Montag, 11. Mai 2009

Wie wir. Wie die anderen.

Letzte Woche haben die Mädchen und ich eine Freundin besucht, die im Dezember ihr Baby bekommen hat. Jetzt lebt sie außerhalb der Stadt, und auch wenn sie das selbst kaum fassen kann, wohnt sie nun im eigenen Haus in einer Wohnsiedlung mit Plastikrutschen und Trampolins in den Gärten, Carports, auf denen die Lasur noch nicht richtig getrocknet ist, und Spielstraßen. Auf der Fahrt aus der Stadt haben wir uns wie böse Stiefschwestern gefühlt. Eine von uns (und so leid es mir tut, ich war es nicht) war erst morgens um sechs nach Hause gekommen. Und jetzt ein sonntäglicher Ausflug ins Familienglück mit Kuchen auf dem Schoß – merkwürdig. Als wir uns zuletzt mit der Freundin getroffen hatten, war der Plan mit dem Haus noch ganz frisch und ihr selbst nicht geheuer. „Hier sitze ich jetzt und rede über Eichendielen und darüber, dass ‚wir uns gegen eine Sauna, aber für eine offene Küche entschieden haben’. Das kann doch nicht wahr sein?“
Damals waren die niedliche Altbauwohnung mitten in der Stadt, der Job und solche Abende in der Küche mit vielen Fluppen und Prosecco auf Eis die Wahrheit und das Siedlungsleben im Speckgürtel vollkommen irreal. Jetzt ist es umgekehrt. Sie hat jetzt Nachbarn, zwei Autos, vermutlich eine Heizölrechnung und irgendwann, wenn der Kleine laufen kann, so eine Holzleiste mit bunten Tieren drauf, auf der man einträgt, wie groß er ist. Sie näht Gardinen und Quilts (die ganz wunderhübsch sind) und hat das ganze Haus so hell, niedlich und unkitschig eingerichtet, dass man sich sofort fühlt wie in den Ferien irgendwo in Skandinavien. Nur, dass es für sie eben nicht die Ferien sind, sondern das ganz normale Leben.
Der Kleine hat einen riesigen Kopf, als ich ihn gesehen habe, dachte ich nur „Pressen!“. Und genau so war es wohl auch. Wir hatten reihum das Baby auf dem Schoß, ich habe versucht, das Wippen seiner Schlafwiege zu simulieren und habe mich nach einer Viertelstunde vollkommen durchgesportelt gefühlt. „Er ist aber auch ein Brummer, oder?“ Ja, ist er.
Als die Mutter kurz nicht hingehört hat, hat eins der Mädchen mich gefragt, ob das jetzt schlimm für mich ist?
Nein. Nichts davon ist auch nur das kleinste bisschen schlimm. Es ist auch nicht eigentlich schlimm, aber ich bin tapfer. Ich muss nicht tapfer sein, weil es nicht schlimm ist. Was soll daran schlimm sein, wenn eine nette Freundin ein Baby hat, und ich hab es auf dem Schoß und wippe damit herum? Niedlich war das. Und schön, die Freundin mal wieder zu sehen und wie sie jetzt wohnt. Und es war schön, zu sehen, dass es ihr so gut geht. Und dann wieder in die Stadt zu fahren, das war auch schön.

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