Dienstag, 12. Mai 2009

Goldene Regeln für die Zeit zwischen den Zyklen, Teil 1

1. Du kannst natürlich einfach da sitzen und warten. Aber warten ist zwischen den Zyklen viel anstrengender als während der Zyklen, weil die Zeit im Hinblick auf deine IVF-Pläne viel unstrukturierter ist. Bis auf vielleicht die Pille und Folsäure gibt es nichts, was du einnehmen kannst, keine Arzttermine, keine Ultraschalls und keine Laborergebnisse. Besser also, du versuchst, nicht zu warten. Nutz die Zeit lieber, das zu tun, wozu du während des Zyklus keine Kraft oder keine Zeit hattest. Mach eine Reise. Hau entsetzlich rein im Job. Geh abends aus und iss in deinem Lieblingsrestaurants alles, was du ab demnächst wieder nicht darfst. Spül es mit einem phantastischen Wein herunter. Versuche, ein bisschen von dem angesammelten Hormonspeck loszuwerden. (Ok, steht im Widerspruch zum vorangegangenen Fress-Tipp, aber mach einfach!)

2. Triff dich mit Leuten, deren Leben sich nicht um Hormone oder Babys dreht, wenn du das Glück hast, welche zu kennen.

3. Eigentlich ein Tipp, der noch unter 1 gehört, aber für mich so wichtig, dass er einen eigenen Punkt verdient: Fang etwas Neues an. Irgendetwas, das du vorher nicht getan hast, das dich glücklich macht oder entsetzlich nervt (glaub mir, es ist eine schöne Abwechslung, mal von etwas anderem genervt zu werden als deinen Eizellen.), das dich beschäftigt und dich davon ablenkt, dauernd nur an diese Eiergeschichte zu denken. Wenn du dich nicht wie eine Legehenne fühlen willst, dann benimm dich auch nicht wie eine. Mach Musik. kauf dir eine Digitalkamera (die werden immer besser und billiger!), lerne thailändisch kochen, und kauf dir im Zweifel lieber eine Tageszeitung als eine Klatschzeitschrift, in der doch wieder nur steht, was für eine arme Wurst XY ist, weil sie als ausgebuchter, stinkreicher und wunderschöner Hollywoodstar ihren Babywunsch immer noch nicht erfüllen konnte. Etwas Neues zu tun, hat außerdem den 1a Nebeneffekt, dass du das Gefühl loswirst, irgendwie zu spät dran zu sein und den Anschluss an den Rest der Frauen zu verpassen, die schon Babys haben. Hier kommt deine Chance, dir einen Vorsprung zu verschaffen.

4. Wo wir schon in der Chakka-Abteilung sind: Wenn ich an die Menschen denke, historische Personen oder Figuren aus Büchern, die ich bewundere, dann weiß ich von vielen davon noch nicht mal, ob sie Kinder hatten. Diese Leute sind für mich Vorbilder, weil sie besonders mutig, gut, klug, integer, witzig oder unangepasst waren. Offensichtlich haben sie ein gutes Leben geführt. Und zwar nicht trotz Kinderlosigkeit oder wegen ihrer vielen Kinder, sondern aus Gründen, die mit Kindern überhaupt nichts zu tun haben.

5. Nun genug von aufmunternden Allgemeinplätzen und Motivationsparolen. Eigentlich bin ich ja mehr fürs Praktische. Tu in dieser Zeit deinem Körper so viel Gutes, wie du kannst. Lass ihn in der Biosauna schwitzen, treib ihn in milde gemächlichem Trab-Tempo um den Park, strecke ihn beim Yoga, füttere ihn mit dem besten Essen, das du dir leisten kannst, koch ihm die guten Sidroga-Tees aus der Apotheke, spendiere ihm eine Stunde bei der Kosmetikerin oder beim Friseur, kauf ihm neue Kleider. Und wenn du beim Kleiderkaufen bist, verschwende keinen Gedanken daran, dass dir die Sachen im vierten Monat nicht mehr passen könnten. Im Moment bist du im nullten Monat.

6. Bleib dran bei deinem Arzt. Werde nicht die größte Nervensäge in seiner Kartei, aber ruf spätestens nach zwei Wochen an. Frage nach den Laborergebnissen und danach, wann es weitergeht. Für deinen Arzt und seine Helferinnen sind das alles Routinen, ein alter Hut. Es kann gut sein, dass er gar nicht auf die Idee kommt, dass du als Anfängerin nicht weißt, wann es wie weitergeht und was du bis dahin tun sollst.

7. Folgende Wette: Geh an einem Samstag in ein Café an einer geschäftigen Straße. Setz dich, bestell dir ein Kalt- oder Heißgetränk deiner Wahl und gucke eine halbe Stunde lang nur den Passanten zu. Wetten, dass die nicht alle schwanger oder Mütter oder Babys sind? Wenn doch, schick mir die Rechnung, ich bezahle sie ohne mit der Wimper zu zucken.

8. Gegen Hormonpickel und Immer-noch-kein-Baby-Akne hilft mir die Effaclar-Reihe von Roche-Posay aus der Apotheke. Wie es bei dir anschlägt, weiß ich natürlich nicht, aber ich würde denen gerne Blumen schicken.

Teil II für die Zeit zwischen den Zyklen folgt, sobald ich noch ein paar Erfahrungen mehr gemacht habe.

2 Kommentare:

  1. Liebe Flora,
    es ist ein Genuss, dein Blog zu lesen, und ganz besonders wenn man WIDER BESSERES WISSEN in diversen Kinderwunschforen mitgelesen hat. Danach gehts mir nie besser, sondern irgendwie wird die trübe Stimmung noch trüber...
    Deine Art, das Ganze auch mit viel Humor und Entspanntheit zu nehmen, ist sehr wohltuend.
    Eben trink ich ein schönes Weinchen und morgen geh ich shoppen - Tops, in die das aufgeschwemmte Hormonwämpchen reinpasst ;-). Mein Leben ist gut (auch in der Neubau-Vorortsiedlung ;-) ) - und du hast mich daran erinnert.
    Danke!
    Ein Fan...

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  2. Lieber Fan,

    (ganz geil, dass man Fans haben kann, ohne Gitarre oder Fußball zu spielen.)

    vielen Dank. Glaub mir: ich kenne das Gefühl, irgend etwas zu googeln, sich dabei zu denken "ach was" und plötzlich in einem Sumpf aus Krebs, Depression, Doofheit, Schicksal und Rechtschreibfehlern zu versinken. Viel Glück beim Shoppen, Prost und NIEMAND hier denkt, dass das Leben in einer Neubau-Vorortsiedlung schlimm ist - bin in einer aufgewachsen und hatte eine sehr gute Kindheit.

    Klar ist unser Leben gut!
    Lieben Gruß,
    Flora

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