Samstag, 27. Juni 2009

Die Rückübertragung: Der schonungslose Tatsachenbericht

Zur Rückübertragung steht ja auch noch ein Bericht aus! Hier kommt er:
Das Auffälligste an der ganzen Sache ist, dass ich noch nie in meinem ganzen Leben so oft hintereinander meinen Namen und mein Geburtsdatum sagen musste.

1.Am Empfang, als ich ankam. Der Name stand zwar auf jedem einzelnen der Papiere, das ich der jungen Frau über den Tresen reichte, aber trotzdem musste ich noch mal sagen: also, ich bin Flora Eiertanz, und das ist mein Geburtstag.

2.Beim Vorgespräch mit einer netten Schwester, die mir erklärte, was ich tun und lassen muss bis zum Testtermin. Aber erst, nachdem ich meinen Namen und mein Geburtsdatum gesagt hatte.

3.Eine Treppe höher im OP-Bereich. Auch dort gibt es einen Empfangstresen, auch dort habe ich meine Papiere abgegeben, und auch dort musste ich noch mal sagen, dass ich auch ganz bestimmt Flora Eiertanz bin.

4.Im Vorzimmer zum OP. „Können sie mir noch mal deutlich ihren Namen und ihr Geburtsdatum sagen?“. Klar! Das kann ich gut, hab ich heute schon geübt!

5.Im OP, während ich auf den Stuhl kletterte. Inzwischen ging es mir schon schwer über die Lippen, ohne zu kichern.

6.Und dann stand mein Name noch mal auf dem Bildschirm, bevor die zwei Bläschen eingeblendet wurden.

Es war wie der sicherste Flughafen der Welt, an dem man alle zwanzig Sekunden durch eine Kontrolle muss!
Wenn ich also noch mal damit komme, dass mich kleine Schlampereien wie neulich die mit dem Rezept WAHNSINNIG nervös machen und ich sofort nachts davon träume, das falsche Ei eingesetzt zu bekommen: das ist Quatsch. Das kann nicht passieren. Es sei denn, da laufen am gleichen Tag zwei Flora Eiertänze auf, die auch noch am selben Tag Geburtstag haben. Die passen da wirklich ganz, ganz, GANZ gut auf.

Aber der Reihe nach. Zum ersten Mal seit Wochen hatte ich einen Arzttermin zu einer Tageszeit, die selbst ich als vollkommen human bezeichne: die Rückübertragung war für elf angesetzt, also musste ich um Viertel nach zehn da sein. Nicht nüchtern, nur wieder, ohne Bodylotion oder Parfum benutzt zu haben. Das kriege ich hin, morgens muss ich nicht wie ein wildes, aufregendes Abenteuer oder wie ein lauer Sommerabend in Spanien riechen. Aber in letzter Sekunde der Schock: ich sollte schon wieder weiße Socken dabei haben! Das hatte ich überlesen! Was nun? Unter denen vom Montag klebten mehrere Kekskrümel. In meiner Not war mir jeder Anstand egal, und ich hab sie einfach auf links gekrempelt, so dass sie blitzsauber aussahen. Ich hoffe schwer, daran wird es nun nicht scheitern.
In der Klinik gab es nach dem Einchecken als erstes ein Gespräch mit einer netten älteren Schwester, in dem sie mir erklärte, was bis zum Test zu tun und zu lassen sein wird.

Do's:
- Weiter jeden Tag zweimal angerührtes Eiweißpulver trinken, um Zysten zu verhindern und den Eierstöcken dabei zu helfen, wieder auf Normalzustand zu kommen
- jeden Morgen ein Röhrchen Crinone einführen, auch dann, wenn ich zwischendurch anfange zu bluten – also auf jeden Fall bis zum Test
- Überhaupt viel Eiweiß essen, Fisch, Fleisch, Eier...
- Viel trinken, zwei bis drei Liter pro Tag („viel“ ist für mich was anderes, ich trinke sonst vier bis fünf Liter)
- alles ein bisschen langsamer als sonst

Don'ts:
- Verboten sind Alkohol, rohes Fleisch, roher Fisch, rohe Eier, Rohmilchkäse und auch sonst jede Sorte Essen, bei der ich mich kurz frage „darf ich das?“ Im Zweifel – nö.
- Kein Sport, überhaupt kein Sport bis zum Test. Schon gar keiner, der damit zu tun hat, dass ich mich schnell auf und ab bewege (wie Trampolinspringen, so ein PECH, keine Ahnung, wie ich mein Leben ohne Trampolin meistern soll), aber auch nicht Radfahren, denn dabei fährt man, ehe man dran denkt, über Bordsteine und Kopfsteinpflaster. (Von Hugh Laurie: keine Rede. Sind diese Menschen denn vollkommen verantwortungslos?)
- Nicht durchdrehen. (Sehe ich so aus?)
- Das Doxycyclin weiter nehmen, bis es aufgebraucht ist. Was übrigens heute morgen der Fall sein wird, endlich! Das ätzendste Antibiotikum meines Lebens, abgesehen von diesem knallpinken Saft, den wir als Kinder noch runterwürgen mussten. Bauchschmerzen, Beklemmung... böäch. Ich will Gonal zurück!
- Wenn was ist, anrufen.

Mit diesen Ratschlägen ausgerüstet, ging es in den OP-Bereich. Dort noch mal Empfang, noch eine freundliche Frau, aber was die zu mir gesagt hat, weiß ich kaum noch, ich war schon im Tunnel auf den Stuhl. Dann wieder in einen der blitzblanken Ruheräume, alles ausziehen, OP-Hemdchen an, weiße Socken (hähämm) an, Hausschuhe und Bademantel, dann noch mal fix auf Toilette und danach sofort einen halben Liter stilles Wasser trinken (das hat etwas damit zu tun, dass die Blase auf eine bestimmte Weise gefüllt sein muss, damit nachher die Gebärmutter optimal erreichbar und auf dem Ultraschall zu sehen ist), und dann warten auf L., der nachkommen wollte. Bei dieser Gelegenheit festgestellt: das Bett heute ist das gleiche Bett wie am Montag, und die GEO daneben auf dem Tischchen auch, und ich hab mir das nicht nur eingebildet, dass ich am Montag sofort die Narkose wieder los war, denn die GEO hätte ich auswendig runterbeten können: jaja, die Quallen in den Salzwasserseen von Palau... Wunderwelten tun sich da auf! Wunderwelten! (In der GEO geht es meistens um Wunderwelten, da ist man also auf der sicheren Seite.)

Dann kam auch schon L., wir durften ins Vorzimmer gehen und bekamen beide unser Häubchen für die Haare, er bekam außerdem Plastiktüten über die Schuhe und ein schickes OP-Hemd an, und dann ging es los. Ich auf den Stuhl, dann kam eine fröhliche junge Frau vom Labor und erzählte mir, wie es den Eizellen nun geht (zwei werden heute eingesetzt, eine Sechser und eine Achter – letztes Mal waren es eine Vierer und eine Sechser, also auch hier alles besser als letztes Mal!) und noch weitere fünf, die sehr gut aussehen, in der Tiefkühle. Dann bekam ich ein Tuch mit Loch über den Bauch gelegt, und durch dieses Loch bekam ich so ein spreizendes Dings eingeführt – das tat ein bisschen weh, aber wirklich nicht schlimm. Wirklich nicht. Inzwischen tat sich was auf einem Bildschirm neben uns: Da wurde noch mal mein Name und mein Geburtsdatum eingeblendet (Wie jetzt, nix Flora Eiertanz, ich bin doch.... Scheherz!), und dann war der Blick frei auf die zwei niedlichen...äh... Punkte. Vergrößert sahen sie dann aus wie zwei kleine Prilblümchen in einer Wasserschale, in der gleich jemand seine Hände badet. Die Blümchen wurden auf eine Pipette gesaugt, und mit der kam dann die Assistentin zu uns. Und mein Arzt schob dann die Pipette in mich rein und setzte die zwei ab, während wir uns das alles auf dem Ultraschall angucken konnten. Dann wurde noch die Pipette nebenan wieder unter der Kamera kurz durchgespült, um ganz sicher zu sein, dass sich keins der Beiden an ihr festgeklammert hatte, ich lag noch eine Minute so da, und dann wünschten uns der Bildschirm und alle anderen im Raum viel Glück. Ich durfte mich im Ruheraum wieder anziehen, noch ein paar Minuten liegenbleiben (auch wenn das angeblich unnötig ist). Dabei natürlich wieder der alte Tanz. Ich: „Boah, waren die niedlich!“ L.: „DIE sind erst mal gar nichts, wir freuen uns lieber nicht zu früh.“ Ich: „Aber das ist doch toll gelaufen!“ L.: „Jahaaa, aber das ist es letztes Mal auch, und letztes Mal ging es trotzdem schief.“ Ich: „Aber....“ L.: „Bababababa! Liegenbleiben, mal eine Minute still sein.“

Er hatte ja so Recht.

Außerdem wollte ich das hier schnell hinter mich bringen, meine ostdeutsche Trampolinlehrerin wartet nicht gerne.

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