Montag, 11. Mai 2009

Mimikry

Ist es peinlich, ein Schwangerschaftshemdchen zu tragen, wenn man nicht schwanger ist? Gestern habe ich mein kariertes Hemd aus Schweden ausgeführt, wir waren bei einem alten Schulfreund von L., und nachdem ich schon zwei Gläser Cava und ein Glas Rotwein getrunken hatte, sagten zwei der anderen Leute am Tisch irgendwas, woraus klar hervorging, dass sie dachten, ich wäre schwanger. Genau. „Einen nehm ich noch, ach was, mach nen Doppelten draus.“ Danach habe ich versucht, so zu sitzen, dass es sich nicht mehr gebauscht hat und hoffentlich klar war: Na gut, das Hemd ist so geschnitten, dass notfalls ein Bauch drunter passen würde, wenn ich einen hätte – aber ich hab keinen, seht ihr?

Nun könnte man sich ja fragen, warum eine unschwangere Frau mit einem Schwangerschaftshemd rumläuft. Ich bin mir da selbst noch nicht so ganz sicher. Eine Antwort ist, dass mir das Hemd gut gefiel. Und ich war in dem Laden nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil ich mit Freundinnen unterwegs war, die etwas für kleine Kinder kaufen wollten. Ich stand also nur zufällig rum, als ich es da hängen sah. Ich hätte nicht gedacht, dass man sofort sieht, dass es ein Schwangerschaftshemd ist. Eine andere Antwort ist, dass ich damals wirklich glaubte, ich könnte es vielleicht ja irgendwann brauchen. Und bis es so weit ist – oder falls es so schnell nicht dazu kommt – ist es immer noch ein sehr hübsches Karohemd, das bestens zu Jeans passt und unter dem man einen 19-Cheeseburger-Bauch locker verstecken könnte. Das haben Schwangerschaftsklamotten so an sich.
Vielleicht glaube ich ja auch irgendwo ganz weit hinten in meinem Fusselhirn, dass ein Schwangerschaftshemd schon dafür sorgen wird, von der Wirklichkeit eingeholt zu werden. Feng Shui für Eizellen.

Jetzt habe ich kurz Angst bekommen und dachte: Herzchen, du wirst wunderlich. Bitte reiß dich am Riemen, bevor es mit dir so weit kommt wie mit der älteren Frau, die in der Nähe deiner Firma immer mit einem Buggy voller kleiner, pink angezogener Hunde mit Schnullerketten um den Hals herumschiebt. Vielleicht hat die ihren Buggy ja auch mal aus Feng Shui-Gründen angeschafft.

Andererseits: es ist nur ein kariertes Hemdchen im Empireschnitt, das sich bis 60° waschen lässt. Einatmen, ausatmen. Gut. Und jetzt weitermachen.

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