Dienstag, 2. März 2010

Neues vom Tier

Heute Morgen hat Lili die unverzeihliche Sünde begangen, ins Bett zu pinkeln. Nicht in ihr eigenes, sondern in unseres. Ich war schon dabei, mich fertig zu machen für ihren barbarisch frühen Morgenspaziergang. L. hatte sie auf dem Schoß und wollte verhindern, dass sie sich die Wartezeit in irgend einer Ecke unserer Wohnung mit einem Pisch versüßt. Da hat sie sich scheinbar gedacht: warum in die Ferne pischen? und direkt an Ort und Stelle die Matratze durchweicht. L. ist stinksauer, und ich bin nach Mütterart "nicht böse, aber enttäuscht" und frage mich, was ich falsch gemacht habe?
Jetzt steht also ein Matratzenkauf an. Ich kann euch sagen, Hunde gehen ins Geld. So ungefähr eine IVF im Jahr kostet das Tier.

Anlass für mich, mir zu überlegen, was durch sie alles anders geworden ist.

Seit wir Lili haben,
- habe ich keinen Morgen länger als bis neun geschlafen. Genauer gesagt hab ich EIN mal bis neun geschlafen, sonst meistens so bis halb acht.
- wandern Nahrungsmittel, die auf den Boden fallen, sofort in den Müll. (Früher hing das davon ab, wie lange der Putztag her war. Außerdem davon, was genau da runtergefallen war und an welche Stelle.)
- trage ich meine Gummistiefel häufiger als vorher in den fünf Jahren, seit ich sie habe.
- habe ich plötzlich den Sinn einer Brille zusätzlich zu den Kontaktlinsen erkannt. Ein Mädchen kann sich morgens um halb acht in matschigen Klamotten auf eine eisige Wiese stellen, wenn sie die Zähne zusammen beißt. Aber sie kann nicht morgens um halb acht innerhalb von zehn Sekunden ihre Kontaktlinsen einsetzen. Dieses Mädchen jedenfalls nicht.
- lese ich die Zeitschriften "dogs" und "Landlust".
- bin ich bereit (und würde mich sogar drauf freuen), ins Grüne zu ziehen. Das heißt, an einen Ort, wo man öffentliche Verkehrsmittel braucht, um ins Kino oder zum Vietnamesen oder zu Starbucks zu kommen.
- greife ich mir in die Jackentasche auf der Suche nach meinem Telefon und hole stattdessen einen drei Tage alten Käsetortellini hervor. (Die Hundelehrerin sagt, Käsetortellini sind das Hundeleckerchen der Saison. Also gut.)
- stehe ich auf der Wiese und führe Unterhaltungen, in denen die Worte "die Hundelehrerin sagt" ständig vorkommen.
- sind meine Hausschuhe nicht mehr meine Hausschuhe, sondern unsere Hausschuhe.
- mache ich jeden Morgen die Augen auf und gucke in ein kleines Fellgesicht, das mich erwartungsvoll anstarrt.
- guckt mir jemand beim Duschen zu.
- hasst mich die Hässlette noch mehr als vorher schon, falls das überhaupt möglich war. (Die Hässlette ist unsere zauberhafte Nachbarin. Früher hat sie mich schon meistens nicht gegrüßt. Jetzt faucht sie, wenn sie mich sieht.)
- hatte ich erst eine Hundehose, dann noch eine, und inzwischen drei Hundehosen und vier Hundejacken. Die Nicht-Hundekleidung in meinem Schrank gerät langsam in die Unterzahl.
- ist das Abkürzungsthema in der Prioritätenliste ganz weit nach hinten gerutscht, genauer gesagt, dahin, wo derzeit auch Kleiderkauf, Zeitung lesen, Küchenschrank aufräumen und diverse Emails mit Jobbezug rangieren: ja, muss ich unbedingt machen, aber erst nach dem nächsten Spaziergang.
- fühlt sich Barfuß gehen in der Wohnung wie Urlaub an: egal, wie oft wir saugen, man hat immer noch Sand unter der Fußsohle.
- fühlt sich der Rest des Lebens sowas von gar nicht wie Urlaub an, dass man es nicht beschreiben kann. Wir sind müde. So müde. Aber gleichzeitig ist das alles auch sehr schön.

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