Donnerstag, 18. Juni 2009

Wo sehen Sie sich in zwei Monaten?

Vor zwei Monaten, als ich noch dachte, ich hätte nur vier Wochen bis zum nächsten Versuch, hab ich mir eine Liste geschrieben mit Sachen, die ich unbedingt bis dahin machen will. Dann hatte ich sogar acht Wochen Zeit, also standen die Chancen nicht schlecht, alles zu schaffen. Mal sehen:

1. Ich muss unbedingt Muscheln essen.

Hab ich, und zwar nicht nur ein mal. Da waren die Spaghetti Vongole beim Italiener mit den nettesten Kollegen der Welt. Dann waren da die Miesmuscheln als Vorspeise beim Franzosen. Die anderen Miesmuscheln und die zähen, aber leckeren Pfahlmuscheln in New York. Ach, Muscheln. Gute Tiere!

2. Ich will einen ganzen, langen Sonntag in der Sauna verbringen und meine Eizellen langsam durchschmoren ohne Angst vor erweiterten Adern, Blutungen, Pilzen oder sonstwas.

Hab ich nicht. Nun muss ich mich fragen, wieso. Hm. Einerseits waren die Perioden diesmal lang und schmerzhaft, und damit geh ich nicht in die Sauna. Andererseits hatte ich in den letzten Wochen zwar viel Zeit, aber auch jeden Tag einiges zu tun, und das alles so runterzureißen, dass ich mich dann einen ganzen Tag in die Saune verziehen kann, das hätte ich mich nicht getraut. Und als ich noch fest gearbeitet habe, waren die Wochenenden alle dicht. Nächstes Mal, versprochen!

3. Ich will überhaupt ganz viele Sachen essen, bevor sie wieder verboten sind. Steaks, Sushi, Mayonnaise, Krabben, Minze.

Ja, ja, ja, ja, ja und ja.

4. Achterbahn fahren, und das, obwohl es mir eigentlich gar nicht so viel Spaß macht. Aber ich will nicht schwanger sein, plötzlich fürchterliche Lust auf Achterbahn fahren haben und dann denken: hätte ich das mal gemacht, als es noch ging.

Hab ich, und zwar in ganz großem Stil: auf der uralten Holzachterbahn in Coney Island. Das ganze Ding erinnerte an diese Schienen im alten Bergwerk, auf denen Indiana Jones in diesem Kohlenkarren entkommt. Lustigerweise hängen in dieser Achterbahn Schilder, auf denen steht „Please remain seated“, als käme irgend jemand auf die Idee, zwischendurch aufzustehen und die Aussicht zu bewundern. Aber so muss es wohl gewesen sein, sonst würden die Schilder da nicht hängen. Jedenfalls: Punkt 4, Haken dahinter. Und zwar mit Schweinchen.

5. Eine Nacht mit den Mädchen. Erst auf die Schanze, dann auf den Kiez und nach Hause kommen zu einer Uhrzeit, um die es bei meinen Großeltern schon Mittagessen gab.

So Mittel. Zwar hatten wir mindestens eine lustige Nacht, aber niemand kam nach fünf Uhr früh nach Hause, jedenfalls nicht ich. Ach, ich werde wohl doch alt. Und man sollte sich nicht zu unrealistische Ziele setzen. Sagen wir nächstes Mal doch einfach: um eine Uhrzeit, um die meine Oma schon den Tisch fürs Mittagessen deckte.

6. Einen vollkommen ungeplanten und sinnlosen Flug in irgendeine Stadt buchen. Einfach so, weil ich das darf.

Ungeplant und sinnlos? Nein. Aber geflogen bin ich, weil ich durfte. (Man muss sich ja auch nicht plötzlich aufführen wie diese Leute in Filmen, die wissen oder jedenfalls denken, dass sie nur noch vier Wochen zu leben haben. An der Fassade berühmter Wolkenkratzer herumbalancieren und so. Sich Wasserfälle herunterstürzen.)

7. Meine engste Jeans anziehen, die mir schon seit fünf Jahren nicht mehr passt, und so lange darin bleiben, bis meine Füße und mein Kopf blau anlaufen.

Leider nein. Das wäre beim jetzigen Stand der Dinge in die Kategorie "sich Wasserfälle herunterstürzen" gefallen. Hätte ich härter mit mir sein sollen? Mehr Reiscracker, weniger Reiswein?

8. Laufen gehen, und zwar so schnell, dass die Bäume um mich herum zu einem langen grünen Streifen verschwimmen.

Laufen war ich ein paar Mal, aber in ganz gemächlichem Mutti-tut-mal-was-für-die-Figur-Tempo. Verdammt. Haben die Hormone mir jedes bisschen Pfeffer genommen?

9. Am hellichten Tag Alkohol trinken, während andere Leute brav im Büro sitzen.

Ja nun.

10. Vom Dreier springen. Oder irgendwo schwimmen, wo Baden verboten ist.

Habt ihr in letzter Zeit mal den Wetterbericht gesehen? Irgendwie... nein. Nicht, so lange ich zuerst das Eis von der Badestelle hacken muss.

11. Auf dem Fahrrad die miesesten Kopfsteinpflasterstrecken der Stadt abfahren.

Ich kann nicht garantieren, dass es die miesesten Stellen waren, aber sie waren schon ordentlich mies. Also ja.

Gut. Bleibt die Frage, was ich mir für nächstes Mal vornehme. Natürlich das Gleiche noch mal. Aber zusätzlich hab ich mir überlegt, doch noch mal eine Woche zu fasten. Nein, ihr Mädchen, schreit mich nicht gleich wieder an: ich weiß, ich hab geschworen, das nie wieder zu tun, aber diesmal wird die Laune besser sein, denn ich muss ja nicht arbeiten! Und kann infolgedessen auch nicht gezwungen werden, mit einem schwarzen Loch im Bauch drei Stunden Meeting vor einer riesigen Platte Franzbrötchen zu verbringen oder den ganzen Nachmittag im Mittagessensdunst meiner Kollegen zu sitzen. Auf die Art werde ich den Hormonmüll los und den Hormonspeck hoffentlich gleich mit.

Und was noch? Eins ist klar: Im August wird geheiratet. Und entweder, ich bin dann schwanger und sehr glücklich darüber und werde mich den ganzen Abend mit dem köstlichen Erdinger Alkoholfrei trösten, bis mir die Vitamine zu den Ohren wieder rausschäumen, oder ich werde einfach heiraten und tun, was man bei dieser Gelegenheit eben so tut.

Und falls nun jemand denkt: das klingt fast so, als würde sie sich über ein negatives Ergebnis freuen, die will das ja gar nicht richtig – doch, will sie, aber ich hab auch keine Lust, ohne Baby in eins dieser sagenhaften tiefen Löcher zu fallen. Und wenn das doch passieren sollte, ist es doch schön, wenn es da unten im tiefen Loch etwas gibt, womit man sich die Zeit vertreiben kann, bis es wieder los geht.

3 Kommentare:

  1. Ach lass den Rest der Welt doch denken, was sie wollen! Das Leben kann auch bunt sein und Spass machen, während man auf den Klapperstorch wartet... zwar nicht immer, aber wenigstens arbeitest Du daran!
    Eine Frage habe ich allerdings mal, das habe ich mich beim ersten Mal Lesen schon gefragt: Warum keine Minze? Erläutere das doch mal im kommenden Blog.

    Liebe Grüsse,
    Schoko

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  2. Hallo Schoko,

    das stand in einem Eintrag namens "Der Feind auf meinem Balkon". Ich saß nach der ersten schiefgelaufenen IV-Runde da und hab im Internet nach Pflegetipps für meine Balkonkräuter gesucht, und da stand plötzlich, man sollte während der Schwangerschaft keine Minze essen, denn die würde für vorzeitige Wehen sorgen. Und ich hatte gerade Minze gegessen. Eigentlich gebe ich nicht viel auf so was, weil ich immer denke, wenn etwas wirklich schädlich ist, dann ist das bis zu deinem Arzt durchgedrungen und er wird dich davor warnen. Ich bin auch ganz sicher, dass irgendwo im Internet steht, man würde von irgendwelchen Weichspülern oder der falschen Musik eine Fehlgeburt erleiden. Ich hab das damals, als ich das so hingeschrieben habe, auch nicht ganz ernst gemeint. Minze ist für mich zum Codewort für alles geworden, was vielleicht nach Meinung von irgendwem gerade nicht gut ist, aber ob ich daran glaube oder nicht, liegt an der Tagesform. Bitte keine Panik also, weil du gerade einen Pfefferminztee getrunken hast. Und auch sonst bitte keine Panik, sowieso nie!

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  3. Nein, keine Panik - dann hätte ich das ja ergoogelt, statt Dich zu fragen und auf Deine Antwort zu warten! Ich fand das nur etwas seltsam in Deiner Auflistung.
    ...aber sicherheitshalber... gibt es jetzt keine Kaugummis mehr!

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