Mittwoch, 13. Mai 2009

Perhaps, perhaps, perhaps

Gestern hat mich eine Freundin angerufen und gesagt, sie findet das gut, dass ich das alles so locker nehme, und ich soll bitte genau so entspannt bleiben. Vielen Dank, ich will es versuchen. Aber ich will nicht zu viel versprechen. Denn dass es mir im Moment so gut mit all dem geht, ist keine Garantie dafür, dass es morgen auch so sein wird oder in zwei Monaten oder einem Jahr. Ich versuche manchmal, mir auszumalen, wie ich das nehmen würde, wenn der nächste, übernächste und überübernächste Zyklus wieder nichts wird. Und die Antwort ist, ich hab keine Ahnung. Aber ich weiß auch, dass es garantiert nichts nützt, sich jetzt schon auszumalen, was für eine Katastrophe das wäre, dass mein Leben ohne Kinder sinnlos wäre etc. oder jetzt schon die Zähne zusammenzubeißen und sich feste vorzunehmen, alles mit einer Bombenhaltung durchzuziehen wie die Heldin in einem 40er Jahre-Film. Was wäre, wenn Katherine Hepburn an IVF scheitern würde? Siehst du, und genau so machen wir das auch, gell? Abgemacht!

Vor ein paar Jahren hatte ich mit den Mädchen mal so einen Abend mit viel Prosecco und unzähligen Kippen an der offenen Balkontür, an dem eine das Thema aufgebracht hat, was wir täten, wenn unser Freund uns betrügen würde. Würden wir ausrasten, ihn sofort rausschmeißen, könnten wir nie wieder auch nur im gleichen Raum mit ihm sein? Eins der Mädchen sagte, damit wäre für sie alles aus, und zwar sofort. Sie war sich da vollkommen sicher. Ich kann verstehen, dass man das so sieht, und ich glaube auch ganz sicher, dass sie das genau so tun würde, schon allein deshalb, weil sie es jetzt schon so sicher weiß. Vielleicht kennt sie sich auch einfach sehr gut. Aber ich tue mich schwer damit. Denn ich habe einfach keine Ahnung, was dann passieren würde. Wenn es blöd läuft, werde ich vielleicht eines Tages feststellen, dass ich noch nicht mal Fremdknutschen verzeihen kann, selbst, wenn ich es wollte. Vielleicht würde ich auch verstehen, dass jemand in einem schwachen Moment etwas macht, das ihm später sehr leid tut, und dass „es hat nichts zu bedeuten“ manchmal nicht nur eine Phrase ist. Vielleicht würde ich das auch beim ersten Mal noch verzeihen, und nach dem dritten Mal wäre es mir schon wurscht und der Ofen aus. Buh. Weg, blödes Gespenst, jetzt will ich nicht weiter über etwas nachdenken oder schreiben, was ich mir eigentlich nicht vorstellen kann, auch wenn es mir schon passiert ist, wenn auch nicht mit L., ein Glück. (L. war übrigens noch nirgenwo auch nur zu erahnen, als dieses Gespräch unter Mädchen stattfand.) Aber auch bei diesen Gelegenheiten, bei denen meine Exfreunde mich auf irgend eine Art betrogen haben, war es jedes Mal anders. Und es hätte mich in keiner dieser Situationen irgendwie weitergebracht oder klüger gemacht, wenn ich mir vorher einen Psycho-Schlachtplan zurechtgelegt hätte, den ich dann wie einen Plan zur Evakuierung einer Fähre durchgezogen hätte. Wenn es knallt, geh ohne dich umzudrehen immer entlang der grünen Linie bis zum Sammelpunkt und warte, bis dir jemand sagt, was du jetzt zu tun hast.

Fremdgehen hat überhaupt nichts mit dem zu tun, was mich gerade beschäftigt. Aber sich zu überlegen, wie es einem in einer Lage gehen wird, in der man vielleicht niemals sein wird, hat eine Menge mit IVF zu tun. Ich stelle mir vor, wenn es klappt, wäre ich sehr glücklich, und wenn es nicht klappt, sehr traurig, aber wild entschlossen, weiterzumachen. (Überraschung! Als nächstes erzähle ich euch, dass ich nicht gern zum Zahnarzt gehe, Ferien mag und mich in Tiefgaragen grusele.) Vielleicht wird es aber auch anders. Vielleicht erwischt mich schon der nächste Fehlversuch völlig auf dem falschen Fuß, und ich schmeiße das Ganze erst mal hin. Vielleicht würde ich ihn auch einfach abschütteln und daran denken, dass L. von Anfang an gesagt hat, dass es erst frühestens beim dritten Mal klappt. Vielleicht würde ich sogar denken „Ein Glück, die Hochzeit ist gerettet“ und mich gleichzeitig schuldig fühlen gegenüber dem armen kleinen Zellhaufen, der jetzt kein Baby wird und der dafür noch nicht mal betrauert wird, weil Mutti mit ihren Freundinnen und ihrem Liebsten bis vier Uhr früh tanzen will. Vielleicht, vielleicht, vielleicht. (Gibt es eigentlich eine deutsche Version von Doris Days Lied? Wenn ja, wurde sie vermutlich von Gitte mit der Gummiboot-Stimme gesungen.)

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