Samstag, 27. Februar 2010

Unfruchtbarkeit als Charakterfehler

Früher war mir das Thema ja vollkommen wurscht. Aber in letzter Zeit bin ich leider ein bisschen übersensibilisiert dafür, wie Zeitungen und Fernsehen mit Leuten mit und ohne Kinder umgehen. Und ich kann mich da natürlich täuschen, aber ich habe doch den Eindruck, dass es so etwas gibt wie angebliche Charakterunterschiede zwischen Menschen, die Kinder haben, und solchen, die keine haben. Die Menschen ohne Kinder sind eher die zickigen, gierigen, egozentrischen und die, die immer die etwas zu enge Kleidung und das etwas zu dicke Makeup tragen. Während die mit Kindern eher die spontanen sind, die nämlich, die einfach kommen lassen, was das Leben bringt, und das sind eben Kinder. Sie leben in einem liebenswerten Chaos, können amüsant darüber berichten, wie sich die Wäscheberge stapeln und die Kleinen mit Brei werfen, aber was solls? So ist das echte Leben eben! Sie beneiden manchmal für fünf Sekunden die Kinderlosen um ihre angeblich so glamourösen Urlaube und ihr Nachtleben, aber nach den besagten fünf Sekunden ist das auch wieder vorbei, und es reicht dazu, nur einmal am Nacken ihres schlafenden Fünfjährigen zu schnuppern, dann wissen sie, was sie haben. Sie sind einfach die, die erkannt haben, worauf es wirklich ankommt auf dieser Welt. (Verklebte Eileiter haben keine Lobby bei der Bunten.)

Ach je.

Gierig? Vermutlich schon.
Zickig? Meine Freunde sagen nein, aber die haben mich auch gern.
Egozentrisch? Viel mehr, als mir lieb ist.
Aber Hölle, deshalb bin ich doch kein schlechter Mensch!

Zu dickes Makeup kann mir übrigens niemand vorwerfen, noch nicht mal die Zeugen Jehovas. Zu enge Kleidung - ab und zu, aber Hormon- und Pastabedingt, auf keinen Fall steckt die Absicht dahinter, irgendwie knackiger rüberzukommen, als mir zusteht, und wenn ich im Moment das Budget und die Zeit hätte, wäre ich längst einkaufen gewesen und hätte das Problem behoben!

Lilis und mein Mädchenwochenende

beginnt JETZT, denn gerade ist die Tür hinter L. ins Schloss gefallen, der das ganze Wochenende seinem Jungssport nachgeht, mit Übernachtung! Wir könnten uns also ab sofort hier einmuckeln. Tun wir aber nicht, denn nachher geht es in die Welpenschule, die eine kleine öffentliche-Verkehrsmittel-Weltreise weit entfernt ist, und heute Abend ist Stammtisch. Um halb neun! Wer davon zum ersten Mal hört und noch mit will, bitte schnell schnell kommentieren, dann verrate ich Details!
Gut. Was machen Mädchen, wenn sie allein zuhause sind? Sie machen sich die Nägel. Das wäre immerhin eine Methode, die Hunde-Trauerränder zu verbergen, die ich mir im Moment täglich achtmal von den Händen schrubbe. Ich könnte auch stundenlang telefonieren. Oder unbeobachtet von L. Pläne zeichnen und Listen schreiben, wie wir das Haus einrichten, wenn wir es bekommen sollten. Zwei sonnige Tage, Frühling in der Luft und tausend Möglichkeiten! Lili, was sagst du? Lili zernagt meinen Wäschekorb.

Freitag, 26. Februar 2010

Der Feind auf meinem Sofa

Und nun stellt sich auch noch heraus: Lili liebt Kinder. Wenn Hunde an ihrem Horizont auftauchen: ok, auf jeden Fall mal nachsehen, was da los ist. Wenn Kinder an ihrem Horizont auftauchen: WAAAAAAAAAAAH GAAAAAAAAA! Totale Extase! Die Beatles treten in Hamburg auf! Und dann muss ich sie zurückpfeifen und hoffen, dass die Erziehung ordentlich funktoniert hat, und sie muss an die Leine, weil sie sonst die Kinder vor Freude umspringt, und dann ziehe ich sie da weg und sie guckt mich an, und ich weiß genau, was sie sagen würde: "Bitte du auch solche Dinger machen bitte biiiiittteeeeeee?"

Brutus.

Nichts geht richtig

Gerade ist wieder mal so ein bekloppter Zwischenzustand, ich habe das Gefühl, L. und ich vermurksen unser Leben. Nicht unser ganzes Leben und auch nicht gleich die nächsten Monate mit, aber die Tage vergehen auf so eine komische Art. Ich bin nicht gebucht, das heißt, der Tag steht mir erst mal zur freien Verfügung. Theoretisch. In Wahrheit wache ich morgens deutlich vor acht davon auf, dass der Hund raus muss, und dann muss nun mal der Hund raus. Sie ist ein kleines, zauberhaftes Fellbündel, so ein Wunderhundekind zerrt man nicht wie irre hinter sich her, sondern lässt ihr Zeit, auf einem Spaziergang die Welt zu entdecken und zu erschnuppern. Und wenn es verdammt noch mal morgens halb acht ist, dann ist es eben halb acht, dass weiß doch Lili nicht! Sie schnuppert also. Dann zurück nach Hause. Dann kurz Tee, zu dem ich eigentlich gerne einen Post schreiben würde, das geht aber nicht so richtig mit Schmackes, weil L. sich diesen Moment ausgesucht hat, einige grundlegende Dinge mal anzuschneiden. Inzwischen ist klar, es lief zwar im Januar, und der Februar fing mit guten Vorzeichen an, aber auf Dauer geht es so nicht. Ich muss wohl einsehen, dass das nicht zusammengeht: ein planbares Leben, das Geld kostet, und ein nicht planbarer Job. Also zurück in die Mühle, nur in welche? Und zu welchen Bedingungen? Und kann ich überhaupt Bedingungen stellen, oder gehört mir einfach mal ordentlich der Hintern versohlt dafür, dass ich überhaupt auf die IDEE komme, Bedingungen zu stellen? Ich liege in den Kissen, den erkaltenden Tee neben mir, den Rechner mit dem angefangenen Murkspost auf den Knien, und L. liegt neben mir und stellt die großen Fragen. Dann rührt sich Lili, es ist klar, sie muss wieder raus. Also raus. Dann komme ich wieder rein, wir diskutieren zu Ende, nebenbei schreibe ich zwei-drei Emails mit Jobbezug, nur eben möglichst beiläufig, so dass L. nicht denkt, die Olle hört nicht zu. (Zuhören ist übrigens wirklich nicht meine Stärke, er hätte jedes Recht der Welt, sich aufzuregen.) bv 1 rewoijdü09 (die letzten Zeichen wurden von Lili geschrieben. Mit Sicherheit nicht der dämlichste Teil dieses Posts. Talentiert, die Kleine! Hab ich zu viel versprochen?) Dann vergeht, ich weiß nicht wie, eine Stunde, ich gucke auf die Uhr und renne unter die Dusche, kann doch nicht sein, dass der Tag so verdampft, obwohl ich um halb acht das erste Mal vor der Tür war? Kaum geduscht, muss Lili wieder raus. Statt in frische Kleider zu springen, springe ich etwas widerwillig in die von heute morgen, die jetzt schon mit einem Kilo Matsch überzogen sind. Na gut. Dann stehen wir wieder auf der Wiese, ich werfe Stöckchen und schlichte Hundekämpfe, sammle Häufchen auf und lobe für Pisch, und frage mich: es ist jetzt halb zwölf, und ich hab noch nichts gemacht!!! Noch nichts! Der Tag wird danach nicht besser. Obwohl ich jetzt eine Liste machen könnte, auf der an erledigten Dingen für heute stehen könnte:
- fünf mal mit Lili draußen gewesen
- die Löcher im Flur gespachtelt
- Tapetenreste abgekratzt
- gekocht und abgewaschen
- eingekauft und Geld geholt
- zwei Maschinen Wäsche gewaschen und aufgehängt
- einen Kuchen gebacken
- gespült, noch mal gespült, Spülmaschine ein- und ausgeräumt
und noch ein paar Sachen, die mir jetzt nicht mehr einfallen, fühlt sich der Tag wie ein einziger Haufen Murks an. (Vielen Muttis geht es vermutlich ähnlich.) Es war nicht Nichtstun, es war auch nicht Arbeit, es war kein Spaß und keine Erholung, es war keine Schufterei, aber jetzt ist es zehn vor acht, und ich könnte mich so wie ich bin ins Bett legen und sofort einschlafen. Das ist kein Leben für eine Erwachsene. Frei zu haben ohne frei zu haben meine ich. Als ich heute zum fünften Mal mit Lili auf der Wiese stand, überkam mich die ganze Murksigkeit meines Daseins wie ein nasskalter Schneeball ins Genick. Tiefe Melancholie. Und der Plan verhindert tröstendes Saufen. Ich bin so schon deutlich über dem Schnitt. Wieso muss bei mir immer alles mit Schuldgefühlen funktionieren, so dass ich mir pausenlos selbst im Weg stehe wie mein eigenes Fräulein Rottenmeier? Ein Kreuz ist das!

(Eine ziemliche Frechheit von einer, die gerade bequem zurückgelehnt darauf wartet, ob sie nun in ein Häuschen im Grünen einziehen kann oder nicht, denkt ihr? Das denke ich auch, aber das macht es nicht weniger wahr und nicht weniger doof.)

Themenvermeidung

Fragt mich bloß nicht, was das Haus macht, L. ist abergläubisch und möchte, dass ich hier nichts mehr drüber schreibe, bis es entschieden ist. Angesichts dessen, dass ich aber gerade an kaum was anderes denken kann, wird es schwer, mir jetzt ein anderes Thema für einen Post abzuringen. Na gut. Was gibt es zu berichten? Gestern habe ich in der Klinik wie befohlen den offiziellen Beginn meiner Periode gemeldet, am neunten muss ich nun zum Ultraschall und Blut dalassen, und dann wird vermutlich noch am gleichen Tag entschieden, ob die beiden Würmchen aufgetaut werden oder lieber nicht. Diesmal geht es sogar ziemlich glimpflich ab, bisher hatte ich noch keine Ibuprofen und hab auch noch nicht in die Möbel gebissen. Außerdem war ich gestern zum ersten Mal seit Wochen im Kino, L. war Hundesitter und ich war frei, frei, frei!!! Also war ich in "Wenn Liebe so einfach wäre", den ich unbedingt sehen wollte, seitdem der Trailer damals im November vor "Julie&Julia" lief, und der inzwischen auf den 18:40-Start verbannt ist, was mir aber sehr recht war. Gute Zeit für einen Kinofilm. Ich fühlte mich wie eine Königin mit Popcorn und Bierchen als Zepter und Stab. Und das war nett, wenn ich auch den bösen Eindruck nicht ganz abwehren konnte, dass Nancy Myers nach dem ganz tollen "Was das Herz begehrt" eine gewisse Geschäftstüchtigkeit entwickelt hat, was das Erkennen von Wunschthemen älterer Kinogängerinnen angeht, und die schmeckt manchmal ein bisschen durch, das ist nicht schön. (Na gut - wieso sollen deren Wunschthemen nicht auch mal bedient werden, wenn der Rest der Welt sich beinahe überschlägt, um die Wunschthemen von Männern zwischen 16 und 46 zu bedienen?)

Jetzt kommt mir leider dazwischen, dass ich an nichts anderes denken kann als an die Frage, wie denn meine Küche aussehen soll, und daran, ob ich lieber Kletterrosen oder Kletterhortensien vorm Haus hätte. Pfui! Böse Flora! Aus!

Worüber schreibt man, wenn einem gar nichts mehr einfällt? Das Wetter. In den letzten Wochen war die riesige Hundewiese gegenüber ein einziger Eisklotz, in den unzählige Stöcke, Feuerwerkskörper, Socken, undefinierbar und leider teilweise sehr gut definierbarer Müll eingefroren waren wie in diese Eiseimer, die die Eisbären im Zoo manchmal bekommen und in die ihr Futter gefroren wird, um es interessanter zu machen. Lili hat sich freudig wie nur irgend ein Eisbärchen auf jedes bunte Teilchen in der Kruste geworfen und es sich zur persönlichen Pflicht gemacht, von jedem einzelnen eingefrorenen Stock die Rinde abzuknuspern. Dass L. und ich da manchmal eine gute halbe Stunde frierend danebenstanden und auf ein Häufchen hofften, das nicht kam, war ein unangenehmer Nebeneffekt dieses Winters. Dass man sich dauernd hingelegt hat, am liebsten dahin, wo eine Silvesterrakete vorwitzig ihren Stab aus dem Eis streckt oder wo andere Hundebesitzer scheinbar zu stolz auf die Prachtwurst ihres Hundes waren, um sie wegzuräumen, war ein anderer. Und jetzt wird es Frühling. Was ist der erste Frühlingsbote? Nicht Narzissen oder Krokusse, auch nicht Vogelgesang, sondern Matsch. Erstmal mögen wir Matsch. Alles ist besser als Eis.

Mittwoch, 24. Februar 2010

Hundehalterpsychologie für Einsteiger

Nach inzwischen ungefähr 100 Spaziergängen mit dem Hund durch mein Viertel habe ich über Hundehalter so viel dazugelernt wie ein angehender Oberförster über Vögel und Igel lernt, wenn er hundert mal im Wald war. Zum Beispiel, dass Kampfhundhalter gar nicht immer Plastikanzüge tragen und breite Schultern haben. Es gibt eine Menge getarnte Kampfhundhalter in gediegener Klamotte und mit Oberstadtratsausstrahlung. Die erkennt man daran, wie zufrieden sie sind, wenn ihr Hund sich blöd benimmt. So ein graubärtiger Ehrenbürger steht dann da mit seinem ausrastenden Viech an der Seite, schmunzelt wohlwollend in sich hinein und erklärt mir, das ginge nun aber nicht, dass meine Hündin an seiner Hündin schnüffelt, weil das dann "Zickenalarm" gäbe. Voller Vaterstolz guckt er auf seinen Hund, der die riesigen Zähne fletscht und sich vor Wut fast von Innen nach Außen stülpt, nur weil in zehn Meter Entfernung ein Hundekind vor Freude über einen anderen Hund kleine glückliche Bocksprünge macht. Mistviech, Mistkerl. Dann gibt es da noch einen Hund, der eigentlich nur eine lange Wurst aus Muskeln und Zähnen ist und der jedes Mal mit vollem Gewicht auf Lili draufspringt, dass die Knochen knacken. Ich kann sie dann nur noch schnell hochnehmen, denn von alleine würde sie nicht aufgeben, und dieses Tier würde sie fertigmachen. Frauchen steht daneben und lächelt versonnen. Eine Menge Menschen macht es glücklich, wenn ihre Hunde sich böse und aggressiv benehmen. Das macht mich ein bisschen unglücklich.

Mein Bauch zieht ein bisschen. Nun geht es wohl demnächst wieder los mit Tante Rosa/den days of wine and roses/dem lieben Besuch/den happy days. (Wer kennt noch ein paar alberne Ausdrücke für lästige, mit Krämpfen verbundene Blutungen?) Immerhin ist es doch schön, wenn man es Ausnahmsweise mal als Zeichen bewerten kann, dass etwas weitergeht, statt als Zeichen, dass etwas aufhört.

Montag, 22. Februar 2010

Also habe ich Törtchen gebacken, mit buntem Zuckerguss glasiert und Smarties obendraufgeklebt.

Abkürzungsschwestern, ich muss euch was sagen. Heute Nachmittag waren wir auf einem Kindergeburtstag. Ein Kind wurde zwei. Ein sehr nettes Kind, dessen Eltern wir gut leiden können. Wir waren die einzigen Gäste ohne Kind. Ich bin mir nicht sicher, wie diese Zusammensetzung zustande kam: ob die Eltern alle Freunde eingeladen haben und wir eben wirklich die einzigen ohne Kind sind, oder ob wir dabei waren, weil L. der Pate des Geburtstagskindes ist (wobei es vormittags schon Familiengeburtstag gab, da hätten wir also auch hingepasst) oder ob wir dank unserer Abkürzungsbemühungen als Eltern ehrenhalber gelten. Jedenfalls hatten wir das Tier dabei, das aber wegen seiner extremen, hingebungsvollen und stürmischen Liebe zu kleinen Kindern im Auto warten musste. Zwischendurch waren wir mit ihr spazieren. Auf dem Weg in den Park sagte L. "Wir müssen auch nicht unbedingt Kinder haben." Und ich sagte "Lass uns auf dem Heimweg rechts ran und einen zur Brust nehmen."

Doch doch, wir wollen immer noch Kinder. Und weil man keine Kinder bekommt, ohne per definitionem auch Eltern zu werden, wollen wir auch Eltern werden. Ey, ehrlich! Aber trotzdem... das waren alles sehr nette Leute. Und im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen ist für mich nett nicht "der kleine Bruder von Scheiße". Die waren wirklich nett, und die hatten Spaß! Hätten wir den gleichen Spaß gehabt, wenn wir auch Kinder hätten, über deren Verdauung wir hätten reden können? Schwer zu sagen, so lange es nicht so ist. Der kluge und besonnene L. hat gesagt: so ist das eben, Hundebesitzer reden über Hunde, Kinderbesitzer reden über Kinder.

Eines Tages werden die Eltern, bei denen wir heute eingeladen waren, diesen Blog vielleicht lesen und wissen, dass sie gemeint sind. Für diesen Fall möchte ich noch einmal schreiben (und das nicht nur, um Ärger aus dem Weg zu gehen, sondern ganz ehrlich): wir freuen uns, dass wir eingeladen waren. Auch, wenn das ein ziemlicher Trip für uns war, freuen wir uns. Liebe Geburtstagskindmutter, der Kuchen war wirklich köstlich, es ist nicht zu verstehen, wieso du sagst, du wärst keine Bäckerin! Die Kinder waren alle sehr niedlich, und ich muss vermutlich noch beim Einschlafen drüber lachen, wie ähnlich das eine Mädchen seiner Mutter sieht. Und wir verstehen beide vollkommen, wieso man so viel über Kinder redet, wenn man sie endlich hat. Bei uns wird das vermutlich genau so werden! Falls es mal so wird. Das wollte ich nur noch mal sagen. Aber das war trotzdem heute Nachmittag ein Ausflug auf einen ganz, ganz fernen Planeten.

Abkürzungsschwestern, euch muss ich das vermutlich nicht näher erklären und auseinanderklamüsern, oder? Ihr kennt dieses Gefühl? Dieses Gefühl nach Kindergeburtstagen anderer Kinder?

Stammtisch am Samstag?

Falls keine, die unbedingt dabeisein will, da nicht kann, wäre Samstag Abend für mich perfekt. Was sagt ihr?

Wer hat gesagt, dass Liebe einfach ist?

Internet, wir haben ein Problem. Noch vor drei Wochen hätte man mich nachts um drei wecken können und fragen: "Stadt oder Vorstadt?" und ich hätte geantwortet "Stadt natürlich, Sie Irrer, und jetzt will ich schlafen". Und jetzt liege ich hier, gucke mit Kuhaugen aus dem Fenster und male mir aus, wie ich mir unterm Dach mein kleines Muckelparadies einrichten würde, welche Farbe die Kletterrosen haben sollen und wie der Hund und ich in den Keller steigen, um Holz zu holen. Verdammt. Das wird wirklich schwer. Einerseits habe ich seit über 20 Jahren die Vorstellung von mir, mich in der Stadt am wohlsten zu fühlen. Ich stelle mir vor, wie ich Abends in der netten Bar an der Ecke sitze und Wein trinke, wie meine Freunde um die Ecke wohnen und ich im Sommer im Park liege und lese, ich sehe mich bummeln und ausgehen und am Wochenende durch irgendwelche Ausstellungen schlendern. Dass ich das so sehe, ist bestimmt ein wichtiger Teil der Wahrheit. Andererseits stimmt dieses Bild vorne und hinten nicht, wenn ich ehrlich bin. Ich wohne jetzt seit anderthalb Jahren in einem Viertel, in dem es ein großartiges Programmkino, jede Menge Bars und meinen Lieblingsitaliener gibt. Und die Gelegenheiten, zu denen ich das auch nutze, kann ich wirklich an zwei Händen abzählen. Im Museum war ich in dieser Stadt zuletzt vor zwei Jahren. Im Kino schon öfter, na gut. Und aus dem Alter, wo man bei seinen Freunden spontan klingelt und fragt, ob sie Lust zum Spielen haben, sind wir wohl raus. Die Frage ist, wie groß wäre die Not, wenn ich irgendwann in meiner Traumhütte sitzen würde und feststellen: selbst, wenn ich jetzt gerne noch unter Leute gehen würde für meinen Feierabendwein, ich könnte nicht? (Es sei denn, ich würde zusammen mit Taxi so viel ausgeben wie sonst für sieben Weine.) Es gibt dann noch die UBahn, und ich könnte meine Stadtaktivitäten auf die Abende verschieben, wenn ich gebucht bin und sowieso tagsüber in der Stadt bin.

Das ist doch irre. Hier sitze ich und phantasiere mir mein Leben im Grünen zusammen, und bisher mache ich mir nur Gedanken darüber, wie ich am besten möglichst viel Stadt reinpacken kann. Oder ist das nicht irre, sondern man nennt das Abwägen? Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass ich Stadt brauche, um nicht durchzudrehen. Die Frage ist nur, wie viel. Und im Moment sitze ich zwar mitten in der Stadt, aber erstens fängt die Stadt gerade an, mich häufiger gewaltig zu nerven, und andererseits tue ich gerade dauernd Sachen, die ich im Grünen genau so gut tun könnte. Ich kann da draußen auch nach Hause kommen, die Stiefel in die Ecke kicken, ein Glas Wein trinken, einen Post schreiben, Musik hören und Lesen. Ich kann Sonntags genau so gut Tatort gucken und mindestens genau so gut in der Küche stehen, backen und kochen. (Das kann ich sogar besser da, denn ich werde einen Gasherd haben, und wenn ich plötzlich denke, Rosmarin würde jetzt gut passen, dann gehe ich von der Küche direkt in den Garten und schneide mir in meinem Kräuterbeet einen Zweig ab.) Die passende Weinbar habe ich noch nicht gesehen, aber wer weiß, ob sie nicht doch irgendwo ist? Am Ende machen wir sie selbst auf?

Internet, es tut mir leid, ich glaube, ich bin verknallt.

Aber der Reihe nach. Nachdem ich die Edding-Schrift auf der Tür gesehen habe, hatte ich mit dem Schlimmsten gerechnet. Ich dachte, hier hat jemand gewohnt, der überhaupt keinen Sinn für irgend etwas hatte, was schön ist, und der im Zweifel alles durch Gedankenlosigkeit und Wurschtigkeit kaputt gemacht hat. Gestern haben wir fast zwei Stunden in der Hütte verbracht. Und ganz viel ist ganz schrecklich, und noch viel mehr ist ganz schrecklich kaputt. Aber davon ist nichts so kaputt, dass man es nicht wieder schön machen könnte, und das meiste ist schon von alleine schön. In diesem Haus wimmelt es von Details, an denen ich mich festgucken kann. Die alte Durchreiche in der Küche, die geschliffenen Scheiben in den Türen, die schönen alten Türklinken, der Vorratsschrank mit Fenster nach draußen, die alten Wasserhähne, der Kamin, der kleine Eckschrank im Flur, der Ton der Klingel, die alte Haustür, die Schiebefenster im Wintergarten, der Holzkeller und das kleine Gartenhäuschen. Und jetzt sitzen wir hier und wissen gar nichts mehr. Sobald ich die Fotos noch mal angeguckt habe, will ich da unbedingt hin. Aber ich hab auch Muffen vor so einer großen Entscheidung. Große Entscheidungen sind nicht meine Königsdisziplin. Und nun sowas.

Wer war das nochmal, der vorgestern noch unbedingt erwachsen werden wollte? Das war wohl ich. Also los.

Sonntag, 21. Februar 2010

Runter damit

Die letzte Pille ist geschluckt. So ein winziges gelbes Ding. Und trotzdem hat es sich angefühlt, als würde ein Kürbis meine Speiseröhre runterrumpeln.

Der Tag der letzten Pille und des zweiten Eindrucks

Heute ist der große Tag, um drei sind wir mit der Maklerin verabredet. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich jetzt schon, dass das Haus von Innen fürchterlich aussehen wird. Wir wissen schon, dass es verkauft wird, nachdem es vererbt wurde, und wir haben davor gestanden und drei Fotos von Innen gesehen. Auf den Fotos sieht man Tapeten, die darauf hindeuten, dass hier jemand zwanzig Jahre lang jeden Tag Zigarre geraucht und nie das Fenster aufgemacht hat. Der gleiche jemand ist auch sonst nicht sehr liebevoll mit dem alten Kasten umgegangen. Wer schreibt denn mit Edding "Keine Werbung" auf eine 80 Jahre alte Haustür aus Holz mit Schnitzereien? Jemand, der entweder nicht ganz dicht ist oder ein stinkiger, schlecht gelaunter alter Sack, so jemand. So jemandem ist es auch egal, ob in seinem Garten blöde Tuja wächst oder blühende Obstbäume und Kletterrosen. Ich glaube also, wir werden heute eine Menge Verwahrlosung und Lieblosigkeit sehen, viel Gilb und Muff und alte Sackhaftigkeit. Aber vielleicht kann man ja trotzdem noch sehen, wie das Haus aussehen würde, wenn es jemand gern hätte und sich darum kümmern würde. (Ob der alte Mann da wohl spukt? Wir werden es vielleicht herausfinden. Ich werd bekloppt, werden wir vielleicht ja wirklich.)

Aber nun halten wir mal schön die Füße und die Gehirne still, denn erst um drei ist Bescherung.

Und heute Abend gleich noch mal: letzte Pille! (Bin ich eigentlich die einzige, die so bescheuert ist, sich dabei manchmal zu denken "und dann erst wieder in anderthalb Jahren, wenn ich abgestillt habe"?)

Samstag, 20. Februar 2010

Drei Bilder von einem Hund


Bild 1: Lili hat ein Stinktier erbeutet.


Bild 2: Lili hat einen Boxer und ein weißes Dings erbeutet.


Bild 3: Lili hat ein Frauchen erbeutet.

Frauchengefühle

Zurück aus der Welpenschule, völlig durchgefroren bis auf die Knochen und sehr, sehr stolz auf unseren Hund. Feiner Hund! Kann man gar nicht oft genug sagen. Da gibt es ganz andere! Hunde, die alles beißen, was sich bewegt, und dann quieken vor Angst, wenn man nur in ihre Richtung geht. Hunde, die aber auch gar nichts raffen, NICHTS! Hunde, die sich weigern, etwas anderes zu fressen als Lasagne. Und mittendrin Lili: sitzt, platzt, kommt, bleibt ungerührt im Angesicht von Gefahr, Quietschtieren und anderem Alarm, ich hätte heulen können vor Glück. Wenn L. und ich mal keinen Bock mehr haben auf Arbeiten, können wir sicher sein, Lili macht Karriere und bringt uns durch. Lili macht uns reich! Ja, Lili, so ein Häuschen mit Garten und Sauna will erst mal verdient sein!

Sie ist vollkommen fertig vom Lernen, liegt auf ihrem Kissen und wird sich von da auch bestimmt zwei Stunden lang nicht mehr wegrühren. Heute morgen hat sie uns bis neun Uhr schlafen lassen. Braver Hund. Feiner Hund.

Und ich bin scheinbar auf dem besten Weg, mich zur Hockey Mum zu entwickeln bzw. zum Hockey Frauchen.

Windowshopping mit Grundrissen

Der Vorstadtwahn geht weiter. Vorhin auf dem ersten Spaziergang des Tages mit dem Tier hatte ich gefrorene Feuerwerkskörper und Kondome unter den Stiefeln, den Frühling in der Nase und habe mir vorgestellt, wie das wäre, jetzt nicht hier auf der vermüllten Wiese zu stehen, sondern zwischen den Platanen im anderen Park. Während der Hund eine halbe Stunde nach dem perfekten Platz für seine Morgenwurst gesucht hat, habe ich im Kopf das Haus (das ich bisher von Innen noch nicht mal gesehen habe) eingerichtet. Ich sehe alles vor mir. Wie wir kurz vor Einzug schon mal streichen und manchmal abends auf einer Matratze übernachten, zum Frühstück gibt es die Reste der Pizza von gestern. Ich sehe mich mit Triumphgeheul die hässliche Tuja im Garten niedermachen und auf ihren Überresten herumspringen, und dann pflanze ich einen Walnussbaum (gegen die Mücken) und einen Quittenbaum (für die Quitten). Wir hätten ein Treppenhaus, und an den Wänden entlang würden wir Fotos und Bilder aufhängen. Ich sehe unser erstes Weihnachten im Haus. Und jetzt muss ich wirklich aufhören damit, sonst phantasiere ich mir hier schon so viel zusammen, dass ich nicht mehr imstande bin, morgen bei der Besichtigung auch alles zu sehen, was dagegen spricht. Und das, obwohl ich noch nicht mal angefangen habe, über ein Kinderzimmer nachzudenken.

Was wird aus der Vorstadtphantasie, wenn kein Kind kommt? Eigentlich kommt die Phantasie im Moment auch fabelhaft ohne aus.
Heute Abend vorletzte Pille.

Freitag, 19. Februar 2010

Pro und Prontra

Wir sind heute da hingefahren und haben uns das Haus von Außen angesehen. Wir haben gesehen, wie die Farbe von den Fenstern abblättert, waren ein paar Minuten ganz still, um zu hören, ob es laut ist (ist es nicht), wir sind durch den großen Park gelaufen, der auf der anderen Straßenseite liegt, wir haben mit Nachbarn gesprochen, ob das Leben da schön ist (ist es), und wieder mal hab ich das Problem, mir einfach zu viel vorstellen zu können. Ich kann mir vor meinem inneren Auge genau bis ins kleinste David-Lynch-Film-hafte Detail vorstellen, wie mir da die Decke auf den Kopf fällt, ich kann mir aber genau so gut vorstellen, wie entspannt und frei und großartig das Leben da wäre.

Also gut. Zeit für eine Liste (die ich mir zwar vielleicht bis Sonntag aufheben sollte, wenn wir das Haus auch von Innen gesehen haben werden, aber die jetzt trotzdem sein muss).

Dinge, die mir an der Innenstadt vielleicht fehlen würden.
1. Aus dem Fenster gucken, egal aus welchem, und sofort wissen, dass ich in der Stadt lebe.
2. Kioske, in denen es Biozigaretten, kaltes Jever, frische Brötchen und Miracoli zu kaufen gibt.
3. Überall zu Fuß hinkönnen, oder notfalls mit dem Fahrrad.
4. Meine Freunde wohnen nah genug bei mir, um auch im Vollrausch nach Hause zu finden.
5. Sehr viele Dinge sind nah genug, um mal eben kurz.
6. Überall so viele Irre, dass ich als eine mehr nicht so doll auffalle.
7. Essen gehen wollen und sich nicht entscheiden können, zu welchem der drei Vietnamesen in Laufentfernung wir gehen.
8. Dönergeruch bei Westwind, Fischgeruch bei Ostwind, Teergeruch bei Nordwind und Schiffströten bei Südwind.
9. Auf jedem Weg gibt es was zu Gucken, kein Weg ist nur dazu da, mich irgendwohin zu bringen.
10. Das Gefühl, nichts zu verpassen.
11. Die Spießer sind eindeutig in der Minderheit und trauen sich zwar ab und zu, aufzumucken, aber sind doch eingeschüchtert dadurch, dass sie wissen, notfalls würden wir sie einfach weghusten.

Diese Liste kann ich bestimmt bei anderer Gelegenheit noch fortsetzen. Aber es ist jetzt schon klar, wohin die Reise geht: Möglichkeiten sind wichtiger als Wirklichkeiten. Denn die Wirklichkeit sieht so aus, dass Spontanbesuche bei Freunden ziemlich selten sind. Genau so wie Kinobesuche in letzter Zeit. Es geht also mehr um das Gefühl, das alles theoretisch jederzeit zu können. Und es geht vor allem um dieses Gefühl, in der Stadt zu leben. Ich habe gerade mal nachgeguckt, ich wäre mit der UBahn 20 Minuten unterwegs zu einer Freundin, 15 zu einer anderen, 15 zu meinem Lieblingsschwimmbad. Ich müsste ein paar Dinge besser planen. Vielleicht bräuchte ich auch ein Auto, Gott behüte. (Mein letztes Auto ist vor inzwischen über zehn Jahren draufgegangen. Ich war, wie eigentlich immer, nicht Schuld. Aber ich habe ein sensationell mieses Karma, wenns ums Autofahren geht. Ich bin immer gerne gefahren und ziemlich zackig, jedenfalls besser, als es mir die meisten Leute zutrauen würden, die mich kennen. Aber irgendwie hat das Schicksal mir ständig stockbesoffene, blinde oder sehr, sehr zerstreute Fahrer über den Weg geschickt.)

Gut. Weiter mit dem zweiten Teil der Liste, die dafür sprechen, den Plan noch nicht sofort über Bord zu werfen: die Dinge, die ich am Vorstadtleben toll fände bzw. am Stadtleben überhaupt nicht vermissen würde.
1. Der Park gegenüber. Ihr müsst euch das so vorstellen, dass ich die Haustür öffnen würde, dann müsste Lili für 15 Sekunden an die Leine, bis wir über die Straße wären, und dann hätten wir ein kleines, hübsches, englisches Parkparadies für uns. Ich könnte da laufen gehen (oder sitzen gehen oder liegen gehen), Lili könnte die Hundebekanntschaften vertiefen, die sie heute geschlossen hat, es wäre großartig. (Andererseits: geht man in der Vorstadt in den Park? Da sind doch sonst nur Kriegerdenkmäler? Aber das gehört auf eine dritte Liste.)
2. Der Platz im Haus. L. und ich träumen beide ab und zu den frustrierenden Traum von perfekter Ordnung und "puren" Räumen. Das ist Mumpitz, weil es mit uns nichts zu tun hat. Wir haben beide Tonnen von Kram, und zwar nicht, weil wir Messies sind, sondern weil wir einfach ein Leben geführt haben, in dem Bücher, Briefe, Küchenkram und Andenken eine Rolle spielen. Ich will nichts davon wegwerfen, im Gegenteil, ich habe vor, auch in Zukunft Bücher und Kram zu kaufen. Wir hätten so viel Platz, dass wir, wenn wir es schlau anstellen, tatsächlich mit Büchern und Kram leben könnten, ohne das Gefühl zu haben, die Bücher dulden uns notgedrungen in ihrer Wohnung.
3. Nochmal der Platz. Ich könnte ein eigenes Zimmer haben. In dem Zimmer gäbe es eine riesige, gemütliche Schlafcouch, und es wäre damit gleichzeitig das Gästezimmer. Ich hätte Bücherregale, einen alten Schreibtisch, auf dem ich mein kleines weißes Macbook aufstellen würde, einen eigenen kleinen Fernseher, wenn L. Fußball guckt, und in der Ecke hätte Lili ein Extrakörbchen.
4. Nochmal der Platz. Wir hätten einen Weinkeller. Ich hätte eine Sauna. Wenn ich jetzt in den Keller will, muss ich zumindest ein paar Accessoires so drapieren, dass es so aussieht, als wäre ich nicht gerade im Schlafanzug unterwegs. (Taschen wirken Wunder.) Wir hätten einen Holzkeller, in dem das Holz für unseren Kamin liegen würde. Unseren Kamin! Stopp, genug von ihm, er verdient einen eigenen Post. Wir hätten einen Vorratskeller. Jetzt habe ich einen Vorratsschrank. Ich hab ihn sehr gerne, aber wenn ich die Tür öffne, muss ich das sehr schnell tun, um rechtzeitig meine Arme so auszubreiten, dass keine Lawine aus Ölflaschen und Konservendosen auf mich draufknallt und mich und all meine Küchenträume unter sich begräbt. Ich würde in den Keller steigen, pfeifend vermutlich, und da würden sie alle auf mich warten: meine indischen Gewürze, exotischen Nudelsorten, verschiedenen Risottoreis-Sorten, mehlige und festkochende Kartoffeln, Winteräpfel, Buchweizenmehl, Senfgurken, Baked Beans und der ganze Kram, der jetzt in meinem Vorratsschrank die Lawinengefahr steigert.
5. Der Kamin. Ich kann glaube ich gar nicht beschreiben, was ein Kamin für mich bedeutet. Es ist ungefähr so, als hätten andere Leute eine Giraffe im Wohnzimmer, die stündlich ein Junges auf die Welt bringt. Oder einen Wasserfall. Etwas, wo man hingucken muss und glücklich ist. Ich schwöre, obwohl ich schon ein sehr glücklicher Mensch bin, mit Kamin wäre ich fast nervtötend glücklich. Freunde wären genervt, weil ich sie in die Wohnung bitten würde und sagen würde "der Kamin, der Kamin!" und dann den ganzen Abend lang nicht mehr mit ihnen sprechen würde, sondern nur noch Holz nachlegen und mit stierem Blick in die Glut gucken. So gern mag ich Kamine.
6. Ein eigenes Haus. Ich gehöre zu den Leuten, die auch mit 36 noch nicht glauben, jemals erwachsen zu werden. In letzter Zeit habe ich aber den dringenden Wunsch, dass es endlich passiert. Ich habe nämlich das Gefühl, etwas Wichtiges zu verpassen, wenn ich es nicht tue. Ein Haus wäre ungefähr so erwachsen wie ein Aktienportfolio. Ich fänds gut.
7. Zu zweit mit L. sein. Das sind wir zwar hier auch, aber dadurch, dass wir so mittendrin sind, wird eine Wohnung schnell zur Durchgangsstation. Irgendwo muss man ja schlafen und essen und seine Zahnbürste stehen haben, aber da draußen ist immer noch ein Kino, ein Supermarkt oder ein Vietnamese, zu dem man auch noch dringend sollte. Wir könnten zusammen ein bisschen ruhig werden. Ein bisschen ruhiger jedenfalls. Ausruhen, bis es uns stinkt und wir wieder in die Stadt ziehen.
8. Ich könnte eine Sauna haben. Ich könnte die Mädchen zu Saunaabenden einladen. Endlich hätte mein anderthalb Meter hoher Stapel Handtücher einen Sinn.
9. Um die Ecke ist ein See und ein Moor. Man stelle sich vor, wie herrlich es wäre, an einem stürmischen Oktoberabend L. über die Schulter zuzurufen "Wenn du mich suchst, ich bin im Moor!"
10. Ich würde mir mehr vornehmen. Allein schon aus Angst, da draußen zu versauern, würde ich mich verabreden, und jede Verabredung wäre etwas Besonderes und schön schon allein wegen der dicken Taxirechnung.
11. Weihnachten in einem Haus. Ich würde den kompletten Adventskranzbestand im Ort aufkaufen.
12 Ein Garten. Man könnte im Sommer im Nachthemd und barfuß in den Garten gehen und mit dem Hund zusammen ein paar Erdbeeren fürs Frühstück ernten.
13. Wir hätten einen Wintergarten.
14. Eigentlich bin ich gerne allein. Dieses Bedürfnis ist in letzter Zeit ein bisschen zu kurz gekommen. Ich könnte endlich wieder allein sein, jedenfalls immer dann, wenn ich das sein will.
15. Wir müssten nie wieder der Hässlette im Treppenhaus begegnen.
16. Ich könnte mir wieder ein Klavier kaufen. Ich könnte mir sogar einen Flügel kaufen. Dann würde ich warten, bis es schüttet und stürmt und L. nach Hause kommt, und würde im schwarzen Anzug auf dem Hocker sitzen und irgendeine Fuge von Bach spielen wie der irre Igor. Das wäre großartig!
Scheiße. Wir haben ein Problem.

Ein kleiner Vorgeschmack auf blödes Spielplatzgerede

Wir schreiben Tag zwei, an dem der Hund nicht in die Wohnung gemacht hat. Nichts. Kein Pisch, kein Haufen. (Wobei Haufen selten waren. Und die drei Male, die das insgesamt passiert ist, sahen die Haufen aus wie Scherzartikel-Haufen, so kompakt und ordentlich, dass man sie einfach mit einem Papiertuch in einem Stück vom Boden abheben und ins Klo werfen konnte. Sehr rücksichtsvoll, das Tier.) Langsam läuft es. Ich weiß jetzt, wo wir hingehen müssen, wenn wir Hunde treffen wollen, und wo dieses dicke Mistvieh lauert, das ihr immer an die Kehle geht, während Herrchen und Frauchen danebenstehen und Blödsinn reden darüber, was für liebe Hunde im Grunde genommen die meisten Kampfhunde sind. (Das ist sowieso eine Beobachtung, die L. und ich gemacht haben: die meisten Hundebesitzer reden nur Blödsinn und hören nicht zu. Unterhaltung kann man das nicht nennen. Ich könnte ihnen bei jedem Treffen das Gleiche erzählen oder auch mal, dass mir gerade ein Rettich aus dem Rücken wächst, das ist total egal, denn sie reden nur mit dir, weil sie ihren eigenen Mist loswerden wollen. So eine Unterhaltung läuft dann z.B. so:

Ich: na, wie war es beim Tierarzt mit Hasso?
Frauchen: Hasso mag ja den Schnee nicht so. Das liegt bestimmt daran, dass ihm letzten Winter ein Bernhardiner die Luftröhre durchgebissen hat.
Ich: Oh nein, und das hat er überlebt?!?
Frauchen: Man kann einen Bernhardiner nicht in der Wohnung halten, das ist ja wohl klar. Hasso und ich waren beim Tierarzt.
Ich: Ja, ich weiß, wie war es denn?
Frauchen: Wir hatten früher einen American Staffordshire, ein soo liebes Tier. Aber im Hundeverein waren nur Schäferhunde, die wollten uns nicht.
Ich: In welchem Hundeverein denn? Schäferhunde sieht man ja kaum noch in der Stadt.
Frauchen: Wir mögen keine Bernardiner, stimmts, Hasso?

Es ist ermüdend. Scheinbar auch für den Hund, denn wir arbeiten kräftig darauf hin, in Zukunft nur noch alle zwei Stunden statt alle anderthalb da rauszumüssen.

Übrigens hören die Hunde auch alle nicht. Ihre Besitzer labern auf sie ein, mal laut, mal leise, aber ich habe bisher noch keinen Hund erlebt, egal wie alt, der gekommen wäre, wenn man ihn ruft, oder sein lässt, was er gerade tut, wenn man es ihm sagt. Blöde Bande.

Stört sich eigentlich jemand daran, dass das hier gerade zu einem Hundeblog wird? Na gut, nächste Woche gibt es dann ja auch wieder Kinderwunsch-News, aber sonst?

Donnerstag, 18. Februar 2010

Wunderhund Lili

Kleine Jungs aus eingestürzten Bergwerken zu retten ist ein Scheiß dagegen, was dieser Hund alles kann. Und dabei hatte ich gar nicht so fest damit gerechnet. Ich wollte immer schon einen Hund, schon zu Zeiten, als in mir noch kein Krümelchen Muttergefühle zu finden war. In den letzten Monaten wollte ich ihn noch ein bisschen doller, und natürlich habe ich lange darüber nachgedacht und mir dabei überlegt, dass ein Hund sich gar nicht so schlecht mit meinem Kinderwunsch verträgt. Erstens hält er mich auf Trab, zweitens sorgt er dafür, dass ich mich nicht zu sehr hängen lassen kann, wenn es mal wieder schief geht, drittens nimmt er Druck raus (immerhin sind wir jetzt zu dritt, ein bisschen wie Adoptivkind light, nur ohne das umständliche Verfahren), und viertens sorgt er dafür, dass ich gesünder lebe, was auch wieder gut ist für die Fruchtbarkeit. Denn wer morgens um halb acht auf der Wiese stehen und Häufchen in Plastiktüten aufsammeln muss, der zieht nicht nachts um drei übern Kiez. Überhaupt war ich zwar immer dankbar dafür, in einer großen Stadt zu leben und damit an einem Ort, an dem es freundlich toleriert wird, wenn Mittdreißiger zumindest Nachts das Leben von Mittzwanzigern führen, aber trotzdem war mir das auch langsam unheimlich, wie alt man eigentlich werden muss, bis die Leute tuscheln, wenn man die Bar in Goldleggins betritt. Jedenfalls, ich dachte, der Hund sorgt dafür, dass ich viel an der Luft bin, mich ordentlich bewege, weniger trinke, früher schlafen gehe und weniger egozentrisch und schlampig sein kann.

All das macht der Hund bestimmt, so einen elenden Tag wie den nach der herrlichen Ausgehnacht mit den Mädchen neulich kann ich mir nicht öfter als einmal pro Monat leisten, sonst geh ich drauf. Ich stehe apfelwangig mit dem Tier auf der Hundewiese, werfe Stöckchen, verteile Leckerchen und bringe ihm bei, an der Straße zu sitzen und zu kommen, wenn ich ihn rufe, egal wie viele Dalmatiner gerade auf ihm draufsitzen.

Aber er macht noch viel mehr. Er macht so ziemlich alles, was ein Baby auch machen würde. Jetzt haben wir ihn noch keine vier Wochen, und ich kann mir nicht mehr vorstellen, wie es ohne ihn war. Er bestimmt, wann ich Abends schlafen gehe und vor allem, wann ich morgens aufwache. Ich kann nie länger planen als für die nächsten 90 Minuten, denn dann ist spätestens das nächste Gassi fällig. Die Zeiten dazwischen müssen durchgeplant werden, sonst ist es plötzlich 17 Uhr und ich bin weder geduscht noch hab ich etwas anderes gegessen als kalten Toast. Ich war seit dem Mädchenbesuch in keiner Bar mehr und seit fünf Wochen nicht mehr im Kino. Morgen haben L. und ich was zu feiern und wollen essen gehen, das wird dann der zweite Restaurantbesuch mit Hund, und diesmal wird es ein garantiert krokettenfreies Superlokal, ich bin gespannt und sehe uns noch nicht da sitzen, nicht nur geduscht, sondern auch noch angezogen (und zwar nicht im Schlafanzug), gekämmt und mit den Taschen voller Leckerchen, nur für alle Fälle. (Hunde dürfen da nur rein, wenn sie reich und/oder schön sind, zum Glück ist Lili zwar nicht reich, aber wunderschön. Ich wäre sowieso nicht auf die Idee gekommen, sie mitzunehmen, wenn nicht beim letzten Mal ein Labrador am Nachbartisch gesessen und die Speisekarte in Brand gesteckt hätte, und der Kellner hat gelächelt. Immer weiter gelächelt. Also darf Lili mit.) Um es kurz zu machen, wir führen das Leben eines Rentnerpaares oder aber das Leben junger Eltern. Und jetzt kommts: ich, die in den ersten 27 Jahren ihres Lebens keinen größeren Traum hatte, als in die Stadt zu ziehen, aber in die richtig große. Ich, die niemals wieder irgendwo wohnen wollte, wo man nicht zu Fuß ins Programmkino und in mindestens acht nette Lokale kommt. Ich, die mit Nachbarn überhaupt nichts anfangen kann und deshalb eher auf einer Hallig leben wollte als in der Vorstadt. Ich habe gerade meinen halben Rechnerschreibtisch voll mit pdfs und Fotos von Häusern, die in Stadtteilen liegen, von denen ich bis vor Kurzem noch nicht mal gehört hatte, weil sie einen Garten haben und Platz. Viel Platz. Gerade steht ein Haus ganz oben auf der Liste, das ist aus roten Backsteinen, hat eine Sauna im Keller, einen großen Garten mit Bäumen, die Lili benagen könnte, einen Park direkt um die Ecke, einen Wintergarten, einen Kamin (es zeigt sich, dass Lili Kamine genau so gern hat wie ich und mir auch mit dem Holz gerne zur Hand geht), genug Zimmer, um alle Bücher aus dem Keller holen zu können, sogar ein eigenes Zimmer für mich wäre drin und ein Gästezimmer, eine Vorratskammer und ansonsten nichts von all dem, was mir mal wichtig war (Programmkinos, Bars, vietnamesische Restaurants, Fischgeschäfte). Dachte ich. Jetzt stelle ich mir vor, wie wir da leben würden: Freunde kämen zu Besuch (hoffe ich schwer, die UBahn ist nicht weit, ich würde euch auch das Taxi zahlen, Mädchen!) und es könnte eine Pyjamaparty mit Übernachtung draus werden, wir würden den Kamin anmachen, L. würde Wein aus dem Weinkeller holen und ich gewaltige Mengen Essen aus Vorratskammer und Vorratskeller, im Sommer wären wir draußen, ich würde Kirschen ernten und Kletterrosen pflanzen (keine Ahnung, wie das geht, aber das kriegen wir dann schon raus), und Freitags würde ich manchmal meinen auch nicht mehr ganz blutjungen Hintern in die Stadt schwingen und es krachen lassen, denn ich wüsste ja: morgen kann ich die Sauna anheizen, die macht alles wieder gut. Vielleicht würde ich auf einem Flohmarkt einen alten Tisch für mein Zimmer finden und dann eines Tages daran sitzen und versuchen, einen Krimi zu schreiben, während vor dem Fenster die Schneeflocken vorbeirieseln. Wir hätten Nachbarn um die 60, die hoffentlich einverstanden wären mit uns und uns ansonsten in Ruhe lassen würden. Und irgendwann hätten wir vielleicht sogar ein Kind. Als wir heute über die Alster spaziert sind, habe ich zu L. gesagt "würden wir uns langweilen? Sag mal? Mit unserem spontanen Nachtleben wäre es vermutlich vorbei." und L. hat gesagt "erstens ist unser Nachtleben eigentlich nicht besonders spontan. Und zweitens werde ich diesen Sommer 40. Wie lange will ich mich denn noch zum Affen machen?"

Und da war ich sehr glücklich.

Aber das ist das Doofe bei mir, die Mädchen können das bestätigen: jetzt finde ich das fabelhaft. In einer Woche finde ich vielleicht, das ist wie Wachkoma. Hoffentlich finde ich das, falls ich das finde, bevor wir da eingezogen sind und es zu spät ist. Wenn ich doch nur genauer wüsste, was ich will. Hat der Hund mich jetzt durch gruselige Airedale-Strahlen manipuliert, nur um einen eigenen Garten zu haben, oder hat sie mir klar gemacht, was mir wichtig ist und dass ich mich auch ein bisschen verändert habe in den letzten paar Jahren? Harrgh. Sonntag gucken wir uns das Häuschen an. Danach weiß ich hoffentlich ein bisschen mehr darüber.

Wir laufen uns schon mal warm

Sonntag nehme ich meine letzte Pille. Das heißt, Mittwoch werde ich vermutlich meine Tage haben, und Donnerstag sitze ich dann wieder mal mit nacktem Po auf einer Papierserviette und hoffe schwer, dass sich nicht schon wieder neue blinde Passagiere in meinem Bauch eingenistet haben. Das traditionelle "Ich hab bestimmt ne Zyste"-Grummeln rumort seit gestern in meinem Bauch, aber wir kennen das schon und überlassen die Antwort auf die Frage, ob ich nun eine Zyste habe oder nicht, schön dem Ultraschall statt meinem Fusselhirn.

Es geht also wieder los. Und zwar auf jeden Fall, denn sollten die beiden letzten Tiefkühlwürmchen das Auftauen nicht überstehen, dann biegen wir direkt ab zur nächsten IVF. Ich fühle mich, wie sich vermutlich leidenschaftliche Jogger fühlen, wenn sie aus dem Fenster gucken und feststellen, dass es langsam Frühling wird. Oder wie Fußballfans, wenn die Sommerpause vorbei ist.

Fürs gute Karma gehen wir am Montag auf einen Kindergeburtstag, ein Knirps aus der Verwandtschaft wird zwei, und Mitte März bekommt er ein Geschwisterchen. Ich werde also ein Riesentablett voller bunter Kindertörtchen mit Smarties und Zuckerguss obendrauf backen, in den nächsten Tagen gehe ich in das niedliche Spielzeuggeschäft gegenüber und kaufe ihm was Schönes, und dann werden wir einen Nachmittag lang zwischen lauter Bäuchen und Babies sitzen. Ist man mit zwei noch zu klein für den Räuber Hotzenplotz? Ist man mit 36 zu groß für einen Kindergeburtstag? Ach, das wird bestimmt lustig. Und zur Sicherheit stelle ich für Abends eine Flasche pinke Brause kalt. Ich seh mich schon gegen zehn sturzbetrunken vom Balkon grölen: "Mein Leben ist super! Siehst du mich, Hamburg?"

In einer kleinen feinen Apotheke in dieser Stadt, die sich auf Frauen mit Unterleibs-Quatsch spezialisiert hat, steht gerade eine Schachtel Crinone im Regal. Schneeweiß und unberührt steht sie da. Die ist für mich. Und vielleicht ist sogar auch die eine oder andere Gonal-Spritze für mich im Regal nebenan. Ich guck aus dem Fenster und freu mich. Es ist ein bisschen, als ob es Frühling werden würde.

Dienstag, 16. Februar 2010

Drei sind mehr als zwei

Eigentlich wär ja noch was zu tun, aber ich kann nicht, bevor ich nicht wenigstens einen kleinen, wenn auch sehr einseitigen Plausch mit euch hatte. Andere kommen nach Hause und entkorken die Cognacflasche, ich komm nach Hause und entkorke das Internet (womit nicht gesagt ist, dass ich nicht auch die Cognacflasche... egal.)
So, ich war nämlich gebucht. Und ab übermorgen werde ich es schon wieder sein. Und zum ersten Mal erlebe ich ein bisschen was von dem, was wohl Muttis auch manchmal plagt, die kurz nach der Geburt wieder arbeiten gehen. Es zerreißt mich ein bisschen. Einerseits bin ich gottfroh, draußen zu sein, Geld zu verdienen und Aufgaben zu haben, die nichts mit Pischi zu tun haben oder damit, jemandem meinen Schal aus den Zähnen zu ziehen. Andererseits denke ich ca. zehnmal pro Stunde an die beiden, die hier zuhause sind: L. und Lili. Ich muss aufpassen, dass ich nicht achtmal täglich anrufe, nur um zu fragen, was sie gerade machen, die zwei. Meine mütterliche Sehnsucht nach Lili färbt ab auf meine ehefrauliche Sehnsucht nach L., ich war ja früher auch (weißgott) schon oft genug draußen, arbeiten, während er hier munter vor sich hingelebt hat, aber das war nie so schlimm. Durch Lili ist L. plötzlich nicht mehr nur mein Mann, der mir fehlt, wenn ich nicht bei ihm bin, sondern jetzt sind wir zu dritt und damit eine Familie. (Sie spinnt, denkt ihr? Da habt ihr Recht. Der Hund ist ein Hund. Wenn ihn morgen ein Autofahrer überfahren würde, dann würde er vermutlich ein Bußgeld zahlen müssen, vielleicht aber auch nicht. Damit zählt der Hund wohl kaum als Familie. Tut er aber irgendwie hintenrum doch.) Ich sitze also wie gesagt am Rechner und hacke irgendwelchen Kram in irgendwelche Programme, mein inneres Taxameter rattert, aber genau so laut rattert alles, was gerne über weiches Welpenfell streicheln würde. L. erzählt mir dann, der Hund hasst seit neuestem unsere Wohnung, wir müssen aufs Land. Oder wenn schon nicht aufs Land, dann in ein Haus mit Garten. Das können wir gerne tun. Nur muss das Haus mit Garten in unmittelbarer Nähe von einem guten Kino, acht guten Restaurants, allen guten Freunden und einem guten Fischgeschäft sein. Wer kennt sich aus mit den Hamburger Immobilienpreisen? Denkt ihr, was ich denke? Es wäre also dringend notwendig, dass ich in Zukunft ganz unsentimental und nur von unermüdlichem Tatendurst getrieben weiter arbeiten gehe. Aber da sitze ich und denke daran, ob der Hund wohl gerade wieder wie eine kleine Fellschnecke vor dem Sofa liegt, oder ob sie gerade meine Pumps zerlegt, die kleine Maus, und wie schön kühl ihr Fellchen nach dem Spaziergang ist (bald wird sie getrimmt und drahtig sein, die kleine Hummel) und ich könnte heulen. Das ist doch unmenschlich! Wieso gibt es keinen staatlichen Fonds, der es allen Menschen, die zuhause etwas wirklich Niedliches sitzen haben, erlaubt, zuhause zu bleiben? Das muss doch drin sein?

Lili hat übrigens eine zauberhafte kleine Schwester, die immer noch keine Familie gefunden hat. Die ist so niedlich, als wir das erste Mal beim Züchter waren, haben wir immer abwechselnd Lili und die Schwester auf dem Arm gehabt und konnten uns kaum entscheiden, mussten aber. Lili ist unser Hund, daran kann es gar keinen Zweifel geben, aber findet sich nicht eine hier, die auch Lust auf ein bisschen Familienzuwachs hat? Kann ich mir gar nicht vorstellen?

Montag, 15. Februar 2010

Stammtisch, die Damen?

Aus gegebenen Anlässen (wir haben uns lange nicht mehr gesehen, noch ist der Hund niedlich und ansehnlich für die, die auf so kitschige kleine Hunde stehen, und außerdem weil darum) wird es wieder mal Zeit für einen Stammtisch in Hamburg. Inzwischen haben mich über die Kinderwunsch-Seite mehrere Damen angehauen, die gerne diesmal auch dabei wären. Wenn es auch nur die Hälfte davon schaffen, wäre das schon ein beachtlicher Zuwachs. Ich bitte um Terminvorschläge für den restlichen Februar und Anfang März und um Angaben, wann es auf gar keinen Fall geht, gerne per Kommentar. Genaueres wie Uhrzeit und Ort dann wieder bewährterweise über Kinderwunsch und Email.

p.s. ich hab ganz vergessen, dass einige hier ja vielleicht erst seit ein paar Wochen mitlesen. Also der Reihe nach: der Stammtisch ist eine lockere Zusammenkunft netter Damen mit Abkürzungsbehandlungen in ihrem Leben, egal ob schon geschehen oder in naher Zukunft. Wir treffen uns und trinken. Der Wunschkinder-Link geht so: auf wunschkinder.net kann man sich ganz einfach als User registrieren. Ich bin dort Eiertaenzerin, und ihr könnt mir so Mails schicken, ohne dass meine Anonymität zu schnell gelüftet wird. Auf die antworte ich euch dann, und wir koordinieren unsere Termine und finden eine Zeit und einen Ort, mit der möglichst viele von uns glücklich sind. Nein, ich erscheine zum Stammtisch nicht mit Ku-klux-klan-Kapuze. Aber ein bisschen vorsichtig bin ich trotzdem. So funktioniert es jedenfalls, ich freu mich auf jede neue Nase in der Runde! Und für alle, die entweder mich oder den Terminvorschlag oder die ganze Idee doof finden: es gibt angeblich noch einen anderen, florierenden und sicher fabelhaften Hamburger IVF-Stammtisch. Den kann man auch googeln und so. Egal, ich freu mich auf euch!

Ihr Abflug verspätet sich um unbestimmte Zeit, wir bitten um Verständnis

Es gibt Tage, da lebe ich so von morgens bis abends vor mich hin und denke keine Sekunde lang darüber nach, dass mir etwas fehlt ohne Kind, dass ich zu kurz gekommen wäre in irgend einer Weise oder dass ich unglücklich sein könnte. Dazu geht es mir ja auch viel zu gut. Mein Leben ist vollkommen in Ordnung, so wie es ist. Und dann gibt es wieder Tage, zum Glück sind sie deutlich in der Minderheit, aber trotzdem sind sie da - da habe ich das Gefühl, eine Schlinge zieht sich zu um mich. Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte niemand, den ich kannte, ein Kind. Natürlich gab es Chefs auf der Arbeit, Nachbarn oder Leute im Supermarkt mit Kind. Aber keine Freunde, niemand, der jünger war als ich oder gleichaltrig und in meiner Welt eine Rolle spielte. Das wird jetzt anders. Meine Cousinen haben zusammen drei Kinder, und dabei wird es nicht bleiben. In meinem Freundeskreis gibt es vier Kinder, in dem von L. noch viel mehr. Die Frau seines Cousins kriegt ihr zweites Kind voraussichtlich Mitte März. Mitte März, Mitte März, da war doch was? Da hätte ich auch mein Kind bekommen, wenn ich es nicht doch schon im August bekommen hätte. Nuja. Ich habe zauberhafte, kluge, lustige und bildhübsche Freundinnen, die aus Gründen, die kein Mensch verstehen kann, seit Jahren Single sind. Aber ich könnte mir sehr gut vorstellen und müsste mich dazu innerlich noch nicht mal besonders gemein stretchen, dass sie schon nächste Woche einen haben könnten und dann auch blitzschnell schwanger wären. Versteht mich nicht falsch, ich würde mich freuen, ehrlich, mit allem, was dazu gehört! Ich würde nach dem Freuen auch nicht nach Hause gehen und ganz privat noch ein bisschen vor mich hinwimmern, sondern mich auch allein weiterfreuen, unter der Dusche, auf dem Klo oder in der ersten Reihe im Kino. Meine kleine Schwester ist elf Jahre jünger als ich, und wenn wir zu Weihnachten mit Rotwein dasitzen und sie mir ihre Sicht der Welt erklärt, dann erzählt sie immer, dass sie auf gar keinen Fall Kinder will, bevor sie 30 ist. Das halte ich dann für sehr vernünftig und moderne-intelligente- Frauen-mäßig ok, gebe aber zu bedenken, dass sie, wenn es ganz, ganz blöd läuft, dann in die gleiche Klemme geraten könnte wie ich. (Nein, ich habe nicht absichtlich gewartet, bis ich 30 war, und dann in die Röhre geguckt. Ich war zwischen 24 und 27 Single, dann hatte ich einen Freund, der eine Vollkatastrophe war und niemals ein Kind gewollt hätte, gesetzt den Fall, dass ich den Verstand verloren und eins mit ihm gewollt hätte – dann war ich wieder Single, und dann nach einem kurzen Intermezzo noch mal fast vier Jahre. Das war keine Absicht und auch mit Sicherheit keine extreme Schnäkigkeit in Liebesdingen, das war einfach so.) Aber trotzdem denke ich in letzter Zeit manchmal darüber nach, was wäre, wenn jetzt das Telefon klingelt, meine Schwester ist dran und erzählt mir, dass sie schwanger ist, die Kleine? Ich habe keine Ahnung, wie ich mich dann fühlen würde. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass ich es demnächst herausfinden werde.

Je mehr Leute um mich herum schwanger werden, schwanger bleiben und Kinder kriegen, und je weniger ich diese Leute ignorieren kann, weil sie einfach zu wichtig für mich sind, um sie zu ignorieren, desto mehr und desto häufiger habe ich das Gefühl, der Rest der Welt kann fliegen und ich nicht. „Wie macht ihr das? Mit den Armen rudern oder was? Von vorne nach hinten oder mehr von oben nach unten? Nutzt ihr Aufwinde? Oder ernährt ihr euch einfach irre gesund, raucht nie, trinkt nie und verwendet keine Alufolie, ist es das?“ Bei Douglas Adams geht es ums Fliegenlernen, und nach langen Verwirrungen lernt man, dass der Trick folgender ist: hinfallen und im Fall vergessen, auf den Boden aufzuschlagen. Können wir daraus etwas für IVF lernen? Und wo kommt die Alufolie ins Spiel?

(Manchmal könnte man wirklich denken, eine bombensichere Therapie gegen ungewollte Kinderlosigkeit wäre eine feine Sache, aber noch viel, viel toller und segensreicher wäre eine Therapie gegen ungewolltes Selbstmitleid. Harrrgh.)

Samstag, 13. Februar 2010

Man setzt nicht grundlos Kinderwünsche in die Welt

Vorgestern hat mich Em im Kommentar gebeten, mal was über gute Gründe fürs Kinderkriegen zu schreiben. Ich habe zwar das dumpfe Gefühl, mir bei diesem Thema gewaltig die Finger zu verbrennen, aber na gut. Schließlich schulde ich Em die Entspukung dieses Blogs und damit eine Menge. ich muss aber eins vorwegschicken: ich bin bestimmt nicht die Gründepolizei und kann (wie sowieso immer) nur für mich sprechen. Ich glaube auch, viele Dinge liegen auf der Hand. Kinder machen viel Arbeit, das will alles gut überlegt sein, Kinder taugen nicht zum Statussymbol, egal was die Zeitungen gerade schreiben, und was unsere Freunde zu dem Thema denken, kann uns schon deshalb wurscht sein, weil unsere Freunde nicht nachts um vier am Bettchen sitzen oder später versuchen müssen, die Heavy-Petting-Geräusche aus dem snoopygeschmückten Mädchenzimmer zu ignorieren. Das stimmt alles und ist bestimmt schon tausendmal gesagt worden, und wir sind uns bestimmt einig, dass gute Gründe immer eine gute Sache sind, ob es jetzt ums Kinderkriegen geht oder um andere Entscheidungen, die sich schwer rückgängig machen lassen. Aber eins fuchst mich doch im Zusammenhang mit der Gründefrage: wieso müssen wir Abkürzungsfrauen uns diese Frage eigentlich immer so besonders eindringlich stellen oder stellen lassen? Weil wir ein bisschen mehr tun als andere, um schwanger zu werden, und dieses "mehr" lieber durch Gründe gerechtfertigt sein sollte? Oder weil wir mit unserer Entscheidung für IVF oder sonstwas plötzlich unseren Kinderwunsch nicht mehr für uns haben, sondern Teil einer moralischen und politischen Diskussion geworden sind? Es gibt bestimmt "normale" Paare, die zu ihrem Kind kommen, weil sie nachts um zwei mit einer Flasche Cremant im Kopp ihn anschnurrt und sagt "ach Schatz, lass doch heute mal ohne". Oder umgekehrt. Die Gründe für ihren Familienzuwachs können sie sich dann ja später überlegen, falls sie das irgendwann mal auf einer Party gefragt werden sollten - was eher unwahrscheinlich ist. Die müssen das nicht näher erklären. Wir scheinbar schon (wie z.B. damals in diesem denkbar dämlichen taz-Artikel. Ich fange schon wieder an zu schäumen, wenn ich nur dran denke.) Versteht mich nicht falsch, ich finde, jeder sollte sich Gedanken über die Gründe für seinen Kinderwunsch machen. Und weil wir meistens viel mehr Zeit in der Wunschphase zubringen, oft sogar Jahre, bis es so weit ist, ist klar, dass die Gründe uns ein bisschen länger und damit auch mehr beschäftigen. Aber die Betonung liegt auf "uns". Andere gehen diese Gründe meiner Meinung nach einen feuchten Furz an, egal, ob das nun Journalisten sind, Leute, die zufällig auf einer Party neben uns sitzen, oder unsere Tante Frieda.

Gut. Damit zu einer weder gründlich durchdachten noch irgendwie sinnvoll sortierten oder vollständigen Liste guter und schlechter Gründe. Wobei ein schlechter Grund sich dadurch auszeichnet, dass man eines Tages dasteht und sich fragt "und wieso zum Henker wollte ich nochmal Kinder?Was hat mich eigentlich geritten?" Dieser Moment kommt bestimmt bei jedem noch so glücklichen Musterfamilchen vor, aber wenn er anhält und anhält und anhält, die Bäume verlieren die Blätter, Schnee fällt, dann kommt der Frühling ins Land und alles wieder und wieder von vorne, und der Moment ist immer noch nicht vorbei, dann war der Grund zum Kinderkriegen wohl nicht so ein Knüllergrund.

Also los.

1. Du kannst dir nicht vorstellen, eines Tages mal alt zu sein und kein Kind zu haben. Du siehst deine Zukunft im Rentenalter als eine Kette grauer Nachmittage vor dem Fernseher, plötzlich bist du die einsame Oma, die immer aus dem Fenster guckt, wo es absolut nichts zu sehen gibt. Dieser Grund ist sehr verständlich, ob er auch sehr gut ist, weiß ich nicht. Nach dem Abi habe ich eine Weile lang in den Semesterferien in einem trostlosen Altersheim gearbeitet. In fast jedem Zimmer saß eine Frau, die genau dieses Leben geführt hat. Die meisten davon hatten Kinder, und hat es was geändert? Kleine Kinder taugen nicht als Gesellschaft, und wenn sie älter sind, dann wollen sie dich nicht mehr als Gesellschaft. Trotzdem fällt es mir schwer, diesen Grund zu den schlechten Gründen zu zählen. Er hängt so in der Mitte rum.

2. Du hast so eine Art Diashow vor deinem inneren Auge. Da erscheint z.B. ein Bild, wie Dir nach glücklicher Geburt dein zauberhaftes Marzipanbaby in den Arm gelegt wird. Oder wie du später deine kleinen, frisch gebadeten Kinder abends in ihren Bettchen mit karierter Bauernbettwäsche zudeckst und ihnen noch mal durchs Haar wuschelst. Oder wie dein Zwölfjähriger an Heiligabend jubelnd sein neues Cello auspackt (das alte war aber auch schon völlig durchgeübt). Sollten solche Glücksdias der einzige Grund sein, dann fürchte ich, wird es ein böses Erwachen geben. Aber abgesehen davon träumen wir vermutlich alle ab und zu von sowas, wenn es nicht so wäre, würde es schlecht stehen um die Geburtenraten. Da muss man nicht gleich barsch werden und irgendwas von "romantisierter Mist, bürgerliches wunschdenken, die armen Kinder, Rabenmutter" fauchen.

3. Die angeblichen Mistgründe haben wir alle schon mal irgendwo gelesen, vermutlich im Zusammenhang mit jungen Müttern über 40. Da ist dann die Rede davon, dass man nichts verpassen will, dass man alles haben will, dass man denkt, ein Kind würde die Rückbank vom Geländewagen so schön schmücken, dass man auch so einen teuren Kinderwagen will und so, dass die kinderlosen Nachbarn vor Neid kotzen sollen. Blöde Gründe, kann ja sein. Aber ganz ehrlich, zeigt mir doch bitte mal eine Frau, für die das und nur das der Grund ist. Ich glaube nicht, dass es die gibt. Die hat sich irgendwer ausgedacht, der vermutlich Frauen nicht besonders gern mag. (Ich hab das dumpfe Gefühl, dieses Gemeckere über ältere Mütter ist einfach eine Spielart dessen, dass Frauen über 35 bei einigen Menschen insgesamt nicht so beliebt sind und sich am besten für alles entschuldigen sollen, was sie tun oder lassen. Haltet mich ruhig für ein verbohrtes Kampfweib.)

4. Ihr wollt einfach. Und zwar mit allem, was dazugehört. Ihr wollt auch mal jemandem bei den Physikhausaufgaben "helfen". Ihr wollt jemanden, der euer Essen hasst und euch den Urlaub vermiest, weil er erst auf einen anderen Kontinent mit euch fliegen musste, um festzustellen, wie uncool seine Eltern sind. Ihr wollt jemandes Hamsterkäfig saubermachen und auf Autofahrten in Zukunft Benjamin Blümchen hören müssen. Ihr wollt Heiligabend und Montagmorgen. Toller Grund.

5. Ist eigentlich kein Grund, sondern nur die Hoffnung, dass die Gründe in dem Moment nicht mehr so wichtig sind, wenn das Kind erst da ist. Denn dann ist es gleich sowas von da, wird gefälligst geliebt und groß gezogen. Natürlich wäre es schade, jetzt festzustellen, dass mit dem Kind alles verschwunden ist, was wir an unserem Leben mal gut und wichtig fanden. Ich kann es natürlich nicht wissen, denn ich habe ja, hatte ich das schon mal erwähn? keine Kinder. Aber ich glaube, Kinder können fabelhaft ihr eigener Grund sein. Falls ihr versteht, was die wirre Blogtante jetzt schon wieder meint.

Damit endet der vermutlich längste Post, der jemals auf einem iPhone geschrieben wurde. Wir sind nämlich für ein paar Tage in die Heide geflüchtet, in Lilis Wochenendhaus. Es ist das Paradies. Der Schnee liegt hüfthoch, und wenn wir nicht gerade lesen, schlafen oder in den Kamin starren, bahnen wir uns mit dem Hund Trampelpfade zum Brennholzschuppen oder zur Waschküche.

Freitag, 12. Februar 2010

Dieser Blog ist jetzt wieder spukfrei

Liebe Em,

du hast keine Ahnung, wie erleichtert ich war, als ich gerade Deinen Kommentar gelesen habe. Denn jetzt ist klar, dass Du nur eine nette, normale Eiertanz-Leserin bist, die mir nichts Böses will, und nicht mein sehr, sehr hartnäckiger, man könnte fast schon sagen stalkender Exfreund. Em war immer seine Unterschrift unter Briefen und Emails. Seit Jahren habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen und hatte dafür gute Gründe, was ihn aber nicht davon abgehalten hat, mich noch jahrelang auf allen Kanälen zu beharken. Dann hat das irgendwann zum Glück aufgehört. Bis ich vor ein paar Wochen Deinen ersten Kommentar mit der Em-Unterschrift im Kasten hatte und mir eiskalt wurde. Ich habe ca. achtzig mal auf diesen doch eigentlich sehr freundlich geschriebenen Kommentar geantwortet(das war immer eins seiner Markenzeichen: freundlich anfangen und dann BLAMM!), mal drohend, mal wütend, mal kühl, um meinen Blog hier gegen sein Eindringen zu verteidigen. Aber ich hab diese Antworten am Ende nie gepostet, denn ich musste einsehen: egal, was ich schreibe, wenn er das hier lesen will, dann liest er es. Und bei ihm war ignorieren immer schon der einzige Weg, bitter genug, um seine Ruhe zu haben. Ich habe sogar kurz mit mir gekämpft, ob ich überhaupt noch schreiben soll oder lieber die Bude dichtmachen, aber die Bude hab ich zu gern, um sie mir von dieser Nervensäge kaputtmachen zu lassen, darum sind wir geblieben. Ich habe auch überlegt, bestimmte Dinge jetzt nicht mehr zuschreiben, damit er bloß nicht zu viel darüber erfährt, wie und wo und mit wem ich jetzt lebe. Aber auch das war mir zu blöd, also hab ich weitergemacht und mir ab und zu ein bisschen in die Hose gemacht.

Ich hoffe, ihr habt nicht zu viel davon gemerkt, aber in den letzten Wochen hat es hier ein bisschen gespukt. Und mit Deinem Kommentar, liebe Em (dass ich das noch mal schreibe...), ist der Spuk beendet. Denn um sich hier als Abkürzungshase zu tarnen, dazu wäre er viel zu arrogant. Nein, Monsieur würde hier reinspazieren und allen ernstes erwarten, willkommen zu sein. Mit diesem Kommentar ist klar, Du bist nicht er. Darüber bin ich sehr froh (und glaube mir, Du kannst darüber auch sehr glücklich sein). Ich wünsch Dir alles Gute und am Besten nur noch positive Versuche . Und über die guten Gründe schreibe ich bestimmt bald, versprochen!

Donnerstag, 11. Februar 2010

Vielleicht würde ich mit Beate gerne mal ein Bier trinken. Vielleicht aber auch nicht.

Gerade auf der Wiese standen zwei Frauen beim Rauchen zusammen und redeten über irgendeine Beate. Als ich mit Lili vorbeilief, sagte gerade die eine zur anderen: "Hat die eigentlich Kinder?" "BeATE? Nnnä." wobei der Ton in etwa der war, als wäre die Frage gewesen, ob Beate eigentlich für Haiti gespendet hat. Na gut, nun habe ich keine Ahnung, ob Beate nicht wirklich die schlimmste Schreckschraube weit und breit ist. Kann ja sein! Aber ich bin trotzdem ein bisschen zusammengezuckt, denn irgendwie beschleicht mich in letzter Zeit öfter das Gefühl: Frauen ohne Kinder sind erst mal unsympathisch. Das finden viele Journalisten, Leute, die zufällig im Bus vor mir sitzen oder eben rauchende Tanten entlang meiner Gassi-Strecke. Wir denken nämlich nur an uns, haben unsere Turbo-Karrieren im Kopf oder würden uns strikt weigern, irgendjemandes Popöchen abzuwischen und Breichen von unseren Töppchen zu kratzen. Wir doch nicht. Nnnnä!!

Und wenn wir dann irgendwann beschließen, doch ins andere Lager zu wechseln, und das mit medizinischer Unterstützung, dann ist das irgendwie... wie soll ich sagen... geschummelt. Unfair! Das Schicksal hat das nicht gewollt bzw. wir sind selbst Schuld, und nun ist es eben so. Wer sich damit nicht abfinden kann, ist auf jeden Fall ziemlich verbissen und leidet unter "Machbarkeits-Wahn". Unsere Gründe für den Lagerwechsel sind übrigens auch selten positiv (Wie z.B. "ich liebe Kinder"), sondern meistens vor allem von Gier und Oberflächlichkeit bestimmt ("Wie sieht denn das aus, ich ohne Kind? Was sagen die Nachbarn?" oder "alle haben, Heidi Klum sogar viermal, nun will ich aber auch", oder, noch einfacher: "ich will ich will ich will, Fußaufstampf").

Oh Mann. Das ganze Kopfkino nur wegen zwei rauchenden Frauen und ihrer Beate. Man merkt doch, es geht auf die nächste Kryo zu.

Mittwoch, 10. Februar 2010

Ist Hamburg noch lawinensicher?

Draußen liegt schönster Pulverschnee bei miesesten Temperaturen, ich stapfe mit dem Tier Wieseauf-Wieseab, wir bekommen beide langsam Apfelbäckchen von der vielen frischen Luft, und ich komme ins Grübeln: wenn ich nicht im August eine Fehlgeburt gehabt hätte, würde es jetzt langsam ernst werden. Ich hätte eine Riesenwampe, wüsste längst, was es wird, und das Kinderzimmer wäre hoffentlich fertig. Hoffentlich. Wie ich uns kenne, könnte es auch gut sein, dass wir immerhin mal ein paar Post-Its in den einen oder anderen Katalog geklebt hätten. Aber man weiß es nicht, vielleicht würde uns angesichts der sich zusammenziehenden Erwachsenenschlinge auch das Verantwortungsgefühl packen, und auf der Wickelkommode würden schon Puder, Creme und feuchte Tücher stehen. Falls wir trotzdem die kleine Lili hätten (was ich ja wohl schwer hoffen will, ich bin sicher, dass es für junge Mütter nichts Gesünderes gibt, als abwechselnd aus zwei verschiedenen Gründen Nervenzusammenbrüche zu haben statt immer nur aus demselben - viel zu einseitig!), würde ich mit Angstschweiß auf der Stirn Gassi gehen, denn hinfallen wäre nicht gut, gar nicht gut. Schadenfrohe Menschen haben es im Moment gut in Hamburg, sie müssen nur am Fenster sitzen und abwarten, früher oder später ist mit Sicherheit das Geräusch splitternder Knochen zu hören. Ich würde also mit Kugel und dicker Jacke und kleinem Hund durch den Schnee watscheln, der die darunter liegende zehn Zentimeter dicke Eisschicht locker bedeckt, irgendwo würden die Gardinen wackeln, wo eine böse Oma darauf wartet, dass die Schwangere sich langlegt, und zuhause würde mein gepackter Krankenhauskoffer warten. Ich bin ganz sicher, die Nacht, in der es losgehen würde (immer Nachts. Was anderes kann ich mir nicht vorstellen.) wäre die kälteste, stürmischste, verschneiteste Nacht des Jahres, und wir würden... ach was. Aufhören mit dem Quatsch.

Montag, 8. Februar 2010

Stadt, Land, Hund

Das Tier ist gerade dabei, im Alleingang in Hamburg den Airedale wieder in Mode zu bringen. Egal, wohin wir kommen, alle quieken und streicheln und sind begeistert. Und mich bringt sie ein bisschen aus dem Konzept. Ich dachte immer, nach einer Kindheit und Teenie-Zeit auf dem Land und einer Studienzeit in einer grässlich piefigen Museumsstadt wollte ich nie wieder in irgend einer Stadt mit weniger als einer Million Einwohner leben. Aber jetzt gerade kann ich mir fabelhaft vorstellen, irgendwo im Wald zu sitzen, auf einem riesigen Grundstück mit alten Birken und einem reetgedeckten Häuschen mit Kamin, Weinkeller, großer Küche und Platz für Tausende von Büchern. Es gäbe einen See, in dem wir schwimmen könnten, und eine Sauna. Unsere Abende würden wir vorm Kamin verbringen, der Hund würde das Brennholz zernagen, ich würde irgendwelche Schmortöpfe ansetzen, viel dunkelbraunes Essen, und im Herbst würde ich Apfelmus kochen. Am Ende würde ich sogar stricken ler... nein, jetzt geht die Phantasie mit mir durch. Aber wäre das nicht herrlich, wenn der Hund ein eigenes Stückchen Wald zum Toben hätte? Vor ein paar Tagen habe ich auf der Straße einen älteren Mann mit einem Labrador getroffen, der mir erzählt hat, auf unserer Stammwiese würde er jetzt nicht mehr spazieren gehen, denn da hätten ihn irgendwelche Assis aus der Nachbarschaft mit Steinen und Eiern beworfen und aus dem Fenster raus wüst beschimpft. Nun muss der alte Mann jeden Tag mehrmals bei spiegelglatten Gehwegen mit dem Tier bis auf die Alsterwiese laufen und hat sich dabei schon mehrfach gewaltig hingepackt. Vielleicht bin ich da zu zimperlich, aber ich glaube, ich würde das persönlich nehmen, wenn mich jemand mit Steinen bewerfen würde. Eine andere Frau hat mir erzählt, dass irgendwelche Leute, die keine Lust auf Hunde hatten, ihre Dalmatiner-Hündin vergiftet haben, und daran haben sich dann beim Säugen auch ihre elf Jungen vergiftet, und alle zwölf Hunde sind gestorben, vor den Augen ihrer einjährigen Tochter. Solche Geschichten bringen mich um den dringend notwendigen Schlaf zwischen zwei Pischs. Wie denn nun, Stadt war doch immer lieb und Land immer böse? Die Leute haben wohl Recht: wenn man erst mal ein Kind zu versorgen hat, dann verändert sich alles. Auch, wenn es nur ein Hundekind ist.

Sonntag, 7. Februar 2010

Fass die Satinbettwäsche

Das erste Mädchenwochenende mit einem pelzigen Mädchen mehr und einem nicht so pelzigen Mädchen weniger trödelt langsam und gemütlich auf sein Ende zu. Während ich schreibe, machen die Damen sich ausgehfertig (es steht ein Besuch auf dem Land an) und Lili zerlegt unter allgemeinem Beifall die Denver Clan-artige Satinbettwäsche, von der L. sich immer nicht trennen will, egal wie doll ich bettele.
Gestern war ein ganz elender Tag, nach einem furiosen Hamburg-Comeback der Berliner Mädchen in verschiedenen Bars (muss ich mal in Ruhe schreiben. Wir sind beinahe in eine Schlägerei verwickelt worden - nicht unsere Schuld! Und das war erst der Anfang!) war gestern der Tag, wo ich mein geschundenes Körperchen ca. 14 mal mit Lili raus auf die spiegelglatte, völlig vereiste Wiese schleppen musste, um dort dann zu stehen und zu versuchen, den Hund durch Telepathie zu möglichst schnellem Pischi zu bewegen. Harrrrgh. Kleine Hunde sind (vermutlich genau wie kleine Kinder) eine 1A Suchttherapie, jeder Kater wird noch viel übler und bösartiger, wenn währenddessen so ein niedliches pelziges Ding um einen rumspringt und spielen und schnuffeln und Pipi machen will. Heute ist besser, viel besser sogar. Und gerade wird mir klar, dass das angesichts des anlaufenden Kryo-Countdowns vermutlich für lange Zeit der letzte quietschbunte Abend und der letzte graue Tag danach waren, denn bis dahin steht kein Geburtstag und kein Besuch mehr an, und Mitte März ist dann wieder Fenchel-Anis-Kümmelteezeit.
Schön war das. Mädchen sind was feines, hab ich das schon erwähnt? Ich hoffe, es werden zwei Mädchen.

Freitag, 5. Februar 2010

Gerade vor der Tür.

Ich komme gerade mit Lili vom ersten Pisch im Morgengrauen, da treffe ich vor unserer Haustür meinen Nachbarn. Ein älterer Herr in Adidas. Er lächelt mich an und sagt etwas, was ich nicht sofort verstehe, also frage ich "wie bitte?", während ich aufpasse, dass der Hund die liegengebliebene Handwerkerfluppe neben der Haustür nicht frisst. "Am besten immer mitten auf den Weg, damit wir auch alle schön reintreten" wiederholt der Nachbar immer noch lächelnd und geht seiner Wege, so dass ich meine Antwort nur noch seinem sich entfernenden Rücken geben kann: "Sie kriegen sicherlich auch mit, dass ich grundsätzlich alles wegmache, was sie irgendwohin macht - und in den Vorgarten macht sie gar nichts? Schon gar nicht auf den Weg?"
Zack, schon hat der Tag den ersten kleinen Riss. Die machen das immer so, er und seine Frau. Egal, wo und wann man sie trifft, immer ein liebes Wort und dann nichts wie weg. Die stand auch schon mal an Silvester um halb eins vor der Tür und lieferte eine Hasstirade ab, weil wir mit 15 Leuten bei Zimmerlautstärke ein bisschen gefeiert haben. Nachdem sie ihren auswendig gelernten Text über Polizei! und Hausfriedensbruch! und Mietminderung! in mein Gesicht gekeift hatte, dampfte sie sofort wieder ab die Treppe hoch, so dass ich meine höfliche, freundliche und diplomatische Antwort genau so gut der Wand hätte erzählen können.

Die beiden Sonnenscheine wohnen über uns. Und abends hören wir sie manchmal laut und herzlich gleichzeitig lachen, ein eindeutiges Fernsehlachen. Die Frage ist, worüber lachen solche Leute? Das Schweigen der Lämmer? Schindlers Liste?

Donnerstag, 4. Februar 2010

Plan W

oder besser gesagt, der Würmchenplan, sieht im Moment folgendermaßen aus:
Ich habe jetzt noch 17 Pillen, die von heute nicht mitgerechnet. In 17 Tagen nehme ich also die letzte. Dann werden schätzungsweise drei-vier Tage vergehen, bis ich meine Tage bekomme. Dann melde ich mich in der Klinik, wo man mir vielleicht ein Medikament verschreibt, vielleicht auch nicht. Mit oder ohne dieses Medikament werden nochmal zehn, elf, zwölf Tage vergehen, bis ich wieder breitbeinig auf dem Stuhl sitze, um zwei (wenn es gut läuft, sonst eins oder auch gar keins) aufgetaute Würmchen in Empfang zu nehmen. Und wieder zehn Tage später dann der Bluttest. Macht zusammen noch einen Countdown von grob überschlagen 42 Tagen bis zum T-t-t-t-test.
Noch hält sich die Nervenkrise in Grenzen. Auch für die allerallerallerfrühesten Schwangerschaftszeichen wäre es zu früh. Aber ein bisschen rumort und knackt es schon wieder in den Drähten.

Hoffen, beschwichtigen, sich in die Hosen machen, ablenken, doch wieder hoffen. Ein schönes Hobby hab ich mir da ausgesucht.

Babytraining mit Hund

Hatte ich schon mal erwähnt, dass einer meiner Lieblingsmomente des Tages der ist, wenn ich mich nach dem Aufstehen noch mal mit einer, zwei, drei Tassen schwarzem Tee mit Milch ins Bett lege, meinen Rechner auf dem Schoß, und einfach so, wie jetzt, vor mich hinmuckeln kann? Ein Pöstchen, ein bisschen Amazon gucken, Mails lesen und beantworten und aus dem Fenster starren. Gerade wird dieser Lieblingsmoment noch ein bisschen schöner dadurch, dass der Rechner neu ist und es draußen Schneegestöber zu sehen gibt. Das heißt, würde. Denn der Morgen sieht im Moment eher so aus: draußen ist es dunkel. Ich wache davon auf, dass Lili mit der Tatze im Schlaf eine Kerbe in mein Gesicht haut. Von meinem gedämpften Schmerzensschrei wacht Lili auf und ist von jetzt auf gleich putzmunter. Aufwachen und putzmunter sein, das heißt bei einem Welpen automatisch: raus auf die Wiese, denn in wenigen Sekunden muss sie mal. Also springe ich so schnell wie möglich aus dem Bett, und während L. den Hund beschäkert, renne ich ins Bad, Kontaktlinsen rein, dann Schlafanzughose gegen Jeans austauschen, prollige Plastik-Hundeausführjacke mit Puschelkapuze an, schnell die Jackentaschen mit Leckerchen, Häufchentüte und Schlüssel vollstopfen, den Hund an die Leine, auf den Arm und raus aus der Tür, in die Gummistiefel springen, mehrere Treppen mit dem Tier im Arm runterrasen, unten die mehrspurige Straße (Berufsverkehr. Eisglätte. Mehr muss ich wohl nicht sagen.) überqueren, drüben endlich das Tier in den Schnee setzen, damit sie endlich ihren Pisch machen kann. Das macht sie sogar! Und zwar prompt! Häufchen gleich hinterher! Ich sammle alles ein, entsorge die Tüte, lobe und verteile Leckerchen und bin rundum begeistert. Tier wieder auf den Arm (richtig Gassi gibt's später), zurück über die Straße, Treppen wieder hoch, das Bett ruft laut nach mir, dem Hund die Schneematsch-Füßchen abtrocknen, raus aus der Jacke, den Stiefeln, der Jeans, und in dem Moment, in dem ich den Schlafanzug gestiegen bin und einen Fuß wieder im Bett habe, höre ich aus der Küche ein zauberhaftes Geräusch. Sie trinkt. Sie trinkt immer noch. Und noch mehr. Weiß sie denn nicht, dass ihre Blase kaum größer als ein Tischtennisball ist? Also alles wieder von vorne. Gähnend steige ich in Jeans und Stiefel.

Man wird demütig dabei. Zum Glück ist sie so unfassbar niedlich. Was man ja wirklich nicht von jedem Baby sagen kann. Ich bin müde. Morgens ist es am Schlimmsten.

Dienstag, 2. Februar 2010

Draußen schneit es, und ich denke ans Auftauen

Noch 20 kleine gelbe Pillchen, bis es wieder los geht. Und ich bin mir überhaupt nicht sicher. Es fängt schon damit an, dass ich dann erst mal nichts tragen darf, und der Hund muss, so lange wir sie irgendwie schleppen können, möglichst für jeden Ausgang die Treppen runter- und wieder raufgetragen werden, weil sie sich sonst einen Hüftschaden einfängt. Ihre Knochen sind einfach noch zu weich. Dann muss also L. das Hundetaxi machen, und das, falls der Test positiv sein sollte, vielleicht mehrere Wochen lang. Und dann weiß ich nicht, ob mein blöder Unterleib sofort wieder das Bluten anfängt, wenn erst mal die Pille weg ist, die das im Moment verhindert. Gestern Abend hatte ich so eine halbe Stunde, in der ich plötzlich aus dem Nichts richtig sauer war auf meinen Bauch. Es kam mir vor, als hätte er sich gegen mich verschworen. Was soll das, da gibt man so viel Geld aus und macht Wochenlang alles richtig, gibt sich Spritzen, unterzieht sich Vollnarkosen, nur um am Ende ein befruchtetes Ei im Bauch zu haben, und dann passiert sogar das Wunder, dass es sich einnistet und wächst, und mein Bauch hat scheinbar nichts besseres zu tun, als mir den ganzen schönen Plan zu verderben? Und wieso? Soll das witzig sein?
Die Phase war zum Glück nach dreißig Minuten vorbei. Aber trotzdem sehe ich dem nächsten Versuch mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits herrscht milde Aufbruchstimmung, weil es endlich wieder los geht. Und natürlich hoffe ich, aber ich hoffe auch ein bisschen paradox, nach dem Motto: jaja, ich rechne jetzt erst mal mit gar nichts, und genau deshalb wird es diesmal auch klappen. Andererseits denke ich auch: den Tiefkühlversuch jetzt noch abhaken, und dann auf zu neuen Ufern. Vielleicht zu einer neuen Klinik oder einer ausführlicheren Diagnoseschleife, was denn nun eigentlich schief läuft bei mir. Vielleicht ja auch doch noch ins Lager der Leute, die sich ernähren wie Anhänger einer merkwürdigen religiösen Sekte und sich auf jeden blöden Tee und jede Atemübung stürzen, alles, einfach alles, was helfen könnte.
Als ich vor ca. einem Jahr angefangen habe, mich auf den ersten Versuch einzurichten, war ich ganz entspannt. Aber ich war auch deshalb so entspannt, weil ich fest davon ausgegangen bin, es würde zwar nicht beim ersten und auch nicht beim zweiten Mal klappen, aber dann schon. Und ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehen würde, wenn es irgendwann tatsächlich fünf, sechs, sieben Versuche gewesen wären und ich immer noch keinen Bauch vor mir herschieben könnte.
Hm. Hmmmm. Wir werden es herausfinden. Denn wenn ich jetzt mal ganz nüchtern nach draußen ins Schneegestöber gucke, habe ich plötzlich wirklich das deutliche Gefühl, auch die letzten beiden Schneeflöckchen werden nur vorübergehend zu Besuch in meinem Bauch sein.

Montag, 1. Februar 2010

Post zwischen zwei Pischs

Ich liege im Bett und schreibe. Meine Beine und mein Gesicht sind immer noch ganz kalt, weil gerade Lilis erster Pisch des Tages unter meiner Ägide anstand (L. war um fünf schon mal mit ihr draußen, aber das habe ich glatt verpennt. Denn das ist eine der ersten Auswirkungen von Lilis Anwesenheit in unserem Haushalt: früher hätte es gereicht, wenn L. sich im Schlaf umdreht, und ich wäre wach gewesen und für eine Stunde nicht wieder eingeschlafen. Jetzt bin ich durch den strikten Zeitplan unserer Pinkelprinzessin ständig so müde, dass ich einschlafe, sobald mein Kopf das Kissen berührt, und erst wieder aufwache, wenn mich jemand an der Schulter schüttelt oder mir seine pelzige Schnute ins Ohr steckt. Eigentlich eine feine Sache.), aber ich habe Tee, meinen geliebten Rechner, meinen geliebten Hund und meinen geliebten L. mit seinem geliebten Kicker um mich herum, und die Welt kann meinetwegen genau so bleiben, wie sie ist. (Wird sie leider nur für kostbare 30 Minuten, Lili hatte gerade Frühstück, und so in einer halben Stunde stehe ich wieder frierend unten auf der Wiese im Schneematsch.)
Gestern haben eins der Mädchen und ich noch ein Mädchen auf dem Land besucht, wir sind vernünftig über Autobahn und Landstraßen durchs Schneegestöber gekrochen und dann zu dritt durch die Abenddämmerung spaziert. Da standen hübsche Häuschen in großen Gärten, durch die Fenster konnte man Bücherregale und gedeckte Tische sehen. Mit Hund kommt einem Landleben plötzlich gar nicht so schlecht vor.

In meinem Portemonnaie steckt mein neues Pillenrezept, nur für einen Monat. Nachher gehe ich los, löse es ein, und wer weiß? Vielleicht wird das ja meine letzte Pillenpackung für lange, lange Zeit. Denn wenn sie zu Ende ist, dann starten wir den nächsten Kryo-Versuch.