Sonntag, 29. August 2010

Sonntagsblogger

Übrigens schreibe ich gerade auf dem Sofa vorm Kamin, in dem ein von mir selbst gebasteltes Feuer brennt. Draußen ist November, und im Moment finde ich die Aussicht, ab sofort noch acht Monate lang November zu haben, ziemlich verlockend. Der Hund war draußen, er hat mindestens eine Stunde lang mit einem Kampfhund getobt, der glücklich war, endlich mal einen Spaziergänger zu finden, der seinen Hund nicht in Panik auf den Arm nimmt und wegrennt, wenn er am Horizont auftaucht. Die beiden haben in einem Busch eine alte, eklige Socke gefunden und sind dann eine Stunde lang wie ein astreines Pferdegespann immer Seite an Seite mit der Socke in den Mäulern um die Wiese gerast. Auch sonst hatte sie es gut, wir haben heute schon drei Trainingseinheiten nach den Anweisungen der Polizeihundeschule hinter uns gebracht, die, wer hätte das gedacht, richtig nett ist (einzig gruseliges Detail: Auf dem Weg dorthin muss man an lauter Autos vorbei, die an einem Feldweg geparkt sind, und in mehreren dieser Autos war im Kofferraum ein massiver Stahlkäfig, und in jedem dieser Stahlkäfige waren zwei bitterböse Schäferhunde eingesperrt, die sich um ein Haar einen ihrer riesigen Zähne am Gitter abgebrochen hätten, nur weil wir drei da ganz friedlich vorbeispaziert sind. Kurz haben wir überlegt, ob wir umkehren sollen, aber dann sind wir weiterspaziert. Und es hat sich gelohnt!) Mir wurde unter anderem beigebracht, dass ich mich nicht liebevoll über meinen Hund beugen und ihm über den Kopf strubbeln soll, weil sowohl das Beugen als auch das Strubbeln nicht gerade beruhigend auf ihn wirken. Außerdem habe ich gelernt, dass "Komm" ein Befehl und keine Bitte ist. Gesäuselt wird hinterher, wenn der Hund gekommen ist. Gefälligst. Aber Zackzack. Und dann noch, dass meine alte Hundeschule wohl ein bisschen realitätsfremd war, wenn sie allen Ernstes wollte, dass ich einem acht Monate alten Airedale irgendwas ohne Leckerchen, nur durch meine autoritäre Ausstrahlung oder wohlwollende Gegenwart beibringe. Jetzt gibt es also einerseits Leckerchen für den Hund, andererseits aber auch Befehle, und er kommt fabelhaft klar. Dass ich neuerdings auf Spaziergängen aus dem Nichts in Gebüsche springe und dort kichernd sitzen bleibe, bis er mich findet, macht uns außerdem beiden sehr viel Spaß und dient dazu, die Hund-Frauchen-Bindung zu stärken.

Egal. Wo war ich? Der Hund liegt ermattet vorm Kamin, einer der besten Plätze für Hunde, und ich trinke ein verfrühtes Glas Rotwein. In Sichtweite sitzt L., der heue mal Rosé trinkt, und muss arbeiten. Verkehrte Welt, ab morgen wieder anders herum, wenn mein Wecker um halb acht piept und ich als Erstes mit dem Hund raus muss, bevor ich in die Stadt abrücke und Monsieur sich überlegt, welche Zeitung er heute gerne zum Frühstück hätte. Und Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag genau so weiter, bis zum Tag vor der OP. Das kommt selten vor, dass das Arbeitsbienchen in dieser Beziehung das Sofabienchen ist bzw. das Sofabienchen das Arbeitsbienchen, und ich genieße es so gut, wie es geht. Ich lese mein Nigella-Buch, starre mit glasigem Idiotenblick ins Feuer, und wenn L. sowas sagen würde wie "haben wir eigentlich noch irgend was im Kühlschrank?", würde ich ihn mit glasigem Idiotenblick anstarren.

Nigella erfüllt auch diesmal wieder alle in sie gesetzten Hoffnungen. Ich glaube ja nicht, dass sie die beste Köchin der Welt ist, aber ihr schmecken zufällig genau die gleichen Dinge wie mir, und das ist viel mehr wert für mich - dann kommt noch dazu, dass sie so schön über Essen schreibt wie sonst niemand. Von allen Rezepten im Buch habe ich heute ausgerechnet die Pasta mit Marmite (diese irre salzige pechschwarze Paste, die in England auf dem Frühstückstisch steht und die man genau EINmal mit Nutella verwechselt und dann nie wieder) gemacht, und selbst die, so unwahrscheinlich das klingt, war fabelhaft.

Nach jedem Absatz schleiche ich mich in die Küche und esse noch eine Gabelvoll kalter Nudeln mit Marmite.
Wenn jeder Sonntag so wäre, dann wären die Montage weiß Gott leichter zu ertragen.

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