Blog, sondern auch manchmal unter mir (Dienstags) und mir (Mittwochs), ist die Frage, ob nun Szenario zwei besser ist als Szenario 3 und wie groß wir die Wahrscheinlichkeit einschätzen können, dass es das eine oder das andere wird. Meine Entscheidungsfindung wird glaube ich auch dadurch extrem getrübt, dass ich mir Szenario 3 irgendwie nicht vorstellen kann. Das heißt, ich glaube immer noch viel zu sehr - vermutlich weit über meine echten Möglichkeiten hinaus - daran, dass es irgendwann klappen wird. Wieso? Keine Ahnung. Vielleicht geht es mir noch zu gut. Vielleicht bin ich auf diesem Auge ein bisschen doof. Vielleicht aus Selbstschutz. Vielleicht tun uns die Stadtwerke etwas ins Trinkwasser, um uns bei Laune zu halten.
Dann gibt es aber auch solche Tage, da denke ich, zwar gibt es für die Kinderfrage wenig Freiheitsgrade - entweder, ich kriege ein Kind oder nicht. Aber die "Leben" vs. "esoterischer Superschmuh plus triste makrobiotische Ernährung minus Freunde, Freude und Flugreisen" - Variable hat ja vielleicht doch noch ein paar mehr Ausprägungen. Und die lote ich gerade ein bisschen aus.

Zurück von einem wunderschönen Minitrip nach Kopenhagen. Wir waren abends um elf im Bett. Ich habe insgesamt übern Daumen sechs alkoholische Getränke zu mir genommen. Wir haben lange Spaziergänge an der frischen Luft unternommen. Es gab viel Fisch (Omega-Dings-Fettsäuren und so, feine Sache) auf Vollkornbrot. Wir werden sehen, wie es läuft beim nächsten Mal Hormondisco.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Einer meiner ekligeren Ex-Chefs würde sagen: einfach mal den Finger in den Po gesteckt und die Temperatur gefühlt.

Wenn ich laufen gehe, ist alles gut. Es ist nicht nur so, dass ich mich hinterher den ganzen Tag lang unerträglich gut fühle, sondern ich bin auch eine der Ausnahmen, die wirklich GERNE laufen. Ich genieße diese 40 schweißgebadeten Minuten, höre meine Lieblingsmusik auf dem iphone, und zwischendurch erzählt mir die Frauenstimme von nikeplus, wie weit und wie schnell ich schon gelaufen bin. Wenn ich laufe, schlafe ich besser, bin konzentrierter, fühle mich vom Kopf bis zu den Zehen zuhause in meinem unfruchtbaren Körper, und fast das allerbeste daran ist: ich kann essen, was ich will, ohne mir Gedanken um meinen Körperumfang zu machen.
Man sollte meinen, es wäre selbstverständlich, dass ich jeden zweiten Tag laufe und es kaum abwarten kann. Trotzdem vergehen immer wieder Wochen, wenn nicht Monate, in denen ich nicht laufe.

Ich weiß, dass ich Weizen manchmal nicht gut vertrage. Ich bekomme oft innerhalb von Sekunden einen Sechs-Monats-Bauch, muss die halbe Nacht pupsen, dass mir die Augen tränen, und manchmal bekomme ich davon auch noch Pickel. Hat mich das jemals vom Kauf eines Mettbrötchens oder dem Verzehr einer Riesenrutsche Pasta abgehalten? Die Antwort lautet seltsamerweise: Nö.

Rauchen ist ungesund, widerlich, führt zu Krebs, macht hässliche Haut, und mit der Fruchtbarkeit macht es Sachen, vor denen meine Endometriose nur errötend den Hut ziehen kann. Trotzdem gibt es Abende - nicht jeden Tag, nicht jede Woche, sogar manchmal nicht mal jeden Monat - an denen ich das tun muss. Dann muss ich auf dem Weg zur Verabredung noch mal kurz links abbiegen und mir eine Schachtel American Spirits kaufen (in Orange, das sind dann Ökofluppen ohne irgendwelche Zusatzstoffe, und die in der leichtesten Sorte, echte Raucher und sogar Rote Gauloises-rauchende Romanistik-Studentinnen würden mich nicht mal angucken) und den Großteil dieser Schachtel vor der Tür der selbstverständlich Rauchverbots-Bar in den Vollmond pusten.

Ich schreibe einen Blog mit offener Kommentarfunktion, was bedeutet, dass hier jeder alles schreiben kann, was er will, und das, obwohl ich extrem dünnhäutig bin und ein negativer Kommentar mir gerne eine schlaflose Nacht beschert. In diesem Blog versuche ich, eine Art Online-Tagebuch zu führen. Das heißt, ich wache auf, bin in einer bestimmten Stimmung, gehe durch den Tag, und wenn sich irgendwo eine freie halbe Stunde findet, die ich nicht für ein gründliches Fußpeeling oder das kleine Großreinemachen nutzen will, dann schreibe ich einen Post über das, was mir gerade so durch das Hirn und durch den Bauch schießt. Das Ergebnis ist oft das Gegenteil von vielem, was ich am Vortag geschrieben habe. Ich wünsche mir von Herzen ein Kind, was sage ich, drei, und ich muss einiges auf mich nehmen, um vielleicht, mit viel Glück, meinem Ziel irgendwann näher zu kommen als mit einer Dreimonatsfehlgeburt. Ich schreibe hier viel Quatsch, aber wenn ich immer warten würde, bis ich einen rundum fundierten Beitrag parat hätte, dann würde ich vielleicht einmal im Monat posten. Ich weiß nicht, was euch hierher treibt, ich jedenfalls kann nicht anders. Und obwohl wirklich nichts Schlimmes passiert ist - ich glaube, ich bin eine von den verwöhntesten Bloggerinnen der Welt, bis auf den einen Troll hat mich niemand jemals hier öffentlich beschimpft oder ist mir sonstwie zu Nahe gekommen - geht mir sogar so ein Post wie der neulich von einer, die schrieb, sie wüsste auch nicht, was ich eigentlich sagen will und ob ich denn überhaupt ernsthaft Kinder wollte, an die Nieren. Vielleicht sollte ich das hier einfach lassen. Kann ich aber nicht und will ich auch nicht.

Ihr Lieben, damit will ich nicht sagen, ich möchte ab sofort nur noch Lob hören und Kritik ist verboten. Ich wollte nur - wie mit jedem Post - durchgeben, wie es mir gerade geht mit meinem lästigen Kinderwunsch und dem Terz drumherum. Das hier ist nicht die Duma, macht einfach so weiter. Ich mag euch gern.

Und nein, ich bin nicht betrunken. Es ist 18:34, Herrgott.

Mittwoch, 30. November 2011

Die Elbphilharmonie unter den IVF-Versuchen

Seit ungefähr vier Jahren ist die Elbphilharmonie nächstes Jahr fertig. Und seit ca. einem halben Jahr fange ich in zwei Wochen mit der nächsten IVF an. Jedenfalls habe ich inzwischen das Gefühl. Seit dem Sommer planen und planen wir, und es zeigt sich, dass es in meinem Leben gerade einfach keinen Zeitabschnitt gibt, in dem ich die erforderlichen drei Wochen an einem Streifen in Hamburg und auch sonst imstande bin, mich zwei Wochen regelmäßig zu spritzen, zur Punktion und zur Rückübertragung zu erscheinen sowie zu Ultraschallterminen zwischendurch, während mein Bauch sich immer nikolausiger und nikolausiger anfühlt.
Eigentlich wollte ich schon im Sommer. Dann kam eine Stressphase im Büro, die so dermaßen ausgedehnt und unberechenbar war, dass an drei Wochen Hormondisco und plötzliche Arzttermine nicht zu denken war. Und innere Ausgeglichenheit und Abwesenheit von Stress ist doch ein wesentlicher Faktor, wenn ich das richtig verstanden habe. Dann kam der August, und Ende August wollten wir nach New York. New York mussten wir in letzter Sekunde absagen wegen dieses Rammdösigen Fake-Hurricanes. Dann war wieder Jobstress, eine wochenlange Erkältung und solche Schmerzen im Unterleib, dass ich mir fast schon sicher war, binnen weniger Tage wieder auf dem OP-Tisch zu liegen mit einem geplatzten Sonstwas. Dann war kein Arzttermin zu kriegen. Dann bahnte sich der nächste Urlaub an, New York als Hurricane-Ersatz. Aber danach, danach ganz bestimmt! Jetzt bin ich wieder da, und ein von langer Hand geplantes langes Wochenende in Kopenhagen liegt mitten in meinen Punktionsplänen. Kann ich die nicht einfach um eine Woche nach hinten schieben, fragt ihr? Könnte ich schon, aber dann beginnen auch ziemlich bald die Weihnachtsferien in meiner Klinik, und weil mein Unterleib sowieso normalerweise macht, was er will, und sich nicht an Zeitpläne hält, brauche ich nach vorne und hinten einen Sicherheitsabstand zur Nichts-Geht-Zone von mindestens drei Tagen, sonst kann ich mich nicht entspannen, und dann, siehe oben, wird das ja sowieso nichts. Ich würde wirklich gerne loslegen. Aber ich will auch nach Kopenhagen. Und dann denke ich mir, jetzt warte ich schon so lange, da kann ich auch noch bis Anfang Januar warten. Warte mal, war da was? Richtig: Wien vom 7. bis zum 10.

Was für ein Quatschproblem, denkt ihr. Es ist ja nicht so, dass ein Umzug ins Haus steht oder Großmutters 100ster Geburtstag in Australien: sowas kann man doch schieben. Könnte man, kann man aber irgendwie nicht, denn auch L. hat Termine, die sind fast immer am Wochenende, und die sitzen so Bombenfest wie drei Oma-Geburtstage. Ich habe wieder mal das Gefühl, ich vergurke es mit meiner beschissenen Planung. L. ist auch nicht unschuldig! Es ist Mai, wir sitzen im Garten herum, und L. hat seinen Rechner vor sich und sagt irgendwann sowas wie „Wollen wir dieses Jahr zum Weihnachtsbummel nach Kopenhagen?“ Und Weihnachten ist so weit weg wie nur irgend etwas, also sage ich ja, und ein paar Minuten später ist das gebucht und ist erst mal für viele, viele Monate eine schöne Aussicht. Bis es dann plötzlich der Elchbulle auf den Schienen zum nächsten Befruchtungsversuch ist.

So. Ich fasse jetzt einen Entschluss. Dezember und Januar können wir nicht mehr absagen, das würde uns zu viel Geld und zu viele Nerven und außerdem den schönen Reisespaß kosten. Aber ansonsten werde ich mir von jetzt bis Mai genau gar nichts mehr vornehmen. Nichts. Ich werde bei keiner Party-Einladung blind zusagen, keinen Familienbesuch genehmigen, mich nicht mit den Mädchen zum Gruppenausflug in fremde Städte verabreden und überhaupt gar nichts entsprechendes tun. Denn ich habe wirklich das Gefühl, diesmal kommt’s drauf an.

(Nicht, dass die anderen drei IVFs Trockenübungen gewesen wären...)

Dann nehme ich mir noch vor, in den nächsten Wochen noch mehr auf meine Ernährung zu achten. L. und ich kaufen schon seit ein paar Wochen nur noch Biofleisch, was man in unserem Stadtteil fast 1:1 übersetzen kann mit „gar kein Fleisch mehr“, denn Biofleisch kommt hier nicht so an. Hier isst man sein Fleisch gerne in möglichst riesigen, billigen Mengen, auf einem Bett aus Mett und mit Speck überbacken. Das mit dem Biofleisch ist schon mal ein Anfang, und ich habe mir zwei fabelhafte vegetarische Kochbücher zugelegt. Die nächsten Wochen werde ich zwar nicht nie mehr, aber seltener mit einer Schüssel Pasta mit Trüffelöl auf dem Sofa kollabieren, sondern Favabohnen mit Zitronensaft beträufeln oder Auberginenscheiben um irgendwas wickeln. Und gelaufen wird auch wieder mehr.

Merkt ihr was? Diesen Post zu schreiben, macht keinen Spaß. Ihn zu lesen, deshalb vermutlich auch nicht. Ich weiß auch nicht. Ich bin unwirsch. Ich hätte gerne, dass es jetzt losgeht, an die blöden Klinikweihnachtsferien ab dem 20. hatte ich einfach nicht gedacht, und auch nicht an die vielen vielen Ultraschalls, die diesmal scheinbar von Nöten sind, um meine launigen Eierstöcke unter Kontrolle zu haben. Und am meisten nervt mich, dass ich selbst dran Schuld bin. Aber wer ahnt denn auch im Mai, dass ich im Dezember immer noch keine Babykugel habe? Soll ich mir in Zukunft auf Verdacht einfach ganze Jahre frei halten? Es ist ja nicht so, dass ich in diesem Jahr acht Wochen Urlaub gemacht hätte, aber jeder einzelne Tag davon war auf irgend eine Weise einem Befruchtungsversuch im Weg. Und mein ewiges Gerede über gesünderes Leben kann ich auch nicht mehr hören.
Es ist ein Kreuz: einerseits will ich nicht auf alles verzichten, was ein normales Leben so ausmacht, Pläne, Reisen, Verabredungen und Jobstress. Andererseits komme ich einfach nicht zu Potte mit dem, was mir das Wichtigste sein sollte und eigentlich auch ist. Jetzt ist mir sogar Weihnachten im Weg.

Also gut: Jetzt zählen Taten.

Montag, 28. November 2011

Aus heiterem Himmel

Ich lese ein Buch, das von einer Frau handelt, die zwei Kinder hat und gleichzeitig einen Job, der nichts damit zu tun hat, anderen Leuten Milchcafé zu servieren oder total niedliche Strampler zu gestalten. In dem Buch ist viel die Rede von Schlafentzug, von in letzter Minute vor der Präsentation vollgekotzten Kostümchen, von Schuhen, von frustrierten Ehemännern, von den Supermüttern, die nicht arbeiten und sowieso alles besser machen usw.
Und ich fühle mich sicher, ich mag das Buch, und ich bin froh, mal aus einigermaßen witziger Feder zu lesen, dass es auch gar nicht so schlecht ist, keine Kinder zu haben.

Und dann, so ca. auf Seite 156. Die junge Kollegin sagt, dass sie dann wohl im Zweifel lieber keine Kinder kriegt. Und jetzt, jetzt kommts, das, wofür ich alle, wirklich bisher alle anderen Eltern-Kind-Bücher hasse: der "ohne Kinder ist das Leben nur ein oberflächlicher Scheiß, du stirbst, und nichts bleibt zurück"-Teil.

Warum, warum, warum nur müssen alle Menschen mit Kindern - egal, wie schlüssig sie gerade geschildert haben, wie anstrengend das alles sein kann - am Ende zu diesem Schluss kommen? Ich kann vielleicht wirklich keine Kinder bekommen, und dann? Erschieße ich mich am Besten? Bleibt ja eh nichts übrig?

Ich hab einen düsteren Verdacht. Die müssen das schreiben. Die drehen sonst durch vor Stress, vollgekotzten Kostümen und Schlafentzug.

Donnerstag, 24. November 2011

Das war noch nie.

Zum vermutlich ersten Mal in meinem Leben kann ich voller Überzeugung sagen: heute wäre ich gerne in Düsseldorf. Ich wünsche dem Stammtischableger West einen Bombenabend!

Mittwoch, 23. November 2011

Seit gefühlt einer Woche mache ich mich fertig zur Landung

Zurück auf der Erde. Jedenfalls mein rundlicher Körper, das Gehirn scheint noch irgendwo über dem Atlantik festzuhängen. Eine Woche Cheese Fries, Burger und Shakes haben ihren Tribut gefordert, ab heute regiert wieder Weight Watchers! Wenn auch nur vorübergehend, Freitag steht schon die nächste Kaloriensause an. Ausführlicher New York-Bericht folgt, sobald die Fluggesellschaft mir mein Gehirn nachgeschickt hat. Jetzt aber ein drängenderes Thema: das Stammtisch-Franchising.

Liebe Abkürzungsdamen in Berlin, Düsseldorf und im Süden, ich kann gar nicht sagen, wie toll ich das finde, dass unsere Hamburger Runde Mutti von so properen und putzmunteren Ablegern wird! Ich wünsche euch großartige Abende! Aus Erfahrung kann ich euch sagen: wenn sie zum Anlass wird, sich mit so fabelhaften Abkürzungsdamen gepflegt einen klitzekleinen, natürlich vollkommen ladyliken Glimmer anzutrinken und fröhlich bis spät in die Nacht über blöde Bemerkungen, dickfellige Muttertrampeltiere im Umkreis, das ewige Entspannt-euch-doch-mal-Gefasel und die ganze Scheißwelt rumzuranzen, dann ist sogar Unfruchtbarkeit gar nicht mal soooo schlecht. Es geht bestimmt noch schlimmer! Und wer weiß, vielleicht schaffen wir eines Tages ja doch noch das große Camp, bei dem sich alle Stammtische treffen? Ich fänd's gut.

Was ich nicht so gut finde, ist, dass seit ungefähr einer Woche meine Schilddrüse wieder muckt. Das hat sie vor ein paar Jahren schon mal getan, und damals war das ein klares Signal, dass meine Thyroxin-Dosis zu niedrig ist. Nun scheint das wieder der Fall zu sein. Heute war ich zum Blut abnehmen, und gestern, an dem Tag, an dem ich eigentlich mein Pillchen zum ersten Mal seit Monaten nicht schlucken wollte, um den nächsten Versuch einzuleiten, habe ich es dann doch geschluckt. Ich will diesmal alles, wirklich alles richtig machen, erwähnte ich das schon? Nicht, dass ich diesmal ins Rennen gehe mit der Idee, das wäre mein letzter Versuch. Aber ich bin es so leid, dass jedes einzelne Mal bei all den IVFs und Kryos, die ich hinter mir habe, vorher alle Ärzte geballten Optimismus verströmten und hinterher, wenn es wieder, tja, leider, schon wieder nichts war, das ja irgendwie schon klar gewesen war, weil ich ja schließlich... was auch immer, hier bitte total einleuchtende Erklärung einsetzen, die an sich schon wirklich überzeugt, aber noch mehr flashen würde, wenn ich sie einfach sechs Wochen, ca. achtzig hysterische Anfälle und ein paar Tränen auf dem Klo eher und 3.000 Euro reicher gehört hätte. Und deshalb wird nicht ab dem Wochenende gespritzt, sondern erst mal gucke ich, was die alte Schilddrüse so treibt und ob sie gerne ein bisschen mehr motiviert würde. Immerhin ist das ein Problem, das sich mit einfachsten Mitteln aus der Welt schaffen lässt. Und weil gerade jeder Tag Verzögerung bedeutet, dass ich mich mit Punktion und Rückübertragung in den Bereich unseres Kopenhagen-Wochenendes am dritten Advent bewege, wird es wohl jetzt alles eine Woche später. Irgendwo bequem zwischen Kopenhagen und der Weihnachtspause der Klinik werde ich dich, mein nächstes Prilblümchen, muckelig einbetten. Ich freu mich schon.

Und den Abkürzungsdamen, denen das Befruchtungskarma diese Woche voll mit der flachen und schmuddeligen Hand ins Gesicht geschlagen hat, wünsche ich viele beste Freunde, die jetzt das Richtige tun und nicht mit Geheimtipps um die Ecke kommen, einen Mann, der jetzt wieder mal zeigt, dass er genau der Richtige ist, um erst demnächst Kinder zu kriegen, eine Schublade voller guter Essenslieferantenzettel und einen Weinhändler um die Ecke.

Dienstag, 15. November 2011

5:07 im Hotel

Nachdem wir gestern um halb sechs vollständig bekleidet und bei voller Beleuchtung eingeschlafen sind, steht L. jetzt am Waschbecken, macht sich frisch für die erste Kaffeeexpedition dieses Urlaubs (böse. Böser, böser Kaffee macht die lieben, lieben Befruchtungsversuche kaputt.) und prüft kritisch seinen Bauchansatz.

L: schon zwei, drei Kilo weniger würden reichen.
F (wichtig): ich bin mir ja sicher, dass Sport der Trick ist.(das sage ich nur, damit L. in den nächsten Tagen meine Fastfood-Orgie mitmacht.)
L (zieht die Augenbrauen hoch) ??
F(schon etwas kleinlauter) sage ich jetzt als Fitness- und Ernährungsexpertin.
L: Schön, sie an Bord zu haben, Ma'am.

Montag, 14. November 2011

Klappe zu, Affe weg

Am schönsten ist immer der Moment, wenn man seinen Koffer abgegeben hat. Abgesehen vielleicht von dem Moment, wenn man durch die Schleuse ist und es endlich Kaffee gibt. Und dem Moment, wenn man feststellt, dass es noch alle Zeitungen gibt, wirklich alle! Und dem, wenn man oben ist und es im Bordprogragramm gleich drei Kinofilme gibt, die ich verpasst habe! Oder der Moment, wenn ich die Stadt zum ersten Mal unter mir sehe. Und von da an gibt es eigentlich nur noch schönste Momente.

Vielleicht funktioniert das wlan auf der Hoteltreppe immer noch. Wenn ja, werde ich mich mucksen. Und jetzt gehen meine Eizellen und ich noch mal auf große Fahrt.

Samstag, 12. November 2011

Starthilfe für Stammtische

Liebe Abkürzungsdamen, die das Pech haben, nicht in der selbsternannten allerbesten Stadt der Welt - Hamburg - zu leben und trotzdem nicht auf den Spaß verzichten wollen, sich mit gleichgesinnten Abkürzungsdamen zu Wein und Pizza zusammenzurotten und über die Ungerechtigkeit der Welt und die mistigen Hormone zu raisonieren - wo war ich? Jedenfalls dachte ich, ich erleichtere euch diesen ganzen Email-Austausch-Albtraum und biete euch an, dass ihr im Kommentarteil zu diesem Post ja auch genau so gut einfach Verabredungen in einer Kneipe eurer Wahl treffen könnt. So hat das am Ende bei unserem Hamburger Stammtisch auch am besten funktioniert, dieses Email-Gemache war ein fürchterlicher Krampf, und ich bin froh, dass wir das jetzt anders machen. Aber macht, wie ihr meint!

Freitag, 11. November 2011

Klappe zu, Affe froh

Diesen Post schreibe ich, während ich aus einer Tasse mit den wichtigsten Politikern der republikanischen Partei Earl Grey trinke. Die Tasse haben wir bei Fishs Eddy in der Nähe vom Union Square gekauft, als wir zum zweiten Mal in New York waren, und NATÜRLICH gibt es auch eine Tasse mit den Demokraten, aber die ist gerade in der Spülmaschine. Ich höre meine ziemlich prätentiöse Jazz-Playliste und trage eine Schlafanzughose, die zwar von H&M ist, aber immerhin von H&M an der 5th Avenue, und weil heute frei ist, könnte ich mir vorstellen, gegen Nachmittag, wenn es dunkel wird und der Hund in die Heide-Ferien gefahren ist, mit meinem kleinen New York-DVD-Programm anzufangen. Vielleicht zum Start "Alle sagen I love you", dann "Manhattan" und "Annie Hall", dann ein paar Folgen 30Rock oder Sex and the City und dann... mal sehen. Ich muss noch Sachen aus der Reinigung holen, Milch und Toastbrot kaufen und ein Geschenk kaufen, bügeln und Wäsche waschen, das ist natürlich alles schrecklich schweißtreibend und anstrengend, aber ich bin sicher, mit zusammengebissenen Zähnen schaffe ich das. Muss ja!

Liebe Abkürzungsdamen, ich habe frei. Frei, frei, frei. In der Agentur erwartet man mich erst wieder am Mittwoch in 12 Tagen. Und Montag fliegen L. und ich nach New York, meinen Lieblingsplatz auf der ganzen Welt. In den letzten Tagen war ich maulig. Ich hatte zu viel zu tun. Jeden Tag gab es einen anderen Grund, warum ich heute nun doch arbeiten muss, obwohl es eigentlich bis kurz vor knapp so aussah, als müsste ich nicht, und jeden Abend gab es einen neuen Grund für zwei, drei, vier Überstunden. Mag sein, dass die kleinen Häschen, die gerade frisch aus Tübingen in die Stadt gezogen sind und denken, so geht das Großstadtleben, das aufregend und wahnsinnig inspirierend finden, mich macht das mit meinen 38 Jahren quengelig, schlaflos und uffjedunsen. Aber nun ist Schluss!

Stammtisch war übrigens 1a. Ich freu mich auf das nächste Mal. Vielleicht ja schon im Dezember? Mal sehen.

Mittwoch, 9. November 2011

Stammtisch HEUTE!!!

Liebe Abkürzungsdamen, nur schnell, von unterwegs und per Telefon mit sterbendem Akku: ich freu mich auf heute abend um halb acht im Gloria. Bis dahin! Ich bin die mit den rötlichen Haaren und dem verwirrten Blick.

Dienstag, 1. November 2011

Nächster Stammtisch

Mit dem Telefon in der Ubahn postet es sich zwar sehr stylish, aber auch sehr anstrengend, deshalb ist gerade kein langes Geschnatter drin über meine Hormonellen Zustände, Segen und Fluch meiner Diätpläne, den nächsten Karriere-Ausweich-Schritt und dergleichen. Aber ich kann ja mal sagen, dass es mir leid tut, dass es mit dem im August, spätestens aber September geplanten Stammtisch nichts war und fragen, ob sich vielleicht einige Damen finden würden, die in dem Rest dieser oder in der nächsten Woche bereit wären. Danach fliege ich für zehn Tage weg, und wenn ich wiederkomme, geht es tatsächlich los mit dem ganzen Spritzenkrampf, und wer weiß, wie es mich diesmal erwischt? Deshalb würde ich anregen, die nächsten zehn Tage zu nutzen. Mein Vorschlag wäre: nächste Woche Mittwoch. Wäre jemand dabei? Wie immer im Gloria, bis ein besserer Vorschlag kommt?

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Der Fluchtplan lebe hoch

Gestern fragte sich eine Kommentatorin (und damit auch mich), ob es denn wirklich ein Grund zur Freude wäre, für die Cosmopolitan zu schreiben, denn die wäre ja eigentlich genau wie die Bild der Frau.

Liebe unbekannte Blogleserin, ich wollte eigentlich nicht so patzig werden, wie ich dann doch war, aber vielleicht verstehst du mich und meine Euphorie über diese Nachricht eher, wenn ich dir kurz schildere, warum jeder Auftrag in einem neuen Berufsfeld, das NICHT Werbung ist, eine saugute Nachricht ist.

1. In den letzten Jahren hatte ich tatsächlich oft unmittelbar mit Menschen zu tun, die in einem Fort Wendungen wie "wir schlagen da am Dienstag auf", "Wir müssen den Kunden da abholen, wo er steht", "Da geht der Pipimann runter", "ASAP", "Zeitnah", "Geilomat", "ich komm auf dich zu" oder auch "wir wollen heiße Scheiße machen" verwenden.
2. Die Vorstellung vieler Werber von einem rundum gelungenen Fest ist Wodka mit Red Bull und ein Mann, der auf der Tanzfläche einen geblasen bekommt.
3. Ab und zu müssen wir uns mit Menschen aus dem Marketing auseinandersetzen. Große Schnittmengen mit Punkt 1.
4. Ich möchte endlich in Würde altern können.
5. 98% von allem, was ich da so treibe, landet am Ende in der Tonne, oder, noch schlimmer, mit einigen Last-Minute-Korrekturen aus der Feder des Kunden tatsächlich auf einer Plakatwand, so dass ich erst vor Scham, dann vor Zorn erbleiche und hinterher wieder niemand versteht, was ich eigentlich will. ("Was will sie nur?" "Heiße Scheiße machen".)
6. Ich habe die Nase voll von Notfällen, die keine Notfälle sind, sondern schlampige Terminkalender anderer Leute.
7. Ich mag nicht so gern Kaffee wie viele andere Menschen.
8. Die Agentur, in der ich gerade arbeite, ist ganz anders. Wunderbar! So nette Chefs hatte ich noch nie. Aber die Damentoilette befindet sich unmittelbar vor ihrer immer offenen Bürotür. Und seit Neuestem habe ich eine Kollegin, welche, habe ich noch nicht herausgefunden, aber wenn, dann gnade ihr Gott, die immer die Tür offenstehen lässt, wenn sie schon fertig ist, ich aber noch nicht mal angefangen habe.
9. Diese ewigen Mittagspausen laufen meinen WW-Plänen diametral entgegen. Wenn jetzt eine schreibt, ich soll doch einen Apfel essen und einen Spaziergang um die Alster machen, hat sie entweder nichts verstanden oder verwechselt mich offensichtlich mit einer anderen Hamburger Unfruchtbarkeitsbloggerin mit Gewichtsproblemen.
10. Wenn ich jemand Neuen kennenlerne und er mich fragt, was ich mache, dann nuschele ich "bin Texterin" um dann sofort viel lauter und deutlicher hinterherzuschieben "Aber nicht nur!!!"
11. Lange, lange Zeit habe ich dauernd gesagt, dass ich gerne texte. Dass ich keine von denen bin, die eigentlich lieber was Anderes geworden wäre, aber dann kam ein Praktikum, dann ein Jobangebot, und jetzt ist es eben doch nur Werbung geworden. Dass ich es toll und aufregend finde, jeden Morgen an den Schreibtisch zu kommen und nicht zu wissen, was mich erwartet. Dass es großartig ist, einen Job zu haben, bei dem man nur durch die Energie und den Hirnschmalz, die man reinsteckt, selbst entscheiden kann, ob er Routine ist oder jeden Tag ein neues Abenteuer. Das habe ich jetzt schon sehr, sehr lange nicht mehr zu irgendwem gesagt.

Und jetzt wird sich hier gefälligst mit mir gefreut. Ich zuerst, Achtung:

Sonntag, 23. Oktober 2011

Glück und Gemütlichkeit, wie leicht bricht das

Und wenige Minuten nach dem Gemütlichkeitspost meldet sich die raue Realität und setzt mir einen dicken Haufen Arbeit auf den Schreibtisch. Harrrrrrgh. Ich glaube, ich brauche einen Platz in irgend einem dieser Zeugenschutzprogramme, so dass ich von Donnerstags bis Sonntags in meine Ersatzidentität flüchten kann, wo mich niemand findet. Für L. und Lili muss dabei natürlich auch gesorgt sein. Ich wäre auch bereit, eine Perücke zu tragen. Und Kostümchen! Und High Heels! Und roten Lippenstift!

"Gemütlichkeit" ist ein extrem beliebtes Wort

Vor ein paar Tagen habe ich im Netz etwas über die schönsten Wörter der deutschen Sprache gefunden. Eine Jury aus solchen Top-Mitgliedern wie Herbert Grönemeyer und Fritz Pleitgen hatte sich zusammengesetzt und eingesandte Wörter in vermutlich nächtelangen Diskussionen bewertet. Und die Gewinner waren unter anderem: Habseligkeiten, Gemütlichkeit, Geborgenheit und Liebe. Kann auch sein, dass die Reihenfolge nicht stimmt. Ich bin jedenfalls mit der Wahl nicht einverstanden. Gerade "Liebe" mit dem langen "iiiiii" in der Mitte ist zwar eine schöne Sache, aber deshalb kein schönes Wort. Für mich macht ein schönes Wort auch aus, dass es zu dem bezeichneten Gegenstand passt. "Hund" ist für mich ein sehr schönes Wort. Einsilbig und mit einem U in der Mitte könnte ich mir kaum eine bessere Bezeichnung für das fellige Viech ausdenken, das gerade Gemütlichkeit verströmend neben mir auf dem Sofa sitzt und mir liebevolle Blicke zuwirft. Ein bisschen mehr Phantasie hätte ich der Jury außerdem gewünscht. Auf so eine Auswahl wäre ja wohl auch ein Konferenzraum voller Bild-der-Frau-Leserinnen gekommen. Auch aus dem Ausland gab es Wortempfehlungen, und auch dabei stand Liebe ganz weit vorn. Holland mag ich jetzt noch ein bisschen lieber als vorher schon, weil die Niederlande das Wort "Fingerspitzengefühl" ins Rennen geschickt haben, an das ich zwar niemals gedacht hätte, das ich aber immer noch lieber mag als "Liebe". Für die USA war das Wort Nr.1 "Gemütlichkeit".
Wieso ich jetzt drauf komme? Seit ewigen Zeiten sitze ich heute mal wieder im Pölterchen auf dem Sofa, eine Wolldecke um mich geschlungen, der Hund nach Erledigung aller Geschäfte neben mir, auf der Sofalehne steht eine Tasse Tee, und ich weiß, dass ich noch mindestens zwei Stunden lang so hier sitzenbleiben und auf dem Rechner herumpuzzlen kann, denn L. war gestern Abend aus und kam spät und voll wie ein Amtmann nach Hause. Das will ich ihm herzlich gönnen. Jetzt liegt er oben, der Süße, und braucht noch ein paar Stündchen. Ich dagegen habe gestern um zehn den Krimi zugeklappt, mich noch ein bisschen in meiner Anständigkeit gesonnt und dann fast 12 Stunden lang geschlafen. Nachher bringe ich ihm einen mit viel Liiiiiiebe zubereiteten Capuccino und ein paar Brote mit gestern vorsorglich angeschafftem Fischsalat nach oben, hat aber keine Eile. Die Gemütlichkeit wird, falls überhaupt möglich, noch gesteigert durch das behagliche Brummen, Summen und Schlürfen der Spülmaschine und durch die Gewissheit, dass sich unten im Keller eine Ladung Handtücher nach Persil duftend in der Maschine dreht. (Das ist das Tollste an solchen Maschinen, man drückt auf einen Knopf und fühlt sich reinlich und tüchtig.)
Solche Morgende sind wirklich viel zu selten. Erstens kommt L. so gut wie nie voll nach Hause, zweitens ist der Hund meistens anstrengender um die Zeit (vermutlich ist sie ausgelaugt vom langen angstvollen Warten auf Herrchen), drittens muss ich meistens arbeiten gehen und kann hier nicht rumschluffen, und viertens ist gerade L. morgens voller Tatendrang, und ich muss mit.
Ich glaube, ich mag das Wort "Gemütlichkeit" auch gut leiden.
Aber am allerbesten hat mir das Lieblingswort der Kinderjury gefallen: "Libelle". Wäre ich Fritz Pleitgen oder Herbert Grönemeyer, würde ich mich ein bisschen schämen, da nicht drauf gekommen zu sein.

Ach ja: aus dem neuen Geheimprojekt, das mich jetzt vier Wochen lang in Atem gehalten hat, ist leider nichts geworden. Wobei wir das "Leider" gleich wieder streichen können, denn eigentlich ist es so fast noch besser: ich werde in Zukunft noch öfter und noch mehr für die Cosmo schreiben, und das sind doch eigentlich ganz fabelhafte Aussichten. Sogar eigene Themenvorschläge von mir wollen sie. Es scheint, als würde es diesen Herbst doch noch mehr von dieser Rechner-auf-dem-Schoß-Gemütlichkeit geben. Pah, Endometriose - wenn ich nicht der größte Glückspilz bin, wer denn dann?

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Auf ganz, ganz dünnem Eis

Ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob ich die richtige Person bin, um Abnehmtipps zu geben. Denn seht mich an: mein Bauch hat gerade Körbchengröße D, und seit fast vier Wochen bewegt sich genau nichts auf der Waage. Andererseits habe ich auch schon IVF-Tipps gegeben, und höre ich hier fröhliche Kinderstimmen? Nein, ich höre das Klappern meiner Tastatur und den Sound von Simfy.

Vielleicht sollte ich das noch kurz erklären, bevor ich zu den Specktipps komme: Simfy ist ein Programm, mit dem man legal im Netz Musik hören kann. Ich bin erst seit drei Wochen dabei, obwohl eine Freundin mir seit einem Jahr davon erzählt. In dieser Zeit habe ich schätzungsweise 800 Euro bei itunes gelassen, das Geld hätte ich mir sparen können. Falls ihr Musik mögt - damit meine ich, ihr besitzt mehr als zehn CDs, solche Ich-interessiere-mich-nicht-für-Musik-CDs wie "Buena Vista Social Club" oder Michael Bublé nicht mitgerechnet, dann macht nicht den gleichen Fehler, sondern guckt euch das mal an. Es gibt eine Gratis-Variante, da kann man im Monat nur soundsoviel Stunden hören und bekommt ab und zu wohl noch Werbung, aber schon für knapp fünf Euro im Monat kann man da so lange sein, wie man will. Auch nach drei Wochen ist das Kind-im-Bonbonladen-Gefühl nicht verschwunden. So unendlich viel Musik! Und ich kann mir davon Playlisten basteln, die ich dann auf jedem Rechner mit Netzanschluss anhören kann. Überall und immer! Lege ich noch mal fünf Euro drauf, dann geht das auch ohne Internet und auf dem Telefon, was itunes endgültig überflüssig machen würde. Und nein, wieder mal zahlt mir niemand etwas dafür, dass ich das hier schreibe, auch wenn es natürlich nett wäre, wenn.

Jetzt zu den Abnehmtipps. Kein Anspruch auf Vollständigkeit, und auf mein Fusselhirn habe ich mehrfach hingewiesen, also auch keinerlei Rechtsansprüche, wenn das bei euch nicht funktioniert und ihr nach drei Tagen immer noch nicht in die dünne Jeans passt.

1. Extreme Geschmäcker sind gut. Ich hab immer das Problem, dass Essen mit wenig Fett und wenig Kohlenhydraten sich meistens nicht wie echtes Essen anfühlt. Wenn aber hinterher die Zunge brennt, sich Blasen am Gaumen bilden oder die Augen noch eine Viertelstunde lang tränen wegen des vielen Chilis/Wasabis/Salzes, dann merkt man wenigstens, dass man etwas gegessen hat.
2. Im Zweifel eher wenig von etwas "Echtem" als ein halbes Kilo seelenloser Mist. Damit will ich sagen, lieber 50 Gramm Gorgonzola, bei dem die Scheiben schon springen, als 200 Gramm von etwas mit "Light" im Namen. Das ist nur meine Erfahrung!
3. Eine Ausnahme sind Lebensmittel, die von Natur aus nicht so fettig sind. Wenn es also unbedingt viel sein muss, und das muss es bei mir oft, dann nehme ich z.B. lieber eine Riesenschüssel selbstgemachtes salziges Popcorn (VIIIIEL, viel Salz, s.o.) mit wenig Fett als eine halbe Tüte Light-Chips. Es tut mir so leid für mich selbst, aber mein Magen lässt sich nicht betrügen. Chips sind fettig, genau wie Käse, Mayo oder Pizza. Das in fettarm bringt es nicht, ich esse lieber eine schöne scharfe Thai-Nudelsuppe, wenn Pizza nicht drin ist.
4. Bloß nicht ständig allen erzählen, dass man gerade Diät macht. Erstens denken dann auch die, die es bisher noch nicht dachten, man wäre zu dick, und zweitens sind die meisten Menschen höflich und werden deshalb versuchen, es uns auszureden, aus welchen Gründen auch immer. Und wenn sie wirklich denken, wir hätten es nicht nötig (weil sie z.B. selbst noch mal fünf Kilo mehr wiegen), verbreiten sie am Ende noch die Geschichte, wir wären ja wohl essgestört. Was ich nicht bin (wer mich einmal essen gesehen hat, weiß das) aber derzeit wird der große und ernst zu nehmende Themenkomplex Ess-Störungen leider ständig vermischt mit dem Themenkomplex Diät, und die beiden haben zwar eine große Schnittmenge, sind aber trotzdem nicht das Gleiche. Oh Gott, ich ziehe jetzt schon den Kopf ein vor den Kommentaren, die es gleich hageln wird.
5. Ich brauche zum Durchhalten jede Hilfe, die ich kriegen kann. Und eine Sache, die mir hilft, ist, mich für die Zeit, in der ich abnehme, irgendwie "heilig" zu fühlen. Das schaffe ich, indem nicht nur im Kühlschrank, sondern auch im Bad ein anderes Regime die Macht ergreift: Thermalwasserspray, Weleda-Duschcremes, Massageöle, Haarkuren aus dem Biomarkt, Hauschka-Melissencreme zur Nacht. Natürlich versuche ich abzunehmen, um dünner zu sein, nicht um ein besserer Mensch zu werden. Aber das muss ich mir ja nicht verraten.
6. Er hat mir schon mehrere Tops für immer ruiniert, denn diese bräunliche Farbe geht nicht raus, und es hat eine Weile gedauert, bis ich dafür auf schwarze Rollis umgestiegen bin. Aber brauner Tigerbalm auf der Brust duftet mich Nachmittags auf eine Art an, die gleichzeitig appetitlich ist und jede Lust auf Süßigkeiten vertreibt.
7. Die üblichen Tipps wie "viel trinken" oder "iss doch einfach mal einen Apfel" spare ich mir, wir haben schließlich unsere Würde.

So viel dazu. Wenn mir noch was einfällt, reiche ich das nach. Jetzt lege ich Tigerbalm nach.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Kein Löffelchen für Flora

Jeder Tag fängt bei Null an, ganz frisch und unschuldig und mit allen Chancen, einen Preis für die perfekten 24 Stunden zu gewinnen. Nein, keine Angst, das wird kein Artikel über Klowand-Philosophie, sondern über mein Leben in den letzten Wochen mit Weightwatchers. Ich stehe jeden Morgen auf mit null Punkten auf der Uhr. Und es geht entsprechend perfekt weiter, zumindest von Montag bis Mittwoch: abends weiche ich meine Bircher-Muesli-Mischung aus organischen Flocken, Nüssen und Körnern in Milch ein, und die hübsche Plastikdose mit der Mischung nehme ich dann mit ins Büro, wo ich sie mit fast fettfreiem Joghurt, gefrorenen Beeren und einem Löffel Honig auffülle. Das ganze hat dann eine bestimmte Punktzahl. Welche, will ich nicht verraten, denn ich habe mir sagen lassen, dass Weightwatchers das Internet keine Sekunde aus den Augen lässt auf der Suche nach Leuten, die der Welt gratis das verraten, wofür sie selbst einen wenn auch bescheidenen Geldbetrag pro Monat nehmen. Und Hormonärger reicht mir an Stress, danke. Jedenfalls bin ich nach diesem Tugendbold-Frühstück immer noch im dunkelgrünen Bereich, wäre ja auch noch schöner. Aber dann. Dann kommt die Mittagspause, und man braucht nicht viel Überredungskunst, um mich zum Fischmann oder in das niedliche Schwedische Lokal mit den guten Köttbullar oder auf ein Schnitzel mitzuschnacken. Vor Ort versuche ich dann meistens noch, Vernunft walten zu lassen, ich lasse z.B. die letzten zwei Kartöffelchen auf dem Teller oder nehme Gurkensalat statt Kartoffelsalat, aber zurück am Schreibtisch und vor dem Programm kommt der Frust: WAS, das waren XX (große zweistellige Zahl einfügen) Punkte?!? Und schon ist der Tag im Grunde schon wieder im Arsch. Denn mir wird klar, dass ich mich heute Abend auf ein bisschen in Brühe pürierten Broccoli oder gedünstete grüne Böhnchen beschränken muss, wenn ich auch nur ein kleines Glas trockenen Weißwein zum Feierabend nehmen möchte. Zwar gibt es jede Menge Extrapunkte, aber die brauche ich für das Wochenende und für die Extras. Für einen Abend mit den Mädchen oder für solche Momente, in denen ich einfach nicht zu retten bin außer durch eine große Schüssel Popcorn oder die Hälfte von L.s Pizza. Dann sind da noch die Punkte, die ich mir mit Lilis Hilfe oder beim Joggen dazuverdiene. Aber irgendwie starte ich jede Woche Montag nach dem Wiegen voller Enthusiasmus, und schon Mittwoch habe ich im Grunde genommen die Schnauze voll. Ich weiß, das geht vorbei. Ich weiß, es ist nicht für immer. Ich weiß, ich freue mir einen dritten Eierstock, wenn ich irgendwann wieder in meine dünne Jeans passe. Ich weiß, ich muss nur erst ein Standardrepertoire entwickeln von lauter Gerichten, die nur Miniminipünktchen haben, aber sich trotzdem anfühlen wie echtes Essen, und die ich jederzeit aus dem Ärmel schütteln kann, auch mit der Karte vom Pizzaservice in Reichweite oder mit Zuckerschock vorm Kühlregal. Ich wünsche mir zwei Wochen allein nur mit mir und vielleicht noch L. und dem Hund, ohne Besuch und ohne Verabredungen, und dann sollen alle mal sehen, was für ein WW-Champ ich bin.
Und dabei ist das Programm doch sogar schon für solche wie mich gemacht, die Fresser, die eines Tages im Altersheim kein Foto ihrer Lieben auf dem Nachttisch stehen haben werden, sondern das Bild eines Brathühnchens. Für die unbeherrschten, die ständig denken, sie BRAUCHEN etwas, was sie in Wirklichkeit nur möchten. Wie ist das erst bei anderen Diäten? (Es gab mal einen Freund, der hat unter ziemlich demütigenden Umständen mit mir Schluss gemacht. Dieser Freund hatte damals im Job unter anderem den Auftrag, wöchentlich neue Radiowerbung für eine der ganz, ganz schäbbigen Zeitschriften für dumme ältere Frauen zu machen, die den Schlüssel zur Traumfigur ständig neu entdeckt. Nachdem die ganz schlimme Phase dieser Trennung vorbei war, zauberte mir das jeden Montagmorgen ein strahlendes Lächeln ins Gesicht, wenn zwei fröhliche Radiosprecherinnen sich zujuchzten „Hej! Hast du abgenommen?“ „Ja, du, und supereinfach! Mit der Ananasdiät!“ oder auch, eine Woche später, „Mensch Tina, du siehst ja zum Anbeißen aus!“ „Ja, stell dir vor, das kannst du auch: mit der Mettwurstdiät bzw. den neuen leichten Sommertortenträumen!" usw. Ach, das war schön.)

Ich halte euch auf dem Laufenden über meine Fortschritte.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Die faule Haut

Mir gegenüber sitzt ein Kollege, dessen Frau gestern in zwei Wochen vermutlich ihr erstes Kind bekommt. Vor ein paar Wochen, zwei Wochen vor Anfang Mutterschutz, hatte sie merkwürdige Schmerzen, und ihre Frauenärztin (die zufällig auch meine ist, die, bei der ich damals zu meinem ersten Nicht-Klinik-Schwangeren-Termin angetanzt bin und, tada, eigentlich nicht so schwanger war wie gehofft) hat sie krank geschrieben. Letzte Woche kam dann der bei Baby Walz georderte Kinderwagen und stand einen Tag lang in unserem Büro herum. Ich habe eine alte Bekannte, die mich in den letzten Jahren wiederholt und bestimmt mit Recht angemahnt hat, mich gefälligst mal wieder zu melden, und ich schaffe es nicht, und als ich mich vor ca. zwei Wochen mal aufraffe und gucke, was sie so auf facebook treibt, ist sie schwanger. Meine Cousine ist zum zweiten Mal schwanger. Eine Freundin von L. und mir ist schwanger. Es häuft sich gerade so, dass ich das Gefühl habe, wenn ich jedes Gespräch mit der Frage "Bist du/sie bzw. deine/ihre Freundin schwanger?" eröffnen würde, hätte ich eine Trefferquote von 30%, und ich wohne in einem Stadtteil, wo fast jeder über 60 ist. Ich freu mich für alle. Jetzt kommt kein Aber, ich freue mich. Aber... verdammt, jetzt kommt es doch. Vielleicht können wir es doch noch abbiegen in ein einerseits - andererseits: EINERSEITS freue ich mich für sie alle, bin nicht neidisch und gönne es ihnen, vielleicht ja auch deshalb, weil es da nichts zu gönnen oder zu missgönnen gibt - es ist einfach, wie es ist. ANDERERSEITS habe ich gerade zum ersten Mal seit Beginn dieser langen langen Kinderwunschgeschichte das Gefühl, all die Schwangerschaften und Kinder ziehen einfach an mir vorbei, und ich sitze hier, als hätte ich den Bus verpasst, und jetzt werfe ich einen Blick auf den Fahrplan, um zu sehen, wann der nächste kommt, und... Moment... warte mal... das ist ja doof jetzt, "nie mehr"?
Das Gefühl wird hoffentlich nicht anhalten und sich spätestens mit der ersten weggeworfenen Hormonspritzenampulle, die ich in meinen Badezimmermülleimer werfe, wieder verziehen. Aber ich bin auch gerade zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder dankbar für mein Fusselhirn. Es macht mir oft Kummer, dass ich so zerfahren und zerstreut bin, dass ich morgens nicht mehr weiß, was L. mir zum Einschlafen erzählt hat, dass ich mir auch sonst so wenig merken kann und dass bei mir der Weg von Aufgabe zu Erledigung immer noch über 18 Dörfer führt und ich mindestens in drei geistigen Ausflugslokalen Päuschen machen muss. Aber jetzt bin ich froh, dass ich nicht so irre konzentriert und fokussiert sein kann wie andere. Denn neben diesem Fruchtbarkeits-Mauerblümchen-Gefühl haben ganz viele andere Platz. Ich freue mich auf unsere drei Reisen in den nächsten drei Monaten (leiden auf hohem Niveau nennt man das wohl) nach Kopenhagen, New York und Wien, ich freue mich auf die viele Schreiberei, die ich diesen Winter vorhabe, und ich freue mich darauf, vielleicht mein erstes Weihnachten bei mir zuhause für meine Familie auszurichten. Und trotzdem, manchmal, wenn ich ein bisschen müde bin oder friere, dann fühlt sich dieses ganze Trotzdem Freuen an wie eine Sportart.
Nun sag mal ehrlich, Weight Watchers-bedingter Pasta-Entzug. Da hast doch du deine knochigen Finger im Spiel?

Montag, 17. Oktober 2011

Die schon wieder

Ich habe eine Weile lang überlegt, ob ich dazu überhaupt etwas schreibe. Seitenweise Blog habe ich schon darauf verwendet, darüber zu schwadronieren, wie gerne ich esse, wie wenig ich mich dazu aufraffen kann, mich dabei in irgend einer Weise zu beschränken, und wie sehr mir solche Katastrophen wie 0,1%-Milch und fettfreie Mayonnaise auf die Nerven gehen. Wiederholt habe ich mir auf die Schulter geklopft dafür, dass mich Diäten grundsätzlich mal können. Und jetzt das: seit ein paar Wochen habe ich mich wieder bei den Weight Watchers angemeldet.
Es ist eigentlich niemandem zu erklären. Ich versuche es trotzdem. Dazu brauche ich einen kleinen Umweg. Ich hoffe, ihr könnt mir dabei folgen.
In meinem ohnehin wirren Kopf können jederzeit mehrere Einstellungen zum Thema Essen in engster Nachbarschaft koexistieren. Nicht immer friedlich, aber immerhin ohne eingeschmissene Scheiben und vergiftete Haustiere.

Einstellung 1: Essen ist eine der größten Freuden auf diesem Planeten, und man wäre ein Vollidiot, wenn man sich diesen Spaß selbst verderben würde.
Einstellung 2: Ja, zu fettiges Essen macht nicht nur moppelig, sondern führt auch dazu, dass ich mich nicht besonders gut fühle. Wenn ich zu oft zu viel zu fettig esse, dann schlafe ich schlecht, bin unruhig und müde gleichzeitig und fühle mich insgesamt ziemlich unfit. Das ist kein schönes Gefühl. Aber der Weg, dieses Gefühl zu vermeiden, ist keine Diät, sondern einfach nur das fettige Essen wegzulassen, das mich nicht glücklich macht. Die automatisch reingestopfte Schokolade, der extrem mittelmäßige Kuchen im Büro, den ich nur aus Höflichkeit esse, die blöden Sandwiches im Meeting, die letzten fünf Zentimeter in der Popcorntüte: die müssen nicht sein, die lasse ich weg. Spaghetti mit Venusmuscheln, guter Kuchen, Eis, Fritten mit Mayo nachts um zwei oder auch Sturzbäche von Wein an einem Sommerabend mit Freunden, das muss sein. Und das ist auch nicht Schuld an dem Röllchen auf der Hüfte oder diesem muffigen, überfressenen Gefühl in den Knochen. Also: weitermachen wie bisher, nur das weglassen, was ich eigentlich sowieso nicht essen will - easy popeasy.
Einstellung 3: Eigentlich ist alles gut, so lange ich mich auf die Nahrungsmittel konzentriere, die mir schmecken UND gesund sind. Ich liebe getoastetes Weißbrot, aber Vollkornbrot mag ich auch, also lasse ich das Weißbrot weg. Ich bin verrückt nach Sushi, also gibt es eben das statt Glutamathühnchen der acht Kostbarkeiten. Klingt doch nach einem duften Plan.
Einstellung 4: Große Regionen meines Körpers, die eigentlich IN meiner Hose stecken sollten, ballen sich ÜBER meiner Hose. Es wird Zeit für einen Plan. Wie auch immer dieser Abnehmplan lautet, ich probiere es mal, so lange die Euphorie dafür anhält und ich noch nicht kreischend und um mich tretend aus dem Kühlschrank gezerrt werden muss, in dem ich bis zur Hüfte feststecke auf der Jagd nach einem Rest 60%-Käse.

Einstellungen 1 bis 3 haben dazu geführt, dass ich in den letzten zehn Jahren zehn Kilo zugenommen habe. Ich liebe gutes Essen (sonst hätte ich vermutlich keinen Anlass, über das Thema zu posten, wie ich mich beim Essen beherrschen kann), aber ich würde gerne besser aussehen und mich fitter fühlen. Entsprechend sinkt ihr Status gerade in meinem Fusselhirn, und entsprechend reißt Einstellung 4 gerade die Klappe auf. Ich verspreche, das hier wird nun kein Diätblog, und demnächst übernehmen ja auch wieder die Hormone das Ruder.
Gott, liegt diese fettfreie Broccoli-Suppe vielleicht schwer im Magen.

Reine Routine.

Mein letzter Post war am 6. Oktober, und ich bin kurz davor, mir selbst im dunklen Schlafzimmer aufzulauern, dann das Licht anzuknipsen, mir eine Ohrfeige zu geben und zu brüllen "Wo warst du die ganze Zeit?". Ich war arbeiten, zum Beispiel. Letzte Woche war in großen Teilen geprägt durch das neue Geheimprojekt, ich kann nicht sagen, dass ich jede freie Minute am Rechner verbracht habe, aber ich habe zumindest in jeder freien Minute (und leider auch in vielen nicht freien Minuten) an nichts anderes denken können. Heute sollte ich eigentlich mehr erfahren, habe ich aber nicht. Warten können wir Kinderwunschfrauen ja eigentlich ganz gut, sollte man jedenfalls meinen nach der ganzen Übung, die wir darin haben. Ich fing heute morgen auch stark an: ein Mail-Refresh auf dem Telefon pro Stunde. Gegen Mittag war ich runtergebrochen auf alle 30 Minuten, und bis 18:00 dann auf alle 15 Minuten. Danach war mit keinen weiteren News mehr zu rechnen. Jetzt kann ich über Nacht meine Kräfte sammeln und morgen früh wieder mit 60 Minuten einsteigen.

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Manchmal sind keine Neuigkeiten die besseren Neuigkeiten

ich sage deshalb nichts, weil ich selbst noch nichts weiß. Dienstag habe ich es noch geschafft, nur einmal pro Stunde in die Mailbox meines Telefons zu gucken. Mittwoch war ich schon auf 30 Minuten eingebrochen. Inzwischen bin ich bei 15 Minuten, und heute morgen entfuhr mir ein spitzer Schrei angesichts von irgendwelcher Mailanbieter-Spam à la „Flora Albarelli, jetzt auf Premium-Mail umstellen und Millionen und Abermillionen von Euro sparen!“

Ich muss euch aber warnen. Falls es klappt, kann es gut sein, dass ich trotzdem noch ein Weilchen die Klappe halten muss.
Vermutlich hätte ich das von vornherein tun sollen, aber mach was.

Trotzdem gibt es Neuigkeiten, wenn auch nicht besonders rosige: die miese pickelige Petze HPV ist wieder da. Zwar noch nicht mit voller Kraft, aber trotzdem: zum ersten Mal seit meiner Konisation vor viereinhalb Jahren habe ich einen verdächtigen Abstrich. Ich bin dementsprechend begeistert. Im Dezember muss ich wieder hin. Meine Ärztin sagte, das könnte auch gut an meinen achtwöchigen Dauerzwischenblutungen (Zwischen was eigentlich?) liegen, und nachdem die jetzt dank Maxim verschwunden sind, kann sich der Wert bis dahin gut wieder entspannen.

Der mieseste Moment gestern im Zusammenhang damit war der, als ich es L. sagen musste. In solchen Momenten fühle ich mich immer doppelt und dreifach als Mogelpackung. Der arme Schatz, er könnte mit einer anderen längst drei, fünf, zwanzig Kinder haben, und dann komme ich alle paar Monate, stelle mich vor ihn hin, steige von einem Fuß auf den anderen, druckse ein bisschen herum und habe wieder mal dufte Neuigkeiten. Er kann nichts dafür, er hat nie auch nur ein Fünkchen zu diesem Gefühl beigetragen, aber es nimmt ihn manchmal fast mehr mit als mich. Was mich in klamme Unruhe versetzt, haut ihn um. Er warf sich aufs Sofa und sagte „das wird nie was mit den Kindern. Nie.“ Sofort versuchte ich, gegenzusteuern und ihm zu erklären, dass das alles nicht so schlimm sein muss, wie er jetzt denkt – da hatte er schon einen Plan, wie wir für mich aus den nächsten Monaten einen stressfreien Erholungsurlaub ohne scharfe Kanten machen. Wir haben dann den Ofen angemacht, ein Glas Rotwein getrunken, waren mit dem Hund Kastanien werfen, haben noch ein Glas Rotwein getrunken, und dann habe ich erstaunlicherweise acht Stunden seelenruhig geschlafen. Und heute ist schon wieder die fünfminütliche Mailabfrage auf der Prioritätenliste nach oben gewandert.
Abkürzungsdamen, drückt mir die Daumen, dass wir die Petze bis Dezember vergrault haben. HPV ist mir gerade eine Abkürzung zu viel. Man hört sich ja schon an wie die Jungs damals, während sie beim Bund waren - Wenn man die dann am Wochenende irgendwo traf, ratterte und knatterte es nur so vor lauter Abkürzungen, die kein Mensch versteht. So möchte ich mich nicht anhören.

Und wehe, eine kommt mir jetzt mit Homöopathie oder Reiki. Wir stellen uns einfach vor, ihr hättet mir jetzt zwanzig gute Tipps gegeben, und ich hätte gesagt, danke schön, lieb gemeint, aber nichts für mich. Und dann überspringen wir diese Phase. Wär das was?

Sonntag, 2. Oktober 2011

Gähn, ächz, gibt es etwas Langweiligeres als Leute, die von ihrer Schreibblockade schreiben?

Zurück von einem Spaziergang mit Lili durchs Moor, es war so unglaublich schön da draußen und das Wasser so dunkel und still, dass ich gerne hinterhergesprungen wäre in den See, als sie den Enten nachgeschwommen ist. Sie hat noch nie eine erwischt und wird auch hoffentlich nie eine erwischen, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Und jetzt sitze ich hier mit drei Stunden Zeit und weiß nicht, lege ich noch mal nach? Schreibe ich noch einen zweiten Text? Oder lasse ich es bei dem ersten, weil souveräner? Aber was, wenn der nun mal nicht besonders ist, und das war es mit meiner dicken Chance? Ich habe eine echte "bestimmt ne fünf geschrieben"-Krise. Morgen ist auch noch ein freier Tag, und ich habe einen noch nicht aufgeknusperten Krimi, und überhaupt, es ist zum Auswachsen.
Vor vielen, vielen Jahren habe ich über Nacht beschlossen, dass ich jetzt Werbetexterin werde. Zum Teil war das bestimmt eine Flucht aus der verhassten Uni und dem noch mehr verhassten Schnarch-Unistädtchen, aber zum größeren Teil war das eben so ein Fall von "plötzlich weiß ich, was ich will", und wenn man so einen Moment hat, ist keine Zeit zu verlieren. Der normale Weg, Texter zu werden, ist ein Praktikum, und ein Praktikum in einer guten Agentur bekommt man, indem man vorher in einer nicht ganz so guten Agentur ein Praktikum gemacht hat, oder indem man einen Copytest macht. Den lädt man sich aus dem Internet runter (ja, auch damals schon) und denkt sich zu den ca. zehn Aufgaben, die möglichst dem entsprechen sollten, was der Job später verlangt, etwas möglichst Schlaues aus. Weil niemand weiß, wann man sich die Aufgaben runtergeladen hat, wird einem auch niemand mit der Stoppuhr im Genick stehen (anders als später in der Agentur), und es liegt an einem selbst, wann man beschließt, dass es nun gut genug ist und besser nicht wird. Ein Albtraum für jemanden wie mich. Eine Idee, die mir heute noch gefällt, finde ich in zwei Stunden lahm und abgedroschen. Ich hätte niemals irgend einen dieser Tests abschicken können, allein schon deshalb, weil immer die Chance bestanden hätte, morgen eine bessere Idee zu haben. Hätte ich nicht irgendwann vom Werbekongress gehört, einer Rekrutierungsveranstaltung für Jungs und Mädchen, denen wirklich nichts Besseres einfällt, als Werbefifis zu werden, dann würde ich jetzt noch in meinem WG-Zimmer sitzen und mir die Haare raufen. Auch zum Werbekongress gab es einen Copytest, diesmal zum Glück mit einer Deadline. Gott schütze und bewahre Deadlines! Ohne sie, das hab ich glaube ich schon mal geschrieben, wäre ich nicht lebensfähig. Ich grübelte, füllte den Test aus, schickte ihn ab und bekam einen Platz. Und an einem Wochenende im Mai stand ich an dem Stand meiner aller-aller-Lieblings-Agentur, trat von einem Fuß auf den anderen und überlegte, wie ich die dazu kriegen würde, sich nicht nur höflich interessiert zu geben und mich dann zum Teufel zu jagen, und da kam mir die Eingebung: ich würde mir den Kongress-Copytest geben lassen und als Stunt innerhalb einer Stunde ausfüllen. Damit würde ich mir nicht nur eine wochen- wenn nicht monatelange Nervenkrise ersparen, sondern es wäre auch fast schon egal, wie gut meine Antworten waren. Die Personaltante am Stand guckte mich mehr als skeptisch an, aber ich war mir sicher, so und nicht anders würde das was werden. Vollkommen overdressed (Faltenrock aus Seide, High Heels aus Schlangenleder, spießiges Blüschen inmitten dieser ganzen Werbe-Kapuzenpulli-Gang) stand ich mit einem Kuli der Berliner Sparkasse an einem Stehtisch und schrieb wie besengt. Und es hat geklappt. Zwei Monate später fuhr ich mit dem Twingo meiner Mutter nach Hamburg, und da bin ich seitdem geblieben. Irgendwann vier Jahre später habe ich meinen alten Copytest mal wieder gesehen und mich gegruselt: das war alles grauenvoll, und niemals hätte ich das so abgegeben, wenn ich genügend Zeit gehabt hätte. Aber dank meiner selbstgebastelten Deadline hatte ich doch, und es hatte funktioniert.

Ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher, als keine Zeit zu haben. Ich würde gerne unter Aufsicht einer Prüfungskommission an einem Tisch in einem leeren Hörsaal sitzen und mit einem Sparkasse-Kuli einen Stapel weiße Seiten vollschmieren. Aber ich habe Zeit. Also mache ich wohl das, was ich in solchen Fällen immer tue: ich grusele mich die nächsten ca. 28 Stunden lang, und dann lege ich los, kalten Schweiß auf der Stirn.

(Sollte dieses Traumprojekt tatsächlich etwas werden, dann kommt das übrigens jeden Monat auf mich zu. Das Perverse ist, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen. Ächz.)

Samstag, 1. Oktober 2011

Glaubt mir, ich platze vor Mitteilungsbedürfnis

Jaja, ich weiß, immer dieses geheimnisvolle Getue, und dann hüllt die feine Madame sich wieder tagelang in Schweigen, und nüschte kommt. Vermutlich hätte ich einfach die Klappe halten sollen. Ziemlich sicher sogar. Aber Klappe halten war noch nie meine Stärke.
Es tut mir herzlich leid, ich kann euch nicht erzählen, was ich gerade ausbrüte. Vielleicht tröstet es euch ja ein bisschen, dass ich im Moment ungefähr tausendmal mehr auf die Folter gespannt werde als ihr alle. Es geht wieder mal um ein Schreibprojekt, diesmal aber eins, das überhaupt nichts mit Kindern, dem Wunsch danach oder den Gründen, warum sie nicht kommen wollen, zu tun hat. Aber auch wirklich gar nichts. Ob es etwas wird oder nicht, weiß ich noch nicht. Ich habe meinen Text geschrieben, achtzigmal gegengelesen, L. hat auch seinen Senf dazugeben, und jetzt ist er in der Mailbox einer Dame, die darüber zu entscheiden hat, ob ihr das gut genug gefällt. Und jetzt ist Wochenende. Sogar langes Wochenende. Und ich werde wohl vor Dienstag nichts hören, vielleicht sogar erst noch später. Bis dahin bin ich inwändig ausnahmsweise nicht mit Zysten und Verwachsungen gefüllt, sondern mit Wespen, Hornissen und Heuschrecken. Zum Glück sind keine Beruhigungsmittel im Haus (mal abgesehen von einer fünf Jahre alten Flasche Hustentropfen mit Codein), so bleibt mir nur, ein ums andere Mal um den Block zu rennen und den Abwasch zu machen, um nicht vollkommen durchzudrehen. (Ich habe sogar bei Budni einen Raumbedufter mit der Duftnote "Zen-Instant Calm" gekauft. Das war noch nie.) Und ich frage mich wieder mal, ob dieses Abi-Gefühl eigentlich wirklich jemals vorbei ist? Wie wäre das, ein Leben zu führen, in dem man niemals darauf hoffen muss, dass irgend etwas gut genug ist, was man getan hat? Ich habe das schon in meinem normalen Job an jedem Arbeitstag drei mal, ich stecke mein ganzes Herzblut und allen Saft, der in meinem Hirn steckt, in ein paar Zeilen auf einem weißen Bildschirm, dann ziehe ich eine oder zwei Seiten aus einem Drucker und gehe in ein Büro, wo jemand sitzt, der das gut finden muss. Bitte. Und wenn der das gut findet, ist die Prüfung noch längst nicht vorbei, sondern dann kommt irgend ein Kunde, der hoffentlich bei Trost ist. Und ich sitze da und bin immer noch manchmal ein bisschen aufgeregt. Aufgeregt genug jedenfalls, um ab und zu vollkommen automatisch an die Kaffeemaschine zu laufen und mir einen Kaffee zu holen, obwohl das zumindest das Aufregungs-Problem eher verschlimmert, oder mir Süßigkeiten aus der Süßigkeitenschublade zu holen, die mir eigentlich noch nicht mal schmecken. Diesen Zustand jetzt könnte allerdings kein Gang zur Kaffeemaschine mildern, und ich bräuchte schon einen Süßigkeitenschrank, was sage ich, eine Süßigkeitenschrankwand.

Statt Schokolade zu fressen, schreibe ich euch lieber von meinem Gynäkologenbesuch am Montag. (Ja, der Montag vor fünf Tagen. Und ich habe eine Entschuldigung: erst war da der Job, dann Migräne, dann wieder der Job, dann das Superdupergeheimprojekt. Man kommt zu nichts hier.) Ich habe meiner Gynäkologin von meinen inzwischen seit ca. sieben Wochen anhaltenden Zwischenblutungen erzählt und auch von deiner, liebe fremde Kommentatorin, Theorie, dass das an der zu schwachen Pille liegt. Und sie nickte sofort, begeistert über meinen Grad an Informiertheit, und verschrieb mir eine andere Pille. Noch am Montag habe ich die Pille abgesetzt, so dass ich jetzt seit Tagen etwas habe, das meinen Zwischenblutungen hämisch ins Gesicht lacht: gefühlt verliere ich täglich einen halben Liter Blut und krümme mich ziemlich theatralisch. Aber es gibt Ibuprofen, und das geht vorbei, spätestens, wenn ich übermorgen die erste Maxim (baugleich mit Valette, die meine Klinik mir aus Gründen nicht mehr verschreibt, an die ich mich nicht erinnere) schlucke. Dann würden eigentlich drei Wochen Maxim folgen und dann der nächste Versuch. Nur, tada: ich habe nachgerechnet, und wieder mal kommt es nicht hin, denn das würde bedeuten, dass die Punktion und vermutlich auch die Rückübertragung in den Zeitraum fallen, wenn wir unseren vom Hurricane verwehten New York-Urlaub nachholen wollen. Ich werde also erst Ende November/Anfang Dezember wieder spannende, hormongeladene Action vermelden können. Und die nächste Rübe in meinem Bauch wird dann eben ein hoffentlich langes und gesundes Leben lang im September Geburtstag haben. Mit Glück immer an so goldgrünen, knallblauen und großartigen Tagen wie denen, die hier gerade vor meinem Fenster zu bewundern sind.

Donnerstag, 22. September 2011

Das wird auch alles immer oberflächlicher und kommerzieller

Heute war ein guter Tag für Entscheidungen. Das hab ich schon beim Aufwachen gespürt. Und deshalb war ich heute zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen in einem Fitnessstudio, in das ich vielleicht - ganz vielleicht - eintreten könnte. Insgesamt gibt es drei davon in meinem kleinen, leider extrem dezentral gelegenen Stadtteil. (So dezentral, dass facebook mich demütigt, indem es behauptet, ich würde "in der Nähe von Hamburg" wohnen. Was fällt denen ein?) Studio Nr.1 kommt nicht in Frage, dazu musste ich noch nicht mal mehr als einen kurzen Blick auf die Homepage werfen. In Studio 1 gibt es wöchentlich gerade mal sieben Kurse, die alle entweder mit Rücken oder Bauch zu tun haben, und ich will Pilates, Yoga und Sauna. Für einen insgesamt mehr als schäbigen Eindruck und ein nicht vorhandenes Angebot will dieses Studio trotzdem monatlich ca. 60 Euro. Die sie von mir nicht kriegen. In Studio zwei war ich sogar mal Mitglied, für zehn Minuten: der Gästebetreuer, nennen wir ihn Mario, wollte mich keinen Blick auf den Spabereich werfen lassen. Also habe ich zu ihm gesagt: lieber Mario, der Spabereich ist mir extrem wichtig, und wenn er mir nicht gefällt, bin ich hier schneller wieder ausgetreten, als du gucken kannst. Siegessicher winkte er ab. Ich habe unterschrieben, mich umgezogen, und fünf Minuten später bin ich auf meinen Badeschlappen schlapp-schlapp erst drei Meter weit in den Spabereich rein- und sofort wieder rausgeschlappt und habe Mario gezeigt, dass ich normalerweise zu meinem Wort stehe. Es war dreckig. Man stand in den langen, zu dicken buschigen Gebilden zusammengeknüllten Haaren fremder Frauen, und zwar überall, unter der Dusche, im Ruheraum (fensterlos und ca. 15 Grad kalt) und zwischen den zwei-drei Saunen (abblätternde Farbe, moderndes Holz, herumstehendes Putzzeug, Bodyshop-artiger Kinderparfum-Geruch). Seitdem hat Mario mich noch drei mal angerufen, um zu fragen, ob wir uns nicht irgendwie entgegen kommen können. Das ist sein Job, der Ärmste. Heute war ich in Studio Nr. 3. Und alles war eigentlich gut. Es war sauber, blitzsauber sogar, frei von Zuhältern auf Brautschau, es gab genug Geräte, einen großen und einen kleinen Pool, und der Kursplan sah so aus, als könnte ich an jedem beliebigen Tag zu jeder beliebigen Zeit da reinkommen und innerhalb von 60 Minuten in einem Kurs stehen, der mir gefällt. Und das alles ungefähr zwanzig Fahrradminuten von zuhause entfernt. Überall waren alte Leute, die sich bei der Wassergymnastik zu Tom Jones und "Mendocino" hörbar prächtig amüsierten. (Eine hohe Alte-Leute-Dichte ist für mich immer ein gutes Zeichen in einem Fitness-Studio.) Ich war angetan. Gästebetreuer Marco rieb sich schon die Hände.
Ich bin trotzdem nicht eingetreten. Ich kann nicht anders. Ich bin vollkommen verdorben. Ich war drei Jahre lang Mitglied in Hamburgs schönstem Fitnessstudio, und jetzt kriege ich das nicht mehr aus dem System. Ich habe mich zu sehr gewöhnt an Mitarbeiter ohne Klebenägel, an frische Blumen und dunkles Holz überall, an Tageslicht und gute Gerüche und Platz für alle, an einen Ruheraum, in dem man nicht auf Plastikpolstern liegt und selbst bestimmen kann, ob man die Füße hoch möchte oder nicht, an schöne Aufgüsse, an Obstteller in der Sauna, an einen Außenbereich, in dem man sich nicht fühlt wie in der Raucherzone eines Autobahnhotels, an echte Pflanzen und echte Teiche mit echten Fischen, an Duschgelspender, aus denen kein WC-Reiniger-artiges Zeug kommt, und an Gästebetreuer, die einen nicht auf dem Handy anrufen, sondern mich in Ruhe lassen, bis ich was von ihnen will. Und das gibt es für nur zehn Euro mehr pro Monat als Studio 3. Ich fühle mich als Snob, und leider bin ich so erzogen worden, dass man kein Snob sein soll. Aber ich kann's nun nicht mehr ändern. Lieber Mario, lieber Marco, es tut mir leid. Es ist nicht eure Schuld.

("Hat die eigentlich sonst keine Sorgen?" Nee, heute hat die sonst keine Sorgen. Heute ist ein sehr guter Tag. Aber das erklär ich euch später, versprochen.)

(NEIN, verdammte Axt, ich bin NICHT schwanger!)

Donnerstag, 15. September 2011

Und puh,

nun habe ich das Haarefärbethema hinter mir, wenn ich sehr, sehr demnächst bestimmt schwanger sein werde.

Mit 38 ist ein bisschen spät.

Heute, auf der Liege einer Kosmetikerin, bei der ich schon viel zu lange nicht mehr war, habe ich die frischen Düfte der Naturkosmetik eingeatmet, mich so gut entspannt, wie man es nur kann, wenn man gleich nach der Behandlung nicht nur zurück an den Schreibtisch muss, sondern im Grunde genommen auch während der Behandlung am Besten mindestens fünf gute Ideen hätte, um im Nachmittagsmeeting nicht wie ein Volldepp dazustehen, die Spinnweben an der Decke nach besten Kräften ignoriert und mich den zarten Händen der Kosmetikerin überlassen, als ich aus einer Laune heraus zu ihr gesagt habe, sie kann mir ruhig auch noch die Wimpern färben. Dunkelbraun.

Lacht mich nicht aus. Ich weiß seit ca. 20 Jahren, dass es das gibt, obwohl ich vom Dorf komme. Aber erst heute ist mir eingefallen, dass das etwas sein könnte, das für mich in Frage kommt. Ich habe mir noch nie im Leben die Haare gefärbt, egal welche.

Zwanzig Jahre mit klumpenden, schmierenden, vertrockneten, zu flüssigen, wahlweise Hildegard Kneef- oder Kaninchenaugen machenden Wimperntuschen jeder Preisklasse und Machart. Ich sage nicht, dass ich nie wieder mit karpfenhaft aufgesperrtem Mund vor einem Spiegel stehen und mir schwarzen Kleister in die Wimpern kämmen werde. Aber das... das ist ja wie die hübsche kleine Schwester einer Augenlaser-OP: man wacht auf und sieht zwar noch nicht perfekt, aber hat immerhin hübsch dunkel umrahmte Augen? Ich bin begeistert. Und das für den Preis eines Maybelline-Produktes.

Dienstag, 13. September 2011

Ich bin Charlotte Roche sehr dankbar, dass ich nun keine Angst vor Krebs haben muss

Vorletzte Nacht habe ich geträumt, ich hätte mir das neue Buch von Charlotte Roche gekauft und würde es jetzt lesen. So viel zum Thema „Träume – Botschaften aus der Zukunft“: niemals, nie nie niiiiemals, werde ich mir dieses Buch kaufen, schon gar nicht nach dem peinlichen Interview im Zeit-Magazin. (Aus der Erinnerung und deshalb mit Sicherheit falsch zitiert: „Ich finde mich nicht besonders attraktiv.“ „Mensch Charlotte, du bist echt eine voll schöne Frau!“ „Nee, meinste? Du aber auch!“ usw.) Außerdem hat sie da gesagt, dass sie Frauen hasst, die laufen und Yoga betreiben, um hübscher auszusehen, und damit bin ja dann wohl auch ich gemeint, und ich will mich nicht aufdrängen. Schließlich habe ich auch meinen Stolz, auch wenn es nicht immer den Anschein hat.

Jedenfalls, ich habe geträumt, ich würde die Schoßgebete kaufen, und ich werde sie nicht kaufen, also wird dieser Traum nicht wahr. Und deshalb kann ich mich entspannen, wenn ich daran denke, dass ich letzte Nacht irgendwann zwischen zwei und vier geträumt habe, ich würde nicht nur kein Kind bekommen, sondern auch noch Krebs, wofür meine jetzt schon fast sechs Wochen anhaltenden Schmierblutungen – laut Klinik harmlos – ein sicheres Zeichen wären.

Übrigens: ich kann zwar nicht sagen, dass ich das hasse – Hass wäre ein bisschen zu dolle - , aber ich MAG es jedenfalls nicht besonders, wenn längst erwachsene Frauen immer noch dauernd den gleichen Blödsinn reden wie hübsche und nicht ganz doofe, aber auch nicht besonders schlaue Studentinnen beim ersten Date.

Dienstag, 6. September 2011

An eurer Stelle würde ich diesen Blog nicht abonnieren.

Ich weiß es nicht genau, denn ich lese zwar viele Blogs, aber keinen habe ich abonniert. Aber ich habe das dumpfe Gefühl, jedes Mal, wenn ich einen Post poste, hinterher noch mal lese und ein Fehlerchen entdecke, das korrigiere und das Ganze noch mal poste, bekommen die Abonnentinnen Post. Und weil das Eingabefenster für neue Posts extrem lese-unfreundlich ist, kommt es vor - wie beim letzten Post z.B. - dass ich am Ende den Post fünf mal poste, weil ich noch fünf Stellen entdecke, die nicht so sind, wie ich sie gerne hätte. So dass die Abonnentinnen dann fünf Emails innerhalb von zwei Minuten bekommen. Ich bin mir sicher, das nervt. Darum würde ich diesen Blog nicht abonnieren. Eine andere Lösung fällt mir nicht ein.

Frau beißt Hund

Lange gab es keinen L., sondern stattdessen irgendwelche Ms, M2s, M3s oder andere Typen, für die ich mir noch nicht mal die Mühe machen würde, eine Phantasieabkürzung zu erfinden. Es gab auch zwischen all den Typen und Abkürzungen durchaus öfter mal gar niemanden. Ziemlich lange sogar, bevor L. kam, war ich konservativ gerechnet vier Jahre lang Single, und liberal gerechnet dreidreiviertel Jahre mit kurzen Unterbrechungen. Ich bin glücklich, dass ich L. getroffen habe. Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich.
Aber ohne hatte auch seine Vorzüge. Ich bilde mir ein, das Leben war damals einfacher.
Das hier soll niemand falsch verstehen, schon gar nicht L. Sollte er ausgerechnet diesen Post ausnahmsweise lesen (was er jederzeit kann, aber eigentlich nie tut), dann soll er bitte schnell zu mir kommen und mich fragen, was es damit auf sich hat. Ich würde ihm dann sagen, dass ich ihn sehr liebe und jeden Tag dankbar bin, neben ihm aufzuwachen und neben ihm einzuschlafen. Aber dass es nicht die Sehnsucht nach männlicher Gesellschaft war, die mich zu ihm gezogen hat. Ich wollte L., obwohl das hieß, nicht mehr allein zu sein. Und ich hoffe schwer, er versteht das als Kompliment, denn so ist es gemeint. Ich weiß, dass ich eigentlich im tiefsten Inneren ein Eigenbrötler bin. Denn in der Zeit zwischen Aufwachen und Einschlafen habe ich Pläne, und die meisten davon haben nur mit mir ganz allein zu tun. Ich sitze zum Beispiel gerne an meinem Rechner und schreibe. Nur ich allein, die Tastatur und der weiße Bildschirm. Manchmal schreibe ich auch nicht, sondern gucke mir Sachen an, die ich früher geschrieben habe, und wurste daran herum. Das Ergebnis ist meistens, dass ich am Ende alles lösche. Manchmal höre ich Musik. Oder ich lese. Auch, wenn ich arbeiten gehe, bin ich zumindest innerlich für mich. Offiziell besteht mein Job aus Aufgaben, die man zu zweit - im Team - löst. Ich mag meinen Teampartner, genau wie seine beiden Vorgänger. Ich unterhalte mich gerne mit ihm, gehe mit ihm in die Mittagspause, und es gibt auch diese seltenen Momente, wo ich rauskomme aus meiner Kopfeinsamkeit und wir tatsächlich und wahrhaftig etwas zusammen erarbeiten. Meistens ist es aber anders, und genau wie nach Feierabend sitze ich vor einem weißen Bildschirm und hacke ihn allein mit schwarzen Buchstaben voll. (Ich muss zugeben, dass das auch oft nicht an mir liegt, sondern daran, dass wir von vornherein unterschiedliche Dinge zu tun haben. Aber eben nicht immer.) Wundert es irgendwen, dass ich mich auch beim Sport nicht spontan dafür entschieden habe, in eine Basketballmannschaft einzutreten? (Gut für die Basketballmannschaft.) Stattdessen renne ich gerne mutterseelenallein durch die Kleingärten, durch das Moor oder durch den Wald. Laufgemeinschaft? Kommt nicht in Frage. Ich habe es schon als Kind gemocht, wenn meine Eltern samt Geschwistern mal weg waren und ich für ein paar Stunden allein war. Nicht, um Dinge zu tun, die ich unter Aufsicht nicht darf - einfach so. Mit jedem Jahr, das seitdem vergangen ist, ist mir Alleinsein wichtiger geworden.
Ich habe manchmal ein schlechtes Gewissen, weil ich dauernd andere so ausgrenze oder am langen Arm verhungern lasse. Mein Teampartner erzählt mir etwas, das ihm offensichtlich wichtig ist, und ich sitze da, zum einen Ohr rein, zum anderen raus, nicke und mache "Mhm" und hacke weiter. Im Urlaub mit den Mädchen bin ich die, die sich als einzige in den Schatten legt und jeden Tag 200 Seiten einer Heldenschwarte hinter sich bringt. L. geht zum Training, und ich hüpfe auf und ab und werfe seinem Rücken Kusshände zu. Ich frage mich, was bin ich denn für eine? Was stimmt nicht mit mir? Ist das Egoismus? Egozentrik? Bin ich zu schüchtern für Gesellschaft? Oder zu faul, mich mit dem auseinander zu setzen, was andere wollen, finden und fühlen? Habe ich meine Freunde und L. am Ende gar nicht verdient?
Ich will nicht immer allein sein. Ich würde mich nie für ein Leben als Einsiedlerin entscheiden. Ich will immer die Wahl haben. Aber wenn ich sie habe, bin ich im Zweifel gerne allein.
Ich hab das Riesenglück, dass L. auch gerne allein ist. Wir sind beide glücklich, uns und genau uns zu haben, und nicht Gesellschaft. Und seit dem Umzug haben wir auch noch genug Platz, in Gesellschaft und trotzdem allein zu sein. Das heißt, es können Stunden vergehen, in denen ich im Arbeitszimmer bin und L. unterm Dach. Oder ich im Wintergarten und L. in seinem Arbeitszimmer. Oder L. im Schlafzimmer und ich in der Küche. Oder ich beschäftigt mit irgendwelchen Nerd-Dingen auf der Wii, und L. sägt und gräbt im Garten. Das ist großartig. Und dann kommen solche Momente, meistens weit ab von Hormonzyklen oder sonstigen Drüsenereignissen, in denen ich mir vor den Kopf haue und mich frage: was soll das eigentlich, wir und ein Kind? Weniger allein geht doch kaum! Und die Wahl hätte ich auch nie wieder! Ich schlendere mit L. durch Kopenhagen, der Hund ist sicher in der Hundepension in der Heide verstaut, und wir haben keine Sorge auf der Welt. Wir schmieden Pläne für Dinge, die wir irgendwann demnächst tun wollen, und ob wir das alles machen oder nicht, hängt nur davon ab, ob wir uns dafür entscheiden oder nicht. Zurück in Hamburg puzzeln wir im Haus herum, und ich hacke kleine schwarze Zeichen in meine Tastatur. Heute war mein größtes Problem, dass ich Lust auf Hühnchenflügel zum Abendessen hatte, aber wir uns geschworen haben, zuhause nur noch Biofleisch zu essen, dass aber gleichzeitig in keinem Supermarkt in der Nähe Biohühnerflügel zu kriegen sind, so dass ich jetzt leider nicht das Abendessen bekomme, das mir jetzt seit 24 Stunden im Hirn herumspukt. Mein zweitgrößtes Problem in den letzten 24 Stunden war, dass die Waschmaschine irgendwo mitten im Waschgang einfach aufgehört hat zu Waschen und neugestartet werden musste, so dass ich jetzt erst so gegen elf mit einem frisch bezogenen Bett rechnen kann und im Moment deshalb auf dem Sofa sitze statt im Bett. Das ist mein Leben gerade, und ich mag es so. Wir zwei, unser Alltag und unser Wochenende und unser Urlaub, der Hund und die Erde, die er ins Haus trägt, gelbe Zettel in meinen Kochbüchern, einmal in der Woche ein Paket von Amazon, und alle paar Wochen sehe ich die Mädchen (die einige der wenigen Menschen sind, die ich gerne öfter um mich hätte) und rauche ausnahmsweise. Jeden zweiten Tag gehe ich laufen, und wenn L. zum Training fährt abends, dann bin ich glücklich über zwei-drei Stunden allein mit Lili und meinem Rechner, und wenn er wiederkommt, bin ich glücklich, dass er wieder da ist.
Wo, wann und vor allem warum hab ich mir diesen Kinderwunsch zugelegt?
Das Problem ist, scheinbar hat der Kinderwunsch sich mich zugelegt. Ich habe das dumpfe Gefühl, ich hatte da gar nichts mitzureden. Oder warum sollte er sich sonst so festgebissen haben und einfach nicht wieder loslassen? Schöner Mist.

Montag, 5. September 2011

Denkt bloß nicht, ich liege auf der faulen Haut.

Wir waren in Kopenhagen, wo ich gerne immer noch wäre, aber weil das wohl nicht geht, tröste ich mich so lange mit Pläneschmieden für das Smørrebrød-Restaurant Røm tøm tøm tøm, das wir mit Sicherheit demnächst in Hamburg eröffnen. Ehrlich, Hering und Schnaps, wie kann das kein Erfolg werden? Gerade habe ich die schlimmsten und mittelschlimmsten Stellen unserer Türen und Fenster gestrichen, damit wir demnächst, wenn wir das Ganze ernsthaft angehen, nicht mehr so viel zu tun haben. (Die Chancen stehen nicht schlecht, dass es jetzt, wo die schlimmsten Stellen verschwunden sind und es nicht mehr ganz so ausgebombt aussieht, erst mal wieder Jahre dauert, bis wir einen Pinsel zur Hand nehmen. Aber gut.) Ich habe einen täglich wachsenden Stapel großartiger Bücher auf dem Nachttisch, die sogar so großartig sind, dass mir jedes Wort, was ich schreibe, so dermaßen sinnlos und blöde erscheint, dass es ein Wunder ist, wenn ich mich überhaupt noch traue zu posten. Ich war heute schon drei mal einkaufen, zwei mal ausführlich mit Lili, die seit gestern aus der Hundepension zurück ist und merken soll, dass es hier auch schön ist, ich regele meinen Finanzmist und habe endlich den Zeitungsartikel nicht nur abgeschickt, sondern auch noch nach Wunsch überarbeitet. Ich habe ein Beet angelegt, zwei mal den Rasen gemäht, und von all dem Wäsche waschen, Wäsche bügeln, Geschirr waschen und Geschirr schmutzig machen will ich gar nicht sprechen. Ich war im Kino (Woody Allen soll bitte ewig leben, geht das?) und bei einem Italiener, dem ich jetzt seit meinem ersten Tag in Hamburg treu war und zu dem ich nach diesem Besuch wirklich nie, nie wieder gehen werde. Wieso habe ich mich so lange gegen die Einsicht gesträubt, dass das Essen da nicht nur lieblos und schlecht ist, sondern auch phantastisch überteuert? Dass die anderen Gäste da immer und immer schrecklicher werden? Dass es wirklich keinen Grund gibt, mein mit irgendwelchen Sexartikeln extrem anstrengend und schweißtreibend verdientes Geld denen in die gierigen Rachen zu werfen? So ist das wohl mit mir, ich lasse alles mit mir machen, bis ich dann eines Tages die Schnauze voll habe, und dann brauche ich auch nicht mehr anfangen, mich zu beschweren, sondern gehe einfach pfeifend weg.

Und dann ist da noch das Spritzen- bzw. Pillenthema. Seit einigen Wochen habe ich das dumpfe Gefühl, dass etwas in meinem Bauch nicht stimmt. Meine Klinikärztin meinte, alles gut. Also könnte ich HEUTE die Pille weglassen, mich auf meine Periode so ca. ab Freitag einstellen und dann am Montag mein Spritzenrezept in der Klinik abholen. Aber. Ich glaube nicht, dass das schon zu einem normalen, wenn auch spritzenbefeuerten Zyklus taugen würde. Bis vor zehn Tagen hatte ich noch täglich Schmierblutungen. Das wird doch nichts, mal ehrlich? Da muss ich doch auch nicht für mehrere tausend Euro Hormone und Eingriffe hinterherschmeißen? Am 29. September habe ich einen Termin bei meiner normalen Gynäkologin. Und wenn da alles gut war, dann ist der 28. der letzte Tag, an dem ich noch die Pille schlucke.
Ach, ärgs. So blöd sich das anhört, ich würde mir gerne schon seit zehn Tagen dicke, stachelige Hormonspritzen in den Bauch geben. Aber ich hätte gerne dieses Mal ein ungetrübt gutes Gefühl. Ein wirklich, wirklich gutes Gefühl. Und das habe ich im Moment nicht. Könnt ihr das verstehen?

Montag, 29. August 2011

Panik kann ich auch ohne Hormone

Es ist wieder mal so weit. Ich sitze zuhause und gehe die Wände hoch, weil ich einen Zeitschriftenartikel schreiben soll. Das Thema ist toll, wenn auch ein bisschen intim, aber wozu gibt es Pseudonyme? Und würde ich zu diesem Thema posten mit den gleichen Vorgaben - ungefähr 6000 Zeichen, wenn es läuft, auch gerne mehr, und auch Experten darf ich zitieren, muss ich aber nicht, mit anderen Worten, "mach einfach, Mädchen" - dann wäre dieser Post in einer Dreiviertelstunde fertig, und vermutlich wäre ich zufrieden damit. Aber das hier ist kein Post, sondern ein Artikel, der wird gedruckt, und auch Menschen, die diesen Blog nicht lesen (und damit nicht von vornherein milde und freundlich gegen mein Geschwafel eingestellt sind), werden über ihn stolpern, falls sie Haare und damit Friseurtermine, Zähne und damit Zahnarzttermine oder ein Gehirn und damit ab und zu Langeweile haben. Langeweile ist zumindest bei mir oft der Grund, mir bunte Zeitschriften in den Einkaufswagen zu laden. Und es wäre schön, wenn mein Artikel dazu beiträgt, diese Langeweile wenigstens für 6000 Zeichen (oder mehr, wenn's läuft) zu vertreiben. Aber bisher erreicht er noch nicht mal das. Bisher ist er ein Steinbruch aus Ideen, Gedanken, vernünftigen Erkenntnissen und Gefasel rund um das angepeilte Thema. Seit Tagen geht das jetzt so. Hurricane Irene hat mir nicht nur meinen Urlaub, sondern auch meine Deadline weggenommen: eigentlich hätte ich Samstag mittag fertig werden und abgeben sollen, denn die Vorgabe lautet, bis Ende August. Jetzt ist immer noch August, und ich bin immer noch hier. Nur der Artikel, der ist noch weit entfernt.

Irgendwie hatte ich mir das einfacher vorgestellt, dieses Carrie-Bradshaw-Leben. Vielleicht muss ich mich auch erst dran gewöhnen. Das war beim Texten genau so am Anfang, mit jedem Auftrag bin ich schlotternd an meinen Schreibtisch geschlichen und dachte, Hilfe, dazu fällt mir niemals etwas ein, und dann merken die, dass ich eigentlich überhaupt kein Recht habe, hier zu arbeiten. Dann fiel mir doch was ein, und nächstes Mal wieder, und irgendwann entspannt man sich. Von diesem Punkt bin ich im Moment noch ca. achtzig Zeitschriftenartikel entfernt. Und wenn ich hier so weiterstammele und nicht endlich zu Potte komme, dann wird es niemals zu achtzig weiteren Artikeln kommen. Auch nicht einfacher wird es durch solche Einwürfe aus L.s Sofaecke wie "Komm schon, das wolltest du doch immer machen, davon erzählst du jetzt seit Jahren!" Ja, genau. Das wird das Richtige sein: den Druck noch erhöhen; hier geht es nicht nur um 6000 Zeichen, sondern einen Lebenstraum.

Harrrrrgh.

Samstag, 27. August 2011

Ich habe bei facebook einen Urlaub gut

Ich habe facebook fest versprochen, wenn Irene umkehrt und irgendwo über dem Ozean ein paar Heringen den Tag vermiest statt ganz New York und uns, dann höre ich damit auf, jeden blöden langweiligen Dauerlauf um den Block über meine Lauf-App zu posten. Ich habe meinen Teil der Abmachung bisher eingehalten. Facebook seinen nicht. Wir fliegen nicht. Wir hätten den Flug noch auf Dienstag schieben können, aber dann hätten wir noch mal den gleichen Preis drauflegen müssen. Jetzt haben wir ihn auf November verschoben. Und statt am Shake Shack zu sitzen und Cheeseburger zu essen, werden wir morgen Abend hier im Wintergarten bei Pellkartoffeln mit Quark sitzen. Nach Flandern fahren wir aber auch nicht, seitdem feststeht, dass unsere Reiserücktrittsversicherung Stürme nicht abdeckt und wir eben leider Pech gehabt haben, unsere Urlaubskasse für diesen Sommer in den zugegebenermaßen ziemlich respektablen Wind geschossen zu haben. Ich weiß noch nicht, ob ich Montag und Dienstag arbeiten gehe, denn Mittwoch steht eine grauenvolle Präsentation an. Einerseits. Andererseits war ich bei der Vorbereitung auf diese Präsentation bisher auch keine Bombenhilfe, so dass fraglich scheint, was ich jetzt in zwei Tagen noch ausrichten kann. Und dann machen wir eben hier Urlaub. Ich werde ein bisschen im Garten schwitzen, auch von facebook unbemerkt weiter um den Block rennen, wir fahren vielleicht mal nach Lübeck, wo ich noch nie war, oder in die Heide, wo ich gerne mal wieder wäre. Zum Trost gucke ich mir nächste Woche den neuen Woody Allen an, und dann noch einen der ca. acht Weltraumfilme, die gerade laufen, wir holen Lili zurück aus dem Hundeferienlager (es zeigt sich, dass wir sie schrecklich vermissen. Gestern habe ich das Bett frisch bezogen, und es fühlt sich so sauber und weiß so dermaßen fremd an, dass wir gerade eigenhändig ein paar Toasties mit Tomate und Käse darin verkrümeln und verschmieren mussten.) Vielleicht ist ja sogar noch ein Freibad-Tag drin, so einen hatte ich dieses Jahr noch nicht. Oder ich mache eine lange Wanderung mit Lili und Rucksack. Und kann ein paar Tage früher damit anfangen, meinen nächsten Zyklus einzuleiten, den ich eigentlich nach New York starten wollte. Vorteile, wohin man schaut. Warum muss ich trotzdem die ganze Zeit an diese Dusselscheeseburger denken in der für mich schönsten Stadt der Welt denken?

Freitag, 26. August 2011

Man kann nicht alles können.

Ich kann gut:
jeden zweiten Tag die Schuhe und den umständlichen BH anziehen und laufen gehen, auch bei Regen. Eigentlich sogar besonders gut bei Regen.
Salat essen, so lange der Salat extrem sauer und salzig schmeckt und irgend etwas enthält, das ihn interessanter macht, wie z.B. Kapern, Sardellen oder gebratene Pilze.
Asiatische Rezepte, die von Natur aus ohne Fett sollen.
Einen Abend auf dem Sofa verbringen mit einem Buch und meinen Zeitungen, oder auch mit irgend einer nerdigen Beschäftigung wie Balance-Spielen auf der wii oder Dr. Kawashimas Gehirnjogging, und dazu etwas trinken, das weder Alkohol noch anderweitige Kohlenhydrate enthält.
Mich in eine Stimmung bringen, in der ich kalte Duschen, Abreibungen mit streng riechenden Ölen, Bürstenmassagen, Kräutertee und gedünstetes Grünzeug als Belohnung empfinde.
Strammen Schrittes durch einen Supermarkt schieben und zur Kasse gehen, ohne mir den Wagen mit Kinderschokolade, Nachos mit Käsesauce, Speck, Aioli oder Flips vollzupacken.

Ich kann nicht gut:
Beim Italiener sitzen und keine Pasta essen, im Schnitzelparadies Salat bestellen, die Bratkartoffeln weglassen oder in einer zunehmend angespritteten Mädchenrunde Apfelschorle trinken.
Fettarmen Käse, butterfreie Butter, Mayonnaise ohne Öl (gibt es bei einem neuen Imbiss in Hamburg, der sich unerfindlicherweise "Edel" nennt - was denken die sich?), Putenfleisch und Milch mit 0,1%.
Mich mit anderen Menschen zum Sport verabreden und dann tatsächlich hingehen.
Einen Sport regelmäßig ausüben, für den ich erst eine Tasche packen muss.
Auf eine Party gehen, mich um halb elf bei den Gastgebern bedanken und den Heimweg antreten.
Mich ernsthaft mit Themen wie Säure-Basen-Haushalt, ayurvedische Ernährung, Glyx-irgendwas, Punkte, Blutgruppen, TCM-Ernährung oder Mondphasen auseinandersetzen. Das ist und bleibt für mich, wenn ich ganz ehrlich bin, alles esoterischer Schmuh für Doofe. Ungerecht, aber so ist es leider. Und darum werde ich, selbst wenn ich mir fest vornehme, es mal mit einer Spielart davon zu versuchen, immer an irgend einem Punkt, sobald es mich nervt, feststellen, dass ich daran einfach nicht glaube und es genau so gut lassen kann.

Vielleicht ist deshalb das, was ich gerade tue, bis auf kleine Einbrüche (s. gestern) eigentlich das Richtige für mich. Wenn ich es jetzt nicht hinkriege, kriege ich es wohl niemals hin.

Übrigens: Hurricane Irene steuert auf die Ostküste der USA zu, wo er vermutlich Millionen von Menschen um einiges ernsthaftere Probleme bereiten wird als L. und mir, die dadurch wohl ihren Urlaub knicken können. Als Ersatzprogramm schlägt L. nun vor, ein paar Tage lang mit dem Auto durch Flandern zu fahren. Ach, Flandern. Heimat der in Entenfett frittierten Superpommes. Ob es Postkarten mit Fritten drauf gibt? Oder sogar mit Frittenduft? An denen ich reiben und schnüffeln kann, wenn ich mich abends um zehn mit meinem Kräutertee zurückziehe?