Montag, 15. November 2010

Stunden später bin ich immer noch begeistert.

Jetzt noch mal in Ruhe. Heute war der Termin, an dem Ultraschall und zweite Enantone-Spritze fällig waren. Wobei die Enantone-Spritze, wir erinnern uns, im Rahmen des langen Protokolls eigentlich alle Aktivitäten meines Unterleibs (Follikelreifung, Bilden von jeder Menge Gebärmutterschleimhaut und Endometriose, Myomproduktion im ganz großen Stil) komplett unterdrücken sollte. Durch diese Spritze hätte da unten alles ratzekahl sein sollen: weder Schleimhaut, noch Myome, noch Endometriose, noch Zysten, noch Follikel. Aber auch heute hatte meine Quatschbauch eine Überraschung für mich, diesmal allerdings eine nette. Keine Myome, keine Zysten, keine Endometriose und auch sonst kein Mist. Stattdessen eine schöne, dicke Schleimhaut und sieben mit Macht reifende Follikel in einem Eierstock. Und darüber war die Ärztin während des ganzen, 15 Minuten dauernden Termins anhaltend begeistert. Denn diese Follikel sagen uns: mein Körper wäre gerne schwanger. Er legt sich ins Zeug, und wenn auch der komplette Hormonstoffwechsel dagegen ist. Mein Körper führt sich gerade in einer Weise auf, dass ich fast doch an Tropis glauben könnte, Kinder trotz Pille. (Wenn mir jemand so etwas erzählt, dann denke ich immer: jaja, mindestens dreimal Pille vergessen oder wieder ausgespuckt und es nur nicht zugeben wollen. Aber diese Spritze habe ich mir nicht selbst gegeben, das war eine Fachkraft, und die dicke Beule an meinem Bauch war der unübersehbare Beweis, dass in dieser Spritze etwas Spannendes war und nicht irgend eine vergessene Spüllösung. Hätte ich mir die Spritze gesetzt, dann würde ich mir jetzt einbilden, ich hätte das nur geträumt oder eine geteilte Persönlichkeit entwickelt, deren eine Hälfte die Spritze kichernd ins Moor geworfen hat, während die andere Hälfte Stein und Bein schwören würde, sie sich ehrlich echt und genau wie angewiesen in den Bauch gerammt zu haben.)

Und daraus hat sie den Schluss gezogen, mit der nächsten Spritze noch zu warten, bis sie meine Blutwerte von heute gedeutet hat. Und, dass wir aller Wahrscheinlichkeit nach den nächsten Zyklus zu Fuß probieren - mit minimaler Stimulation, und jedenfalls ohne IVF. Als sie mir das gesagt hat, hatte sie selbst vor Begeisterung so kleine Kiekser in der Stimme und hüpfte im Sitzen auf ihrem Stuhl auf und ab. Und ich freue mich. L. allerdings kann ich dazu noch nicht überreden. Der wittert hinter der nächsten Ecke eine neue Falle. Damit hat er bestimmt auf seine Art irgendwie Recht. Aber ich auf meine Art auch.

Damit zur Bilanz nach einem Monat Enantone. Diesmal gab es Nebenwirkungen. Und zwar in unsortierter Reihenfolge:
1. Stimmungsschwankungen, und wie. An einem Tag bin ich morgens so zerknirscht und hoffnungslos aufgewacht, dass L. Sorge hatte, mich zur Arbeit zu lassen, aus Angst, ich würde mich vor die Ubahn werfen. Ich bin dann trotzdem gegangen und habe mich nicht geworfen, aber ich hätte volles Verständnis für jeden meiner Mitwartenden auf dem Bahnsteig gehabt, der es getan hätte. Bäh, war das fürchterlich. Und aufschlussreich: seit diesen 48 Stunden sehe ich Depressionen mit anderen Augen, und die Tom Cruise dieser Welt, die meinen, sowas müsste auch ohne Medikamente gehen unter erwachsenen und psychisch optimierten Menschen, die haben tatsächlich keine Ahnung und sollten es mal mit Enantone probieren.

2. Haarausfall. Zwar habe ich eine Menge Haare, immer noch, aber es waren mal mehr. Jetzt muss ich wirklich jeden Abend meine Haarbürste grundreinigen, und mein Pferdeschwanzgummi muss ich so oft wie nie um den Pferdeschwanz wickeln. Die Ärztin hat mir Hormonhaarwasser aus der Apotheke empfohlen, und vielleicht probiere ich das, nur, um euch berichten zu können, wie das dann wieder ist.

3. Müdigkeit. Jeden Abend um acht gehen bei mir innerlich die Lichter aus. Ab dann arbeitet mein Gehirn bei Kerzenschein, und ich halte mich mühsam noch zwei-drei Stunden wach, bis auch Leute jenseits des Kindergartenalters in ihr Pölterchen schlüpfen und ins Bett kriechen können.

4. Ansonsten bisher für alle Klischee-Wechseljahresbeschwerden, mit denen ich fest gerechnet hatte, Fehlanzeige. Ich bin nicht dicker oder dünner, als ich nach Nahrungsaufnahme und Bewegung sein sollte, ich hab keine Hitzewallungen, und ich überlege nicht, mir eine Katze zu kaufen.

5. Dafür eine schöne, dicke Schleimhaut und sieben Follikel.

Irgendwann morgen klingelt mein Handy, und die Dame aus der Praxis sagt mir, wann ich mir meine Enantone-Spritze setzen soll, die hier vor mir auf dem Tisch liegt. Ich bin ein bisschen aufgeregt: endlich wieder eine Spritze. Und so wie es aussieht, für eine Weile vermutlich die letzte.

1 Kommentar:

  1. Wow, ich beneide dich jetzt mal ein bißchen! Wenn ich meine erfahrungen so mit deinen grad vergleich, wollte mein Körper wohl noch nie schwanger werden...
    Ich wünsch dir weiterhin viel Erfolg!

    Lg oenskedroem

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