Donnerstag, 1. April 2010

Runter die Teetassen, hoch das Glas

Wenn ich abends von meinem Balkon gucke, dann sehe ich ein altes rumpeliges Gebäude, das sich einstöckig in unserem großen Hof duckt. (Natürlich sehe ich es auch tagsüber, es wird nicht um Mitternacht abgebaut.) Jedenfalls ist es Abends schummerig beleuchtet, und in dem Schummerlicht sehe ich Gestalten, die extatisch durch die Gegend hüpfen. Es muss eine Form von Nia sein oder so, ich spiel jetzt mal Musik, und ihr tanzt eure Gefühle. Ich hab Respekt vor den Leuten, die das tun, denn ich selbst könnte das nie. Ich muss schon verklemmt kichern, wenn ich nur Walzer tanzen soll. Manchmal muss ich sogar beim Pilates verklemmt kichern.

Jedenfalls sitze ich gerade auf dem Balkon, sehe den Menschen zu, die ihre Gefühle tanzen, und trinke ein Glas Champagner, den uns die Maklerin am Dienstag nach dem Notartermin überreicht hat. Ich hab nämlich was zu feiern.

Nach der kurzen Auftragslawine im Januar, die mich sogar dazu gebracht hat, für jemanden, der mich chronisch zu spät bezahlt, eine zusätzliche Nachtschicht einzulegen, damit ich das alles schaffe und mir ja nichts durch die Lappen geht, hat der Ansturm im Februar schon deutlich nachgelassen. Um nicht zu sagen, um 90 Prozent. Trotzdem sah es immer noch hoffnungsvoll aus, ganz viele Jobs haben gewunken, aber über das freundliche Winken ist es leider nie hinausgegangen. Anfangs hatte ich das Telefon immer noch neben mir liegen, sogar auf dem Klo, für den Fall, dass es klingelt und ich gebucht werde. Aber es hat nie geklingelt, und irgendwann habe ich es zu L.s großem Zorn ständig liegengelassen, wenn ich mit dem Hund draußen war. Gestern hat es im Bücherregal gelegen und geklingelt, während Lili gerade einem Stöckchen nachrannte. Aber es hat zum Glück noch mal geklingelt, und dann noch mal und noch mal, und gerade war ich bei einem Treffen mit einem Auftraggeber, und nun sieht es so aus, dass ich tatsächlich, wahr und wahrhaftig gebucht bin, und zwar, wenn es gut läuft, für einen ganzen Monat mit einem großartigen Auftrag. Einem Auftrag, bei dem ich so viele Freiheiten und Möglichkeiten habe, mir die Zeit viel freier einteilen kann als sonst und trotzdem noch Zeit habe, andere Dinge zu tun, die ähämm, z.B. mit dem Geheimprojekt, dem Hund, L. und den Mädchen zu tun haben. Das ist doch mindestens ein Grund für Champagner. (Sehr aufmerksame und strenge Leser werden jetzt anmerken, vielleicht sei ja mein Drang zu Champagner und anderen teuren, aber schönen Dingen, sobald sich mal ein Silberstreif am Horizont zeigt, Teil des Problems. Ja nun...)

Ich trinke also darauf, dass ich endlich wieder beschäftigt bin, und zwar gut und sinnvoll und interessant.
Und darauf, dass das Konto endlich wieder geflutet wird.
Darauf, dass ich mich nicht mehr fühle wie Klein-Doofi mit meinen hochfliegenden Selbständigkeitsträumen. Das ist schön, denn Klein-Doofi und unfruchtbar zusammen ist doch ein bisschen fies.
Darauf, dass ein sehr, sehr feiner Kerl, mit dem ich ganz, ganz früher mal zusammengearbeitet habe, im richtigen Moment an mich gedacht hat.
Und darauf, dass das Leben doch scheinbar ziemlich nett zu mir ist. Wenn dieses ewige "Genau in dem Moment, wenn du nicht damit rechnest" auch langsam schon klingt wie ein schlechtes Skript.

Cheers, ihr Abkürzungshasen!

3 Kommentare:

  1. Liebe Flora,
    freut mich sehr und ich proste aus der Ferne zurück ! Freut mich auch, dass Du die "bright side" siehst, ist richtig:das Leben hat auch noch viel anderes zu bieten und wir verpassen viel Schönes, wenn wir alles auf die "negativ/positiv" Frage reduzieren!
    Sooo.. bei mir heute, kein Scherz, ein "positiv" also ist bisher wohl noch mind. 1 der Guppies hängen geblieben. Kann es noch gar nicht fassen, nach mehr als 3 Jahren. Will noch nicht ausflippen, kann ja noch sooo viel passieren. Aber heute bin ich erstmal happy. Und ich bleib mit Sicherheit hier !danke für´s Mut zusprechen !!Du hast recht: für uns wird alles gut ! lieben Gruß Y.

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  2. Liebe Y., aus irgend einem Grund lese ich deinen Kommentar erst heute - ich freu mich mit Macht für dich! Irgendwie glaube ich ja immer noch feste dran, dass jede von uns, für die das hier gut ausgeht, auch den anderen Glück bringt. Ich wünsch dir eine Schwangerschaft, die frei von Sorgen ist - abgesehen von solchen Pipisorgen wie "sieht man's schon" oder "verdammt, der Knopf geht nicht zu" bis hin zu "Menno, ich wollte ein Mädchen!"

    Alles Gute und alles Glück der Welt von deiner Flora.

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  3. Liebe Flora, wirklich sehr lieb von Dir! Ich hoffe, ihr hattet einen tollen Tag bei der Schlüsselübergabe. Der Zutritt zu Eurer neuen eigenen(!)Welt. Muß sehr aufregend sein. Ich hatte mir übrigens vorgenommen, bei negativem Test endlich mal wieder in meiner Lieblingsbar zuzuschlagen, deshalb werde ich bei Erwähnung von Vinho Verde neidisch, auch wenn er (zu) melancholisch gemacht hat. Leider habe ich z.Zt. schon Sorge vor leeren Fruchthöhlen u.ä. schlimmen Ausgängen aber die Wahrscheinlichkeit, das alles gut wird, ist zum Glück immer noch höher - zum Vergleich werden die witzigen, geistreichen, ermutigenden. lebenslustigen Posts, die uns Dein neues Iphone beschert sicher die merkwürdigen, traurigen überwiegen !! Also freu ich mich drauf ! Liebe Grüße von Y.

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