Montag, 24. August 2009

Eiertanz macht Flitterferien

Das wird hart: zehn Tage Flitterwochen, und L. wünscht sich, dass wir ohne meinen alten Schrabbelmac fahren. Noch nie war irgendwas am Rechner so wichtig für mich wie das hier, und noch nie in den letzten zehn Jahren musste ich innerhalb von so kurzer Zeit so oft ohne auskommen.

Gut, das wird hart und asketisch: den ganzen Tag nichts als Eis essen, knutschen, durch Italien bummeln und mit Rotwein auf den Sonnenuntergang anstoßen. Aber da muss ich jetzt wohl durch. Ich will mal schwer hoffen, dass ihr alle in der Zwischenzeit möglichst viel Blödsinn macht und euch am Ende vielleicht sogar ein Kind andrehen lasst.
Freitag in zehn Tagen bin ich wieder da.

Dr. Google, der Arzt, dem die Frauen misstrauen sollten

Ich dachte, Normalität wäre gut für mich. Nun stellt sich heraus, dass das nicht unbedingt so ist. Vielleicht ist es ja ein kleines Loch, in das ich nach der Hochzeit gerade falle. Wobei von einem Loch ja eigentlich keine Rede sein kann, denn ich hätte noch 80 Sachen zu tun für morgen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich heute auf meinem kurzen Schongang durch die Stadt in eine Art Trueman-Show für Fruchtbare geraten bin. Aus allen Ecken kamen Mütter, Hochschwangere quetschten sich an Zwillingskinderwagen vorbei. Und als ich diesmal an Petit Bateau vorbeiging, ist mir eingefallen, wie ich mich noch vor wenigen Wochen über die Frauen beömmelt habe, die da Stunden zubringen können: was sind das denn für welche? Das, meine Liebe, sind welche, die Kinder kriegen und deshalb sehr aufgeregt und glücklich sind und das meiste aus dieser Vorfreude rausholen wollen, indem sie hundert kleine T-Shirts berühren. So welche sind das.

Der Ausnahmezustand ist vorbei. Heute ist der erste Tag seit dem verhängnisvollen Ultraschall letzten Montag, an dem ich nicht unter Schock stehe und nicht bis über beide Ohren in Hochzeitsvorbereitungen stecke. Wir treten ein in Phase zwei, in der ich ohne Adrenalin mit der Fehlgeburt fertig werden muss. Was dadurch nicht einfacher wird, dass ich jetzt so etwas wie Regelschmerzen und Regelblutung habe und das so gerne los gewesen wäre, bevor wir in den Urlaub aufbrechen. Auf der Suche nach guten Ratschlägen habe ich wieder mal die Dummheit begangen, im Netz zu suchen, nur um auf die widersprüchlichsten Informationen zu stoßen. Am Ende habe ich unter einem Berg von Papieren den Zettel gefunden, den sie mir in der Klinik mitgegeben haben, und da steht genau das, woran ich mich erinnere: dass Blutungen normal und in Ordnung sind, so lange sie nicht stärker sind als eine Regelblutung (sind sie nicht) und Schmerzen auch, so lange ich sie mit handelsüblichen Schmerzmitteln in den Griff kriege (tue ich).

Wieder mal frage ich mich allerdings, ob in diesen Foren eigentlich wirklich so gut wie alle Schreiber völlig besengt sind. Da gibt es welche, bei denen man auch beim besten Willen nicht herausfinden kann, was sie eigentlich sagen wollen, dann wieder die, die einfach nur das Gleiche noch mal schreiben, das vor ihnen schon zehn andere geschrieben haben, dann gibt es die, die eine wichtige!!!!!!! Frage haben, woraufhin sie zwar einen Wortschwall posten, der aber keine einzige erkennbare Frage enthält, und dazwischen viele viele Sorgen und Nöte und Katastrophen, die beim Lesen bei mir eine ungute Mischung aus Panik, Beklemmung und Widerwillen auslösen. Oje. Wann lerne ich es endlich, dass die Antwort auf medizinische Fragen nicht im Internet zu finden ist? Nie?

Hab ich ein Glück.

Zurück vom vermutlich schönsten Wochenende meines Lebens habe ich bestimmt hundert Gründe, vor Dankbarkeit fast zu platzen:
Dafür, dass ich scheinbar von den nettesten, besten und liebsten Menschen der Welt förmlich umzingelt bin.
Dafür, dass meine Freunde wissen, dass sie mich manchmal zu meinem Glück zwingen müssen.
Dafür, dass ich L. habe, der für sich genommen schon mindestens hundert Gründe für Dankbarkeit liefert.
Dafür, dass mir trotz Tanzmarathon bisher nicht die Eingeweide aus meinem lädierten Unterleib gefallen sind, obwohl es sich gestern Abend so angefühlt hat.
Dafür, dass meine Füße bestimmt bis heute Abend wieder ihre normale Größe und Form angenommen haben.
Dafür, dass meine Familie mich auch dann noch liebt, wenn ich mich vor ihren Augen in eine Art Castingshowteilnehmer auf Speed verwandele.
Dafür, dass es solche Abende gibt, an denen man literweise blubbernde Getränke trinken kann, und trotzdem wird alles immer schöner und nicht immer schlimmer.
Dafür, dass Adrenalin mich an die Hand genommen hat und mich durch zwei Tage Schlafentzug, Mörderstress, Kater und Herzklopfen bis kurz vorm Infarkt sicher bis nach Hause gebracht hat.
Dafür, dass uns das Beste noch bevorsteht: Flitterwochen in Italien, nach Hause kommen und einfach nur in Frieden verheiratet sein, und dann irgendwann wieder schwanger werden und ein Kind bekommen.
Dafür, dass das inzwischen schon drei Monate anhaltende Sexverbot morgen beendet ist. (Genauer gesagt ging ein Verbot immer nahtlos in das nächste über: erst hatte L. Sexverbot vor der Punktion, dann ich danach bis zum Test, dann sollten wir „nur für alle Fälle und zur Sicherheit“ noch warten, und dann ging es auch schon los mit dem alten Blut, dann war die Fehlgeburt und die Ausschabung, und nun bin ich gespannt, ob meinen Ärzten noch ein Grund einfällt, um das Verbot weiter zu verlängern. Hm? Na kommt, konzentriert euch, da geht doch noch was?)
Dafür, dass ich zur nächsten Hochzeit nur noch was Hübsches zum Anziehen brauche und dick und bräsig zugucken darf, wie andere vor Aufregung fast durchdrehen.
Dafür, dass niemand auf der ganzen Feier auf die Idee gekommen ist, mich wegen der Fehlgeburt zu bemitleiden.
Dafür, dass ich immer noch mit kleinen Kindern spielen kann, ohne mich ungerecht behandelt zu fühlen. Das ist bestimmt nicht mein Verdienst, sondern einfach nur großes Glück.
Dafür, dass mir zwar in den letzten zwei Tagen vor der OP plötzlich und wie zum Hohn doch noch ein Babybauch gewachsen ist, aber dass ich trotzdem in mein Kleid gepasst habe.
Dafür, dass ich mit 36 feststelle, dass ich noch nie solche Freunde hatte wie jetzt.

Donnerstag, 20. August 2009

Grün ist die Heide, rot meine Unterhose

Eine Ausschabung tut weh. Damit meine ich weh im Sinne von aua. Nicht die Operation selbst, aber spätestens am Tag danach fängt es an, gewaltig zu zwiebeln. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich gestern nicht wie angewiesen liegen bleiben konnte, sondern mich wenigstens um ein-zwei Sachen kümmern musste. Man geht zum Beispiel nicht ohne Höschen in die Kirche, das muss doch jede Gynäkologin einsehen können? Also musste ich mir eine kaufen für die Hochzeit. Und wo ich schon mal da war, auch noch Make-up und Rouge und Strümpfe. Aber schon diese paar Schrittchen im Schneckentempo im Alsterhaus, wo mich eins der Mädchen netterweise hingekarrt hat, waren fast einer zuviel. Heute habe ich den größten Teil des Tages auf dem Sofa mit Blick auf Kühe und frisch gedüngte Wiese verbracht. Erstaunlich, was man alles im Liegen tun kann: z.B. Kekse mit Zuckerschrift verhunzen, eine ganze Armee von hilfsbereiten Leuten herumscheuchen und sich über todernste Sportler im Fernsehen lustig machen.

Ach, das wird schon alles. Im Moment ist das Gute an den Schmerzen, dass ich mich so auf den Moment freue, wenn sie aufhören. Schön, wenn der Krampf nachlässt. Wir berappeln uns nach Kräften. Es ist alles eine Riesengemeinheit. Aber zum Glück weiß ich nicht, wem ich dafür ans Schienbein treten soll. Und mir wird außerdem wieder mal klar, was für ein Glück ich bei all dem Mist habe. Das hätte die typische Abgang-im-fünften-Monat-Schwangerschaft werden können. Ich hätte das Kind am Tag nach der Hochzeit verlieren können, wenn alle schon wieder weg wären und ich nicht eine Riesentrostgemeinde um mich herum hätte, und dann hätte ich für nichts und wieder nichts den ganzen Abend an meiner Apfelschorle genuckelt und würde mir am Ende sogar Vorwürfe machen, mit meinem Hochzeitstanz hätte ich das Würmchen getötet. Wir hätten es in dem Moment verlieren können, wenn wir gerade ganz sicher gewesen wären, dass wir es bekommen und in Sicherheit sind. Ich könnte einen Mann haben, der selbst so verzweifelt, dass ich mich noch viel mieser fühle. Obwohl offensichtlich etwas gravierendes mit ihm nicht in Ordnung war, hätte das Kind weiterwachsen können, und wir hätten in ein paar Wochen vor der Entscheidung stehen können, ob wir dieses todkranke Kind trotzdem bekommen wollen. Wir hätten... ach was, die Schreckensszenarien sind bis ins Unendliche steigerbar.
Aber sie lenken mich so schön vom Glücksszenario ab: dass wir vielleicht ein gesundes, prächtiges Kind bekommen hätten. Das müssen wir nun eben ein bisschen verschieben.

Liebe Netzhasen, ich fühle mich fast undankbar, dass ich euch in den nächsten Tagen vermutlich ein bisschen hängen lassen werde. Leider hab ich nicht so ein dolles Handy, mit dem ich auch vom Klo aus posten kann, und ich weiß nicht, wie oft ich mich bis Montag an einen Computer setzen kann. Glaubt mir, wenn das ginge, würde ich euch zweimal täglich auf den neuesten Stand bringen, wie es läuft, wer knutscht, wer geheult hat und ob die wasserfeste Wimperntusche sich bewährt hat.

Ich drück euch allen die Daumen, dass die nächten Tage für euch katastrophenfrei bleiben, und trinke ein Glas auf euch mit. Oder sieben. Wir haben es uns verdient, oder?

Dienstag, 18. August 2009

Erfolgreich und gründlich entwurmt

Ach, das war schon seltsam, als unfruchtbare, aber schwangere Frau nun plötzlich eine Abtreibung zu erleben. Komisch war auch, dass ausgerechnet heute im Wartezimmer ein klitzekleines Mädchen war, dass mich eine halbe Stunde lang angeflirtet und bespaßt hat, von seinen unfassbar assigen Eltern völlig unbeachtet. Und komisch war es, nach der OP gefragt zu werden, ob ich denn zufrieden war und mich wieder hier operieren lassen würde? Klar doch, jederzeit, für die nächste Fehlgeburt seid ihr fest gebucht!

Wie das alles genau und im Einzelnen lief, das erzähle ich euch ein andermal, versprochen. Jetzt habe ich es erst mal hinter mir und liege mit entwurmtem Grummelbauch im Bett und freu mich auf meinen Mädchenbesuch nachher, der zu allem Überfluss auch noch SUSHI mitbringt! Von meinem Lieblings-Sushimann! Sie weiß einfach, dass ein bisschen roher Fisch perfekt ist, um meine Lebensgeister wieder in Fahrt zu bringen.

Danke allen Hasen im Internet und im echten Leben, die hier so tapfer mitgefiebert haben und mir so viel geschrieben haben! Wieder mal ist es toll zu sehen, dass ich nicht allein bin und bestimmt nicht die einzige Frau auf der Welt, die nicht ohne Probleme und ganz nebenbei einfach plopp-plopp-plopp ein Kind nach dem anderen bekommt.Unfruchtbarkeit ist eine Riesenbitch, aber zum Glück müssen wir nicht allein damit fertig werden.

A propos plopp-plopp-plopp, was ist das mit dieser Zwölflingsmutter?

Montag, 17. August 2009

Nur, falls euch das hier nicht genug Geheule ist:

Ich hab schließlich auch meinen Stolz.

Aktion Florasichere Wohnung

Nach der „Aktion Nasenspraysichere Wohnung" musste heute einiges rückgängig gemacht werden, um die Wohnung von den tückischsten Fallen für meine Gesundheit und meine Seelenruhe zu befreien. Als erstes habe ich die drei Schwangerschaftsbücher an einen Ort im Arbeitszimmer getragen, der sonst Steuerratgebern und meinen peinlichsten Fotoalben vorbehalten ist. Dann habe ich die Striche weggewischt, die inzwischen wieder auf der Tafel in der Küche waren. 71 Striche. Dann musste das Ultraschallfoto vom Nachttisch verschwinden, das Bellybutton-Streifenfrei-Öl aus dem Bad und das Vorlesebuch unter dem Bett, aus dem ich dem Würmchen in meinen Matschhirn-Momenten vorgelesen habe. Und zuletzt die schwangere Mamsell, die meine Freundin für mich bei den Anthroposophen getöpfert hatte. Niemand bricht gerne beim Anblick seines Nachttisches in Tränen aus, ich bin da keine Ausnahme. Aber jetzt müsste diese Gefahr gebannt sein.

Eine Ausnahme gibt es. Diesen Blog hier. Der ist randvoll mit allem, was ich in den letzten Wochen gehofft, befürchtet und gedacht habe. Aber ich fürchte, der muss bleiben.

Cheerio, Würmchen

Wenn ich so an die letzten sieben Wochen denke, die Zeit seit dem Schwangerschaftstest, dann kann ich gar nicht mehr so genau sagen, wie es mir ging. Ich war froh, dass du da warst, aber gleichzeitig hatte ich fürchterliche Angst, mich zu früh zu freuen und hinterher um so trauriger zu sein. Zwischendurch wurde mir dann klar, dass das nichts nützt und dass es absolut keinen Weg gibt, sich auf so ein Abenteuer einzulassen und nicht traurig zu sein, wenn es nicht klappt. (Vielleicht gibt es ja irgendwo ein Shaolin-Kloster, in dem man lernt, wie das geht, aber selbst, wenn das so wäre, dann vermute ich, in ein Shaolin-Kloster könnte ich weder L. noch die Mädchen mitnehmen, auch nicht meine Lieblingslippenstifte, meine Musik, meinen Rechner und mein Internet, und ein Ort, an dem das nicht geht, ist kein Ort, der für mich gut ist.)

In den letzten Wochen ist viel schief gegangen. Ich habe in dieser Zeit abends mehr Unterhosen mit Blutflecken als ohne in den Wäschekorb geworfen. Und obwohl da der Wunder-Ultraschall war, der mit dem Herzschlag, war da doch der vorher und der davor, und ich weiß noch genau, wie besorgt und nüchtern die Ärzte dabei ausgesehen haben. Da waren die vielen vielen Schwangerschaftszeichen, die ausgeblieben sind, obwohl doch die Hormone immer voll da waren. Eigentlich kann ich also nicht sagen, ich wäre nicht gewarnt gewesen, als heute die Ärztin das Ding in mich reingesteckt hat, auf dem Schirm nur so etwas wie eine Haselnuss in einer großen dunklen Höhle erschien und sie sagte: „Das sieht nicht gut aus. Das sieht gar nicht gut aus.“ Die Haselnuss warst du.

Das kleine Ultraschall-Foto von dir hat viel zu schnell seine schöne Bedeutung verloren. Am Anfang musste ich es noch ständig angucken, weil du das warst, zum ersten mal kein Prilblümchen mehr! Aber schon nach ein paar Tagen musste ich es nur noch ständig angucken wie eine Beschwörung, dass du doch bitte noch da sein sollst, als könnte ich das selbst nicht so richtig glauben. Ich hätte es nur so gerne geglaubt. Vielleicht war es ja auch ein Zeichen, dass meine Phantasie nie so mit mir durchgegangen ist, wenn es um dich ging, wie sie sonst bei jedem kleinen Fitzelchen mit mir durchgeht. Zeig mir ein Gummiband oder ein angebissenes Würstchencroissant, und ich mache im Kopf einen Film draus und die Fortsetzung gleich dazu, aber zeig mir ein Ultraschall-Bild meines Kindes, und ich habe keine Ahnung, was dahinter für Geschichten stecken könnten. Natürlich glaube ich, zu wissen, was Kinder bedeuten, schließlich war ich selbst mal eins und davor genau so ein Würmchen wie du, wenn auch etwas, wie soll ich sagen, lebendiger. Aber so richtig, richtig vorstellen, mit allen Gerüchen und Farben und verschiedenen Schichten konnte ich mir nie, wie das mit uns werden soll. Und so richtig wollte ich das auch nicht, weil da ja immer noch die Angst war, dass vielleicht am Ende nicht nur ein kleiner weißer Fleck auf dem Ultraschall weg ist, sondern eine ganze Geschichte mit Geburtstagen und Weihnachten und Gute Nacht-Geschichten und Klebenbleiben in der Schule und Zahnspangen und Tinti, dem Badespaß.

(Verdammt. Briefe an ungeborene Kinder, die auch noch zu allem Überfluss niemals geboren werden, sind so eine scheußliche, kitschige Nebenwirkung dieser ganzen Sache. Ich wäre so gerne so ein lässiger Hund, der gegen solchen Zauber immun ist und damit umgeht wie ein Kerl.)

Jetzt bist du schon seit Wochen tot, aber erst morgen wirst du wirklich weg sein. Und es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, ich will nicht, dass du das falsch verstehst und traurig bist, aber nun wird es auch Zeit, dass du gehst. Niemand bahrt einen Toten drei Wochen lang zuhause auf. Und niemand hat gerne drei Wochen lang ein totes Kind im Bauch.

Wer hätte das gedacht? Nun wird Flora doch noch zu einer Abtreibung kommen.

Würmchen, es war nicht immer leicht mit dir und nicht immer fröhlich. Aber schön war es doch.
Mach es gut, kleine Granate. Ich bin froh, dass du da warst. Dieses Glas wirklich ausgezeichneten Plus-Prosecco trinke ich auf dich.

Das wars

Für dieses Würmchen wird es leider kein Zimmer mit Häschenbordüre geben, und erst recht keine Rutsche und kein Schwimmbad. Es ist seit Wochen nicht gewachsen und zeigt nicht das leiseste, kleinste, piepsigste Lebenszeichen. Genau genommen ist es nur noch ein kleines, undefinierbares Klümpchen. Nur scheint das mein Körper bisher noch nicht kapiert zu haben, er bemuttert es weiter nach Kräften. Morgen früh muss ich deshalb zur Ausschabung. Und gerade kann ich noch nicht so viel schreiben. Später bestimmt. Später ist besser.

Die Einträge eins, zwei und drei haben es nicht gebracht

Das ist jetzt mein vierter Anlauf für einen Eintrag, bevor ich zum Ultraschall fahre. Erst wollte ich etwas darüber schreiben, wie schön für mich als Kind der Sommer immer war und wie schön er erst für Würmchen werden wird. Dann wollte ich darüber schreiben, dass sich bei L. und mir in den letzten Tagen ganz heimlich das Namensding eingeschlichen hat. Und dann war da noch der Versuch, darüber zu schreiben, was gerade los sein müsste laut den drei Babybüchern und dem Schwangerschaftsnewsletter, und was davon alles einfach nicht passiert und wie ich versuche, deshalb nicht nervös zu werden. Aber es hat keinen Sinn. Denn heute ist Ultraschalltag. Und ich kann nicht über niedliche Namen und nicht stattfindende Brustveränderungen und Tage im Schwimmbad auf der Rutsche schreiben, wenn ich vielleicht in drei Stunden nach Hause komme und sich das alles erledigt hat. Das wäre fast genau so ungeschickt, wie wenn ich heute morgen einfach zwei Stunden früher aufgestanden wäre und im Arbeitszimmer eine Häschen-Bordüre an die Wand geklebt hätte.

Verdammt, wieder mal wäre ich gerne lässiger. Lässigkeit wäre eine feine Sache.

Sonntag, 16. August 2009

Angst-Hopping

L. ist tatsächlich wider Erwarten ohne Veilchen, Brüche, Tripper (nein, der Nicht-Tripper ist natürlich nicht "wider Erwarten") oder andere Beschädigungen zurück und inzwischen auch ausgeschlafen. Und Hormonsusi, die ich bin, hatte ich natürlich die halbe Nacht Angst, es wäre bestimmt etwas passiert. Gut. So lange mich das nicht dazu bringt, ihm was vorzuheulen oder ihn sonstwie davon abzuhalten, Spaß zu haben und ein freies Leben zu führen, geht es ja noch. So lange mir klar ist, dass da die Hormone wüten und ich damit eben leben muss - und so lange ich weiß, dass das alles nichts mit der Realität zu tun hat.

Nachdem dieser Angsthasenanfall nun ausgestanden ist, kann ich mich in aller Ruhe in den nächsten reinsteigern: die Uhr tickt bis zum Ultraschall. Morgen um Viertel nach elf bin ich dran.
Würmchen, ich würde sagen, morgen hast du die letzte Chance, aus diesem ganzen Plan auszusteigen. Morgen werde ich noch mal zittern. Und wenn ich danach das nächste Mal auf einem Stuhl liege und jemand mit einem Plastikgerät auf oder in mir rumprockelt, dann werde ich jenseits der 12-Wochen-Grenze sein. Wenn du morgen gesund aussiehst, dann sieht deine Mutter das als Lizenz zur Vorfreude. Ab morgen werde ich hemmungslos Babybücher lesen, Sachen mit Quiekstimme sagen und damit anfangen, im Kopf dein Zimmer einzurichten. Wer ab morgen noch Ärger macht, ist also ein Spielverderber, ok?

Sonntag, 10:12

Da sitze ich hier jeden Tag und überlege mir, was mich heute nervt und wieso das alles komplizierter ist als gedacht, und wie um Himmels Willen das alles werden soll. Und dann gibt es solche Momente, in denen eigentlich gar nichts Besonderes passiert. Außer, dass mir plötzlich aufgeht, dass ich vermutlich wirklich ein Baby bekomme und nächste Woche den fabelhaften L. heirate.

Und dazu fällt mir dann wirklich nichts mehr ein.

Samstag, 15. August 2009

Falls ihr heute zufällig einem hilflos betrunkenen Mann in Zylinder und Hosenträgern über den Weg lauft:

seid nett und denkt nichts Schlechtes über ihn.
Während ich hier friedlich sitze und tippe und sonst keine Sorgen habe, geht L. durch die Hölle. Heute ist sein Junggesellenabschied, und er muss alles aufholen, was ich bei meinem nicht durfte. Irgendwann morgen früh laden sie ihn wieder hier ab, und Ibuprofen, gekühlte Augenmaske und kaltes Wasser stehen bereit.

Noch zwei Tage bis Ultraschall. Bernstein hat Recht, es nützt ja nichts. Wieder mal habe ich keine Ahnung, was ich denken oder wie ich mich fühlen soll. Habe ich jetzt das sichere Gefühl, dass etwas nicht stimmt, und alles andere wird eine schöne Überraschung? Oder denke ich das nur sicherheitshalber, um der schlimmsten Enttäuschung vorzubeugen, und weiß im Grunde genau, dass alles stinknormal, also gut ist? Es ist ein Affentanz, und der wird wohl auch nicht aufhören, bis ich irgendwann das Würmchen im Arm halte und mir drei Ärzte laut und in Zeichensprache und schriftlich versichern, dass nun wirklich, ehrlich und in echt alles gut ist.

Vorhin Frühstück auf dem Schulterblatt. Und nun geht es hier schon so zu wie in Berlin: alle sind schwanger. Es ist eine Seuche. Überall Bäuche und Wagen und Schultertücher und winzige Fahrräder aus Holz. Trotzdem geht erstaunlich viel Kaffee, der nicht Kaffee heißt, über den Tresen. Ich dachte, gerade diese schwangeren Großstadt-Szenemädchen sind die wildesten Ernährungsnazis. Ist doch schön, wenn man sich irrt.

So sehr ich mich auch wegen des Ultraschalls aufrege und so unruhig mich das auch macht, dass ich so gut wie nichts von meiner Schwangerschaft mitkriege und dass es immer noch ab und zu blutet - langsam breitet sich in den anderen Lebensbereichen eine große, schöne Gelassenheit aus. Dass ich nichts trinken darf, hat mich sowieso bisher viel weniger gestört, als ich dachte. Aber langsam lässt mich auch die Existenzangst wegen der Jobflaute aus ihren Klauen. Was solls? In meiner alten Firma läuft es gerade überhaupt nicht rund, wie ich höre. Wenn ich da immer noch jeden Tag hin müsste, würde ich mich jede Nacht schlaflos hin und her wälzen und würde täglich eine Stunde damit verschwenden, Phantasiestreitgespräche mit Chefs und Kunden zu führen, die nie wirklich stattfinden. Und wäre ich in einer anderen Firma, dann hätte ich im Moment ständig ein schlechtes Gewissen, weil ich so schnell schwanger geworden bin, und ich hätte es bisher vermutlich noch nicht mal erzählt, aus Angst, dass ich das Baby verliere und dann für nichts und wieder nichts von Anfang den Ruf hätte, hier ein ganz linkes, doppeltes Spiel zu spielen und wirklichkeit am Job kein Interesse zu haben, sondern hier nur die Zeit bis zur Familiengründung abzureißen. So sind die nämlich drauf, die Bosse in meinem Beruf. Alle!

Das wird schon alles, und wenn nicht, dann werde ich extrem viel Zeit für Yoga haben.
Auch bei Klamotten bin ich raus, und das ist in Ordnung so. Ich habe shoppen schon immer gehasst, aber war trotzdem nicht gerne doof und langweilig angezogen, und jetzt ist es doch schön, zu sehen, wie die anderen Mädchen ganz aufgeregt sind wegen des ACNE-Sonderschlussverkaufs auf der Schanze, und ich kann daneben stehen und ihnen ohne die leisesten Melancholie dabei zugucken, wie sie sich in wahnsinnig knackige Jeans schießen und weiß, in den nächsten Monaten wird die Kleiderfrage extrem in den Hintergrund treten. Ihr verrückten jungen Leute, geht ihr nur shoppen/saufen/die Wirtschaft ankurbeln/Elefanten jagen! Heute ist Flora sowas von raus und sehr froh darüber.

Womit nicht gesagt ist, dass ich morgen nicht schon wieder von einer Minute auf die andere in eine mittlere Krise rutsche.

(Und natürlich habe ich trotzdem was gekauft. Einen ACNE-Rock, der bestimmt nicht auf Zuwachs gedacht ist. Aber 40 Euro? Das Ding ist ein KLASSIKER, quasi eine Geldanlage!)

Freitag, 14. August 2009

Nachrichten an das Würmchen

Nur falls du dich fragst, warum das hier so ungemütlich ist in letzter Zeit: deine Mutter befürchtet gerade, dass sie noch verrückt wird. Jaja, du winkst ab und willst mich beruhigen, aber hör dir erst mal die Beweislage an.

Weil gestern im eltern.de Newsletter stand (den ich nach kurzer Pause nach dem schlimmen Ultraschall neu bestellt habe), dass du dich so freust, wenn ich Knoblauch und Zwiebeln esse, gab es gestern Abend griechischen Salat und Knoblauchbaguette. Und heute hat dein Vater einen Zahnreinigungstermin. Ich nenne das: den Kontakt zur Realität verlieren.

Ich starre achtzehnmal am Tag das Foto vom letzten Ultraschall an, auf dem du noch nicht mal besonders gut getroffen bist, sogar so schlecht, dass eine Freundin von mir dachte, die Striche, mit denen deine Größe markiert ist, wären deine Beinchen, und wenn ich genau hinsehe, kann ich sogar verstehen, was sie damit gemeint hat.

Gestern Abend habe ich einem Freund am Telefon eine halbe Stunde lang vorgejammert, wie blöde Schwangerschaften sein können, und dass die Welt bedeutend leerer wäre, wenn Männer die Kinder kriegen würden, und dann zucke ich immer noch zusammen, wenn ich auf der Toilette sitze und kurz vergessen habe, dass ich selbst es war, die rot gemustertes Klopapier gekauft hat. Wie denn nun, Schwangerschaft blöd oder Schwangerschaft gut?

Sobald sich die Tür hinter deinem Vater schließt, läuft vor meinem inneren Auge ein Wes-Craven-Film ab, in dem ihm die seltsamsten und schlimmsten Dinge passieren. Denn das ist mir vollkommen klar: Beides zusammen darf ich bestimmt nicht haben, Mann UND Kind. Ich doch nicht.

Pass auf, vielleicht können wir uns ja folgendermaßen einigen: du versuchst dein Bestes, um diese Hormonzufuhr irgendwie ein bisschen in Richtung dauernde Glücksgefühle zu regeln. (Davon liest man doch immer? Andere Embryos können das auch, nu streng dich an!) Und ich esse im Gegenzug ein bisschen mehr Knoblauch. Abgemacht? Zum Zeichen, dass du mich verstanden hast, tu einfach ein paar Minuten lang gar nichts.

Nachtgedanken einer Ex-In Vitro-Patientin in ungeordneter Reihenfolge

Was, wenn mit den Keimzellen etwas nicht stimmte, und durch die Hormone ist mein Körper gezwungen worden, sie trotzdem wachsen zu lassen, und nun bekomme ich ein fürchterlich krankes Kind, das sein ganzes kurzes Leben lang leiden muss?

Was, wenn das mit dem Herzschlag neulich zwar ein Wunder war, aber nur ein vorübergehendes, und beim Ultraschall in drei Tagen wird klar, dass eigentlich nie eine Hoffnung auf ein Baby bestand?

Was, wenn auf der ellenlangen Liste all der Sachen, die ich nicht essen und trinken darf, eine Sache noch fehlte, und ich bin die erste, bei der deshalb etwas schief geht?

Was, wenn meine gerade aus Mallorca wieder eingeflogenen Hochzeitsgäste mir und dem Kind die Schweinegrippe verpassen? Und ich muss entscheiden, ob ich lieber Hirnschäden durch Fieber oder durch Medikamente riskiere?

Was, wenn wir feststellen, dass wir zwar als Paar ganz toll sind, aber als Eltern eine glatte 5?

Was, wenn ich ein Kind kriege, das vollkommen gesund ist, ein Prachtstück, aber irgendwie... irgendwie kann ich es nicht leiden? Weil es abgesehen von einem beeindruckenden IQ und auch sonst astreinen Fähigkeiten einfach nur eine blöde Kuh ist?
Und dann habe ich die kleine Nervensäge die nächsten 20 Jahre um mich?

Was, wenn mich das alles so schlaucht, dass ich gar nichts anderes mehr kann als das Baby zu ernähren und zu wickeln, und nach einem Jahr gucke ich mich um und habe keine Freunde mehr, sondern nur noch ein paar Muttis, die genau so lethargisch rumschluffen und die mich zu Tode langweilen? Und ich habe meinen letzten Abend in einer Kiezbar verbracht? Ohne es zu wissen und es richtig würdigen zu können? Und die Zukunft hält höchstens noch ein Theaterabo für mich bereit? Zu dem ich aber noch nicht mal komme, weil der Babysitter nie Zeit hat? Und wenn doch, dann sitzt direkt vor mir ein Kopfwackler?

Was, wenn ich nie wieder einen Fuß auf den Boden kriege in meinem Job?

Was, wenn ich nie wieder mit L. in New York sitzen, ein Steak essen und mich mit ihm zuschütten kann?

Was, wenn es mir so geht wie meiner Oma, die in der Schwangerschaft schwer depressiv wurde und davon nie wieder runter kam, ihr ganzes Leben lang nicht?

Was, wenn diese 20-Euro-Billo-Pumps die letzten Schuhe mit Absätzen waren, die ich in meinem ganzen Leben gekauft habe, weil ich in sechs Wochen zur Tonne werde und mir danach vermutlich die Kraft fehlen wird, auch nur Schnürschuhe zu schließen, so dass mir eine Zukunft in Fellstiefeln, Klettverschlussfußbettalbträumen und Birkenstocks bevorsteht?

Was, wenn L. beim Joggen überfahren wird und ich dann wie diese Frau aus der Zeitung bis aufs Messer mit der Klinik kämpfe, damit sie die befruchteten Prilblümchen nicht wegwerfen? (Das ist so ein ganz eigenes Kapitel. Ich war nie schlimm ängstlich, aber jetzt könnte ich mich regelmäßig in die grässlichsten Phantasien reinsteigern, was alles passieren kann. Autounfälle, besoffene Fahrer, Herzinfarkte, Kneipenprügeleien, ausgebrochene Löwen, Meteoriteneinschläge, das ist alles schon passiert, niemand kann also garantieren, dass es nicht auch L. passiert. Und dann denke ich an meine Oma und wie schlimm das war, wenn sie immer Angst vorm Schlimmsten hatte und heulend am Fenster klebte, wenn wir weggefahren sind, und dann kriege ich noch mehr Angst, weil ich befürchte, dass die Hormone mir den gleichen miesen Streich spielen wie ihr. Harrrg.)

Donnerstag, 13. August 2009

Tägliche Statistik

Zugenommene Kilos: 0

Kleider, die mir trotzdem nicht mehr passen: 50%

Momentan liebste Traum-Sehnsuchts-Lebensmittel, die ich nicht essen darf: Tiroler Speck, alten französischen Stinke-Rohmilch-Brie

MSV (Mustergültiges Schwangerschaftsverhalten) in den letzten Tagen:
Sektprobe mit Mineralwasser, auf der ich mich geweigert habe, auch nur einen Tropfen zu probieren
wegen Blut einen Weg von 1 km komplett per ÖPNV zurückgelegt und deshalb dreimal so lange dafür gebraucht wie sonst zu Fuß
Zupfmassagen jeden Tag (auch wenn sich manche Partien meines Bauches einfach nicht zupfen lassen, erst recht nicht, wenn sie eingeölt sind, und glaubt mir, das hat nichts damit zu tun, dass ich so wahnsinnig durchtrainiert wäre)
Beckenbodentraining während Columbo

Tage bis zum Ultraschall: 4

Träume, in denen ich ein Tier zur Welt gebracht habe: 2 (Elefant, Eichhörnchen)

Symptome, auf die ich gut verzichten könnte: heulige, ungerechte, tussige und durch nichts gerechtfertigte Launen, ständige Bäuerchen

Der Bluttest war in Ordnung, aber frei bin ich trotzdem noch nicht, denn zum dritten Mal habe ich jetzt "einen letzten Termin" zur Blutabnahme in meiner IVF-Klinik. Es ist ein bisschen wie in der Schule, als sie uns jedes Jahr erzählt haben, die Regeln würden nun aber ganz bestimmt geändert und dieses Jahr wäre DAS LETZTE MAL, VERSPROCHEN, dass wir an den Bundes-Jugend-Spielen teilnehmen müssten. Harrr.
Es ist ja eigentlich nicht weiter schlimm, denn vor Spritzen habe ich dank IVF inzwischen überhaupt keine Angst mehr, meinetwegen können sie mich aussaugen bis auf den letzten Tropfen. Aber jedes Mal muss ich mir einen Wecker stellen, mit dem Bus rein- und rausfahren (und der Bus ist der einzige Ort, an dem mir im Moment jedes Mal schlecht wird), und ich freue mich jedes Mal, dass nun die Eigentlich-kann-ich-keine-Kinder-kriegen-Phase dieser Schwangerschaft vorbei ist und ich endlich normal sein darf mit einem normalen Frauenarzt und normalen Terminen. Jedes Mal gucke ich mich noch mal um und denke, "hier kommst du so schnell nicht wieder hin", bin noch einmal nach Kräften dankbar und gehe dann da pfeifend raus, und dann klingelt vier Stunden später das Telefon und die Bundesjugendspiele sind dran und wollen, dass ich noch mal antrete.

Und an der Hochzeitsvorbereitungsfront ist eine kleine Sensation zu vermelden: ich habe Schuhe gekauft. Zwei Paar. Nachdem ich einen ganzen Tag durch Lüneburg gerannt bin, wo man mir empfohlen hat, es doch mal in Hamburg zu versuchen, und die Laune dementsprechend, sind wir auf dem Weg zum Auto noch in einen Prollo-Billo-Schuhladen geraten, in dem es plötzlich und wie zum Hohn ca. zehn Paar cremefarbene Pumps ohne Spitze und Bommel zur Auswahl gab. Keins davon hat mehr als 20 Euro gekostet, und keins davon wäre dumm aufgefallen an den Füßen einer Frau mit Extensions, aber so ist das eben mit Pumps. Die zwei Paare sind beide keine 1, aber eine 2 allemal, und wenn man bedenkt, dass ich in den letzten Tagen für die eine oder andere 3+ oder sogar 3- aus reiner Verzweiflung und Wut fast 200 Euro ausgegeben hätte, bin ich die glücklichste Schuhfetischistin der Welt. Dazu kommt noch, dass jedes paar weißer Schuhe nach einer Hochzeit, die sich auch auf Kopfsteinpflaster und Wiese abspielt, nach dem Abend hinüber wäre. Und 20-Euro-Schuhe wirft man doch am nächsten Tag mit einem entspannteren Gesichtsausdruck weg als 200-Euro-Schuhe.

Gut. Daraus ergeben sich zwei Empfehlungen:
1. Wenn eine von euch demnächst mal aus irgend einem Anlass dringend ein paar wirklich hoher Schuhe sucht, die nur einen Abend überstehen müssen, dann kann ich "Schuh-Geiz" in Lüneburg empfehlen. Distinguiert und geschmackvoll, wie ich euch natürlich alle einschätze, wird sich euer Innerstes dagegen sträuben, in so einen Laden zu gehen, aber ihr werdet es vermutlich nicht bereuen.
2. Hier kommt eine 1a Geschäftsidee: macht einen Brautschuhversand auf, in dem es Schuhe gibt, die einfach nur ein bisschen anders aussehen als die Schuhe, die es sonst in ALLEN Brautläden im GANZEN Land gibt. Ihr tut ein gutes Werk, es macht nicht viel Arbeit, und ihr werdet steinreich. Glaubt mir, wenn es derzeit eine Marktlücke gibt, dann diese. Und wenn ihr schon dabei seid, dann könnt ihr auch noch solchen Firlefanz versenden wie hübsche Einladungskarten oder Tischkärtchen und einen Service anbieten, der Liederzettel für die Kirche druckt.

Dienstag, 11. August 2009

Tschüssikowski, Internet, mach et jut

Und SCHON WIEDER fahren wir in die Dusselsheide. Es sind einfach noch 80 Sachen zu tun für die Hochzeit, die jetzt auch schon in elf Tagen ist. Ich werde in den nächsten zwei Tagen backen, Choräle aussuchen, Probeessen, Frikadellen für den Vorabend ordern, mit Leuten telefonieren, um rauszufinden, ob sie Lamm essen oder nicht, zur Abwechslung mal auf dem platten Land hässliche Satinschuhe angucken, das Haus aufpolieren, Spinnweben aus Reetdächern kämmen und noch so einiges mehr. Nur eins werde ich nicht: im Internet sein. Donnerstag komme ich erst wieder. Ich glaube ja ehrlich gesagt, das wird mir viel mehr fehlen als euch. Aber wenn ich wiederkomme, wird es wieder mal so sein, als hätte jemand den Korken rausgezogen, plapperplapperplapper. (Ich kenne Italiener, die statt "blablabla" immer sagen : patapapatapapatapa, pitipipitipipitipi. Hübscher zu sagen, aber schwerer zu tippen.)

Nach dem Schuh-Debakel gestern übrigens bisher kein Blutsturz. Bin ich davongekommen? Schon wieder?

Montag, 10. August 2009

Nachricht an das Würmchen

Deine Mutter hat heute vermutlich deine Gesundheit aufs Spiel gesetzt, um eine von vornherein zum Scheitern verdammte Suche nach Schuhen durchzuziehen. Gegen jede Erschöpfung, wider besseres Wissen und mit zusammengebissenen Zähnen. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Ich kann Dir nur folgenden Deal anbieten: Wenn jemals so eine Situation eintreten sollte, in der ich aus irgendeinem Grund entsetzlich sauer auf Dich bin. Keine Ahnung weshalb, vielleicht ja, weil Du Deine Oma beklaut hast oder weil Du ein kleineres Kind verdroschen hast. Dann hast Du hiermit die Garantie, dass ich genau dieses eine Mal meinen Ärger runterschlucken werde und mich damit zufrieden gebe, dass wir jetzt quitt sind. Dieser Eintrag ist Deine Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte. Nur dieses eine Mal. Ok?

Aber bitte, halte durch!

Tägliche Statistik

Schuhe, die wunderschön waren, aber nicht cremefarben: 800

Schuhe, die zwar cremefarben waren, aber potthässlich: 800000

Gekaufte Schuhe: 0

Für Schuhsuche sinnlos verschleuderte Lebenszeit: 8 Stunden

Patzige Bemerkungen von Schuhverkäuferinnen: 20*

Letzter Zeitpunkt, an dem Blut kam: 11 Uhr

Anteil aller mit angehörten Gespräche in Bussen und Bahnen, die sich um Fehlgeburten, sonstwie grauenvolle Geburten und Probleme mit Kindern drehten: 80%

Wie zum Hohn vor meiner Nase Sushi essende Menschen: 7**

Tage bis zum nächsten Bluttest: 1

Tage bis zum nächsten Ultraschall: 7

Tage, bis die bösen 12 Wochen um sind: 20

Tage, bis 280 Tage um sind: Keine Ahnung, L. hat die Striche weggewischt, und ich hab noch keinen neuen Platz dafür gefunden und bin nach dieser elenden Schuhjagd zu müde zum Rechnen

* Meine Lieblingsverkäuferin war die, zu der ich gesagt hatte, ich hätte gerne Schuhe, die vorne rund sind und insgesamt mit weniger Glitzersteinchen besetzt. Daraufhin sagte sie: "Da können Sie ja mal auf dem Kiez gucken gehen. Da gibt es solche Schuhläden für Frauen, die einen GANZ anderen Schuhgeschmack haben." So ist das nämlich. Mein Wunsch nach schlichten, gut geschnittenen cremefarbenen Schuhen ohne Bommel, Blumen, Glitzer und Spitze ist ein abgründiger Fetisch. Ich dachte, ich bin normal, und nur die Schuhindustrie ist blöd. Aber so sind wir Irren ja, das denken wir immer.

** Traurig, aber wahr: kaum ist das Mayonnaise-Problem dank Frau Hoppenstedt gelöst und damit eigentlich alle Wünsche erfüllt, kann ich an nichts anderes mehr denken als an rohen Fisch.

Mayonnaise-Challenge: Die Entscheidung

Der Preis für den besten (und einzigen, was denn los mit euch?) Mayonnaise-Tipp, der dazu auch noch sehr zielführend war, geht an Frau Hoppenstedt. Sie hat aus sicherer Quelle berichten können, dass industriell hergestellte Mayonnaise erlaubt ist. Mit Konservierungsstoffen drin darf man sie sogar noch Wochen nach dem Anbruch verwenden.
Herzlichen Dank für diesen Beitrag zur Verbesserung meiner Lebensqualität.

Natürlich hat sie sich damit die Dolly-Bände mehr als verdient.
Liebe Frau Hoppenstedt, falls sie wert auf den Preis legen, bitte im Kommentar eine Emailadresse hinterlassen - gerne auch mit Phantasienamen wie Mayospezi82 oder so. Ich maile dann, sie antworten mit Adresse, und schon zwei Tage später ist der Preis im Kasten.

(Ich weiß, umständliches Verfahren, aber leider fällt mir kein einfacheres ein...)

Blutend und verflucht

Kaum hat man mal ein bisschen Spaß, schon kommt ZACK die Schwangerschaft dazwischen. Gestern habe ich noch friedlich meine Bahnen im Zockeltempo gezogen, dazu in die Bäume rund ums Becken geschaut und mich von Schmetterlingen überholen lassen, es war fast wie eine Meditation. Und hinterher habe ich mich so wohl gefühlt und dachte, wie schön, das mache ich jetzt jeden Tag, und dann bin ich am Ende nach dieser Schwangerschaft knackiger und erholter als vorher? (Und ich war nie gut im Schwimmen. Laufen ja, schwimmen nein. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie stolz ich gestern auf mich war. Und so schön müde.)
Und nun habe ich heute früh schon wieder Blut in der Hose. Altes Blut. Da ist es wieder, das eklige Wort. Langsam bin ich genervt. Heute war außerdem der Tag, an dem ich es endlich hinkriegen muss, unter all diesen Scheußlichkeiten meine Brautschuhe zu finden. Kein anderer Tag diese Woche kommt in Frage. Und nächste Woche schon gar nicht. Und nun verbietet sich schon wieder jede Rennerei von Laden zu Laden. Oh Mann.

Vielleicht ist da draußen ja eine, der jetzt seit sechs Wochen jeden Tag schlecht ist. Ich habe einen Vorschlag: wollen wir tauschen? Nur für heute? Ich schwanke in grün 12 Stunden lang durch die Straßen, und Du machst Dir einen ruhigen, wenn auch von Übelkeit vollkommen unbeschwerten Tag? Schnupperst nach Herzenslust an Fischbrötchen und deinem alten Lieblingsshampoo, sprühst dich mit Parfum ein und bummelst im Schneckentempo an der Fleischtheke vorbei? Und morgen ist wieder alles wie vorher?

Ich will nicht in diesen grässlichen Satin-Dingern heiraten. Es ist ein bisschen wie DDR, als hätte der Staat angeordnet, dass dieses Jahr zwei Brautschuhmodelle für die Genossinnen zur Verfügung gestellt werden: Modell Jacqueline und Modell Priscilla. Wieso soll ich ausgerechnet zur Hochzeit die miesesten Schuhe meines Lebens tragen? Und dann kommt noch dazu, dass diese Damen in den Brautmodeläden eine unfassbare Art haben, deinen Geschmack beiseite zu schieben. Das läuft dann so:

Ich: Guten Tag. Ich bin auf der Suche nach Brautschuhen. Am liebsten vorne nicht spitz, und perfekt wäre ein Absatz von acht bis zehn Zentimetern.
Dame: Ja, da gucken wir mal.
Ich, angesichts von sieben Paaren vollkommen gleicher Satindinger mit langen Spitzen und drei-Zentimeter-Absatz: Ach... nein, da ist wohl leider nicht das Richtige dabei. Vielen Dank, auf Wieder...
Dame, mit Nachdruck: Da haben wir z.B. einen.
Ich: Hm, ja, herrlich, aber der Absatz ist zu niedrig und er hat eine Spitze.
Dame, angefasst: Ja, natürlich hat der eine Spitze, sonst kann man ja die schönen Schuhe gar nicht sehen unter dem Kleid.
Ich: (Denke: das wäre in diesem Fall aber besser so. Sage aber feigerweise:) Das leuchtet ein, aber ich mag keine Spitze. Vielen Dank, auf Wieder...
Dame: Da werden sie keine Schuhe finden.
Ich: Naja, ich habe auch noch nicht lange gesucht, ich hoffe doch, dass ich noch...
Dame: Da werden sie barfuß heiraten.
Ich: Moment mal, es muss doch Schuhe ohne Spitze geben? Irgendwo?
Dame: Barfuß.
Ich, entferne mich rückwärts und lasse sie nicht aus den Augen: Rund! Mit Absatz!
Dame, starrt mich an wie Kah, die Schlange: Sie werden sehen.

Liebe Hasen, eine uralte Verkäuferin aus einem altehrwürdigen Hamburger Geschäft hat mich verflucht. Ich bin vermutlich verloren.

(Im Zweifel mache ich das übrigens. Barfuß heiraten meine ich. Meine Füße wird man nicht sehen, am Ende ist es sogar gesund, das Gasthaus, in dem wir heiraten, gleicht mit Kopfsteinpflaster und Wiesen und Kieswegen sowieso einem Barfußpark, herrlich! Alles ist besser, als 90 Euro für ein paar beschissene Billo-Satin-Dinger auszugeben.)

Sonntag, 9. August 2009

Kabumm

Erklär mir, dass während einer Schwangerschaft Blähungen ein vollkommen normales Symptom sind, eine ganz natürliche Sache, für die man sich nicht schämen muss. Daran ist nichts peinlich!
Genau. Und wenn Du schon dabei bist, mich ein für allemal von meinen Ängsten und Komplexen zu heilen, dann mach am besten weiter und unterrichte mich davon, dass Spinnen nützliche Tiere sind, die eine wichtige Rolle im Tierreich erfüllen, uns Schädlinge vom Hals halten, ein Zeichen für gutes Raumklima sind und uns nichts tun. Ach so? Super, dann ist ja jetzt alles gut!

Kennt jemand die Prohibitions-Folge der Simpsons? Jedenfalls brennt Homer heimlich Schnaps im Keller, und dann explodieren die Kessel nachts, und weil Marge natürlich nichts wissen darf, tut Homer bei jeder Explosion so, als hätte er einen krachen lassen. "Kawumm, Badabumm! Marge, ich kann mich nur ein weiteres Mal entschuldigen!"

Ich bin im Moment so weit, ich würde jederzeit behaupten, dass das nicht ich war, sondern die illegalen Schnapsfässer im Keller.

Tägliche Statistik

Zurück von einem weiteren Ausflug aufs Land ruft die Pflicht.

Internetfreie Stunden, die ich trotz massiver Abhängigkeit überstanden habe: 50

Blut: 0

Zugenommene Kilos: -1

Momente, in denen ich dachte, gleich spucke ich: 4

Momente, in denen ich mich SOFORT hinlegen musste: 8

Dinge, die ich nicht gegessen oder getrunken habe: 20

Meter, die ich in einem Tempo geschwommen bin, das nicht als Sport zählt und deshalb erlaubt ist – also knapp über dem Punkt, an dem man einfach untergehen würde: 700

Vollkommen meschuggene Gedankenketten, die trotzdem in dem Moment unausweichlich und zwingend logisch erschienen: 8

Gelegenheiten, bei denen ich gerne erklärt hätte, dass ich schwanger bin, damit mich nicht alle für eine zimperliche Ziege halten: 4

Striche auf der Tafel: 0 (L. hat sie weggewischt, um Platz für seine Zahnarzttermine zu schaffen, und ich würde ja schimpfen, aber erstens wusste er nicht, was die Striche zu bedeuten haben, und zweitens muss ich ganz still sein, was diese Zahnarzttermine betrifft, denn die hat er nur mir zu verdanken. Ich habe nämlich Oliven mit Kern in den Salat getan und ihn nicht gewarnt, und er hat sich einen Zahn abgebrochen. Die Sorte Frau bin ich. Und nun bin ich schwanger, wie soll ein Kind es nur mit so einer verantwortungslosen Mutter heil bis ins Einschulungsalter schaffen, bestimmt geht das schief, vielleicht sollte ich mich JETZT SCHON selbst beim Jugendamt anzeigen, um schlimmeres zu verhindern... das ist übrigens so eine zwingend logische Gedankenkette wie oben erwähnt.)

Freitag, 7. August 2009

Tägliche Statistik

Jedenfalls will ich versuchen, das ab sofort täglich zu machen, damit ich hier nicht zu sehr ins Schwafeln gerate, sondern mich auf mein Thema konzentrieren kann.

Zugenommene Kilos: Immer noch null

Gefühlt zugenommene Kilos: Heute mal zehn

Schwangerschaftssymptome: Schmerzen in den Mutterbändern (wer das nicht kennt, hat nichts verpasst), wieder mal schreckliche, beschämende Pups-Plage, wenn auch zum Glück nicht zu vergleichen mit der Nummer neulich

Gefühlsschwankungen: Gestern fast Tränchen, als L. ein paar Scherze über meine Jobflaute macht (die eigentlich wirklich lustig waren, sonst hätte ich auch bestimmt gelacht, mach ich dann nächstes Mal)

Unerfüllbare Sehnsucht nach: Mayo, Salami, Tiroler Speck, verdammtnochmal endlich Sport

Mustergültiges Schwangerschafts-Verhalten (MSV): Zehn Minuten Zupfmassage am Bauch, auch wenn ich vor Langeweile beinahe meinen Kopf ans Waschbecken geknallt hätte, außerdem Beckenbodenübungen im Sitzen vorm Fernseher; das Haus nur in flachen Schuhen verlassen, fünf Teile Obst in einer Reihe vor mir aufgebaut, nacheinander gegessen und mich dabei gefühlt wie die kleine Raupe Nimmersatt

Striche auf der Tafel: 60

Striche, die noch ausstehen: 220

Tage bis zum nächsten Ultraschall: 10

Die große Mayonnaise-Challenge

Es gibt ja diese Legende von Alkoholikern, die unter Entzug in ihrer Not Nagellackentferner oder Brennspiritus trinken. Die armen Hasen, wie ich sie verstehen kann! Alkohol ist gerade nicht mein Problem, aber der Entzug von einigen meiner Lieblingslebensmittel ist hart. Gestern war ich in einem englischen Laden in der Nähe, um meine Vorräte an Malzessig (großartig über Fritten) und Twiglets (Wer sie nicht kennt, hat was verpasst: solche kleinen knorrigen Stäbchen, die auf eine nicht zu beschreibende Weise nach angebranntem Käse schmecken) aufzustocken, und was sehe ich? Eine Tube Hellman's leichte Mayonnaise mit pasteurisiertem Ei! Leicht war mir egal, Mayonnaise soll nicht leicht sein, aber pasteurisiertes Ei klang nach einer guten Nachricht, denn mein Mayonnaise-Entzug ist manchmal so schlimm, dass ich nachts schwitzend aufwache und denke, die Sehnsucht war so groß, dass ich aus Versehen Mayonnaise gegessen und es sofort wieder vergessen habe. So schlimm.

Was soll ich sagen, es war genau, wie jeder vernünftige Mensch es sich vorher gedacht hätte. Diese blasse Schmiere war ein Witz und verhält sich zu echter Mayonnaise so wie Nagellackentferner zu einem Glas eisgekühltem Rosé. Das chemischste Lebensmittel, das ich seit langer Zeit gegessen habe, und ich esse gerne z.B. diese bunten Schnüre oder Jelly Beans. Gerade weil ich Mayonnaise so liebe, ist dieser Ersatzkleister so fürchterlich.

Manchmal hilft es ja in solchen Fällen, wenn man aufhört, das Ersatzprodukt mit dem Original zu vergleichen, und es bekommt auf einmal eine ganz eigene Berechtigung. So funktioniert z.B. Karo Kaffee, der zwar mit Kaffee nichts zu tun hat, aber manchmal nicht schlecht ist. Oder dieser harte Parmesan, der in den Miracoli-Packungen schon dabei ist und überhaupt nichts mit Parmesan gemeinsam hat, aber trotzdem auf eine ganz eigene Art schmeckt.
Aber hier: nichts zu machen.
Es ist so traurig.

Futsch ist futsch, und es gibt bisher keinen Weg, das Mayonnaiseverbot zu umgehen, es sei denn, ich finde heraus, wie ich zuhause rohe Eier pasteurisieren kann. Oder hat jemand von einer guten ungefährlichen Mayo gehört?

Wer auch immer mir den zielführenden Tipp gibt zu einer pasteurisierten Mayonnaise, die ich nicht nur essen darf, sondern auch essen will, darf sich freuen: als Preis winken meine ersten sechs Bände Dolly! OK, aus vermutlich vierter Hand, aber gut in Schuss!

Donnerstag, 6. August 2009

Genug gequasselt, hiermit zum offiziellen Teil des Schwangerschaftsblogs

Und dann ist die Übelkeit auch schon wieder weg.
Angesichts dessen, dass sich meine Schwangerschaftszeichen bisher wirklich rar machen, bin ich ganz froh, dass ich immer noch einmal pro Woche zum Bluttest in die IVF-Klinik muss. Bis nächste Woche, dann ist die letzte Runde. Mein Blut sagt immer noch deutlich, ich bin schwanger, auch wenn der Rest von mir da lieber ein bisschen unklar bleibt.
Ich muss schon sehr genau hinfühlen, um zu merken, dass da was anders ist. Jedenfalls 23 Stunden des Tages lang. Bis auf diese Momente, in denen ich es ganz genau merke.
Zum Beispiel passiert es mir, dass ich von jetzt auf gleich so fertig bin, dass ich mich SOFORT hinlegen muss.
Und zwar auf eine Art fertig, die nichts mit Erschöpfung oder Müdigkeit zu tun hat. So viel Holz kann man gar nicht hacken, um so müde zu sein. Ich bin dann nicht nur müde, sondern völlig ausgelaugt und habe das ungute Gefühl, dass etwas kaputt geht, wenn ich jetzt nicht sofort liege. Also liege ich.

Dann wache ich manchmal nachts auf, und irgend etwas ist da. Es sind keine Schmerzen, es ist auch kein Krampf und keine Übelkeit, da ist nur irgendwas. Dann liege ich da und denke, na toll, jetzt kann ich die ganze Nacht kein Auge zu tun, und dann bin ich plötzlich weg und erst um acht wieder da.

Und dann habe ich das Gefühl, ich hätte acht Kilo zugenommen, wenn ich in Wahrheit laut Waage genau null Kilo zugenommen habe. Ich mach mir Sorgen um mein Hochzeitskleid. Vielleicht zieh ich zur Hochzeit einfach irgendwas an, einen Jogginganzug oder so, und jemand trägt das Kleid einfach vor mir her, so dass es auf Fotos so aussieht, als hätte ich es an? Nein?

Nenn mich nicht Resi

Es ist ja ganz schön mit dem Landleben. Die Kühe, das satte Grün, der Duft von Pferden, die Blechkuchen und das Glockengeläut... jaja, schön. Aber andererseits macht das Land mich auch fertig. Ich hab das Recht, das zu sagen, ich komme nämlich vom Land. Fast 20 Jahre habe ich zwischen Maisfeldern und Nutzvieh verbracht, und manchmal habe ich das Gefühl, das reicht fürs ganze Leben.

Auf dem Land gab es solche Episoden wie die, dass meine beste Freundin mit 16 in der Dorfbäckerei stand und wartete, bis sie dran war, während vor ihr zwei alte Weiber besprochen haben, sie wäre ja nun schwanger, aber es wäre wohl unklar, wer der Vater ist, „kee Wunner“. Sie konnte sich nur wundern, denn sie hatte die beiden noch nie gesehen, und die sie offensichtlich auch nicht. Die Bäckerin machte den beiden schon verzweifelt Zeichen, aber ohne Erfolg. Die Freundin hatte damals ihr erstes richtiges Knutschen noch vor sich. Kinder hat sie bis heute nicht.

Oder die Geschichte von dem Kindergeburtstag, auf dem die Eltern des Geburtstagskindes beschlossen, für die siebenjährigen Gäste etwas ganz Tolles zu veranstalten, etwas Besonderes! Und was waren immer die besondersten und tollsten Tage? Die Schlachttage. Also wurde zur Unterhaltung der Kinder ein Schwein geschlachtet.

Dann der Pfarrer bei uns im Dorf, der es irgendwie schaffte, die wildesten Haken in seinen Predigten zu schlagen. Eigentlich ein herzensguter Mensch, hat er z.B. zu Erntedank festgestellt, der Herrgott wüsste schon, wie er seinen Segen verteilt, und die Menschen „da unten“ in Afrika müssten sich wohl an die eigene Nase fassen, ob sie nicht mit ihrem sündhaften Verhalten, ihr wisst, was ich meine, selbst daran Schuld wären, dass es so selten regnet.

Oder der Bürgermeister, der sich zu festlichen Anlässen regelmäßig hinter die Pommesbude erbrach.

Oder die Rockerbande, die zum Spaß Dorfdiscogästen Runkelrüben an den Kopf warf.

Trotzdem gab es da auch wunderschöne Dinge, von denen Stadtkinder nur träumen können. Es gab Sommerabende auf der Wiese am Waldrand, es gab Lagerfeuer und Baumhäuser, es gab Hunde und Baden im See und Käuzchen, es gab Zelten auf den Wiesen von netten Bauern, es gab Nachtwanderungen mit Erschrecken, es gab Schneeballschlachten quer durch das ganze Viertel, und ich werde nie vergessen, wie wir mal von einem Geburtstag zwei Dörfer weiter nachts um drei mit Schlitten durch den Wald nach Hause gefahren sind.

Aber das war alles zu einer Zeit, als ich noch clean war. Die unschuldige Zeit vor meiner Internetsucht. Jetzt gerate ich angesichts von Bäumen und Kühen in Schweiß und denke panisch:

UND WIESO HAB ICH HIER KEIN NETZ?

Wir sind doch eben noch an einem Funkmast vorbeigekommen, war der nur Dekoration?

Ein großer Mobilfunkanbieter hat sich den grausamen Scherz mit uns erlaubt, uns ein paar Stunden lang in der Hoffnung zu wiegen, wir könnten mit seinem Stick (lächerlich. Wie soll das kleine Ding denn...) auch hinter den sieben Bergen ins Netz. Alles, was passiert ist, war, dass wir mit dem Stick einfach 20 Minuten länger gebraucht haben, um nicht ins Netz zu kommen. Jetzt hassen wir den großen Mobilfunkanbieter.

Gut. Aber nun beruhige ich mich wieder, denn alles ist wieder gut, wir leben in einer Wohnung, die von unsichtbaren WLAN-Wellen volle Pulle durchflutet wird, und wir können, wenn wir wollen, den ganzen Tag irgendwelchen Blödsinn googeln oder alle zwei Minuten unsere Mails checken.

Mittwoch, 5. August 2009

hallo blog stop

würmchenwerte weiterhin ok stop
heute ganzen tag auf dem land stop
letzte internetfreie zone der westlichen welt stop
albtraum für netzjunkie wie mich stop
völlig erschöpft vom entzug stop
morgen mehr

Dienstag, 4. August 2009

Ein Club, in den sie Leute wie mich aufnehmen wollen

Frauen, die stundenlang bei petit bateau bummeln gehen, wenn in wenigen Metern Entfernung auch princesse tamtam, Mac, die größte Buchhandlung der Stadt und der Apple-Store sind.
Frauen, die nicht so aussehen, als würden sie daran denken, jemals wieder zu arbeiten und sich dabei eventuell mit jemandem anzulegen, der keine Angst hat, dass sie ihm Fernsehverbot erteilen.
Frauen, deren Kind gerade auf seinem Laufrad mit 20 Sachen in eine zu Tode erschrockene ältere Dame reingerast ist, und die die Dame noch nicht mal fragen, ob sie sich wehgetan hat, geschweige denn sich entschuldigen, sondern nur zu ihrem Kind irgendwas sagen wie „Nana, Leon, schön geradeaus“.
Frauen, deren Gesicht auf einmal nur noch imstande ist, „unbeschreiblich weiblich“ auszusehen.
Frauen, die aus zwei Kinderwagen ruckzuck eine undurchdringliche Straßensperre errichten.
Frauen, die nach einer Stunde Zugfahrt plötzlich eine Fritte aus ihrer Handtasche holen und essen.
Frauen, die sich zusammen darüber aufregen, dass es ja wohl nicht angehen kann, dass man im Hello Kitty-Shop keine T-Shirts in Größe 46 kaufen kann.
Frauen, die das Geschrei eines Babys als Klingelton haben.
Frauen, die eine Verkäuferin in der Spielzeugabteilung von Karstadt fragen, ob sie finden, zu einem Fische-Kind passt besser das Piratenschiff oder die Ritterburg.

Alles Mütter, die ich in den letzten Monaten gesehen habe. Und bei jeder von ihnen habe ich mich gefragt: werde ich jetzt auch so? Bin ich schon nicht mehr Herr im Haus, sondern die Hormone sind längst am Ruder, und ich kann gar nichts mehr dagegen tun, so eine zu werden?

Nein, oder? Ich glaube inzwischen, mich damit beruhigen zu können, dass Mütter eigentlich kein Club sind. Die haben nichts gemeinsam, außer dass sie alle ein Kind haben. Ansonsten sind Frauen mit Kindern vermutlich perfekt normalverteilt in jeder Beziehung. So dass es unter Müttern neben den klugen, lustigen, reizenden und guten Frauen auch Nervensägen, Zicken, Langweilerinnen, Proletten und unerträgliche Dumpfbratzen gibt. (WAS? Im Ernst? Und als nächstes erzählst du uns, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, und dass man den Tag nicht vor dem Abend loben soll?)
Jetzt, wo das geklärt wäre: bitte Daumen drücken, dass auch diese Blutuntersuchung heute wieder in Ordnung war.
Die vorletzte in der Klinik.

Dann habe ich noch zu berichten, dass ich sehr glücklich bin, die Woche Bettruhe hinter mir zu haben. Und dass ich es inzwischen meiner Lieblingstante erzählt habe, der meine diskrete Mutter es wohlweislich NOCH NICHT erzählt hatte, was vermutlich zu einem kleinen Familienkrach führen wird, der mir aber vollkommen wumpe sein wird. Wenn es zum Clash kommt, mache ich einfach dieses unbeschreiblich weibliche Gesicht, das wir Schwangeren draufhaben.

Montag, 3. August 2009

Nachricht an das Würmchen

Als Dein Opa so ungefähr 15 war, war er mal zu einem Geburtstag eingeladen. Jeder sollte was zu Trinken mitbringen. Und pleite, aber pfiffig, wie er war, hat er einfach eine leere Flasche genommen und aus jeder Flasche in der Hausbar deines Urgroßvaters einen Schluck abgezweigt, damit es nicht so auffällt. In den 50ern standen in Hausbars unter anderem: Schinkenhäger, Korn, Jägermeister, Eckes Edelkirsch, Rumverschnitt, Küstennebel, Kümmerling, Danziger Goldwasser und dann vielleicht noch irgendein Obstler. Mit diesem gut geschüttelten Todescocktail ist er auf den Geburtstag gegangen und hat die Flasche den ganzen Abend nicht aus der Hand gegeben, bis sie leer war.
Das klingt nach einer Geschichte, mit der man sich für den Darwin Award* qualifiziert.

Aber durch irgend eine schwarze Magie hat er es nicht nur blendend überstanden, sondern der Kater, den er am nächsten Tag verdient hätte, ist auch noch statt in seinen Kopf direkt in sein Erbgut gefahren, hat dort gelauert und sich still auf seinen Einsatz gefreut, und heute, fast 50 Jahre später, hat er seine unschuldige Tochter, seit Wochen nüchtern wie ein Apfel, fest in seinen Klauen und lässt nicht los.
Nur falls du dich wunderst, dass Mutti heute nicht dazu aufgelegt ist, dir was vorzulesen oder sanft über ihren Bauch zu streichen.

Uäch.


* der Darwin Award ist ein Preis, der Leuten verliehen wird, die auf besonders dumme und unnötige Art zu Tode kommen. Leute, die auf Tankstellen Feuerwerke starten. Leute, die den Kopf in den Einfüllschacht stecken, um zu gucken, wieso der Häcksler nicht funktioniert. Leute, die denken, man kann so etwas trinken und davonkommen.

Jetzt mal ehrlich

Es läuft nicht. Es läuft ganz und gar nicht. Seitdem ich Anfang Juni aus meinem festen Job ausgestiegen bin, hatte ich erst mal ein paar Wochen lang damit zu tun, meine Job-Seite auf die Reihe zu kriegen und mit Inhalten zu füllen. Da waren zum Teil Dateien aufzutreiben, die seit vier Jahren auf irgendwelchen Servern von Firmen rumlagen, bei denen ich längst nicht mehr arbeite. Dann waren da Anträge einzureichen und zu begründen, Beratungsgespräche runterzureißen (ein paar sinnvoll, ein paar auch eine dämliche Zeitverschwendung), und irgendwann war ich dann so weit und konnte allen, die es vielleicht interessiert, meine Dienste als Freiberuflerin anbieten. Da war es dann Ende Juni, und ich war bester Dinge. Denn in meinem Beruf ist es angeblich eine todsichere Sache, auf dem freien Markt zu arbeiten, ich hab eine Menge gute Arbeiten vorzuweisen, alle, mit denen ich gesprochen hatte, bevor ich mich entschieden hatte, haben mir versichert, gerade ich müsste mir also ü-ber-haupt keine Sorgen machen.

Dann hatte ich all meine Akquise-Mails rausgeschickt und eine Menge freundliche Antworten bekommen. Ein paar waren auch zuerst ein bisschen verwirrt, weil sie mich nicht erkannt haben, ich habe nämlich im Februar bei der Hochzeit L.s Namen angenommen. Aber am Ende hatte ich ein ganzes großes Postfach voller Antworten, in denen sinngemäß immer wieder stand: das sieht ja alles ganz toll aus, wir schreiben dich auf unsere Liste freier Mitarbeiter, sobald wir was haben, melden wir uns sofort bei dir und freuen uns schon drauf.
Super, ich mich auch!

Und seitdem: gähnende Leere. Ein einziges sinnvolles Angebot hatte ich bisher, das ich auch mit Kusshand angenommen hätte, weil es mir innerhalb weniger Tage so viel eingebracht hätte wie sonst ein Monat in meinem alten Job, aber da war ich natürlich gemäß dem ewigen Flora-Naturgesetz bei meinen Eltern, also 700 Kilometer vom Einsatzort entfernt, und hatte Arzttermine, die ich nicht verschieben konnte, vor allem aber die Auflage, möglichst den ganzen Tag keinen Finger zu rühren, um nicht das Würmchen zu verlieren.

Und dabei hätte ich so große Lust, richtig reinzuhauen. Geld ist erst mal nicht das Problem, auch wenn ich ehrlich zugebe, dass ich es schon ganz geil fände, jeden Monat einen dicken Batzen davon nach Hause zu bringen. Aber ich langweile mich. Den Blog zu schreiben, ist jeden Tag fast das Netteste, was ich tue, sonst sind da Zeitungen (Fragt mich was. Los, fragt mich was, irgendwas, was mit dem Kongo oder der Stammzellendiskussion oder dem Unfug zu tun hat, den die CSU gerade aus Ranschmeiße in Sachen Europapolitik anrichtet. Interessiert euch nur so mittel? So ein Pech, so geht es mir inzwischen auch langsam.) Es ist ja nicht so, dass mir (noch dazu, seitdem ich 80 Prozent des Tages im Bett verbringen soll) nichts einfällt, womit ich mich beschäftigen könnte. Aber ich will keine Beschäftigung mehr, Beschäftigungen sind würdelos, ich will Aufgaben. Ich will einen Job. Diese Ferien sind blöd. Ich kann noch nicht mal am Strand sitzen, mir die Lunge rausrennen, Bier trinken oder schwimmen gehen, es ist wie sechs Wochen Sommerferien und nur Regen.

Und jetzt erscheine vor meinem inneren Auge ich selbst in einer Art Schuluniform, mit Brille und einem Zeigestock in der Hand, das heißt, verkleidet wie Susanne Klickerklacker, das klügste Mädchen der Welt aus der Sesamstraße, und zwischen uns entspinnt sich folgender Dialog:
Ich: „Was für ein schöner Mist.“
Susanne Klickerklacker: „Jepp. Aber wer hatte seinen alten Job so dermaßen gestrichen satt, dass er vermutlich vor lauter Frust und Wut höchstens eine Wespe geboren hätte?“
Ich: „Ich.“
Susanne Klickerklacker: „Und wer musste deshalb unbedingt kündigen, egal was?“
Ich: „Ich.“
Susanne Klickerklacker: „Und wer wusste ganz genau, dass er sich schwanger erst mal nicht um einen festen Job bewerben kann?“
Ich: „Ich.“
Susanne Klickerklacker: „Und wer hat immer gesagt, dass es eine ganze Weile dauern kann, bis das freie Arbeiten anläuft, aber DANN wird es so toll werden, dass er an die alten Zeiten nie wieder denkt?“
Ich: „Ich.“
Susanne Klickerklacker: „Und wer sollte deshalb jetzt gefälligst abwarten und die Klappe halten?“
Ich: „Du.“

Sonntag, 2. August 2009

Vertrau pink, vergiss Fluppen

Vorgestern habe ich gelesen, dass Übelkeit ein Zeichen dafür sein soll, dass man ein Mädchen bekommt. Und wir wollen ein Mädchen. Besonders L. will ein Mädchen. Ein kleines, süßes Rosinchen, dem man auf einem rosa Fahrrad das Radfahren beibringt. Und nun war mir bisher noch so gut wie gar nicht schlecht. Schöner Mist. Und heute morgen wache ich auf und denke, was ist DAS denn?
Bisher habe ich noch nicht gespuckt, auch nicht beinahe, aber es fühlt sich fast an, als wäre es eine Erleichterung, es doch zu tun. Wie nach einer richtig schlimmen Party (denkt Silvester, Karneval, sowas) aufzuwachen und erst kurz zu denken, man wäre davongekommen, aber dann macht man die Augen auf und ahnt langsam, dass man leider überhaupt sowas von garnicht davongekommen ist, nicht die Spur, und in wenigen Minuten wird man genau wissen, welche Sorte Tag das wird.

Dabei bin ich unschuldig. Ja, gestern war mein Junggesellinnenabschied, und ja, es gab ganz viele Flaschen pinken Prosecco und unzählige Fluppen, aber nicht für mich! Für mich gab es dafür Überraschungsmädchen, die tapfer in all meinen schlechtesten Modescherzen aufgelaufen waren, Lampions, pinke Glitzerluftschlangen, Butter-Lindner-Schweinereien im Gegenwert eines Kleinwagens, Kuchen, Wunderkerzen und wieder mal das Gefühl, dass es schön ist, ein Mädchen zu sein. Mädchen sind was Tolles. Besonders meine. Da sitzen sie mit ihrem Nagellack und ihrem Gekicher und sind einfach großartig. Statt durch die Bars zu ziehen und Jungs in Alarmbereitschaft zu versetzen, lungern sie jetzt das ganze lange Wochenende um mich herum, schieben mir Kissen unter und hören sich auch zum 70sten Mal an, wie das war, als da plötzlich doch ein Herzschlag war und wieso ich mich vor vegetarischem Sushi fürchte. "Mach dir keine Sorgen, wenn L. das nicht packen sollte, wir holen das Würmchen raus." Das glaube ich euch aufs Wort.

Würmchen, kannst du dich aber freuen, dass du jetzt vielleicht doch ein Mädchen wirst!

Und nun geh ich und mach den letzten Strich im zweiten Monat an die Tafel. Ab morgen bin ich im Dritten. Habe ich jetzt jedenfalls entschieden. Meine letzte Periode war am 8.6., mein Geburtstermin ist am 15.3. (mein GEBURTStermin. Also scheinbar geht diese Tabelle wirklich davon aus, dass ich eines Tages im März in L.s Auto sitzen werde, eine Plastikplane unterm Po, falls die Fruchtblase platzt, und wir mit 90 Sachen zum Krankenhaus donnern werden. Gut, Tabelle, wenn du meinst...), und es ist mir egal, was die fremden Ärzte an dem traurigen Samstag, an dem die Bluterei losging, von anderen Wochen bei In Vitro gesagt haben. Mein Arzt sagt, ich bin so weit, wie ich sein soll, und damit bin ich ab morgen in der neunten Woche. Hörst du, Würmchen? Wir sind versetzt! Und dabei sah es eine Weile lang gar nicht so aus, oder?

Samstag, 1. August 2009

Und überhaupt.

Hat der das gewusst, dass ich schwanger bin? (Scheinbar schon, Sherlock, das wird ja wohl kaum seine Art gewesen sein, dich darauf hinzuweisen, dass du in Zukunft ein bisschen langsam mit den Cheeseburgern machen solltest.) Wenn ja, woher? Ich könnte schwören, dass es niemand weiß, der irgendwelche Verbindungen zu meiner Ex-Firma hat!
Und wenn er es gewusst hat, wie kommt er auf die Idee, dass wir so innig und vertraut sind, dass er mir einfach aus dem Nichts die Hand auf den Bauch legen kann? Bin ich mit dieser Schwangerschaft automatisch in den Nachkommengebärpool der Menschheit aufgenommen worden und damit so was wie öffentliches Eigentum? Dürfen sich jetzt Schulklassen mit mir fotografieren lassen? Und mir dabei die Hände irgendwohin legen?

Und wieso rund?

Also gut, das Rund-Thema erfordert einen kleinen Exkurs.
Ich hab hier schon an anderer Stelle davon berichtet, dass ich manchmal auf Essen mit einem von jetzt auf gleich irre aufgepusteten Bauch reagiere. Das ist völlig harmlos (behaupte ich steif und fest, weil ich keinen Bock habe, eine Lebensmittelunverträglichkeit zu haben, verfressen wie ich bin), aber das sieht schon schwanger aus.
Und es gab Zeiten, als ich noch keine Schilddrüsenmedikamente genommen habe, da konnte ich manchmal ein bisschen uffjedunsen wirken.
Und in meinem Kleiderschrank gibt es Sachen, in denen ich aussehe wie Größe 38 (wehe, jemand widerspricht!) und welche, in denen sehe ich aus wie Größe 42. (Was übrigens völlig ok ist für mich, ich mache immer das „Sehnse, Sehnse!“-Gesicht, wenn ich lese, dass Marilyn, Gina, Sofia und Rita alle Größe 42 hatten.)

Alles zusammengenommen ist es also auch zu nicht schwangeren Zeiten schon mal vorgekommen, dass mich jemand für schwanger hielt. Kein Grund, Ohrfeigen zu verteilen und nach dem Pfefferspray zu kramen!

Aber gestern, also gestern war ein Tag, an dem die nagelneue Schilddrüsendosiserhöhung voll gegriffen hat, an dem ich mittags um eins noch nichts zu mir genommen hatte außer Tee, an dem ich zwar ein flatteriges Hemdchen an hatte, aber sich das Hemdchen über genau GAR NICHTS bauschte.

Es gibt nichts zu sehen. GAR NICHTS! Gehen sie weiter, legen Sie nicht ihre Hände auf meinen Körper, an dem es nichts zu sehen gibt!