Freitag, 30. April 2010

Eure ausgezeichneter Geschmack ist gefragt.

Ihr lieben Abkürzungsdamen,

hatte ich euch von dem Buch erzählt? Ich hatte. Jetzt steht die erste große, wichtige Entscheidung an: wir müssen uns ein gutes Cover überlegen.

Ich würde ja gerne was mit Eiern machen. Denn Eier haben eine hübsche Form, sind leicht wiedererkennbar und lassen sich auf hundert Arten zu Mustern usw. verarbeiten.

Die Lektorin hat mich jetzt auf die Idee gebracht, euch doch mal zu fragen, was ihr so von den verschiedenen Ideen haltet.

Zu manchen davon hab ich schon ein Bild, zu den meisten aber noch nicht.

Ich bitte um ehrliches und vor allem schnelles Feedback...

Also, hier kommen die Ideen:

1. Ein sorgfältig ausbalancierter Stapel aus Eiern.
Das könnte so aussehen oder auch anders, auf jeden Fall ziemlich puristisch.



2. Ein graphisches Muster aus Eiern. Das könnte z.B. so aussehen - nur dass die Punkte dann eben Eiförmig wären:





3. Oder eine etwas realere Zeichnung von Eiern. Das könnte z.B. so aussehen (abgesehen davon, dass ich die Farben im Moment noch gar nicht mag):



So. Ab jetzt kommen einige Ideen, für die ich Euch leider bitten muss, Eure blühende Phantasie etwas zu strapazieren. Denn dazu habe ich noch keine Bilder außer denen in meinem Kopf.

4. Ein Foto von einem Osterei, bemalt mit einem niedlichen, bunten Muster aus kleinen Spritzen, Pillchen, Herzchen, Tränchen und Teddys. Oder so.

5. Überhaupt kein Bild irgendwelcher Art, sondern wir hätten ein weißes Cover, das ein bisschen grobkörnig und kalkig aussieht (wie eine Eierschale), und darauf wäre in bunter Schrift die Autorinnennamen und der Titel geschrieben.

6. Ein großes Ei, auf das Titel, Namen und Verlag geschrieben sind.

7. hübsche, leere Eierbecher.

Abkürzungsdamen, jetzt seid Ihr gefordert!

1000 Dank!

Dienstag, 27. April 2010

Kinder vs. Karriere: 0:1

Ich sitze am Flughafen einer großen Stadt, die nicht Hamburg ist, quatsche wildfremde Menschen an und versuche, sie dazu zu überreden, bei meinem Projekt mitzumachen. Die meisten sind zauberhaft und sagen Ja. Morgen tue ich das gleiche nochmal. Und das heißt, dass ich meinen lange erwartetetn Termin bei meiner Frauenärztin morgen um elf absagen musste.

Irgendwann werde ich mich bestimmt nicht mehr darüber wundern, dass das immer so ist: wochenlang sitze ich mir den Hintern platt, und sobald ich einen Termin habe, kommt der zweite und dritte Termin angerannt und krakeelt, dass das aber sein Platz war und er genau da auch hinwill. Ich sollte was draus lernen. Wenn die nächste Jobflaute zu bedrückend wird, hadere ich nicht, sondern mache schnell einen Kinderwunschtermin. Das funktioniert fast immer.

Montag, 26. April 2010

Pyjama als Arbeitskleidung

Es ist 9 Uhr 12. Der Rest der arbeitenden Bevölkerung ist seit mindestens einer Viertelstunde am Schreibtisch, das pompöse "Bonnnnnggggg" des Apple-Startgeräusches hallt durch die Büros. Und ich sitze hier zuhause und bin noch im Nachthemd. Das heißt nicht, dass ich nichts zu tun hätte, im Gegenteil! Heute ist ein ziemlich knüppeldick gefüllter Arbeitstag für das Projekt, auf dem ich gerade gebucht bin. Und dann ist da noch das Baby, das heute dringend meine Aufmerksamkeit braucht. Und der Hund. Aber für den Moment tue ich so, als müsste ich nicht gleich duschen und dann mit Lili raus, sondern als wäre ein alter Traum wahr geworden: der Traum, im Schlafanzug zu arbeiten. Versteht mich nicht falsch, ich bin eigentlich kein Faultierchen. Im Gegenteil, ich kann einen ziemlichen Bienenfleiß entwickeln. Aber ich tue das gerne mit allen Anzeichen äußerlicher Faulheit. Als ich noch genau wie die anderen Hasen jeden Tag, oft auch am Wochenende, ins Büro schleppen musste, habe ich mir oft ausgemalt, wie herrlich das alles sein könnte. Wahnsinnig produktive Tage im Bett und auf dem Sofa. Ich wollte mit einer Kladde und einem Stift in der Sauna liegen und tiefenentspannt brüten. Oder im Park liegen, ein Stück Quiche mümmeln und dazu das Pensum von drei Tagen schaffen. Ich wollte Mittagspause machen, wann ich das für richtig halte, und Kontakt mit Kunden, die aus schlechter Laune eine Verhandlungsstrategie gemacht haben, möglichst komplett vermeiden. Ich wollte Pasta essen beim Italiener um die Ecke, der so nett aussieht und immer schon um 19 Uhr schließt. Gibt es irgendwen, der nicht manchmal von sowas träumt?

Es ist 9 Uhr 20. Ich frage mich, was die Hasen alle gerade machen. Ich frage mich das sogar ziemlich häufig. Drängeln sie sich gerade um die Kaffeemaschine? Erzählen sie sich ihr Wochenende? Gehen sie "erst mal" eine rauchen? Verflixt.

Gut, damit zum nächsten Traum. Es gibt doch Bürogemeinschaften, wo sich junge, kommunikative Freiberufler in Großstädten zusammenrotten, sich die Miete und den Drucker teilen und sich gegenseitig in ihrer Arbeit beflügeln und befruchten. Wie wäre eine Bürogemeinschaft mit Sofas und Schlafanzügen? Eine Art bezahlte Pyjama Party?

Samstag, 24. April 2010

Also doch: Wir kriegen ein Baby.

Als ich angefangen habe, diesen Blog zu schreiben, hab ich das... jaja, jetzt kommt das, was alle Blogger sagen: ich hab's für mich getan. Und das stimmt auch. Denn erstens schreibe ich gerne, zweitens habe ich ein ziemliches Mitteilungsbedürfnis in den meisten Lebensbereichen, das auch vor dem Kinderwunsch nicht halt macht, aber drittens - und das ist fast das Wichtigste - merkt man während einer Kinderwunschbehandlung schnell, wie frustrierend es ist, dass man im Grunde so wenig tun kann. Man kann brav die Medikamente genau wie angeordnet nehmen, man kann auf seine Ernährung achten (ähämm), man kann sich entspannen, man kann sich nicht zu viele Hoffnungen machen, aber ehrlich, die Wartezeiten sind so lang, und sie kommen, wie sich zeigt, immer wieder, und ich hatte von Anfang an das Gefühl, der Blog war das bisschen mehr, das ich getan habe. Er hat bestimmt nichts dazu beigetragen, die Erfolgswahrscheinlichkeit hochzuschrauben (da hat er vielleicht mehr gemein mit "wenig Kaffee trinken" und "hochwertige Proteine", als uns allen lieb ist), und manchmal hatte ich auch über Sachen zu schreiben, bei denen das Schreiben mir nicht ganz so viel Spaß gemacht hat. Aber der Blog hat mir trotzdem geholfen, diese lange, lange Zeit zu strukturieren und Bodenkontakt zu halten. L. war sich da manchmal nicht ganz so sicher, aber ich mir schon: der Blog war gut für mich und ist es immer noch. Aber erst, als es passiert ist, wurde mir klar, dass ich wohl doch ein bisschen gehofft habe, dass eines Tages mehr daraus wird. Letzten Sommer hatte ich irgendwann Post von einer anderen Abkürzungsfrau, diesmal einer vom Fach: eine IUIende Medizinerin hat mir geschrieben, dass sie gerne ein Buch mit mir zusammen machen würde. Mein Blog und ihr Fachwissen zusammen, eine Mischung aus Erfahrungsbericht, Spaß (ja, den kann man während all des zähen Spritzens, Testens und Wartens nämlich auch haben) und einer dicken Portion Informationen, die wirklich weiterhelfen und nicht nur kirre und unbehaglich machen. Ich hatte schon nach den ersten vorsichtigen Kontakten den leisen Verdacht, ich hätte klammheimlich eine gespaltene Persönlichkeit entwickelt, deren eine Hälfte so tut, als würde sie in Düsseldorf leben, so gern hatten wir uns auf Anhieb und so viel hatten wir gemeinsam. Wir haben stundenlang telefoniert und gemailt, und dann haben wir zusammen ein Buchkonzept geschrieben und sind im Herbst auf die Buchmesse nach Frankfurt gefahren, um unseren Buchembryo an den Mann zu bringen. Das war schwerer und frustrierender als gedacht, und ihr wisst ja, mit wie viel Frust wir alle jederzeit rechnen. Wir haben uns eine Menge Abfuhren und Wurschtigkeit und unverbindliches Gelaber angehört. Trotzdem hatten wir am Ende zwei Eisen im Feuer, aber aus beiden wollte nicht so richtig was werden. Bei einem Eisen im Feuer kam die endgültige Absage erst im Januar, die zauberhaft nette Lektorin musste uns schreiben, dass ihr Verlagschef mit der Begründung dagegen war, bei anderen Babybüchern käme immerhin am Ende ein Baby raus, während bei uns... der Verlag würde doch Wert darauf legen, grundsätzlich positiv zu bleiben. Da habe ich mir fest vorgenommen, dass mein Kind eines Tages mal ohne die fröhlichen pinken Glitzerpublikationen dieses Verlags aufwachsen wird. Und dann hatte ich irgendwann wieder Post, diesmal von einer Lektorin, deren Verlagschef schon mal davon gehört hat, dass das Leben nicht immer nur pink und glitzernd ist, und jetzt wird es tatsächlich passieren: wir machen ein Buch aus diesem Dings hier. Nach fast einem Jahr weiß ich zwar immer noch nicht, ob es "das Blog" oder "der Blog" heißt, aber ich weiß, dass man es/ihn demnächst kaufen kann und dann auch am Strand, in der Badewanne, im Swinger-Club oder im ICE-Bordrestaurant lesen kann. Diesen Herbst ist es so weit.

Die Kehrseite dieser funkelnden Medaille ist, dass demnächst mein kuscheliges Inkognito flöten geht. Aber dafür war es wohl sowieso irgendwann mal Zeit. Ich bereite also gerade mich, meine Eltern und meine Ex-oder-vielleicht-demnächst-Kollegen vorsichtig auf mein Coming-Out vor.

Vor ein paar Tagen haben wir den Vertrag unterschrieben. Wenn das kein Happy End ist? Ich wollte ein Baby, und jetzt bekomme ich eins. Viel pinker und glitzernder kann es doch kaum werden. Im Moment scheißt das Baby täglich die Windeln voll und bringt mich um den Schlaf, denn die Deadline rückt näher und näher. Aber Babys machen trotzdem so viel Freude! Und ich bin ziemlich glücklich.

Donnerstag, 22. April 2010

Hellgelber Donnerstag

Aus zuverlässiger Quelle erfahre ich, dass es sich auch heute nicht lohnt, auf Nachricht vom Geheimprojekt zu warten. Ich fühle mich langsam vor euch wie so eine arme Seele, die seit 40 Jahren jeden Tag mit Blumen im Haar zum Hafen geht, um ihren Geliebten dort zu empfangen, der nur ne Runde durch die Nordsee drehen wollte. Eieieiei! Aber glaubt mir, das hier ist anders, ich hab WIRKLICH was Tolles zu berichten, ihr müsst nicht mitleidig die Augen rollen, bald, ganz bald kann ich endlich rausplatzen damit!

Bei L. und mir wird es nun langsam Ernst mit dem Umzug. Das heißt, nicht mit dem Umzug selbst, aber wir haben inzwischen damit aufgehört, vor Freude auf und ab zu hüpfen, und müssen nun wirklich arbeiten und Sachen organisieren, damit das alles klappt. Unter anderem haben wir letzte Woche erfahren, dass es zwar keine große Sache ist, das Wasser in Bad und Küche an die Heizung anzuschließen, so dass die miesen Boiler verschwinden können. Das ist schön. Weniger schön ist, dass wir auch erfahren haben, dass wir in der ganzen Hütte die Elektrik komplett austauschen müssen. Jede Steckdose, jeder Schalter und vor allem jede Leitung muss raus. Und die komische beigefarbene Pappe, die in meinem zukünftigen Arbeitszimmer zwischen dem miesen Linoleum und den hübschen Dielen liegt, ist Asbest. Wir gruseln uns ein bisschen. Aber selbst mit diesem Berg an Arbeit und Rechnungen vor der Nase fällt uns inzwischen auf, dass wir nicht mehr lange mitten in einem Viertel wohnen werden, das aus allen Nähten platzt vor Cafés, Bars, Kinos, kleinen niedlichen Läden und Restaurants. Das müssen wir ausnutzen, so lange wir noch hier sind. Darum waren wir gestern nach dem Spiel noch auf einen Zwutsch. Und wieder mal dachte ich: ächz, Studenten können eine Pest sein. (Nicht ohne Grund hatte ich in meiner Unistadt die Bar als Stammbar ausgesucht, in der niemals Studenten waren, und wenn doch, welche, denen man es nicht angemerkt hat.) Und ich dachte außerdem, es ist eine ziemliche Ungerechtigkeit, dass hübsche Mädchen mit so ziemlich jedem Mist durchkommen. Am Nachbartisch saß ein erstes Date, und aus ihrem niedlichen Gesicht kam so ein Unfug gequollen, es war im Kopp nicht auszuhalten! Irgendwas darüber, dass "die Evolutionstheorie ja wohl schon deshalb Unrecht hätte, weil wir ja nicht alle ständig nur an Sex denken würden, also ich meine, ich zum Beispiel hab echt eine andere Agenda, z.B. sind mir Familienwerte echt wichtig, also klar, Sex auch, aber eben auch noch Freunde und mal nen guten Film und so, und also weißt du, schon allein deshalb hab ich mir gesagt: die Evolutionstheorie, ey, eher nee." Und so ging das endlos weiter, und mit der Zeit (und dem Pegel in ihrem Cocktailglas) fiel das Wort "Sex" plötzlich immer häufiger, natürlich immer in irgend einem Referatsgeplapper-Zusammenhang, und er sagte irgendwann gar nichts mehr, und da dachte ich: das war früher auch schon so, dass Studentinnen, wenn sie die Jungs rumkriegen wollten, ihnen eine Frikadelle über irgendwelche Sextheorien ans Ohr gequatscht haben. Hat das früher funktioniert? Wenn die Mädchen hübsch waren, ja. Aber in diesem Fall hätten sie sich auch über Schweinebraten oder Bud Spencer ausbreiten können.

So war das, als L. und ich gestern noch auf einen Zwutsch waren. Das wollen wir jetzt wieder öfter machen. Und wir können jetzt schon fest versprechen: wenn in unserem gottverlassenen Demnächst-Viertel irgendwann mal eine Bar eröffnen sollte, stehen wir als erste auf der Matte.

Die Post-Überschrift übrigens deshalb, weil heute Abend die Mädchen rumkommen, und Mädchen bedeuten jedenfalls nicht Kamillentee. Die weiße Woche macht also heute Pause.

Mittwoch, 21. April 2010

Keine Post.

Also auch keine Geheimpost. Vervollständigen Sie bitte den folgenden Satz: "Seit Stunden lief die junge Frau in ihrer Wohnung auf und ab wie ein Tiger im Käfig. Die Nerven waren zum Zerreißen ..... ".

Es ist ja nicht so, dass für uns Abkürzungsdamen Warten etwas völlig Neues wäre, etwas, womit man so gar nicht umgehen kann. Aber um zu erfahren, ob das mit dem Würmchen diesmal klappt oder nicht, muss ich wenigstens nicht fünfmal an jedem Vormittag die Treppen zum Briefkasten runterflitzen (und wieder hoch.)

Wie lange noch wie lange noch wie lange noch wie lange noch wie lange noch?

Weißer Mittwoch

Es gibt Zeiten, da habe ich fürchterliche Sehnsucht nach Ordnung und Sauberkeit. Nicht Sauberkeit im Sinne von "dieser superaggressive Reinigungsschaum PACKT den Schmutz RESTLOS, und wir scheißen drauf, dass er die Umwelt zerstört", auch nicht Sauberkeit im Sinne von "Einfach mal stundenlang mit Gummihandschuhen die Küchenschränke schrubben, herrlich". Leider. Meine Sehnsucht bezieht sich auf die Zeit danach, wenn alles schon sauber ist und ich mit einer Tasse organischem grünen Tee in der Hand auf weißen Baumwollsocken (wenn ich welche hätte, siehe diverse Rückübertragungsberichte) über den glatten, nach Bienenwachs duftenden Boden laufen kann. Und dann soll alles so bleiben. Ich würde mir fest vornehmen, in Zukunft Geschirr sofort abzuwaschen, einmal täglich zu saugen und meine Freizeit damit zu verbringen, nicht mit einem Glas Wein auf dem Sofa zu liegen oder zu posten oder irgendwelche blöden Magazine zu lesen, sondern die Fenster zu putzen oder mit einem Bündel Ohrenstäbchen an die Reinigung der Lichtschalter zu gehen.

In diesem Leben hätte ich selbstverständlich immer genug Klopapier im Haus. Mein Kühlschrank wäre nie leer und würde nie überquellen, sondern ich hätte eine Routine entwickelt, in der ich aus vielleicht fünfzehn Zutaten so ziemlich alles kochen könnte, was ich wollte. Eier, Mehl, Butter, Zwiebeln, Tomaten, Erbsen, Speck, solche Zutaten. Ich würde keinen zwei Monate alten Parmesanrest und keine braunen Bananen in meiner Küche finden, und wenn doch, dann würde ich den alten Parmesan wie eine italienische Mama einfrieren, um ihn in die nächste Minestrone zu werfen, und aus den Bananen würde ich ruckzuck Muffins backen. Wenn Gäste kämen, müsste ich vorher nicht einen Tag lang schweißgebadet das Haus auf Hochglanz oder wenigstens den Anschein von Hochglanz bringen. Stattdessen würde ich an die Kommode mit der säuberlich gefalteten Gästebettwäsche gehen, das Bett beziehen, im Gästebad (HA!) nachsehen, ob denn noch alle Gästepflegeprodukte in ausreichender Menge da sind, und dann vielleicht noch ein pfeifendes Ründchen durch den Garten drehen, auf der Suche nach einem hübschen Zweig oder Blümchen, den ich ihnen auf den Nachttisch stellen kann. Ich würde nicht jede neue Sorte organischen Wein bei Budni einmal kaufen, um dann wieder festzustellen, dass er fürchterlich schmeckt, sondern wir hätten einen Alltagsrot- und einen Alltagsweißwein, der im Keller in einem ordentlichen Weinregal liegen würde, und außerdem zwei Sorten für Gut. Na gut, vielleicht für Flörchens Frühlingsstimmung noch einen Rosé. Und diese gut ausgewählten Vorräte würden nicht innerhalb von drei Wochen durch unsere Köppe und ins Altglas wandern, sondern würden da liegen und liegen und wären einfach erst mal da. Ordnung und Konzentration. Das wären die Zauberworte. Ich hätte auch keine Kleidungs-Altlasten mehr, die mir die Schränke verstopfen würden. Hätte ich ein Teil ein Jahr lang nicht mehr getragen, dann weg damit! Egal, ob es mein Hochzeitskleid von der Standesamtlichen wäre oder dieses geile Kunstleder-Brokat-Glitzerdings von dem totgeborenen Designerlabel. Ich hätte Schubladen und Kisten, in denen alles seinen Platz hat, und wenn doch mal was rumliegen würde (Gott behüte), dann könnte ich wie im Schlaf alles an genau den richtigen Platz räumen, einen Platz, wo sich keine Kabel ineinander verheddern, nichts verloren geht und hüllenlose CDs ein Skandal sind.

Und dann, erst wenn das alles genau so wäre, dann würde ich mich aufs Sofa hauen mit einem Glas Wein.

(Nein, hier spricht nicht die Verzweiflung aus mir. Ich habe mich tatsächlich dran gehalten: seit Samstag Nacht kein Alkohol und jeden Tag stundenlange, konzentrierte Schufterei. Ich bin ein bisschen stolz. Und da geht gerne mal was mit mir durch.)

Dienstag, 20. April 2010

Späte Rache

Als ich klein war, habe ich manchmal in den Ferien eine Woche bei meiner Lieblingscousine verbracht. Die war meine beste Freundin, und dort war alles toll. Alles! Wie gemütlich sie eingerichtet waren, wie viele nette kleine Rituale es bei ihnen gab, das Essen schmeckte besser, in der Stadt war es viel schöner als bei uns (bei mir hat die Landflucht schon ziemlich früh eingesetzt), überhaupt, so musste das Leben sein. Wenn ich dann wieder nach Hause kam, war ich mucksch und meine Mutter sauer. Ein bisschen zu Recht, denn ich war ziemlich ungerecht. Zum Beispiel verschwendete ich keinen Gedanken daran, dass es bei uns zuhause vielleicht auch deshalb nicht ganz so adrett und niedlich war, weil ich das unordentlichste Kind der Welt war. Oder daran, dass meinen Cousinen angesichts von mehreren Quadratmeter großen Playmobilanlagen im Wohnzimmer ein anderer Wind ins Gesicht wehte. Das war mir alles egal, ich verrammelte mich in meinem Zimmer und schmollte, und meine Mutter schwankte zwischen Zorn und Traurigkeit.

Der Hund war drei Tage lang im Hundelandschulheim bei meiner Schwiegermutter, und jetzt haben wir den Salat. Sie schmollt. Sie HASST es hier. Sie hasst, dass wir in einer Etagenwohnung leben ("aber doch nicht mehr für lange, Schatz!" höre ich mich flehen.), sie ist enttäuscht, wenn sie morgens aufwacht und nur unsere Gesichter sieht statt das ihrer lieben Oma, sie findet ihre Hundewiese doof und will lieber wieder den Karnickelwald in der Heide. Und wir leiden.

Außerdem war der Briefträger schon da. Wieder keine Geheimpost. Nicht nur, dass ich vor Mitteilungsbedürfnis nur so platze, sondern das ganze Projekt ist auch mit einigem Stress verbunden, und je mehr Zeit vergeht bis es endlich richtig losgeht, desto doller der Stress. Ein knappes Höschen wird gerade noch ein bisschen knapper.

Montag, 19. April 2010

Weißer Montag

Wenn diese Woche eine Farbe hätte, wäre sie weiß. Ich werde diese Woche alles richtig machen, sie wird frisch und sauber werden wie ein mit geerbtem Leinen bezogenes Bett. Kein Alkohol für Flora diese Woche! Und wenn doch, dann nur ein Gläschen gesitteter Wein! Gesundes, gutes Essen, Ordnung, Konzentration. Konzentration ist gut, denn ich werde ordentlich zu tun haben. Der Auftrag kommt jetzt endlich richtig in Gang, nachdem der Auftraggeber das gut so findet, was ich gemacht habe. Das heißt, ich habe jetzt noch insgesamt acht Arbeitstage plus Wochenende Zeit, alles hinzukriegen, womit ich in den letzten zweieinhalb Wochen noch nicht so richtig loslegen konnte. Und das werde ich tun, von morgens bis abends, unterbrochen nur von einem kleinen Schlenker durchs Viertel, um was zu Essen zu organisieren. Ich werde meinen Rechner nur verlassen, um die Post aus dem Kasten und die Wäsche von der Leine zu nehmen, ab und zu den niedlichen neuen Glaskrug mit Zitronenscheiben und Wasser zu füllen, und um mir hin und wieder ein Möhrchen zu schälen. (Hat hier eine Erfahrung damit, ob geschälte Möhrchen an den Händen dazu führen, dass die hübsche weiße Mac-Tastatur sich orange verfärbt?) Und Abends gehe ich dann zum Sport. Ihr seht, mein Leben in den nächsten Tagen wird so verrucht laufen, als wäre ich amerikanische Senatorengattin kurz vor der Wahl.

Ganz anders dagegen gestaltete sich das Wochenende mit dem Mädchen aus Berlin und Hamburg. Auch, wenn leider ein Mädchen fehlte, war das rundum fein und großartig, und wir haben uns alle so verausgabt, so wenig geschlafen und so viel fettigen Kram in uns reingestopft, dass ich gestern ab und zu das Gefühl hatte, gleich kriege ich einen Schlaganfall. Wir waren tanzen (mit einer unheimlichen Begegnung aus meiner Vergangenheit, zum Glück nicht aus meinem Liebesleben vor L., drei Kreuze) bis die Füße glühten, wir haben Geburtstag gefeiert, wir waren bummeln, die Mädchen haben endlich das Haus zu sehen gekriegt und sind begeistert. Sie finden, wir beide passen perfekt da rein, sie belegen jetzt schon den Dachboden als Gästezimmer mit Beschlag und sie können es kaum abwarten, bis wir endlich da wohnen und sie alle zu Besuch kommen. Und erst, als sie das gesagt haben, habe ich gemerkt, wie wichtig mir das war, dass es ihnen auch gefällt. Jetzt sind sie wieder weg, jedenfalls die Berlinerinnen, aber sie kommen wieder, irgendwann vielleicht sogar wieder richtig und ganz und für immer. Das wäre schön.

(Und fragt mich bloß nicht nach dem Geheimprojekt. Ich gehe täglich zum Briefkasten, und je nachdem, wann ich eine bestimmte Sache darin finde, kann ich euch auch mehr erzählen. Aber bis dahin eben noch nicht. So. Die Post kommt um zwei.)

Samstag, 17. April 2010

Das beste neue Mäppchen, das ich jemals hatte

Als kleines Mädchen gab es für mich kaum etwas Besseres als einen neuen Stift. Schultage, an denen ich einen neuen Tintenkiller im Mäppchen hatte, einen, bei dem die Löschseite noch ganz weiß war, hatten ein besonderes Aroma. Irgendwie fühlte ich mich größer und gleichzeitig leichter, wenn ich an so einem Tag mit meinem tonnenschweren Scout loswackelte. Das Hochgefühl, gleich ein ganz neues Mäppchen zu haben, durfte ich in der Grundschulzeit zwei mal erleben. Großartig, wenn der Radiergummi noch ganz scharfe Kanten hatte und im Spitzer noch keine Buntstiftmiene klemmte! Einen NEUEN FÜLLER gab es leider erst in der sechsten Klasse. Da habe ich die Schule schon so gehasst, dass mich auf dem Schulweg wenig aufheitern konnte. Aber ein neuer Füller war eine Ausnahme. Mit dem machten sogar Englischarbeiten eine Weile lang Spaß.

Diesen Post schreibe ich zum ersten Mal von meinem eigenen, neuen und noch schneeweißen iPhone. Hier liegt eine im Mädchencamp, hat gerade gelernt, wie man den Tastenklang ausschaltet, damit das andere Mädchen neben ihr nicht aufwacht, und ist sehr glücklich.

Donnerstag, 15. April 2010

Kleiner Post ins Blaue

Heute habe ich im neuen Haus das zukünftige Schlafzimmer und das Zimmer daneben gewischt, damit wir zwei alte Matratzen da hinpacken konnten. Wir haben immer noch keine Nacht da geschlafen, und wenn wir es täten, wäre das schon ein kleines Abenteuer. Ich bin gespannt, ob es spukt. In irgend einem Astrid-Lindgren-Buch stand mal, wenn man vor der ersten Nacht im neuen Haus die Fenster zählt, dann träumt man, wen man mal heiratet. Gut, das weiß ich ja nun schon. Könnte ich nicht stattdessen träumen, ob das irgendwann mal klappt mit den Abkürzungen? In meiner Klinik hängt ein Kalender, auf den sie jedes mal ein kleines rotes Herz kleben, wenn ein Baby geboren wird, zu dem sie etwas beigetragen haben. Der Kalender sieht proppenvoll aus. Da muss doch auch noch Platz für uns sein?

Ach je. Heute hab ich für den Hund sein komisches Spielzeug geworfen, das aus orangefarbenem Hartgummi ist und so gut riecht, dass ich am liebsten selbst hinterherrennen und reinbeißen würde, und hab mir dabei gedacht: das Leben war auf jeden Fall unkomplizierter ohne Hund. Ich habe, seitdem Lili bei uns ist, keinen einzigen Morgen mehr so lange schlafen können, wie ich gerne geschlafen hätte. Das hat sich für den Alltag ziemlich schnell eingependelt, und ich freu mich inzwischen, wenn ich am Rechner sitze, sehe, dass es noch nicht zehn Uhr ist, und ich habe schon einen ziemlich dicken Teil von dem geschafft, was ich heute unbedingt tun muss. (Ihr werdet jetzt sagen, was sind das denn für popelige, low-achiever To Do-Listen? Sind sie gar nicht! Aber ihr ahnt nicht, um welche Zeit das Tier sich erhebt.) An den Wochenenden war es auch manchmal hart. Ich hatte z.B. einen Höllentag, als die Berliner Mädchen zuletzt hier waren, L. morgens zum Tischtennis abgerückt ist und wir in der Nacht davor einen herrlichen Schanzenbummel hatten. Ich stand graugrün auf der vereisten Wiese und hätte heulen können, so ein Elend war das. Aber dieses Wochenende - dieses Wochenende haben wir Hundefrei. Der Hund fährt mit L.s Mutter in die Heide, bis Sonntag Abend ist sie weg, und die Mädchen kommen zu Besuch, und wir campieren zwei großartige Tage lang bei einem Mädchen und haben es rundum gut.

Und dann dachte ich mir: das gilt vermutlich für die meisten richtig tollen Dinge, dass sie das Leben erst mal komplizierter machen. Zum Beispiel L.: ich bin jeden Tag dankbar und glücklich, dass ich L. habe, denn da hab ich wirklich schon ganz anderes erlebt. Aber trotzdem war das Leben als Single irgendwie unkomplizierter. Mit dem Hund ist es das Gleiche. Und für einen richtig tollen Job (oder auch nur Auftrag) gilt das auch. Von Kindern wollen wir gar nicht reden. Bis ein Kind so weit wäre, dass ich es mit Oma in die Heide fahren lassen könnte, werde ich vermutlich ganz andere Sachen zu überstehen haben als kalte Füße und grünen Kopf auf einer eisigen Wiese.

Ich sitze auf dem Balkon, Lili zerpflückt eine olle Fußmatte, die wir extra zu diesem Zweck aufgehoben haben, und ich freu mich wie besengt, dass mein Leben zwar in den letzten Monaten komplizierter geworden ist, aber jetzt zwei Tage kommen, die phantastisch einfach werden. Und ich frage mich, wohin genau dieser Post eigentlich führen sollte? Aber jetzt klingelt der Küchenwecker, und der sagt mir, dass ich mir leider nicht weiter den Kopf zerbrechen kann über Posts und ihre Ziele, sondern mit der Bollo fürs Wochenende weitermachen muss. (Ihr denkt vielleicht inzwischen, ich kann nichts anderes als Bollo. Aber das stimmt nicht, Schuld sind die Mädchen, die immer nur das gleiche essen wollen! Eine Weile lang bedeutete Mädchenwochenende immer, dass ich ein Huhn mit einer Zitrone im Po zu machen hatte. Ich träumte von Filet Wellington, von Gulasch, von Coq au vin, aber sie wollten das mit der Zitrone. Jetzt wollen sie gerade immer nur Bollo. Ihr könnt sagen, was ihr wollt, ich habe manchmal das Gefühl, dank Mädchen, Hund und L. bin ich eigentlich auch ohne Elternseminar ganz gut vorbereitet auf die vier Kinder, die ich dank Abkürzungen demnächst sicher ganz bestimmt bekomme.)

Mittwoch, 14. April 2010

Entschuldigt gefehlt

Dass hier gerade nichts steht, heißt nicht, dass auch nichts passiert. Es passieren haufenweise Dinge, ständig. Mein Schlüsselbund z.B. wächst gerade zu Psychiatrie-Dimensionen an, die letzte Zählung ergab 14 Schlüssel, und ich fahre kein Auto. Noch gewaltiger wäre er, wenn ich aus dem riesigen Haufen Schlüssel, die zum Haus gehören, je einen daran befestigen würde. Aber ich tu's nicht, schließlich will ich nicht jahraus-jahrein im Dufflecoat rumlaufen müssen, damit der Schlüssel in die Jackentasche passt.
Dann bin ich heute, genauer gesagt, vor wenigen Stunden, wieder in einen Fitnessclub eingetreten. Ich weiß, ich weiß, das hatten wir alles schon, aber Flora ist listiger geworden und hat für ein bisschen mehr Geld einen Vertrag abgeschlossen, aus dem sie monatlich raus kann. Heute war ich beim Pilates, auf der Tretmühle und in der Sauna. Und jetzt fühle ich mich so durchgeschwitzt, innerlich gereinigt und selbstzufrieden, dass ich mich hassen würde, wenn ich nicht ich wäre. (Man sollte, man müsste sogar eine rauchen jetzt. Aber leider habe ich L. dazu verdonnert, meine Gesundheitspolizei zu sein, und jetzt hab ich den Salat.)
Wenn ich jetzt nachts aufschrecke, dann mache ich mir zwar über manches Sorgen, aber nicht über Geld. Denn noch habe ich zwar nichts, gar nichts auf dem Konto, aber es scheint fast so, als ob das Jobglück mir gerade zulächelt. Das heißt noch nicht, dass irgend ein Arbeitgeber die nächsten Jahre fest mit mir zusammensein will! Aber es ist immerhin nicht mehr so, dass der Arbeitsmarkt plötzlich wie ausgestorben erscheint, wenn ich ihn betrete, so wie wenn man sich eine Bar verirrt, für die man zu hässlich ist.
Und das Geheimprojekt ist so dermaßen vorangekommen, Junge Junge, uiuiuiui, wenn ihr wüsstet, mein lieber Herr Gesangsverein! Und noch diese Woche ist es vermutlich irgendwann schon nicht mehr so geheim.

Jetzt wisst ihr, was ich tue, wenn ich nicht poste. Ich versuche, meinen zu dicken Schlüsselbund aus meinen Taschen rauszupopeln, ich schwitze kontrolliert, ich arbeite und arbeite vielleicht demnächst noch mehr, und ich spinne geheime Intrigen.

Montag, 12. April 2010

Nachtrag

Man könnte ja denken, meine Eltern wären irgendwie blöd oder so, wenn man den Eintrag von heute morgen liest. Nein, sind sie bestimmt nicht. Sie sind weder blöd noch aufdringlich noch engstirnig noch sonst irgendwas, was viele Eltern sind. Aber das sind andere Eltern, nicht meine! Der Punkt ist nicht, wie sie sind, sondern wer. Nämlich Eltern. Und mit denen kann man (ich. sag doch: ich.) manche Dinge einfach nicht besprechen, ohne sich hinterher zu fühlen, als würde man zu wenig Luft kriegen. Ich kann keine Kinder kriegen und arbeite manchmal schwer, manchmal weniger schwer daran, dass es vielleicht trotzdem klappt. Wenn ich nicht mit ihnen darüber spreche oder, noch schlimmer, ihnen sage, dass ich nicht mit ihnen darüber sprechen will (denn "ich will nicht darüber sprechen, mit niemandem" könnte ich wohl kaum sagen, wo ich hier vor Gesprächswunsch täglich überquelle), dann glaube ich, dass ihnen das Kummer macht. "Sie wird uns fremd" würden die kummervollen Augen sagen. "Wir haben nichts mehr mit ihrem Leben zu tun." Ach, brrrrrrr, schrecklich. Und dann erzähle ich halt, wenn sie fragen, und dann liege ich nachts um drei wach und fühle mich, als würde ich in einem alten Schlafanzug in meinem alten Kinderbett liegen, und die Tür ist nur angelehnt, und von nebenan hört man den Abspann des Tatorts.

Es gibt sicher Familien, in denen Kinder mit ihren Eltern so etwas besprechen und davon nicht schlecht träumen, sondern das gute Gefühl davontragen, mit sich und der Welt im Reinen zu sein, und wie toll, wenn man so vertraut ist mit Mama und Papa. Bitte sagt mir, dass ich Recht habe, wenn ich mir sicher bin, diese Familien leben im Fernsehen.

Warum eigentlich kein Goldfisch?

Es ist jetzt 10 Uhr. Ereignisse mit Lili-Bezug bisher:
- Ich wurde davon wach, dass sie mit nasser Schnute einen Kopfsprung in mein Gesicht gemacht hat und ihre Zunge in mein rechtes Nasenloch gerammt hat.
- Sie hat ein riesiges Loch in meine Lieblingsunterhose gemacht.
- Sie hat auf der Wiese ein Stück Brot gefunden, und ich bin zwanzig Minuten lang schreiend, bettelnd, drohend und flehend hinter ihr hergerannt in der Panik, das wäre von den Assis, die um ihre Hundewiese herum wohnen, vergiftet worden.
- Sie wollte sich mit einem Rollstuhlfahrer anfreunden. Wie Anfreunden bei ihr geht, erlebe ich jeden Morgen um sieben. Zum Glück habe ich sie mit einem Superbowl-reifen Hechtsprung eingefangen. Jetzt müssen meine Jeans und meine Jacke in die Wäsche, aber gut, dafür konnte der Rollstuhlfahrer ohne Hundesabber im Gesicht seine Fahrt fortsetzen.
- Sie ist an mindestens fünf Menschen in dunkler Funktionskleidung vorbeigegangen, nur um dann am Frauchen von zwei widerlich kläffenden Ratten mit langen Zähnen hochzuspringen, die eine weiße Hose anhatte. Ich habe mich so sehr entschuldigt, wie ich nur konnte. Ich habe ihr angeboten, die Reinigung zu bezahlen. Stattdessen habe ich dafür bezahlt, indem ich mich fünf Minuten lang von dieser mir grundunsympathischen Frau und ihren zwei grundunsympathischen Hunden habe ankeifen lassen. Reinigung wäre mir lieber gewesen.
- Sie hat heute schon viermal versucht, in die Badewanne zu springen, um dort die Pfütze aus Rohrfrei und brackigem Wasser auszutrinken. Die Wanne ist nämlich verstopft. Ich könnte mir vorstellen, auch das hat was mit Lili zu tun.
- Sie hat sich in der Küche ein Stück Käse von der Arbeitsplatte geholt. Zum Glück mieser Käse, und ein kleines Stück davon. Trotzdem nicht gut.

Und dann sitzt sie vor mir und guckt mich so an:

90% schön, 10% anstrengend

Natürlich haben sie gefragt. Und ich weiß, wie zurückhaltend und vorsichtig sie sind, das heißt, das, was sie mich fragen, ist immer nur die Spitze des Eisbergs. Im Moment scheint ihr großes Thema "Behandlungen im Ausland" zu sein. Sie haben da jemanden in einer Talkshow sitzen sehen, der ist also so sagenhaft erfolgreich mit seiner Klinik... und sie haben da was gelesen... ich hab tief durchgeatmet und ihnen dann erklärt, dass das alles sein kann, dass aber Erfolgsquoten auf ganz unterschiedliche Arten zustande kommen. Manche Kliniken schicken alles weg, was ihnen zu alt oder zu krank ist, um sich ihre schöne Quote nicht zu vermasseln. Andere lassen länger brüten, und was dann noch da ist, hat bessere Aussichten. Und wieder andere... nein, ich bin dafür kein Experte, auch nicht annähernd, und ich versuche sogar, mich davon abzuhalten, zu viel darüber zu lesen und zu erfahren. Aber mein Hauptargument war: ich kann nicht auf den Druck, unter dem ich so schon stehe, noch den Druck packen, mich vier Wochen lang in der Tschechei oder sonstwo aufzuhalten, und dann klappt es am Ende vielleicht immer noch nicht. Ich hab einen Beruf, einen Mann, einen Hund, Freunde und jetzt auch noch ein Haus, die brauchen alle viel Zeit und viel Liebe. Ich will nicht Wochen in irgend einer Pension im Ausland verbringen, damit mir alle zwei Tage jemand Blut abnimmt. Ich will auch nicht Tage da verbringen. Ich will, dass es hier klappt. Wie bei genügend anderen Frauen auch. Und außerdem würde ich, wenn ich mir das aussuchen könnte, lieber nicht mit meinen Eltern darüber sprechen. Aber der Zug ist abgefahren, und jetzt ist es eben so. (Tun Frauen ohne solche Probleme das? Erzählen die ihrem Vater, wie oft sie letzten Monat im Bett waren und wann der Eisprung war, so dass er beruhigt sein kann, dass das schon noch was wird mit dem Enkel?) Ich kann noch nicht mal selbst sagen, wieso mich das so stresst. Sie selbst glauben offensichtlich, das ganz locker zu sehen, denn, wie meine Mutter bemerkte, sie haben ja noch zwei andere Chancen auf Enkelkinder. Räusper.

Gut. Aber nicht, dass ihr jetzt denkt, das wäre der Generationenworkshop "Kinderwunsch" gewesen. Nein nein, die meiste Zeit hatte ich Babyfrei. Wir haben den Schlüssel bekommen. Meine Eltern haben die Hütte inspiziert und waren teils begeistert, teils besorgt, wie das alles werden soll. Die Zone im Gehirn meines Vaters, die für Gartenarbeit zuständig ist, hat so geglüht, dass er vermutlich nachts im Dunkeln geleuchtet hat. Wir waren lecker essen, ich durfte nichts bezahlen, und meine Mutter hat mir ein fabelhaftes Sommerkleid und ein schönes neues Tuch zum Geburtstag gekauft, während mein Vater den Hund gehütet hat. Wir waren spazieren, haben auch über hundert andere Sachen geredet, und ich freu mich schon sehr drauf, wenn wir diesen Sommer mit L.s Mutter zu ihnen fahren und ich ein bisschen damit angeben kann, wie nett man es da haben kann.

Freitag, 9. April 2010

Seht ihr? Genau das meine ich.

Sowas wie gestern Abend passiert, wenn ich z.B. Vino Verde trinke. Leichten, portugiesischen Wein. Der hat nur 9%! Und schon sitze ich da und schreibe Blödsinn. Wieso ist Morgen denn immer der mieseste Tag von allen? So ein Quatsch! Vor allem, wo doch heute der Tag ist, an dem meine Eltern zu Besuch kommen und wir vor allem endlich und endgültig das Haus in Beschlag nehmen. Wir bekommen einen Schlüssel! Zum Haus! Und wenn es uns danach einfällt, die Wände lila zu streichen oder eine Badewanne in die Küche zu stellen, bitteschön! Das ist doch schön! Und der Tag danach, also morgen, ist auch alles andere als mies - z.B. deshalb, weil meine Mutter mit mir nachträglich Geburtstagseinkaufen geht. Es gibt also nicht den geringsten Anlass für Gemecker, wenn man mal davon absieht, dass ich mir über Nacht den Hals so verlegen habe, dass ich jetzt nur noch in eine Richtung gucken kann, in amerikanischen Filmen würde man sagen, auf zehn Uhr.

Na, freut ihr euch auch so auf mein iphone wie ich? Das kann ja heiter werden. Oder mies, ganz mies.

Donnerstag, 8. April 2010

Morgen. Immer der mieseste Tag von allen.

Der Hund bekommt langsam einen Kopf, der genau so dick und wollig ist wie meiner. Sie wühlt sich mit ihren Welpenwackelzähnen in einen Stock, ich wühle mich mit der Hand über ihre Hundemöhre. So sitzen wir auf der Wiese und haben es schön zusammen. Gestern Nacht hat sie ihren ersten Backenzahn verloren, L. hat die ganze Nacht auf etwas Stacheligem gelegen und im Halbschlaf nicht genug Energie aufgebracht, um nachzusehen, was das ist. Das war der Zahn. Eltern von Menschenkindern schaffen für sowas wie Milchzähne vermutlich kleine Döschen an, wir haben den Fund erst mal ins Bücherregal gelegt.
Morgen bekommen wir den Schlüssel zu unserem Haus. Ab dann können wir jederzeit rein und rausspazieren, ganz wie es uns passt, ohne dass die Maklerin mitkommt (nicht, dass wir jemals was gegen ihre Anwesenheit hatten, sie ist sehr nett). Eigentlich könnten wir schon dieses Wochenende dort campen, aber meine Eltern kommen zu Besuch, und die sind nicht die weltleidenschaftlichsten Camper. Aber hinfahren werden wir, eine Flasche köpfen vermutlich auch, und der Hund darf zum ersten Mal die Runde durchs Haus drehen, ohne dass wir panisch sind, sie könnte einen Pisch setzen. Die alte Hundemöhre.
Ich hoffe, meine Eltern sind friedlich, was den Kinderwunsch betrifft. Wenn sie das hier jemals lesen, will ich jetzt schon sagen, ich weiß, ihr wollt eigentlich immer friedlich sein. Ihr wollt keinen Druck machen, mir zeigen, dass ihr mich unterstützt, und auf keinen Fall den Eindruck erwecken, ihr würdet die Minuten bis zum ersten Enkelkind zählen. Ich weiß, ich weiß, ich weiß. Der Druck entsteht vermutlich auch eher in mir als von euch aus. Aber aus irgend einem Grund hat er trotzdem mit euch zu tun. Bitte keine Diskussion über Adoptionen oder Eizellenspenden oder auch Leihmütter. Wäre es nicht schön, wenn wir uns alle für ein Wochenende vorstellen könnten, ihr wüsstet nicht, was mit mir nicht stimmt, sondern wir würden einfach alle zusammen still vor uns hinhoffen, dass das irgendwann klappt, ohne dass wir drüber sprechen müssen?

Ach, hat ja keinen Sinn. Also, herzlich willkommen. Und sagt ruhig, was euch zu Adoptionen sonst noch so einfällt. Ich hab euch sehr gern.

Mittwoch, 7. April 2010

Vorsätze zum Umzug. Teil 1.

Ich werde ein Fahrrad an diese Station stellen, die schon fast da ist, wo ich meistens hin muss. Das Fahrrad wird sicher genug sein, dass ich nicht seinetwegen sterbe, und oll genug, dass ich nicht heule oder fluche, wenn es geklaut wird.

Ich werde abends nicht um acht im Schlafanzug auf dem Sofa liegen und Super Mario spielen, den Zeit-Stapel durchackern oder mir L.s Law and Order-DVDs ansehen, sondern ich werde mit meiner Latzhose irgendwas bohren oder anstreichen. Immer. Jeden Tag. Bis es irgendwann gut ist.

Ich werde dem Hund fabelhafte Spaziergänge spendieren. Wir werden stundenlang durchs sturmgepeitschte Moor laufen. Oder wenigstens stundenlang durch den sturmgepeitschten Park. Ich werde Stöckchen werfen und so lange Zeit haben, bis Lili und der andere Hund sich lange genug über die Wiese gejagt und in die Ohren gezwickt haben werden. Ich werde nicht der Versuchung nachgeben, noch ein bisschen länger am Rechner zu sitzen und den Hund nur kurz in den Garten zu lassen. Jedenfalls nicht öfter als morgens ganz früh und abends ganz spät.

Ich werde den riesigen Einbauschrank nicht dazu missbrauchen, jeden alten Scheiß aufzuheben. Unterwäsche mit Löchern, Socken ohne Sohle, Jeans in Größe 27 und Tops in Größe 34 haben in meinem Kleiderschrank keine Existenzberechtigung.

Ich werde mehr Zeit damit verbringen, dafür zu sorgen, dass es schön wird, als damit, davon zu träumen, wie schön es mal werden könnte.

Ich werde mich nicht gruseln. Nicht, wenn L. nicht da ist, nicht im Keller, nicht im Dunkeln, nicht auf dem Dachboden. Ich werde keine irren Phantasien entwickeln darüber, wie genau der alte Sack gestorben ist und wo und wie man ihn gefunden hat. Ich werde mir nicht einbilden, dass sich Gesichter an den Scheiben des Wintergartens zeigen, und ich werde keine komischen Geräusche hören.

Ich werde Obstbäume pflanzen.

Ich werde Rosen pflanzen.

Ich werde lernen, was ich tun muss, damit es ihnen gut geht.

Ich werde die Nachbarn kennenlernen, und wenn ich sie blöd finde, sofort wieder vergessen, dass es sie überhaupt gibt.

Ich werde Leute zum Essen einladen.

Ich werde in jedem Zimmer irgendwas haben, womit ich Musik hören kann.

Ich werde lernen, keine Angst mehr vor Kreissägen zu haben. (Vielleicht der schwierigste Punkt auf der Liste.)

Ich werde mich nicht drum scheren, dass die Nachbarschaft vermutlich nicht viel von meinem Kleidungsstil hält.

Ich werde endlich die Fotos entwickeln lassen, rahmen und aufhängen.

Wenn jemand für L. anruft, werde ich aufschreiben, wer es war und was er wollte.

Ich werde Rechnungen nicht mehr auf einen Stapel werfen und vergessen, sondern verdammt noch mal endlich meinen Kram in Ordnung bringen und in Ordnung halten.

Ich werde jeden Tag mindestens zwei Stunden arbeiten. Auch Samstags und Sonntags. Zwei Stunden kommen euch wenig vor, aber wir warten mal ab, bevor wir die Zahl hochschrauben.

Ich werde an meinem Schreibtisch sitzen und Sachen schreiben.

Wenn jemand aus der Familie sagt "guck mal, ich hab hier diese fabelhafte Lampe/Kommode/Blumenampel/Guillotine, die sieht doch toll aus, wollt ihr die nicht haben für euer Haus?" dann werde ich sagen "das ist nett, aber nein Danke. " Ich werde mich bei jedem Teil, das wir ins Haus tragen, fragen, ob das wirklich schön ist und wir es brauchen. Wenn nicht, dann bleibt es draußen.

Ich werde ein Kräuterbeet haben und es pflegen.

Ich werde versuchen, ein paar Traditionen zu erfinden und mich an sie zu halten. (Bei meiner Lieblingstante gab es z.B. die Tradition, dass wochentags alle Abends einen kleinen roten Apfel auf ihrem Kissen finden, den sie vor dem Einschlafen noch essen können. Am Wochenende kriegen alle eine Tasse Tee mit einem selbst gebackenen Keks ans Bett. Ihr fragt euch, wieso das meine Lieblingstante ist? Solche Traditionen will ich auch.

Die Venusfliegenfalle unter den Gastgebern

Morgen Abend kommen die Mädchen. Das heißt, um genau zu sein, wäre heute auch schon Mädchenabend gewesen, allerdings Mädchensportabend, und weil in letzter Minute noch eine Mail kam, nach der ich ein paar Texte schon heute Abend rausschicken muss, damit mein Kunde sie morgen früh lesen kann, und nicht erst morgen Nachmittag wie gedacht, werden die Mädchen ohne mich auf Matten stehen und versuchen, sich nicht im Spiegel dabei anzugucken, wie sie ihr Powerhouse anspannen (oder was auch immer man mit seinem Powerhouse macht). Jedenfalls, morgen Abend kommen sie, und während ich poste, gleichzeitig über die Texte nachdenke und den Hund hüte, kocht auf dem Herd die Bolognese, mit der ich sie morgen dafür entschädigen will, dass ich heute gekniffen habe. Und ich überlege mir, wie das alles werden soll im neuen Haus. Das Haus ist wirklich, wirklich weit draußen. Wenn ich jetzt das eine Mädchen besuche, dann geht das so: ich ziehe meine Jacke an, stecke den Schlüssel ein, steige aufs Fahrrad und bin zehn Minuten später bei ihr. In vier Wochen geht besuchen so: ich ziehe die Jacke an, laufe sieben Minuten zur Ubahn, warte vermutlich fünf Minuten, dass sie kommt, fahre dann 20 Minuten und laufe noch mal fünf Minuten zu ihr. Das ist nicht direkt eine Weltreise, aber anders ist es schon. Ich mache mir auch keine Sorgen, dass ich die Fahrt nicht oft genug schaffe. Wenn ich mir wieder einen Job in der Stadt suche, dann werden die Mädchenabende die Abende sein, an denen ich einfach ein bisschen länger am Rechner sitze und noch was fertig mache, und dann gehe ich erst zu einem der Mädchen und dann nach Hause in die Wildniss da draußen. (Ziehe ich vorher die Jacke an? Vermutlich schon!) Was mir Sorgen macht, ist vielmehr, ob die Mädchen sich oft genug aufraffen können, zu mir zu kommen. Wenn nicht, könnte ich es ihnen noch nicht mal verdenken, man zieht schließlich nicht in die Stadt, um sich dann 20 Minuten in die Dusselsubahn zu setzen. Und spät nachts das Gleiche noch mal. Um dafür zu sorgen, dass sie es trotzdem tun, gibt es nur einen Weg: ich muss in den nächsten Wochen daran arbeiten, die weltbeste Gastgeberin zu werden. Es soll ihnen so dermaßen gut gehen bei mir, dass sie vollkommen vergessen, dass später noch eine Ubahn auf sie wartet (wenn sie Glück haben) oder eine Nacht auf meiner Gästecouch. Ich muss einfach besser werden. Besser kochen, besser backen, besser aufräumen, ich muss mir CDs brennen und Playlists machen, damit die Musik die Mädchen einfach von den Sitzen reißt, ich muss Fluppen in den Lieblingssorten der Gäste parat haben, ich muss Lieblingsweine anbieten, ich muss das Frühstück des Jahrtausends anbieten, und Lili wird auch enorm busy sein in den nächsten Wochen, denn Lili muss die Tricks draufhaben, die die Herzen der Gäste zum Schmelzen bringen. Das sind doch Aufgaben! Und ausgerechnet jetzt soll ich arbeiten, Hallo?

Dienstag, 6. April 2010

Ch-Ch-Ch-Changes

Vor langer Zeit (so fangen immer Posts über frühere schmerzliche Erlebnisse an, und dieser hier ist da keine Ausnahme) hatte ich mal einen Freund. Mit dem lief es so lala. Ich war zwar verknallt, aber skeptisch, denn erstens hatte er nie Zeit für mich, zweitens waren da einige Merkwürdigkeiten, und drittens... ich weiß auch nicht. Eines Tages sagte er mir, dass es da eine andere gäbe, nur könnte er sich leider nicht entscheiden. Ich heulte, hörte wieder auf zu heulen und sagte, gut, dann sollte er sich eben entscheiden. Dann bin ich in ein Taxi gestiegen und nach Hause gefahren. (Ich weiß, der starke Frauen-Liebes-Kodex würde jetzt ganz klar vorsehen, ihm was zu husten, aber ich konnte irgendwie nicht.) Ich machte mich rar (erbärmliche Übung, aber ich war verwirrt, doof vor Kummer, und das war mein schwacher Versuch, zu kämpfen). Ich hatte Geburtstag, er rief noch nicht mal an und wurschtelte sich hinterher doch irgendwie raus. Dann kam der Tag, an dem ich mit einem Freund bei einem Konzert war und hinterher nichts mehr mit trinken wollte, sondern zum Bus gegangen bin. Und an der Bushaltestelle stand er, knutschend, mit der anderen. Es stellte sich heraus, dass Die Andere nicht, wie in meiner Phantasie, eine femme fatale mit ungeahnten Qualitäten war, sondern eine Kollegin von mir, die ich irgendwie.. naja... also, ein bisschen gestaunt habe ich schon. Ich stieg in meinen Nachtbus, sie setzte sich mit einem Plumps neben mich und fragte fröhlich, wie es sonst so läuft bei mir. Ich habe noch ein bisschen mehr gestaunt.

Das war alles nicht schön, ein ganz gewaltiges Schlamassel und Stoff für viele unvergessliche Mädchenabende. Für vielleicht mehr Mädchenabende, als meinen Mädchen lieb war.

Aber am übernächsten Tag bin ich losgegangen und hab mir meinen ersten richtigen Handyvertrag besorgt. Schluss mit Prepaid, jetzt war es Zeit, erwachsen zu werden und der Welt die Zähne zu zeigen.

Seitdem war ich viele, viele Jahre lang Kunde bei einem Handyanbieter, über den ich mich oft geärgert habe bis zur Weißglut. Die lustigen und teuren Werbekampagnen dieses Anbieters kamen und gingen, aber mein Empfang (mitten im Hamburg, durch drei Jobwechsel und drei Umzüge nicht beeinflusst) blieb beschissen. Er war sogar so beschissen, dass die Verbindung auch gerne mal abriss, während ich mit der Beschwerdestelle meines Anbieters telefonierte. Das werteten die vermutlich dann als "Zielperson legt wütend auf" und kümmerten sich weiter lieber um neue, noch witzigere Kampagnen.

Inzwischen ist mein Liebesleben frei von solchen Pleiten. Auf L. lass ich nichts kommen. Aber trotzdem hab ich gekündigt und bei einem neuen Anbieter unterschrieben. (Zeit, erwachsen zu werden und so.) Und nun steht uns ein neues Familienmitglied ins Haus: ein iphone in Weiß. Ich weiß, ich weiß, schwarz ist schicker, und wieso gibt es bei uns eigentlich nicht diese bunten iphones? Eins in Dunkelgrün oder Schokobraun z.B.? Egal, meins ist weiß, weil alle, die ich kenne, ein schwarzes haben, und das iphone auch ohne Verwechslungsgefahr schon genug Tücken birgt. Ich zittere jetzt schon vor den blödsinnigen facebook-Einträgen, die ich irgendwann nachts um drei in der Bar zum letzten Schlückchen posten werde. Aber ich zittere auch vor fürchterlichen Posts, denn bei mir reicht oft schon ein Glas Wein, und ich lass es einfach laufen. Und das mir, wo ich niemanden kenne, der sich so oft, so lange, so gründlich, so abgrundtief und so nachhaltig schämt wie ich.

Also. Wenn ihr ab nächster Woche mal einen Post lest, bei dem ihr denkt "Huch" oder auch "Naja" oder "Igitt", dann kann ich nicths dafür. Schuld wird mein Telefon sein. Und mein ewig unerfüllter Wunsch, erwachsen zu werden. Ich entschuldige mich jetzt schon in aller Form, vorbehaltlos, für alles, was da schief gehen könnte.

Hornbach statt Petit Bateau

Letzte Woche noch kalte Füße und Gejammer über den Abschied von dieser Wohnung, und nach vier Tagen in der Heide komme ich zurück und bin unwirsch. Wie fast immer, wenn man irgendwo auszieht, hab ich das Gefühl, die Wohnung klebt an mir und lässt sich nicht abschütteln. Ich würde am liebsten morgen umziehen. Oder wenigstens schon mal den Schlüssel haben und Sachen machen. Ich will in einer Latzhose durch leere Räume stratzen und Sachen anmalen. Ich will Kisten schleppen und Löcher graben. Ich will so lange raus und rein und treppauf und treppab laufen, bis das Haus mir in die Knochen übergegangen ist. Genau so, wie ich inzwischen blind durch diese Wohnung tapsen und trotzdem die Lichtschalter treffen kann, will ich das auch im neuen Haus können. (Dazu ist es erst mal nötig, dass auch überall Lichtschalter sind, aber das ist eine andere Geschichte.) Ich will mit Bohrern bohren, mit Schrubbern schrubben und mit Dampfreinigern dampfen. Ich will das Klingelschild des alten Sacks abschrauben und dafür unseres anschrauben. Ich will unbedingt diese erste Nacht im neuen Haus, in dem wir noch nur eine Matratze und ein paar Kerzen und zwei Schlafsäcke und den Hund haben. Die soll bitte jetzt sein, heute Abend. Ich will ich will ich will. Und mittendrin dann auch noch der Job. Und das Geheimprojekt. Merkt ihr was? Wenn eine höhere Macht die Absicht hätte, mir mal für eine Weile Ferien vom Kinderwunsch zu spendieren, dann hätte sie es nicht besser anstellen können.

Freitag, 2. April 2010

Aufbruchstimmung

Ich packe meine Sachen und bin raus, mein... äh...

Gleich brechen wir auf. Die Sonne strahlt, das tut sie sicher auch in der Heide, aber ich hab zu tun. Allerdings verbietet mir niemand, mich mit meinem Rechner auf die Wiese zu setzen oder ins Bett. Es wird also eine gemütliche Art von Stress. Und ich werde nebenbei bestimmt noch irgendwie dazu kommen, einen Osterbraten anzusetzen, mit Lili durch den Wald zu streifen, Feuerchen zu machen oder ein Glas Wein zu trinken. Aber ich weiß noch nicht, ob ich auch zum Posten komme, zumal das auf L.s iphone immer zehnmal so lange dauert. Darum seid nicht böse, wenn ich mich erst Montag wieder mucksen sollte. Frohe Ostern, ihr Hasen!

Donnerstag, 1. April 2010

Runter die Teetassen, hoch das Glas

Wenn ich abends von meinem Balkon gucke, dann sehe ich ein altes rumpeliges Gebäude, das sich einstöckig in unserem großen Hof duckt. (Natürlich sehe ich es auch tagsüber, es wird nicht um Mitternacht abgebaut.) Jedenfalls ist es Abends schummerig beleuchtet, und in dem Schummerlicht sehe ich Gestalten, die extatisch durch die Gegend hüpfen. Es muss eine Form von Nia sein oder so, ich spiel jetzt mal Musik, und ihr tanzt eure Gefühle. Ich hab Respekt vor den Leuten, die das tun, denn ich selbst könnte das nie. Ich muss schon verklemmt kichern, wenn ich nur Walzer tanzen soll. Manchmal muss ich sogar beim Pilates verklemmt kichern.

Jedenfalls sitze ich gerade auf dem Balkon, sehe den Menschen zu, die ihre Gefühle tanzen, und trinke ein Glas Champagner, den uns die Maklerin am Dienstag nach dem Notartermin überreicht hat. Ich hab nämlich was zu feiern.

Nach der kurzen Auftragslawine im Januar, die mich sogar dazu gebracht hat, für jemanden, der mich chronisch zu spät bezahlt, eine zusätzliche Nachtschicht einzulegen, damit ich das alles schaffe und mir ja nichts durch die Lappen geht, hat der Ansturm im Februar schon deutlich nachgelassen. Um nicht zu sagen, um 90 Prozent. Trotzdem sah es immer noch hoffnungsvoll aus, ganz viele Jobs haben gewunken, aber über das freundliche Winken ist es leider nie hinausgegangen. Anfangs hatte ich das Telefon immer noch neben mir liegen, sogar auf dem Klo, für den Fall, dass es klingelt und ich gebucht werde. Aber es hat nie geklingelt, und irgendwann habe ich es zu L.s großem Zorn ständig liegengelassen, wenn ich mit dem Hund draußen war. Gestern hat es im Bücherregal gelegen und geklingelt, während Lili gerade einem Stöckchen nachrannte. Aber es hat zum Glück noch mal geklingelt, und dann noch mal und noch mal, und gerade war ich bei einem Treffen mit einem Auftraggeber, und nun sieht es so aus, dass ich tatsächlich, wahr und wahrhaftig gebucht bin, und zwar, wenn es gut läuft, für einen ganzen Monat mit einem großartigen Auftrag. Einem Auftrag, bei dem ich so viele Freiheiten und Möglichkeiten habe, mir die Zeit viel freier einteilen kann als sonst und trotzdem noch Zeit habe, andere Dinge zu tun, die ähämm, z.B. mit dem Geheimprojekt, dem Hund, L. und den Mädchen zu tun haben. Das ist doch mindestens ein Grund für Champagner. (Sehr aufmerksame und strenge Leser werden jetzt anmerken, vielleicht sei ja mein Drang zu Champagner und anderen teuren, aber schönen Dingen, sobald sich mal ein Silberstreif am Horizont zeigt, Teil des Problems. Ja nun...)

Ich trinke also darauf, dass ich endlich wieder beschäftigt bin, und zwar gut und sinnvoll und interessant.
Und darauf, dass das Konto endlich wieder geflutet wird.
Darauf, dass ich mich nicht mehr fühle wie Klein-Doofi mit meinen hochfliegenden Selbständigkeitsträumen. Das ist schön, denn Klein-Doofi und unfruchtbar zusammen ist doch ein bisschen fies.
Darauf, dass ein sehr, sehr feiner Kerl, mit dem ich ganz, ganz früher mal zusammengearbeitet habe, im richtigen Moment an mich gedacht hat.
Und darauf, dass das Leben doch scheinbar ziemlich nett zu mir ist. Wenn dieses ewige "Genau in dem Moment, wenn du nicht damit rechnest" auch langsam schon klingt wie ein schlechtes Skript.

Cheers, ihr Abkürzungshasen!

Ich leg mich mal kurz auf die Couch.

Zwei Tage danach habe ich Pläne. Ich habe Emails geschrieben an Personal-Agenturen, ich freu mich auf zwei Urlaube (eigentlich sogar drei), ich habe ein Osterwochenende in der Heide vor der Nase, der Hund kriegt eine neue Frisur, und heute muss ich unbedingt noch eine kleine feine Seite fertig machen. Gestern kam außerdem ein Anruf, und wenn alles gut geht, dann hab ich ab demnächst wieder einen Monat lang gut (und gut bezahlt) zu tun. Und dann ist da ja auch noch das Geheimprojekt.

Es ist fast, als hätte es das nicht gegeben: die Spaziergänge mit Hand auf dem Bauch durch den Garten, bei denen ich dem Würmchen gezeigt habe, wie das da draußen so ist im Frühling. Die kleine, klammheimliche Vorfreude, die manchmal eben doch kam. All das, was ich mir in meinem Fusselhirn so ausgedacht habe. Nun bleiben wir doch erst mal nur zu zweit, und ich frage mich manchmal: müsste das nicht doller weh tun? Versteht mich nicht falsch, ich bin in keiner Weise verrückt nach Schmerzen. Aber was ist denn los mit mir?

Ein paar Gründe hätte ich schon. Zum Beispiel den, dass ich mir wirklich vor dem Test Sorgen gemacht habe, wie das bloß werden soll mit einem neuen Job, und den brauche ich wirklich dringend, sonst drehe ich noch durch. Oder den, dass uns demnächst ein Umzug ins Haus steht, und nach dem Umzug fängt der Stress erst an, denn die Kapitänshütte ist in einem ziemlich grauenvollen Zustand, und das heißt: es wäre besser, wenn ich in den nächsten Monaten nicht so viel Zeit mit hochgelegten Füßen und einem Tässchen Fenchel-Anis-Kümmeltee verbringen muss, sondern Löcher Bohren, Kisten schleppen, Türen streichen und Dielen schleifen kann. Dann ist da noch der dicke Grund, dass ich schon dran gewöhnt bin, dass es nicht klappt. Jedenfalls noch nicht. Das sind alles gute Gründe, und sehr vernünftige Gründe.

Aber... aber... aber...

Nichts aber.

Ich habe beschlossen, dass der Kinderwunsch jetzt erst mal Pause hat bis zum Sommer. Bis dahin dürfen Jobwunsch, Umzugswunsch, Nestbauwunsch, Urlaubswunsch, Sportwunsch und Spaßwunsch ran. Und wenn der Sommer dann kommt, dann werde ich so dermaßen durchgesportelt, entspannt, entgiftet, gesund ernährt und glücklich sein, dass das nächste Würmchen gar nicht anders kann als bleiben.