Dienstag, 23. Juni 2009

Was bisher geschah

Und jetzt noch mal in Ruhe und vor allem nicht im Liegen. Inzwischen darf ich nämlich wieder aufstehen. Und weil ich im Sitzen viel besser tippen kann, gibt es nun den ausführlichen Bericht, wie so was eigentlich läuft, so eine Punktion. Wobei ich ja bei den entscheidenden Ereignissen leider nicht dabei war. Aber alles andere erfahrt ihr jetzt.

Also. Sonntag Abend warf das Ganze schon seine Schatten voraus, denn man hat zu dieser OP nüchtern zu erscheinen. Meine letzte Malzeit gab es deshalb Sonntag am späten Nachmittag, und weil die Mädchen bis fünf Uhr früh die Haare geschüttelt hatten (da lagen ich und mein gewaltiger Bauch längst im Bett), bestand die Mahlzeit vor allem aus Käse und Mayo. Ich hatte einen Cheesie, 6er Nuggets mit Senfsauce, einen Fischmac, der jetzt blöder heißt und blöder schmeckt als früher, große Fritten und einen Salat. Also im Grunde einen Salat mit Garnitur. Im Nachhinein frage ich mich natürlich, ob ich nicht noch mehr auf das Mayo-Thema hätte eingehen sollen, immerhin könnte ab Donnerstag damit Schluss sein, wenn alles mit rohen Eiern drin verboten ist. Aber weiter, zur Sache, das wollen die Leute ja alles gar nicht wissen.

Nachdem wir alle vollkommen geplättet waren von dieser Bauarbeitermahlzeit, sind die Hamburger Mädchen ins Auto gestiegen und haben sich auf den Heimweg gemacht. Unterwegs habe ich festgestellt, dass ich auch im Sitzen Schwierigkeiten habe, an meinem Bauch vorbei auf meine Füße zu gucken. Eine kleine hormongesteuerte Schwangerschafts-Preview also, nur ohne Spucken und ohne dass dauernd alle meinen Bauch anfassen wollten. Drei zähe Stunden später war ich zuhause und musste mich komplett rasieren mit einem Rasierer, der nun seit bestimmt zehn Tagen im Gebrauch ist. Wenn nicht schon länger. Es zwickte zwar, aber am nächsten Tag war die Lage nicht so schlimm wie erwartet, ein Hoch auf die guten Venus-Klingen! (Vormerken für die nächste Liste mit goldenen Regeln: Rasierklingen kaufen. Weiße Socken kaufen. Als modebewusste junge Frau hat man ja heute gar nicht mehr unbedingt weiße Socken da, und meine Klinik besteht auf hellen Socken zur OP. Warum, weiß kein Mensch, vielleicht, damit sich das nicht beißt mit den Arztkitteln?) Um kurz vor elf war ich bettreif, dachte aber, ich tue die ganze Nacht kein Auge zu. Aber das denke ich schnell mal, ich habe geschlafen, als würde am nächsten Morgen ein Friseurtermin anstehen und keine Follikelpunktion.
Morgens dann nüchtern, hungrig, durstig, geduscht, ungeschminkt und in den weitesten Jogging-Klamotten der Welt abmarschbereit. Nur L. verstand die Eile nicht. „Um fünf Minuten wird es wohl nicht gehen, oder?“ Ich war kurz vorm Durchdrehen. Da dreht sich nun wochenlang mein ganzes Leben um diese blöden Spritzen und Sprays, und Monsieur sitzt vorm Frühstücksfernsehen und hat alle Zeit der Welt. Dann dachte ich aber, das sind ja tolle Aussichten für ihn, wenn ich in Zukunft bei jedem Krach mit meinen Spritzen ankomme und damit, was ich schon alles geleistet und getan hätte. Die große Krise konnten wir also zum Glück abwenden, indem ich kurz rausgegangen bin und dem Müllcontainer einen Tritt verpasst habe, und dann kam er auch schon, und genau zum abgemachten Termin standen wir zwei vor dem Empfangstresen. Und hatten diesmal tatsächlich alle Papiere dabei. Und Crinone. Und den Bademantel. Und auch sonst alles richtig gemacht. Von diesem Moment an breitete sich in mir ein großes, sanftes und unfassbar beruhigendes Gefühl aus, dass alles seine Ordnung hat. Wir durften uns noch kurz verabschieden, dann musste L. an seinen Teil des Jobs gehen, und ich durfte in mein OP-Hemdchen schlüpfen, das Häubchen anziehen und die weißen Socken zu ihrem ersten und vermutlich auch einzigen Auftritt in ihrem Leben überziehen. Dann noch kurz das Anästhesie-Gespräch (bin ich alter Hase drin, Vollnarkose Nr.7 in den letzten drei Jahren) und ab in den OP. Nettes Geplauder mit den Schwestern und Ärzten, aus dem ich mich dann irgendwann ausgeklinkt habe. Und das (für alle, die das noch nie erlebt haben) geht so: Kleiner Pieks mit großer Vorwarnung, dass es nun gleich echt weh tun kann, in der Armbeuge, dann wird eine große Spritze (so eine wie die, die wir als Kinder zum Spielen hatten) angesetzt, darin eine weiße Paste, und während die langsam reingedrückt wird, kribbelt erst der Arm und dann das Gesicht. Das ist ein bisschen fies, vor allem, weil man gleichzeitig den Geruch von Stinkwanzen in der Nase hat. Zwei Sekunden später ist man schon ganz tief in diesem Stinkwanzenland. Und wieder zwei Sekunden später liegt man plötzlich in seinem Bettchen und fragt sich, wieso man denn jetzt doch nicht operiert wurde, bis der Arzt reinkommt und einem erzählt, wie es lief.
Und es lief gut, damit hab ich ja gestern schon angegeben. Was ich aber noch nicht erzählt habe, ist, dass ich mich gestern fast ein bisschen geschämt habe für meine fette Beute, denn die anderen beiden Frauen im Zimmer hatten zwei und drei Eier und waren darüber sehr traurig. Da fühlte ich mich doch ein bisschen als Eierprotz, eine dezentere Zahl hätte es auch getan. Warum nicht gleich fünfhundert? Oder Milliarden?
Aber wir werden sehen, was davon heute noch da ist.

Jedenfalls lag ich dann noch zwei Stunden da, bekam drei Infusionen, irgendwann auch einen Tee und Kekse und freundliche Belehrungen, was nun erlaubt sein wird und was nicht.

Also. Ich muss...

- mir jeden Morgen ein Röhrchen Crinone einführen, wobei ich gespannt bin, ob es sich wieder zu Fensterkitt verklumpt und mir in kleinen Stückchen in die Unterhose rieselt

- jeden Morgen und jeden Abend 90 Minuten nach der Malzeit ein Antibiotikum schlucken, damit die kleinen Würste es auch sauber und ordentlich haben, wenn sie einziehen

- jeden Tag zwei Gläser angerührtes Sportler-Eiweiß-Pulver trinken, damit das alles gut verheilt und sich keine Zysten bilden

- Unmengen trinken, am besten Fenchel-Anis-Kümmel-Tee (hartes Los, ich hasse sowohl Fenchel als auch Anis)

- Komplett liegenbleiben für 24 Stunden, danach schonen

- heute Wache neben dem Telefon halten für den großen Moment, wenn der Anruf kommt

Ich darf nicht:
- heiß duschen oder mir heiße Wärmflaschen auf den Bauch packen

- Sachen essen, die mich aufpumpen, was in meinem Fall nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Bohnen und Kohl ausschließt, sondern auch Weizen und Milch

- Sport treiben, worauf ich aber im Moment eh nicht käme, denn der Bauch ist immer noch eine Wucht, ich bräuchte für ihn so eine Art Sport-BH

- schwer heben, wobei schwer laut Schwester gestern schon bei solchen Dingen wie einem Jutebeutel mit einem Paar Hausschuhe drin anfängt.

Das ist doch eine überschaubare Liste.
Den Tag gestern habe ich übrigens mit einem kleinen Nickerchen am Nachmittag und zwei (2!) Ibuprofen dufte überstanden. Das haben die alle ganz toll gemacht diesmal. Es drückt noch ein bisschen, und ich renne am Tag achtzehnmal aufs Klo, aber das ist doch nur Pipikram für jeden, der schon mal einen richtigen Schnupfen überlebt hat.

So. Und nun wisst ihr Bescheid.

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